Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2012, Az. XII ZR 122/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2862

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 122/11
Verkündet am:

26. September 2012

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 26.
September
2012
durch die
Richter
Dr.
[X.], Schilling,
Dr.
Günter,
Dr.
Nedden-Boeger
und Dr.
Botur
für Recht erkannt:
Auf die Revision des
[X.]
wird das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 3.
November
2011
aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine an-dere Kammer des
[X.]s
zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger begehrt von den [X.] rückständige Miete.
Die [X.] mieteten im
3. und 5. Obergeschoss
eines gewerblich ge-nutzten Gebäudekomplexes Räume für eine heilgymnastische und rehabilitative medizinische Massagepraxis. Im 1. und 2. Obergeschoss befanden sich zwei
Arztpraxen.
In
der 4. Etage vermietete
der Kläger Räume an den Streithelfer, der dort das
[X.] "R.

"
betreibt.
Die [X.] minderten ab Mai 2007 die monatliche Miete mit der Begründung, bei dem vom Streithelfer betriebenen [X.]
handele es sich um einen bordellartigen Betrieb 1
2
-
3
-
mit sexuellen Dienstangeboten.
Die Vermietung von Räumen an einen Bordell-betrieb in einem Gebäude, in dem sich außer der Praxis der [X.] nur noch zwei Arztpraxen befinden, habe zu einem erheblichen Umsatzverlust
geführt
und stelle daher einen Mangel der Mietsache dar, der die [X.] zu einer Mietminderung in voller Höhe berechtige.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der [X.] hat zur Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage geführt. Auf die Revision des [X.] hat der Senat das Berufungsurteil aufge-hoben und den
Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Im hier angefochtenen zweiten Berufungsur-teil hat das [X.] die Klage erneut abgewiesen.
Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision
ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der [X.] Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an eine [X.] des [X.].

