Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. VII ZB 12/10

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1944

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZB 12/10
vom
25. Oktober 2012
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
ZPO § 850f Abs. 2 Halbsatz 2; [X.] (2003) § 19 Abs. 1, [X.] § 19 Abs.
1, § 27 Abs. 1, Abs. 2
a)
Da dem Schuldner
im Anwendungsbereich des §
850f Abs.
2 Halbsatz
2 ZPO dasjenige belassen werden soll, das er zur Deckung des sozialhilferechtlichen Existenzminimums im Sinne des SGB
XII benötigt, sind die dort für die [X.] von Einkommen und geldwerten Vorteilen maßgebenden Grundsätze auch bei der Ermittlung des ihm pfandfrei zu belassenden Betrages zu berück-sichtigen.

-
2
-

b)
Das Vollstreckungsgericht hat zu prüfen, ob der notwendige Bedarf des Schuldners ganz oder teilweise durch weitere Einnahmen oder geldwerte Natu-ralleistungen tatsächlich gedeckt ist. Im Umfang der anderweitigen Deckung ist der Freibetrag, der dem Schuldner aus seinem gepfändeten Arbeitseinkommen zu belassen ist, herabzusetzen.

c)
Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten muss das Vollstreckungsgericht ohne Rücksicht auf gesetzliche Unterhaltsansprüche wegen der aus §
19 Abs.
1 SGB
XII (2003), §
19 Abs.
1, §
27 Abs.
1, Abs.
2 SGB
XII folgenden Wertent-scheidung auch die Einkünfte des Ehegatten in die Prüfung der [X.] mit einbeziehen.

[X.], Beschluss vom 25. Oktober 2012 -
VII ZB 12/10 -
LG [X.]

[X.]
-
3
-

Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am 25.
Oktober
2012 durch
den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.] und die Richter Dr.
[X.], [X.], Prof.
[X.] und Kosziol
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubiger wird der Beschluss der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 23.
Februar
2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dort die Anordnung getroffen worden ist, dass dem Schuldner ein monatlicher Betrag von 177,01

pfandfrei zu belassen ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Ent-scheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdever-fahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Die Gläubiger betreiben gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Teilversäumnisurteil sowie aus einem in gleicher Sache ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss. Die titulierte Forderung beruht auf einer vorsätz-lich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners. Der Schuldner ist ver-heiratet und seine Ehefrau, von der er nicht getrennt lebt, verfügt über eigene 1
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-

monatliche Einkünfte in Höhe von 2.300

i-che
Altersrente in Höhe von 207,02

t-liche
Unfallrente in Höhe von 527,36

Auf Antrag der Gläubiger hat das Amtsgericht -
Vollstreckungs-gericht
-
durch Pfändungs-
und
Überweisungsbeschlüsse vom 17.
Juni 2009 und 12.
August
2009 die Forderungen des Schuldners gegenüber der Drittschuldne-rin gepfändet und den Gläubigern zur Einziehung überwiesen. Das hiergegen eingelegte Rechtsmittel des Schuldners, mit dem er geltend gemacht hat, ihm sei die gepfändete Unfallrente in Höhe von 527,36

sein notwendiger Lebensunterhalt nicht gedeckt sei, hatte Erfolg. Mit [X.] vom 14.
Januar
2010 hat das Amtsgericht seine beiden Pfändungs-
und Überweisungsbeschlüsse abgeändert und bestimmt, dass dem Schuldner die gepfändete Unfallrente in voller Höhe pfandfrei zu verbleibe habe.
Auf die sofortigen Beschwerden der Gläubiger, denen das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, hat das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 23.
Februar
2010 die Beschlüsse des Amtsgerichts teilweise dahingehend [X.], dass dem Schuldner aus der bei der Drittschuldnerin gepfändeten Forderung ein monatlicher Betrag von 177,01

e-hende Pfändung der Unfallrente im Hinblick auf die monatlichen Nettoeinkünfte der Ehefrau des Schuldners und die seitens der Gläubiger behauptete [X.], ihr gegenüber Unterhaltsansprüche geltend zu machen, hat das Be-schwerdegericht abgelehnt.
Nur dagegen wenden sich die Gläubiger mit ihrer vom [X.] auch nur insoweit zugelassenen Rechtsbeschwerde.
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-
5
-

