Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.02.2013, Az. 3 AZB 5/12

3. Senat | REWIS RS 2013, 8183

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Deutsche Gerichtsbarkeit - Lehrer an griechischen Schulen


Leitsatz

1. Nach § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf die Betätigung ausländischer Staaten in Deutschland, soweit deren hoheitliches Handeln betroffen ist.

2. Die Tätigkeit einer angestellten Lehrkraft an einer von der Republik Griechenland in Deutschland betriebenen Privatschule stellt sich nicht als Ausübung von Hoheitsgewalt der Republik Griechenland dar. Streitigkeiten aus einem solchen Arbeitsverhältnis unterliegen daher der deutschen Gerichtsbarkeit.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss des [X.] vom 20. Dezember 2011 - 8 Ta 393/11 - aufgehoben. Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des [X.] vom 2. November 2011 - 35 [X.] - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte nach dem „Abkommen zwischen der [[X.].] und dem [[X.].] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer“ (im Folgenden: [[X.].]) berechtigt ist, von der Vergütung des [[X.].] einen pauschalen Steuerabzug von 5 % vorzunehmen.

2

Der Kläger steht seit dem 22. September 1989 als Lehrkraft für die Privaten Volksschulen der [[X.].] in [[X.].] und im [[X.].] in den Diensten der beklagten [[X.].]. In dem zwischen dem [[X.].] Generalkonsulat als Träger der Privaten Volksschulen der [[X.].] in [[X.].] und im [[X.].] und dem Kläger am 1. Juli 1994 geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es ua.:

        

„Art. 2

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden, soweit nichts anderes vereinbart wurde, der [[X.].] ([[X.].]) und die Sonderregelung [[X.].] 2 l [[X.].] in ihren jeweils gültigen Fassungen analoge Anwendung.

        

…       

        

Art. 6

        

…       

        

Die Vergütung wird unter Ausschluss des [[X.].] und entsprechend der seitens der Regierung von [[X.].] erfolgten Eingruppierung wie folgt gewährt:

        

….    

        

Art. 8

        

An die Lehrkraft wird ausserdem auch der Arbeitgeberanteil (d.h. 50% des Gesamtbetrages) für die gesetzliche Kranken- Renten- und Arbeitslosenversicherung gezahlt. Dieser Betrag wird ihr erst nach Vorlage einer amtlichen Bescheinigung des jeweiligen öffentlichen Trägers über die Höhe der zu entrichtenden Beiträge ausgezahlt.

        

Wegen des exterritorialen Status des Arbeitgebers, verpflichtet sich hiermit die Lehrkraft, die volle Höhe der Sozialversicherungsbeiträge sosie auch die Lohn- und Kirchensteuer an die zuständigen [[X.].] Behörden bzw. Anstalten selbst abzuführen und zwar unverzüglich. Ein Verstoss hiergegen berechtigt den Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Andere Leistungen bzw. Gratifikationen erfolgen nicht.

        

...“   

3

Bei den Privaten Volksschulen der [[X.].] in [[X.].] und im [[X.].] handelt es sich um refinanzierte Privatschulen. Die Vergütung, die dem Kläger von der [[X.].] gezahlt wird, stammt zu 100 % aus Mitteln des [[X.].] Bayern.

4

Mit Schreiben vom 24. Januar 2002 teilte das [[X.].] Generalkonsulat [[X.].] dem Kläger mit:

        

„…, dass ab 01.02.2002 im Auftrag und Interesse des [[X.].] ein Prozentsatz von 5%, bezogen auf Ihr monatliches Bruttoeinkommen, als Steuer einbehalten wird. Dieser Abzug erfolgt für die monatlichen Einkommen rückwirkend vom September 2001.“

5

[[X.].] behielt die Beklagte von der Vergütung des [[X.].] einen Betrag [[X.].]. 2.045,89 Euro brutto, im Jahr 2003 einen Betrag [[X.].]. 1.965,98 Euro brutto, im [[X.].] einen solchen [[X.].]. 2.048,65 Euro, im Jahr 2005 einen Betrag [[X.].]. 2.290,43 Euro brutto, im Jahr 2006 2.321,62 Euro brutto, im Jahr 2007 2.280,20 Euro, im Jahr 2008 einen Betrag [[X.].]. 2.245,47 Euro brutto, im [[X.].] einen solchen [[X.].]. 2.371,91 Euro brutto und im Jahr 2010 einen Betrag [[X.].]. 4.324,36 Euro brutto ein.