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt, die Klagforderung sei aufgrund einer berechtigten Minderung
der Miete 3
4
5
6
-
4
-
und der
zwischenzeitlich von den [X.] erbrachten Zahlungen nicht (mehr) gegeben.
Zwar kämen im Hinblick darauf, dass der Mieter eines Geschäftsraums grundsätzlich das [X.] trage, als Mangel nur äußere
Einwirkun-gen in Betracht, die sich unmittelbar auf die
Brauchbarkeit der [X.]. Eine mittelbare Auswirkung reiche
nicht. Im vorliegenden Fall liege
je-doch eine
unmittelbare
Auswirkung vor.
Hierbei stehe
außer Frage, dass es sich bei dem vom Streithelfer betriebenen [X.]
um einen Bordellbe-trieb handele. Es könne
keine Rolle spielen, ob bei den dargestellten "Behand-lungen"
des [X.]
der Geschlechtsakt nicht im eigentlichen Sinne vollzogen werde
und dass die Ausgestaltung der "Behandlungen"
Elemente fernöstlicher erotischer Praktiken einbeziehe. Auch der Umstand, dass die "Be-handlungen"
das körperliche Wohlbefinden der Kunden steigerten, mache
aus dem Betrieb noch keinen gesundheitsorientierten Therapiebetrieb.
Das Vorhandensein eines Bordellbetriebs im gleichen Gebäude wie der Mietgegenstand führe
nicht nur zu einer mittelbaren Beeinträchtigung. Vielmehr wohne
einem Prostitutionsbetrieb die immanente Gefahr von Beeinträchtigun-gen inne. Aus diesem Grund würden schließlich Sperrbezirksverordnungen ge-schaffen.
Dieses
Verbot werde
zum Schutz der Jugend und des Anstandes als erforderlich angesehen, ungeachtet dessen, ob Beeinträchtigungen sich konkret ereignen, da derartige Betriebe als potentiell störend und jugendgefährdend angesehen werden. Anders als etwa bei einem nicht florierenden Geschäftsum-feld seien
daher Einnahmeeinbußen aufgrund eines benachbarten Bordellbe-triebs naheliegend, die nicht bloß dem unternehmerischen Risiko zugeschrie-ben werden könnten.
7
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-
5
-
Diese
immanente Gefahr sei
auch nicht angesichts der Darlegungen der [X.]eite ausgeschlossen. Zwar sei
durch das Vorhandensein von zwei Treppenhäusern und Lifts auch ein kontaktfreier Zugang der jeweiligen Kund-schaft denkbar, aber nicht garantiert. Auch bestehe
die Gefahr der Verwechs-lung der Stockwerke durch Kunden der [X.].
Ungeachtet der Frage, ob sich konkrete Störungen ereignet und wie sich die Einnahmesituation der [X.]seite entwickelt
hätten, sei
eine Minderung angemessen. Denn es ließe sich
ohnehin nicht mathematisch genau feststellen, inwieweit das vom Streithelfer betriebene [X.]
auf den Gewerbebe-trieb der [X.] Einfluss habe. Vielmehr sei
davon auszugehen, dass unge-achtet eines Wertewandels in der Gesellschaft immer noch ein beachtlicher Prozentsatz in der Bevölkerung existiere, der die Prostitution sozialethisch ne-gativ bewerte und Bereiche, in denen die Prostitution ausgeübt wird, meide.
Bestimmten Bevölkerungsteilen sei
es bereits nicht recht, in die Nähe ei-nes Prostitutionsbetriebs zu geraten. Nach der Lebenserfahrung sei davon [X.], dass sich beim Betrieb einer heilgymnastischen und rehabilitativen Praxis die Kundschaft zu einem nicht unerheblichen Prozentsatz aus älteren Personen und aus Kindern zusammensetze. Es sei
überaus nachvollziehbar, dass gerade ältere Kunden, die
in der Regel den Wertewandel seltener mittrü-gen, fürchteten, irrtümlich für Kunden des [X.] gehalten zu werden. Ebenso sei
davon auszugehen, dass auch Eltern aus Gesichtspunkten des Ju-gendschutzes jegliche Möglichkeit einer für ihre Kinder kompromittierende Situ-ation
ausschließen möchten. Im Hinblick darauf, dass zahlreiche alternative Möglichkeiten des Besuchs einer heilgymnastischen und rehabilitativen Praxis bestünden, liege
es auf der Hand, dass der Betrieb der [X.] unmittelbar 9
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6
-
eine nicht unbeachtliche Beeinträchtigung erleide, die mit 30% zu bewerten [X.].

II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht
hat wesentlichen Parteivortrag und Beweisangebote des [X.] nicht berücksichtigt
und damit seine Entscheidung unter Verletzung des Verfahrensrechts getroffen. Zudem hat das Berufungsgericht keine hinreichen-den Feststellungen zu den konkreten tatsächlichen Auswirkungen des Betriebs des [X.] "R.

"
auf den [X.] der [X.] getrof-fen. Damit fehlt es auch an einer tragfähigen Grundlage für die tatrichterliche Beurteilung, ob ein nicht unerheblicher Mangel der Mietsache i. S. v.
§
536 Abs.
1 Satz
1
und
3
BGB vorliegt.
1.
Das Berufungsgericht hat, wie der Kläger zu Recht rügt, dessen [X.] auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG) in entscheidungserheblicher Weise dadurch verletzt, dass es dem
Sachvortrag des [X.] und des Streit-helfers zu den im [X.] "R.

"
angebotenen Dienstleistungen und den hierzu angebotenen Beweisen nicht nachgegangen ist.

a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung eines Mangels der Mietsa-che entscheidend darauf abgestellt, dass es sich bei dem [X.] "R.