II.
Die gemäß
§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, der dem Schuldner gemäß §
850f Abs.
2 ZPO zu belassende notwendige Unterhalt bemesse sich [X.] nach den Regelungen des [X.]. Ihm seien also pfandfrei der monatliche sozialhilferechtliche Satz von 323

leben, sowie darüber hinaus ein Mehrbedarf von 61,03

Berücksichtigung der monatlichen Einkünfte aus der Altersrente ergebe sich ein Betrag von
177,01

müsse. Eine weitergehende Herabsetzung
des pfandfreien Betrages mit Blick auf [X.] des Schuldners gegen seine Ehefrau sei nicht gerechtfertigt. Insoweit handele es sich um fiktive Einkünfte, die bei der Ermittlung des dem Schuldner zur Deckung seines eigenen notwendigen Lebensunterhalts zu be-lassenden pfandfreien Betrages außer Betracht zu bleiben hätten. Der Schuld-ner könne nicht über den Umweg einer Herabsetzung pfandfreier Beträge unter den eigenen Lebensbedarf dazu gezwungen werden, einer
Erwerbstätigkeit nachzugehen oder eigene Ansprüche gegenüber [X.], welche der Gläubiger prinzipiell eigenständig pfänden könne, zu realisieren. Im Bereich des §
850f Abs.
2 ZPO würde eine andere Bewertung dazu führen, dass der [X.] für die aus unerlaubter Handlung resultierenden Forderungen wirt-schaftlich einzustehen hätte, was auch unter [X.] nicht gerechtfertigt sei.
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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6
-

Das Beschwerdegericht geht davon aus, dass die Forderung des Schuldners gegen die Drittschuldnerin gemäß §
850b Abs.
2 ZPO in Verbin-dung mit §
850b Abs.
1 Nr.
1 ZPO nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden kann. Dagegen ist nichts zu erinnern. [X.] ist allerdings die Auffassung des [X.], dem Schuldner müssten monatlich 177,01

n-den Forderung pfändungsfrei verbleiben, weil sonst sein notwendiger Unterhalt nicht gesichert sei. Für eine dahingehende Annahme reichen die getroffenen Feststellungen nicht aus.
a) Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung wegen einer Forde-rung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, zu der auch der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten gehört (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
März
2011 -
VII
ZB
70/08, NJW-RR 2011, 791), darf er nach §
850f Abs.
2 Halbsatz
1 ZPO in einem
gegenüber der Vorschrift des §
850c ZPO erweiterten
Umfang auf das Arbeitseinkommen des Schuldners zugreifen. Diesem ist [X.] so viel
zu belassen, wie er für seinen notwendigen eigenen Unterhalt und zur Erfüllung laufender gesetzlicher Unterhaltspflichten bedarf, §
850f Abs.
2 Halbsatz
2 ZPO.
Die Regelung in §
850f Abs.
2 Halbsatz
2 ZPO ist Bestandteil der [X.] über den Pfändungsschutz bei Arbeitseinkommen. Sie dient als Aus-druck
des Sozialstaatsprinzips (Art.
20 GG) auch dem Zweck, dem Schuldner ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen (vgl. [X.], Beschluss vom 19.
März
2004 -
IXa
ZB 321/03, NJW-RR 2004, 789; [X.], Forderungspfän-dung, 15.
Aufl., Rn.
872; [X.]/[X.]Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 1.
Aufl., §
811 Rn.
1). Darüber hinaus soll im öffentli-8
9
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7
-

chen Interesse verhindert werden, dass dem Schuldner durch [X.] das Existenzminimum genommen wird mit der Folge, dass das Fehlende durch Sozialhilfe ersetzt und die Forderung des Gläubigers letztlich von der Allgemeinheit aus Steuermitteln bedient werden müsste ([X.]/
[X.], ZPO, 9.
Aufl., §
850c Rn.
1; [X.]/[X.], Vollstre-ckung und vorläufiger Rechtsschutz, 5.
Aufl., §
850f Rn.
14). Durch den dem Schuldner nach §
850f Abs.
2 Halbsatz
2 ZPO zu belassenden Freibetrag ist dieser davor geschützt, dass sein verbleibendes Resteinkommen unter den [X.] absinkt (vgl. [X.], aaO, Rn.
1196 i.V.m. 1094, 1176
i; [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
850f Rn.
2 und 17). Dem Schuldner ist wenigstens der Betrag zu belassen, den er auch seitens der Sozialleistungsträ-ger bekäme ([X.]/Walker/[X.], aaO, §
850f Rn.
14; [X.], aaO, §
850f Rn.
17).
b) Aus §
850f
Abs.
2 Halbsatz
2 ZPO ergibt sich nicht, wie hoch der dem Schuldner pfandfrei verbleibende Betrag ist. Maßgebend ist, wie viel der Schuldner für seinen notwendigen Unterhalt benötigt. Der Begriff des notwendi-gen Unterhalts in § 850f Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO stimmt mit demjenigen
in §
850d Abs.
1 Satz
2 ZPO überein ([X.], Beschluss vom 25.
November
2010