6

Der Kläger verlangte von der [[X.].] die Zahlung der aus seiner Sicht zu Unrecht einbehaltenen Vergütung für die Jahre 2002 bis 2010 sowie Auskunftserteilung. Im Gütetermin vom 25. Mai 2011 verkündete das Arbeitsgericht gegen die nicht erschienene Beklagte ein Versäumnisteilurteil, mit welchem es dem Kläger antragsgemäß rückständige Vergütung für die Jahre 2002 bis 2009 zusprach und die Beklagte verurteilte, dem Kläger Auskunft über die einbehaltene Vergütung für das [[X.].] durch Vorlage einer ordnungsgemäßen Lohnabrechnung zu erteilen. Zudem wurde die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, entgegen der schriftlichen Anweisung des [[X.].] Wirtschaftsministeriums vom 24. Oktober 2002 auch weiterhin 5 % des Arbeitslohnes des [[X.].] einzubehalten. Das Versäumnisteilurteil wurde der [[X.].] am 8. Juni 2011 zugestellt. Dagegen legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 1. Juni 2011 Einspruch ein.

7

Am 16. Juni 2011 wurde dem Kläger eine vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisteilurteils erteilt.

8

Mit Schriftsatz vom 28. September 2011, der am selben Tag beim Arbeitsgericht einging, legte die Beklagte Erinnerung gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ein. Der Rechtspfleger half der Erinnerung nicht ab und legte sie der zuständigen Richterin zur Entscheidung vor. Diese wies die Erinnerung der [[X.].] mit Beschluss vom 2. November 2011 zurück. Dieser Beschluss wurde der [[X.].] am 8. November 2011 zugestellt. Hiergegen legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 9. November 2011, der am 10. November 2011 beim Arbeitsgericht einging, sofortige Beschwerde ein. Dieser half das Arbeitsgericht nicht ab und legte sie dem [[X.].] zur Entscheidung vor. Das [[X.].] änderte den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 2. November 2011 ab und entschied, dass das Arbeitsgericht die vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisteilurteils zu Unrecht erteilt habe und die Zwangsvollstreckung hieraus unzulässig sei. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner vom [[X.].] zugelassenen Rechtsbeschwerde.

9

II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des [[X.].]s und zur Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der [[X.].] gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 2. November 2011, mit dem dieses die Erinnerung der [[X.].] gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel zum Versäumnisteilurteil zurückgewiesen hat. Die Erinnerung der [[X.].] gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Vollstreckungsklausel zu Recht erteilt.

1. Die Voraussetzungen des § 724 Abs. 1 ZPO für die Erteilung der Vollstreckungsklausel lagen vor. Das Versäumnisteilurteil des Arbeitsgerichts vom 25. Mai 2011 ist ein Vollstreckungstitel iSd. § 724 Abs. 1 ZPO.

2. Es kann dahinstehen, ob Urteile gegen Personen, die der [[X.].] Gerichtsbarkeit nicht unterliegen, nichtig und damit wirkungslos (so die [[X.].], vgl. etwa BayObLG 30. September 1971 - I Z 42/71 - zu [[X.].] a der Gründe, FamRZ 1972, 212; OLG [[X.].] 27. August 1971 - 2 W 1284/71 - zu [[X.].] der Gründe, FamRZ 1972, 210; [[X.].]/[[X.].] 3. Aufl. § 18 [[X.].] Rn. 5; [[X.].]/[[X.].] ZPO 29. Aufl. Vor §§ 18-20 [[X.].] Rn. 3; [[X.].]/[[X.].] ZPO § 732 Rn. 6; [[X.].]/[[X.].]/[[X.].] ZPO 33. Aufl. [[X.].] § 300 Rn. 15; [[X.].]/[[X.].]/[[X.].] Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 19 Rn. 15; [[X.].]/[[X.].] Internationales Privatrecht 9. Aufl. S. 1047; ausdrücklich offengelassen [[X.].] 28. Mai 2003 - I[X.]a [[X.].] - zu [[X.].] der Gründe, NJW-RR 2003, 1218; unklar [[X.].] 9. Juli 2009 - III ZR 46/08 - Rn. 20, [[X.].]Z 182, 10) oder ob sie lediglich anfechtbar sind (so zB Schlosser [[X.].] Bd. 79 [1966], 164, 171, 178; [[X.].] ZPO 21. Aufl. vor § 578 Rn. 10; [[X.].] Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. Rn. 528). Entgegen der Rechtsauffassung der [[X.].] ist diese in dem mit dem Kläger geführten Rechtsstreit nicht nach § 20 Abs. 2 [[X.].] von der [[X.].] Gerichtsbarkeit befreit. Ihre hoheitliche Tätigkeit wird von dem Rechtsstreit nicht betroffen.