"
um einen bordellartigen Betrieb
handele, ohne in den Urteilsgründen darzulegen, auf welchen Feststellungen diese Annahme beruht. Mit dem [X.] und unter Beweis gestellten Vorbringen des [X.] und des Streit-helfers zu den in dem [X.] angebotenen Leistungen hat es sich 12
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-
7
-
nicht auseinandergesetzt. Beide haben behauptet, dass in dem Institut tantrisch-bioenergetische
Massagen ohne sexuellen
Hintergrund
durchgeführt würden, der Streithelfer ausgebildeter Tantralehrer, Massagetherapeut sowie diplomierter Gesundheits-
und Ernährungsberater sei und für den Betrieb des [X.] eine behördliche Erlaubnis vorliege. Diesen ausreichend [X.] Sachvortrag durfte das Berufungsgericht nicht unberücksichtigt las-sen.

b) Zwar hat
das Berufungsgericht seine Entscheidung
auf der Grundlage der erstinstanzlich getroffenen Feststellungen zu treffen
(§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und ist daher nicht stets zur Durchführung einer Beweisaufnahme ver-pflichtet.
Kommt es indes aus der allein maßgeblichen Sicht des Berufungsge-richts für die Beurteilung des [X.] auf Tatsachen an, die in dem erstin-stanzlichen Urteil trotz entsprechenden Parteivortrags nicht festgestellt worden sind, dann bestehen Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserhebli-chen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß §
529 Abs.
1 Nr.
1 Halb-satz
2 ZPO zu eigenen Feststellungen berechtigen und verpflichten
([X.], 295 = NJW 2004, 2152, 2155).

c) So liegen die Dinge hier. Das Amtsgericht ist
bei seiner Entscheidung von dem
Vorbringen der [X.], bei dem
[X.] "R.

"
han-dele es sich um einen Bordellbetrieb, ausgegangen und hat unter Berücksichti-gung der von den [X.] behaupteten Auswirkungen auf ihre
Praxis einen Mietmangel verneint.
Daher konnte es von der Erhebung der vom Kläger ange-botenen Beweise absehen. Das Berufungsgericht hat dagegen gerade mit der Annahme, bei dem [X.] "R.

"
handele es sich um einen bor-dellartigen Betrieb, der allein aufgrund seines Vorhandenseins in dem Gebäude 15
16
-
8
-
zu Beeinträchtigungen des Praxisbetriebs der [X.] führe, das Vorliegen eines Mietmangels begründet.
Da der Kläger die entsprechenden Behauptun-gen der [X.] jedoch substantiiert bestritten hat, durfte das Berufungsge-richt nicht von der
Durchführung einer Beweisaufnahme
absehen.

d)
Das angefochtene Urteil beruht auch auf dieser
Gehörsverletzung.

Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einem abwei-chenden
Ergebnis gelangt wäre, wenn es die
vom [X.] und Streithelfer angebotenen Beweise
erhoben hätte.
2. Auch die Annahme des [X.], die Mietsache sei mit ei-nem Mangel behaftet, ist nicht frei von [X.].
Das Berufungsgericht hat den Begriff des Mangels verkannt, wenn es einen solchen allein in der Vermie-tung der Räume zum Betrieb des [X.] "R.

"
sieht.
a) Unter einem Mangel im Sinne von §
536 Abs.
1 BGB ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Um-stände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Fehler in Betracht kommen können.
Erforderlich ist allerdings, um Ausuferungen des Fehlerbegriffs zu vermeiden, stets eine unmittelbare Beeinträchtigung der Taug-lichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache, wohingegen Umstände, die die Eignung der Mietsache zum ver-tragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, nicht als Mängel zu qualifizie-ren sind (Senatsurteile vom 15.
Oktober
2008 -
XII
ZR
1/07
-
NJW 2009, 664 Rn.
34; vom 21.
September
2006 -
XII
ZR
66/03
-
NJW 2006, 899, 900 und vom 16.
Februar
2000 -
XII
ZR
279/97
-
NJW 2000, 1714, 1715).
17
18
19
-
9
-
Welche Soll-Beschaffenheit eine Mietsache aufzuweisen hat, bestimmt sich in erster Linie nach der Parteivereinbarung. Die Vertragsparteien
bestim-men
durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemä-ßen Gebrauchs, welchen Zustand die vermietete Sache spätestens bei Über-lassung an den Mieter und von da ab während der gesamten Vertragsdauer aufweisen muss. Ist keine ausdrückliche Regelung zum "Soll-Zustand"
getrof-fen, muss anhand von Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft wer-den, was der Vermieter schuldet.
Dabei ist die Verkehrsanschauung als Ausle-gungshilfe heranzuziehen
(Senatsurteil vom 7.
Juni
2006