VII
ZB
111/09, NJW-RR
2011, 706; [X.], Beschluss vom 5.
August
2010

VII
ZB 101/09, FamRZ
2010, 1654). Für den Begriff des notwendigen Unter-halts in §
850d Abs.
1 Satz
2 ZPO hat der [X.] entschieden, dass dieser grundsätzlich dem notwendigen Lebensunterhalt im Sinne des 3. und 11.
Kapitels des [X.] entspricht ([X.], jeweils aaO; [X.], Beschluss vom 12.
Dezember
2007 -
VII
ZB
38/07, NJW-RR 2008, 733; [X.], Urteil vom 23.
Februar
2005 -
XII
ZR
114/03, [X.]Z 162, 234).
11
-
8
-

c) Im Einklang mit diesen Grundsätzen hat das Beschwerdegericht er-rechnet, dass
der
Schuldner monatlich 384,03

i-gen eigenen Unterhalt bestreiten zu können. Der Betrag setzt sich zusammen aus dem für den maßgeblichen Zeitraum geltenden monatlichen sozialhilfe-rechtlichen Regelsatz in Höhe von 323

, die in einer Ehe zu-sammenleben, sowie einem Mehrbedarf in Höhe von 61,03

30 SGB
XII a.F. Einen zusätzlichen Bedarf zur Erfüllung laufender gesetzlicher Unterhaltspflichten hat das Beschwerdegericht mit Recht nicht angenommen.
d) Daraus folgt
nicht notwendig, dass
dem Schuldner monatlich 384,03

von der gepfändeten Forderung zu belassen sind. Vielmehr muss das [X.] bei der Ermittlung des pfandfreien Betrages gemäß §
850f Abs.
2 Halbsatz
2 ZPO prüfen, ob der notwendige Bedarf des Schuldners ganz oder teilweise durch weiteres
Einkommen oder geldwerte [X.] gedeckt ist (vgl. [X.], aaO, §
850d Rn.
29; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 3.
Aufl.,
§
850d Rn.
31; [X.]/[X.], aaO,
§
850d Rn.
11; [X.]/
[X.],
ZPO, 29.
Aufl., §
850e Rn.
3; [X.] ZPO/[X.], Stand: 15.
Juli
2012, §
850d Rn.
39; [X.], aaO, Rn.
1104).
(aa) Da dem Schuldner im Anwendungsbereich des §
850f Abs.
2 Halb-satz
2 ZPO nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.], [X.] vom
25.
November 2010
-
VII
ZB 111/09, aaO) nicht weniger, aber auch nicht mehr belassen werden soll, als er zur Deckung des sozialhilferechtli-chen Existenzminimums im Sinne des SGB
XII bedarf, sind die dort für die [X.] von Einkommen und geldwerten Vorteilen maßgebenden Grundsätze auch bei der Ermittlung des dem Schuldner nach §
850f Abs.
2 Halbsatz
2 ZPO pfandfrei zu belassenden Betrages zu berücksichtigen. Ist nämlich der notwen-12
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14
-
9
-