a) Grundsätzlich unterliegen ungeachtet der jeweiligen St[[X.].]tsangehörigkeit alle sich in der [[X.].] aufhaltenden Personen uneingeschränkt der den [[X.].] Gerichten übertragenen Rechtsprechungshoheit ([[X.].] 22. August 2012 - 5 [[X.].] - Rn. 8); allerdings sind nach den §§ 18 bis 20 [[X.].] bestimmte Personen und Organisationen von der [[X.].] Gerichtsbarkeit ausgenommen.

b) Nach der hier allein in Betracht kommenden Bestimmung in § 20 Abs. 2 [[X.].] erstreckt sich die [[X.].] Gerichtsbarkeit nicht auf Personen, die gemäß den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

[[X.].]) Soweit im Völkerrecht in einem allgemeinen Sinne von [[X.].] die Rede ist, bezieht sich diese auf den völkerrechtlich anerkannten Grundsatz, dass ein St[[X.].]t nicht fremdst[[X.].]tlicher nationaler Gerichtsbarkeit unterworfen ist. Allerdings gibt es keine allgemeine Regel des Völkerrechts, dass ein St[[X.].]t Immunität auch für nicht-hoheitliches Handeln genießt ([[X.].] 6. Dezember 2006 - 2 [[X.].]/03 - Rn. 34, [[X.].]E 117, 141; [[X.].] 23. November 2000 - 2 [[X.].] - zu [[X.].] b der Gründe mwN, AP [[X.].] § 20 Nr. 2 = EzA [[X.].] § 20 Nr. 3). Demzufolge sind nach dem als Bundesrecht iSv. Art. 25 GG geltenden allgemeinen Völkergewohnheitsrecht [[X.].] der Gerichtsbarkeit anderer [[X.].] nur insoweit nicht unterworfen, als ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Andernfalls könnte die rechtliche Prüfung durch die Gerichte eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns erfordern, was mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von [[X.].] und dem daraus folgenden Rechtsprinzip, dass [[X.].] nicht übereinander zu Gericht sitzen ([[X.].] 6. Dezember 2006 - 2 [[X.].]/03 - [[X.].]O), nicht vereinbar wäre (vgl. [[X.].] 1. Juli 2010 - 2 [[X.].]/09  - Rn. 11, [[X.].] Art. 25 Nr. 5 = EzA [[X.].] § 20 Nr. 5; 15. Februar 2005 - 9 [[X.].] - zu [[X.].] a der Gründe, [[X.].]E 113, 327; 16. Mai 2002 -  2 AZR 688/00  - zu II 1 der Gründe, AP [[X.].] § 20 Nr. 3; 23. November 2000 - 2 [[X.].] - [[X.].]O; [[X.].] Internationales Zivilverfahrensrecht 5. Aufl. Rn. 172 ff.).

[[X.].]) Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher St[[X.].]tstätigkeit richtet sich nicht nach deren Motiv oder Zweck; sie kann auch nicht danach vorgenommen werden, ob die Betätigung in erkennbarem Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben des St[[X.].]tes steht. Dies folgt daraus, dass die Tätigkeit eines St[[X.].]tes, wenn auch nicht insgesamt, aber doch zum weitaus größten Teil hoheitlichen Zwecken und Aufgaben dient und mit ihnen in einem erkennbaren Zusammenhang steht. Maßgebend für die Unterscheidung ist vielmehr die Natur der st[[X.].]tlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische St[[X.].]t in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt und damit öffentlich-rechtlich oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist ([[X.].] 30. April 1963 - 2 [[X.].] - zu C [[X.].] der Gründe, [[X.].]E 16, 27). Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist die Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen (30. April 1963 - 2 [[X.].] - zu C [[X.].] der Gründe, [[X.].]O; [[X.].] 1. Juli 2010 - 2 [[X.].]/09 - Rn. 12 mwN, [[X.].] Art. 25 Nr. 5 = EzA [[X.].] § 20 Nr. 5).

Allerdings kann es ausnahmsweise völkerrechtlich geboten sein, die Betätigung eines ausländischen St[[X.].]tes als hoheitlich zu qualifizieren, obwohl sie nach nationalem Recht als privatrechtliche und nicht als öffentlich-rechtliche Betätigung anzusehen wäre. Dies ist der Fall, wenn sie dem Kernbereich der St[[X.].]tsgewalt zuzurechnen ist. Zum Kernbereich hoheitlicher Tätigkeit gehören nach der Rechtsprechung des [[X.].] lediglich die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege (30. April 1963 - 2 [[X.].] - zu [[X.].] der Gründe, [[X.].]E 16, 27).