XII
ZR
34/04

NJW-RR 2006, 1157 Rn.
13).
Deshalb hat ein Mieter ohne eine entsprechende vertragliche Vereinba-rung in der Regel
keinen Anspruch gegen den Vermieter,
einen bestimmten "Mietermix"
oder ein bestimmtes "[X.]"
zu bewahren
(vgl. Senatsurteil vom 15.
Oktober
2008 -
XII
ZR
1/07
-
NJW 2009, 664 Rn.
26
f.).
Da den
Ver-mieter von Gewerberäumen jedoch
auch ohne besondere Vereinbarung die vertragliche Verpflichtung trifft, den Mieter vor Störungen des vertragsgemäßen Gebrauchs zu schützen (vgl. hierzu [X.] in [X.]/Sonnenschein Mie-te 10.
Aufl. §
535 BGB Rn.
11; [X.]/Häublein 6.
Aufl. §
535 Rn.
132), muss er
bei der Vermietung
von weiteren Räumlichkeiten in [X.] Gewerbeeinheit dafür Sorge tragen, dass der Mieter durch die Geschäftstä-tigkeit der Mitmieter nicht mehr als nur unerheblich in der Nutzung der von ihm angemieteten Gewerberäume beeinträchtigt wird.
Daraus folgt, dass ohne eine konkrete Vereinbarung über einen bestimmten "Mietermix", allein aus der
Ver-mietung weiterer Räume in dem Mietobjekt an einen Gewerbebetrieb, von dem
die abstrakte Gefahr ausgeht, dass andere Mieter im Gebrauch der Mietsache Beeinträchtigungen erfahren, nicht auf
einem
Mangel i. S. v. §
536 Abs.
1 BGB 20
21
-
10
-
geschlossen werden kann. Erst
wenn bei einem Mieter eine konkrete und mehr als nur unerhebliche (vgl. §
536 Abs.
1 Satz
3 BGB) Beeinträchtigung des ver-tragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache eintritt, liegt ein Mangel
der Mietsache vor, der gemäß §
536 Abs.
1
Satz
1 BGB zur Minderung der Miete führt.

b) Die Beurteilung, ob eine Abweichung der Mietsache von der verein-barten Sollbeschaffenheit den vertragsgemäßen [X.] mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt und welche Minderung des Mietzinses ein solcher Mangel gegebenenfalls rechtfertigt, obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Das Revisionsgericht hat jedoch zu prüfen, ob der Tatrichter die Sollbeschaffenheit zutreffend beurteilt hat, den
Begriff des Mangels nicht verkannt
hat
und auf ent-sprechende Rüge hin auch, ob seiner Beurteilung verfahrensfehlerfrei getroffe-ne Feststellungen zugrunde liegen (Senatsurteil vom 15.
Oktober
2008

XII
ZR
1/07
-
NJW 2009, 664
Rn.
13).
c) Gemessen an diesen Voraussetzungen hat das Berufungsgericht zu Unrecht
angenommen, dass die von den [X.] angemieteten Räumlichkei-ten aufgrund des Betriebs des [X.] "R.

"
mit einem Mangel behaftet seien.
Das
Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass äu-ßere Einwirkungen auf eine
Mietsache nur dann zu einem Mangel i. S. v. §
536 Abs.
1 BGB führen, wenn sie sich unmittelbar auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache auswirken. Es hat jedoch keine ausreichenden
Feststellungen zu den konkreten Auswirkungen des Betriebs des [X.] "R.

"
auf die Praxistätigkeit der [X.] getroffen.
Das Berufungsgericht hat sich viel-mehr darauf beschränkt, aus abstrakten Gefahren, die sich aus der Vermietung von Räumlichkeiten an einen Prostitutionsbetrieb für andere Mieter in dem Ge-22
23
24
-
11
-
bäude ergeben können, auf eine unmittelbare Beeinträchtigung des [X.] der [X.] zu schließen.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung einer unmittelbaren Beein-trächtigung des Praxisbetriebs der [X.]
zunächst allgemein auf die Schaf-fung von Sperrbezirksverordnungen verwiesen
und hierzu ausgeführt, dass das Verbot von [X.] in innerstädtischen Bereichen zeige, dass
derartige Betriebe als potentiell störend und jugendgefährdend angesehen wür-den, ungeachtet dessen, ob sich Beeinträchtigungen konkret ereignet haben. Diese Erwägung trägt die Annahme einer konkreten Beeinträchtigung des Miet-gebrauchs der [X.] bereits deshalb nicht, weil das [X.] "R.