dige Bedarf des Schuldners und damit sein sozialhilferechtliches Existenzmini-mum durch andere Einnahmen und geldwerte Vorteile gedeckt, dann besteht die Gefahr des Absinkens des Schuldners unter die Schwelle der Sozialhilfebe-dürftigkeit durch eine Pfändung seines Arbeitseinkommens und damit eine Be-friedigung der Gläubiger zu Lasten des Sozialstaats wegen des aus §
2 Abs.
1 SGB
XII folgenden Grundsatzes des Nachranges der Sozialhilfe nicht. Nach diesem Grundsatz, der in §
19 Abs.
1 SGB
XII in der bis zum 31.
De-zember
2010 geltenden Fassung
beziehungsweise in §
19 Abs.
1, §
27 Abs.
1 und
2 SGB
XII in der ab dem 1.
Januar
2011 geltenden Fassung
für die Hilfe zum Lebensunterhalt konkretisiert wird, ist Sozialhilfe nur demjenigen zu leis-ten, der seinen Bedarf nicht aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten kann. Ist hinreichendes Einkommen oder Vermögen zur Deckung des maßgeblichen [X.] vorhanden, entfällt die Hilfebedürftigkeit und damit der Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt ([X.] [X.]/Groth, Stand: 1.
Juni
2012, §
19
Rn.
2; [X.]/[X.], Kommentar zum Sozialrecht,
2.
Aufl., §
19 Rn.
2).
Dementsprechend mindern andere Einnahmen und geldwerte Vorteile,
soweit sie dem Schuldner tatsächlich
zur Verfügung stehen und nicht ein [X.] Zweck des Bezuges dies im Einzelnen ganz oder teilweise verbietet (vgl. [X.], aaO, §
850d
Rn.
29), den Freibetrag, der ihm aus sei-nem gepfändeten Arbeitseinkommen zu belassen ist. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass die Voraussetzungen für einen [X.] nach §
850f Abs.
2 Halbsatz
2 ZPO gänzlich entfallen
(vgl. [X.], aaO, Rn.
1104; [X.]/Schütze/[X.], aaO, §
850d Rn.
31; [X.], aaO, §
850d Rn.
29 in Fn.
84).

15
-
10
-

(bb) Ausgehend hiervon begegnet es keinen Bedenken, dass das Be-schwerdegericht bei der Bemessung des dem Schuldner nach §
850f Abs.
2 Halbsatz
2 ZPO zu belassenden notwendigen Betrags die Altersrente in Höhe von monatlich 207,02

Höhe den Unterhaltsbedarf des Schuldners als gedeckt angesehen hat.
(cc) Rechtsfehlerhaft hat das Beschwerdegericht allerdings die Einkünfte der Ehefrau des Schuldners außer Betracht gelassen.
(1) Nach Maßgabe von §
19 Abs.
1 Satz
2 [X.] in der bis zum 31.
Dezember
2010 geltenden Fassung beziehungsweise §
27
Abs.
2
Satz
2 SGB
XII in der ab dem 1.
Januar
2011 geltenden Fassung werden
das Ein-kommen und das Vermögen von nicht getrennt lebenden Ehegatten unmittelbar und unbeschadet zivilrechtlicher Bestimmungen des Unterhaltsrechts wie Ein-kommen und Vermögen des Hilfesuchenden selbst angesehen (Grube/
[X.], [X.], 4.
Aufl., §
27 Rn.
6; [X.]/[X.], aaO, §
19 Rn.
3). Die Berücksichtigung auch des Einkommens und Vermögens des nicht getrennt lebenden Ehegatten geht von der rechtlichen oder sittlichen Einstands-
und Unterstützungspflicht innerhalb der Verantwortungs-
und [X.] sowie der Erfahrung aus, dass in einer ehelichen [X.] "aus einem Topf"
gewirtschaftet wird und dass die Bedürfnisse des nicht dau-ernd getrennt lebenden Ehegatten aus den gemeinsamen Beiträgen ohne Rücksicht auf gesetzliche Unterhaltsansprüche befriedigt werden. Die Person der Einsatzgemeinschaft, die Einkommen erzielt, muss ihr Einkommen, das den eigenen Bedarf übersteigt, den anderen Personen
zu deren Bedarfsdeckung zur Verfügung stellen (Grube/[X.], aaO, §
27 Rn.
8). Ist der Bedarf des 16
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-