Geht es - wie hier - um eine Streitigkeit aus einem (privatrechtlichen) Arbeitsverhältnis, kommt es grundsätzlich darauf an, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Natur nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind; entscheidend ist der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit (vgl. [[X.].] 15. Februar 2005 - 9 [[X.].] - zu [[X.].] b der Gründe, [[X.].]E 113, 327; 23. November 2000 - 2 [[X.].] - zu [[X.].] b der Gründe, AP [[X.].] § 20 Nr. 2 = EzA [[X.].] § 20 Nr. 3; 20. November 1997 - 2 [[X.].] - zu [[X.].] der Gründe, [[X.].]E 87, 144). [[X.].] ein ausländischer St[[X.].]t einen Arbeitnehmer mit hoheitlichen Aufgaben, so handelt er selbst in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt.

cc) Danach ist die beklagte [[X.].] im vorliegenden Rechtsstreit nicht gemäß § 20 Abs. 2 [[X.].] von der [[X.].] Gerichtsbarkeit ausgenommen. Der Kläger nimmt als Lehrer an den Privaten Volksschulen der [[X.].] in [[X.].] und im [[X.].] keine Tätigkeiten wahr, die mit der Ausübung der Souveränität der beklagten [[X.].] iSd. allgemeinen Regeln des Völkerrechts in Zusammenhang stehen. Die beklagte [[X.].] übt im Rahmen des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses keine originär hoheitlichen Tätigkeiten aus. Der Kläger wirkt im Rahmen seiner Aufgaben nicht an der Ausübung st[[X.].]tlicher Hoheitsgewalt der beklagten [[X.].] mit. Die Beklagte ist auch nicht deshalb von der [[X.].] Gerichtsbarkeit befreit, weil die Parteien darüber streiten, ob die Beklagte berechtigt ist, vom Einkommen des [[X.].] Steuern einzubehalten.

(1) Es kann dahinstehen, ob das innerst[[X.].]tliche Recht der [[X.].] die Tätigkeit eines Lehrers an einer Schule als hoheitliche Tätigkeit einstuft. Hierfür könnte sprechen, dass die Bildung nach Art. 16 Abs. 2 der [[X.].] Verfassung von 1975 idF vom 16. April 2001 (im Folgenden: [[X.].]) eine Grundaufgabe des St[[X.].]tes darstellt, nach Art. 16 Abs. 3 der [[X.].] Verfassung eine neunjährige Schulpflicht besteht und die Bildung nach Art. 16 Abs. 4 der [[X.].] Verfassung in all ihren Stufen in den st[[X.].]tlichen Einrichtungen kostenlos sein muss. Nach dem für die Beurteilung der Immunität allein maßgeblichen [[X.].] Recht ist die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit einem privaten Arbeitgeber gleichgestellt.

(a) Nach Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, mithin einem Beamtenverhältnis (vgl. [[X.].] in von [[X.].]/[[X.].] GG 6. Aufl. Art. 33 Rn. 39), und nicht in einem privatrechtlichen Angestelltenverhältnis stehen. Dieser Vorbehalt zugunsten des Beamtenverhältnisses greift für Lehrer an öffentlichen Schulen nicht. Lehrer nehmen nicht schwerpunktmäßig hoheitlich geprägte Aufgaben wahr, die der besonderen Absicherung durch den Beamtenstatus bedürften ([[X.].] 19. September 2007 - 2 [[X.].] - Rn. 65, [[X.].]E 119, 247). Der Dienstherr hat deshalb die Möglichkeit, Lehrer im Angestelltenverhältnis zu beschäftigen.

(b) Bei den Privaten Volksschulen in [[X.].] und im [[X.].], an denen der Kläger als Lehrer tätig ist, handelt es sich zudem gemäß Art. 31 Abs. 1 iVm. Art. 7 Abs. 2 [[X.].] um refinanzierte Ersatzschulen iSd. Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG, die einer besonders ausgestalteten Aufsicht durch den [[X.].] St[[X.].]t unterliegen.

