Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2012, Az. V ZB 58/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2172

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

V ZB 58/12

vom

18. Oktober 2012

in dem Rechtsstreit

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 18. Oktober 2012
durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.] und Dr. Roth
und die Richterinnen
Dr. Brückner
und Weinland
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des [X.] vom 5. März 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 368,68

Gründe:

I.

Den Beklagten gehören 32 Wohnungen in einer Wohnungseigentumsan-lage. Die Wohnungseigentümergemeinschaft (Klägerin) klagte die in unter-schiedlicher Höhe für die einzelnen Wohnungen aufgelaufenen [X.] in 32 Einzelverfahren ein. Eines davon ist das vorliegende
Klagever-fahren. Die Beklagten sind in diesem,
wie auch in allen anderen Verfahren,
ver-urteilt worden, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Klägerin hat beantragt, die Kosten der Einzelverfahren auf der Grundlage der Einzelstreitwerte
festzu-die zu erstattenden Kosten auf der Grundlage des Gesamtstreitwerts der 32 Verfahren bemessen und unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags 1
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auf zt. Auf die Beschwerde der Klägerin hat das [X.] den Erstattungsbetrag wegen eines Rechenfehlers auf 115,nebst Zinsen erhöht und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde strebt die Klägerin die Festsetzung weiterer

an. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

II.

Das Beschwerdegericht meint, im Rahmen von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO müsse
auch geprüft werden,
ob das Führen mehrerer Rechtsstreite notwendig gewesen sei. Ohne einen sachlichen
Grund sei ein solches Vorgehen rechts-missbräuchlich. Als Folge dessen sei nur ein dem Anteil des [X.] an dem Gesamtbetrag aller
Rückstände entsprechender
Teil der Kosten eines fiktiven Rechtsstreits über den Gesamtbetrag festzusetzen. Hier sei ein Grund, die Beklagten wegen der Hausgeldrückstände in 32 Einzelklageverfahren in Anspruch zu nehmen, nicht zu erkennen. Er ergebe sich insbesondere
nicht daraus, dass eine Zwangsversteigerung in die einzelnen Wohnungen im Rang nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] den Nachweis der für die einzelne Wohnung aufge-laufenen Rückstände erfordere. Dieses Problem
lasse sich durch die entspre-chende Abfassung des Urteils bewältigen. Auch die praktischen Schwierigkei-ten bei anderen Formen der Vollstreckung rechtfertigten den beträchtlichen Mehraufwand nicht.

III.

Diese Erwägungen treffen zu. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist un-begründet.

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1. [X.], durch die von dem Kostengläubi-ger
gewählte Prozessführung seien ungerechtfertigte Mehrkosten entstanden, ist im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen.

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung unterliegt auch die Rechtsaus-übung im Zivilverfahren dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abge-leiteten [X.] (Senat, Beschlüsse
vom 10. Mai 2007 -
V [X.], [X.], 218, 223
Rn. 13 f., vom 10. Juni 2010 -
V [X.], NJW-RR 2010, 1314, 1315 Rn. 10 [im Original Rn. 12]) und vom 12. Juli 2012 -
V [X.], NJW
2012, 3376, 3377
Rn. 11). Daraus folgt für das Kostenrecht die Verpflichtung jeder Prozesspartei, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt
(Senat, Beschluss vom
8. Juli 2010 -
V [X.], NJW-RR 2011, 230 Rn. 9). Ein [X.] gegen diese Verpflichtung kann dazu führen, dass das Festsetzungsver-langen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist und die zur Festsetzung [X.] Mehrkosten vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren abzusetzen sind ([X.], Beschlüsse vom 2. Mai 2007 -
XII [X.], [X.], 2257
Rn.
12 ff., vom 31. August 2010 -
X [X.], NJW 2011, 529, 530
Rn. 10,
vom 11. September 2012

[X.]/11,
MDR
2012, 1314 Rn.
9 und vom 2.
Oktober 2012
VI
ZB 67/11, juris Rn.
9).

b) Entgegen der Annahme der Klägerin wird hierdurch nicht die [X.] Kostengrundentscheidung unterlaufen. Die Kostengrundentscheidung bestimmt
nur, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Mit ihr ist aber, wenn nicht ausnahmsweise bestimmte Kosten gesondert verteilt werden, keine Aussage darüber verbunden, welche Kosten die unterlegene Partei der [X.] zu erstatten hat. Diese Frage wird im Kostenfestsetzungsverfahren ent-4
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schieden. Die Berücksichtigung des Einwands unberechtigter Mehrkosten infol-ge rechtsmissbräuchlicher Prozessführung führt auch nicht dazu, dass der [X.] keine Kosten zu ersetzen wären, sondern, wie ausgeführt, nur dazu, dass sie auf den Anteil herabgesetzt werden, der bei einer Treu und Glauben entsprechenden Prozessführung auf das Einzelverfahren entfiele.

2. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.] nimmt das Beschwerdegericht ferner an, dass ein Antrag auf Festsetzung von Mehrkosten, die dadurch entstanden sind, dass ein oder mehrere gleichartige, aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsene Ansprüche gegen eine oder mehrere Personen ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen ver-folgt worden sind,
als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein kann ([X.], Be-schlüsse
vom 2. Mai 2007 -
XII [X.], [X.], 2257 Rn. 13
und vom 11. September 2012

[X.]/11,
MDR
2012, 1314 Rn.
10 und vom 2.
Oktober 2012
VI
ZB 67/11 juris Rn.
10). Gleiches gilt für [X.] in Bezug auf Mehrkosten, die darauf beruhen, dass mehrere von demsel-ben Prozessbevollmächtigten vertretene Antragsteller in engem zeitlichem Zu-sammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund in getrenn-ten Prozessen gegen den-
oder dieselben Antragsgegner vorgegangen sind (Senat, Beschluss vom 8. Juli 2010 -
V [X.], NJW-RR 2011, 230, 231 Rn.
14; [X.], Beschlüsse
vom 11. September 2012

[X.]/11,
MDR
2012, 1314 Rn.
10 und vom 2.
Oktober 2012
VI
ZB 67/11, juris Rn.
10).

3. Richtig ist schließlich auch die Annahme des [X.], sachliche Gründe für die Einleitung von 32 Einzelverfahren hätten hier nicht vorgelegen.

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a) Ein
sachlicher Grund für die Geltendmachung von [X.] für mehrere Eigentumswohnungen desselben
Wohnungseigentümers kann darin liegen, dass auf Grund konkreter Umstände mit unterschiedlichen [X.] gegen die Einzelforderungen zu rechnen ist. Das macht die Klägerin aber nicht geltend und ist auch
sonst nicht ersichtlich.

b) Dass für die einzelnen Wohnungen getrennte [X.] geführt werden, vermag für sich genommen die Mehrkosten nicht zu rechtfertigen, die durch eine Geltendmachung in getrennten Verfahren entstehen. Zwar kann es sein, dass aus dem Urteil, das in einem Sammelverfahren ergeht, in verschie-dene Gegenstände vollstreckt werden muss, und dass es nicht gelingt, den ins-gesamt geschuldeten Betrag in einem Zuge beizutreiben. Dann müssen die [X.] [X.] den [X.] zugeordnet werden. Das ist aber unter Anwendung von § 366 BGB problemlos möglich. Notfalls sind die [X.] Beträge den [X.] anteilig zuzuordnen, § 366 Abs. 2 BGB letzter Halbsatz.

c) Auch das Vorrecht, das Hausgeldrückstände in
der Zwangsversteige-rung der Eigentumswohnung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] genießen, ergibt kei-nen sachlichen Grund, die Hausgeldforderungen wegen verschiedener Woh-nungen einer Anlage gegen einen Eigentümer in getrennten Verfahren durch-zusetzen. Der Klägerin
ist allerdings zuzugeben, dass dieses Vorrecht nur be-steht, wenn die Rückstände den Mindestbetrag von 3% des Einheitswerts der Wohnung übersteigen und glaubhaft gemacht werden
(§ 10 Abs. 3 Sätze 1 und
3 [X.] i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG). Richtig ist auch,
dass
die Glaub-haftmachung einfach gelingt, wenn die Hausgeldforderung in einem gesonder-ten Verfahren tituliert wird. Der Mehraufwand, den ein solches Verfahren verur-sacht, wäre mit diesem Gesichtspunkt aber nur zu rechtfertigen, wenn die 9
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Wohnungseigentümergemeinschaft die Höhe der Rückstände für die einzelne Wohnung bei Geltendmachung aller Rückstände des Eigentümers in einem einheitlichen Verfahren nicht oder nur unter sehr erschwerten Bedingungen glaubhaft machen könnte. Dafür ist nichts ersichtlich. Zur Glaubhaftmachung genügt bei einem Titel, der die Beträge nicht einzeln
ausweist, z.B. die Vorlage eines Doppels der Klageschrift (Entwurfsbegründung in [X.]. 16/887 S. 46). Auch hat die Wohnungseigentümergemeinschaft die Möglichkeit, statt der [X.] zur Zahlung des Gesamtbetrags die [X.] zur Zahlung der [X.] zu beantragen.

4. Die in den Einzelverfahren festzusetzenden [X.] waren deshalb auf einen Anteil an den Kosten herabzusetzen, die bei Durchsetzung aller Rückstände in einem Verfahren entstanden wären. Der Anteil entspricht dem Anteil des Streitwerts des [X.] an dem Streitwert des an sich einzuleitenden [X.] ([X.], Beschlüsse
vom 11. September 2012

[X.]/11,
MDR
2012, 1314, 1315 Rn.
12 und vom 2.
Oktober
2012

VI
ZB
67/11, juris Rn.
12)
12
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IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstands-wert entspricht dem zurückgewiesenen Teil des [X.].

Stresemann

Schmidt-Räntsch

Roth

Brückner

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.01.2012 -
64 [X.]/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 05.03.2012 -
25 T 71/12 -

13

Meta

V ZB 58/12

18.10.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2012, Az. V ZB 58/12 (REWIS RS 2012, 2172)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2172

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZB 153/09

X ZB 3/09

VI ZB 59/11

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