Hilfebedürftigen durch das Einkommen seines Ehegatten
tatsächlich
gedeckt, erhält er keine Sozialhilfe.
(2) Wegen dieser gesetzgeberischen Wertentscheidung im [X.] bestehen auch für den Bereich des Zwangsvollstreckungsrechts keine Bedenken, den pfändungsfreien Betrag für den notwendigen eigenen Unterhalt des Schuldners nach §
850f Abs.
2 Halbsatz
2 ZPO auf Null festzusetzen und das Arbeitseinkommen des Schuldners dem vollen Zugriff seiner Gläubiger Preis zu geben, wenn der notwendige Bedarf des Schuldners durch die Ein-künfte seines
Ehegatten tatsächlich gedeckt ist (vgl. zum Tatsächlichkeitsprin-zip: Grube/[X.], aaO, §
27 Rn.
7; [X.]/[X.], aaO, §
19 Rn.
3).
Der Berücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten steht insbesondere nicht entgegen, dass dieser dadurch für
die aus unerlaubter Handlung [X.] Forderungen wirtschaftlich einzustehen hat. Dieses vom Beschwerde-gericht angeführte Argument geht auf eine verbreitete Ansicht im Schrifttum zurück, wonach der Eigenverdienst des Ehegatten nicht dazu bestimmt sei, dem Gläubiger des Schuldners Befriedigung zu ermöglichen ([X.], aaO, Rn.
1105; [X.]/[X.], aaO, §
850d Rn.
11;
[X.]/Schütze/[X.], aaO, §
850d Rn.
33; [X.]/[X.], aaO, §
850d Rn.
7). Aus diesem Grund sei das Einkommen des Ehegatten nur bei der Feststellung zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang der Schuldner seinem Ehegatten gegenüber noch laufende gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen hat und ob daher über den eigenen notwendigen Unterhalt des Schuldners hinaus in den Freibetrag ein zusätzlicher Betrag zur Erfüllung dieser gesetzlichen Unterhalts-pflicht einzustellen ist ([X.], aaO, Rn.
1105; [X.]/[X.], aaO, §
850d 19
20
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12
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Rn.
11a; [X.]/[X.], aaO, §
850d Rn.
11;
[X.]/Schütze/[X.], aaO, §
850d Rn.
33; [X.] ZPO/[X.], aaO, §
850d Rn.
41; [X.]/
[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 70.
Aufl.,
§
850d Rn.
13, 15).
Diese Sichtweise, die im Wesentlichen
mit einem Verweis auf die Ent-scheidungen verschiedener Land-
und Oberlandesgerichte aus dem Zeitraum von 1930
-
1970 (Nachweise bei [X.]/[X.], aaO, §
850d Rn.
11 in Fn.
96; [X.]/Schütze/[X.], aaO, §
850d Rn.
33 in Fn.
121;
[X.]/
[X.], aaO, §
850d Rn.
7 in Fn.
29;
[X.], aaO, §
850d Rn.
29 in Fn.
96) begründet wird, geht fehl. Das Einkommen des [X.] dient nicht dazu, dem Gläubiger des Schuldners Befriedigung zu ermög-lichen, sondern es wird lediglich im Rahmen der Ermessensentscheidung nach §
850f Abs.
2 ZPO bei der Frage, ob der notwendige Bedarf des Schuldners ganz oder zum Teil hierdurch gedeckt ist, berücksichtigt. Dies hat seine Recht-fertigung in der oben angeführten gesetzgeberischen Wertentscheidung im [X.], die auch für die Ermittlung des pfandfreien Betrages in §
850f Abs.
2 Halbsatz
2 ZPO
bestimmend
ist. Ist der danach maßgebliche notwendi-ge Bedarf des Schuldners durch das Einkommen seines in Einsatzgemein-schaft mit ihm lebenden Ehegatten tatsächlich gedeckt, gibt es keinen Grund, warum der Gläubiger nicht in vollem Umfang privilegierten Zugriff nach §
850f Abs.
2 Halbsatz
1 ZPO auf das Arbeitseinkommen des Schuldners erhalten sollte.
(3) Im hier zu entscheidenden Fall ist die mit einem eigenen Einkommen von 2.300

r-pflichtet, denjenigen Teil ihres Einkommens, der ihren eigenen Bedarf über-steigt, zur Deckung des notwendigen Bedarfs des Schuldners zur Verfügung zu 21
22
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-

stellen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der notwendige eigene Unterhaltsbedarf des Schuldners hierdurch vollständig gedeckt ist. Tatsächliche Feststellungen dazu sind bisher nicht getroffen.
3. Soweit das Beschwerdegericht danach eine weitere Herabsetzung des pfandfreien Betrages mit
Blick auf etwaige Unterhaltsansprüche des Schuldners gegenüber dessen Ehefrau abgelehnt hat, kann die angefochtene Entscheidung nicht bestehen bleiben.
Der [X.] vermag in der Sache nicht abschließend selbst zu [X.], da sich die zur Beurteilung der Bedarfsdeckung erforderlichen Anknüp-fungstatsachen nicht aus dem vom Beschwerdegericht festgestellten Sachver-

23
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14
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halt ergeben. Ob und in welcher Höhe der notwendige Bedarf des Schuldners tatsächlich durch die Einkünfte seiner Ehefrau gedeckt ist, ist offen. Insoweit wird das Beschwerdegericht weitere Ermittlungen anzustellen haben.

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]

Kosziol

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.01.2010 -
35a M 937/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 23.02.2010 -
4 [X.] -

Meta

VII ZB 12/10

25.10.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. VII ZB 12/10 (REWIS RS 2012, 1944)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1944

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