"
nach den getroffenen Feststellungen gerade in dem von der Sperrbe-zirksverordnung der [X.] nicht ausgenommenen Bereich liegt, aber trotz-dem -
jedenfalls nach dem Vortrag des [X.]
-
über eine behördliche Erlaub-nis für seine Geschäftstätigkeit verfügt. Im Übrigen kann aus dem Zweck der abstrakt-generellen Regelung einer Sperrbezirksverordnung, die in bestimmten städtischen Bereichen zum Schutz öffentlicher Belange Prostitutionsbetriebe verbietet, ohne weitere Feststellungen nicht auf eine konkrete Beeinträchtigung des [X.]s eines gewerblichen Mieters in demselben Gebäude [X.] werden, in dem sich -
möglicherweise unter Verstoß gegen eine Sperrbezirksverordnung
-
ein Prostitutionsbetrieb befindet.
[X.] nimmt das Berufungsgericht auch an, dass es für die Fest-stellung einer konkreten Beeinträchtigung des [X.]s nicht darauf an-komme, ob sich eine Verwechslung der Türen bereits ereignet habe oder noch bevorstehe. Die [X.] wären nur dann im Gebrauch der von ihnen ange-mieteten Praxisräume konkret beeinträchtigt, wenn es tatsächlich zu entspre-25
26
-
12
-
chenden Verwechslungen gekommen wäre und dies dazu geführt hätte, dass Patienten der Praxis der [X.] ferngeblieben wären. Entsprechende [X.] hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
Schließlich bieten auch die weiteren Erwägungen des [X.]
keine tragfähige Grundlage, um einen Mangel der Mietsache zu begründen.
Dies gilt insbesondere für die Annahme,
nach der Lebenserfahrung
sei davon auszugehen, dass gerade ältere Menschen aufgrund der Gefahr, mit Kunden des [X.] "R.

"
verwechselt zu werden, der Praxis fernblei-ben würden und auch Eltern aus Gesichtspunkten des Jugendschutzes und um jede Möglichkeit einer für ihre Kinder kompromittierenden
Situation zu vermei-den, nicht mehr die Praxis der [X.] besuchen würden.
Auch mit diesen Überlegungen hat das Berufungsgericht keine unmittelbare Beeinträchtigung des Praxisbetriebs der [X.] festgestellt, sondern sich darauf beschränkt, aus den
abstrakten
Gefahren und Begleiterscheinungen, die sich durch die Vermietung von Räumlichkeiten zum Betrieb eines Bordells ergeben können,
auf einen Mangel der Mietsache zu schließen.
Dass tatsächlich Patienten der [X.] wegen des [X.] "R.

"
ihrer
Praxis ferngeblieben sind, ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen nicht.
3. Das Berufungsurteil kann demnach keinen Bestand haben. Es
ist nach §§
562 Abs.
1, 563 Abs.
1 ZPO aufzuheben. Da weitere tatrichterliche Feststel-lungen erforderlich sind, ist der Senat daran gehindert,
in der Sache selbst zu

27
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-
13
-
entscheiden. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zur erneuten [X.] und Entscheidung zurückzuverweisen; dabei macht der Senat von der Möglichkeit des §
563 Abs.
1 Satz
2 ZPO Gebrauch.

[X.]
Schilling
Günter

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.01.2008 -
93 C 2524/07-77 -

LG [X.], Entscheidung vom 03.11.2011 -
5 [X.]/08 -

Meta

XII ZR 122/11

26.09.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2012, Az. XII ZR 122/11 (REWIS RS 2012, 2862)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2862

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 122/11

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