([[X.].]) Nach Art. 7 Abs. 1 GG obliegt die Aufsicht über das gesamte Schulwesen und damit auch über das verfassungsrechtlich durch Art. 7 Abs. 4 GG geschützte Privatschulwesen dem [[X.].] St[[X.].]t (vgl. [[X.].] 17. Oktober 2012 - 9 [[X.].]/11 - Rn. 24; [[X.].] in v. Mangoldt[[X.].]/Starck GG 5. Aufl. Art. 7 Abs. 1 Rn. 66; [[X.].] in von [[X.].]/[[X.].] GG Art. 7 Rn. 50). Die Reichweite der st[[X.].]tlichen Aufsicht ist zwar durch die besondere [[X.].] des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG ihrerseits eingeschränkt (vgl. [[X.].] in v. Mangoldt[[X.].]/Starck GG Art. 7 Abs. 4 Rn. 204). Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet unter den dort genannten Voraussetzungen unter Absage an ein st[[X.].]tliches [[X.].] die Freiheit, Privatschulen zu errichten. Kennzeichnend für die Privatschule ist ein Unterricht eigener Prägung, insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und die Lehrinhalte. Allerdings ist das Recht zur Errichtung von Ersatzschulen durch den Vorbehalt st[[X.].]tlicher Genehmigung beschränkt (vgl. [[X.].] 8. Juni 2011 - 1 BvR 759/08, 1 BvR 733/09 - Rn. 15, [[X.].]K 18, 469). Nach Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG bedürfen private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen der Genehmigung des St[[X.].]tes, sie unterstehen zudem den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Privatschulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG schützt die Vielfalt der Formen und Inhalte, in denen Schule sich darstellen kann; das Genehmigungserfordernis hat den Sinn, die Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen zu schützen (vgl. [[X.].] 8. Juni 2011 - 1 BvR 759/08, 1 BvR 733/09 - [[X.].]O).

Dementsprechend bestimmt Art. 92 Abs. 1 [[X.].], dass Ersatzschulen, dh. private Schulen, die in ihren Bildungs- und Erziehungszielen öffentlichen im Freist[[X.].]t Bayern vorhandenen oder vorgesehenen Schulen entsprechen (Art. 91 [[X.].]), nur mit st[[X.].]tlicher Genehmigung errichtet und betrieben werden dürfen. Nach Art. 92 Abs. 2 [[X.].] ist die Genehmigung zu erteilen, wenn derjenige, der eine Ersatzschule errichten, betreiben oder leiten will, die Gewähr dafür bietet, dass er nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt, die Ersatzschule in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung ihrer Lehrkräfte hinter den öffentlichen Schulen nicht zurücksteht, eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird und die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert ist. Dabei ist nach Art. 97 Abs. 1 [[X.].] die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte an einer Ersatzschule nur dann genügend gesichert, wenn über das Anstellungsverhältnis ein schriftlicher oder (unter Verwendung einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur) elektronischer Vertrag abgeschlossen ist, in dem klare Kündigungsbedingungen, der Anspruch auf Urlaub und die regelmäßige Pflichtstundenzahl festgelegt sind, die Gehälter und Vergütungen bei entsprechenden Anforderungen hinter den Gehältern der Lehrkräfte an vergleichbaren öffentlichen Schulen nicht wesentlich zurückbleiben und in regelmäßigen Zeitabschnitten gezahlt werden und für die Lehrkräfte eine Anwartschaft auf Versorgung erworben wird, die wenigstens den Bestimmungen der Angestelltenversicherung entspricht.

([[X.].]) Aufgrund dieser Vorgaben des [[X.].] nationalen Rechts kann die beklagte [[X.].] ihren durch Art. 16 Abs. 2 der [[X.].] Verfassung zugewiesenen Bildungsauftrag nicht autonom, sondern von vornherein nur im Rahmen der Beschränkungen des Art. 7 Abs. 4 GG wahrnehmen. Insbesondere ist sie in der Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse der Lehrkräfte nicht frei.

(2) Eine Immunität der [[X.].] folgt auch nicht daraus, dass die Parteien über die Frage streiten, ob die Beklagte nach dem [[X.].] berechtigt war, von der Vergütung des [[X.].] einen pauschalen Steuerabzug von 5 % vorzunehmen.

(a) Es kann dahinstehen, ob auch das Steuerrecht eines ausländischen St[[X.].]tes dem Kernbereich der St[[X.].]tsgewalt zuzurechnen ist (so [[X.].] 4. Mai 1983 - 5 [[X.].] - zu I[[X.].] der Gründe). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind nicht die Auswirkungen des [[X.].] Steuerrechts auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der beklagten [[X.].]. Die Parteien streiten nicht darüber, ob und in welcher Höhe der beklagten [[X.].] nach [[X.].] Steuerrecht Steuern aus dem Einkommen des [[X.].] zustehen. Der Kläger, der nach Art. 8 seines Arbeitsvertrags wegen des exterritorialen Status seiner Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Lohn- und Kirchensteuer an die zuständigen [[X.].] Behörden oder Anstalten selbst abzuführen und nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mithin der [[X.].] Steuerhoheit unterfällt, macht vielmehr ausschließlich geltend, dass der im Interesse des [[X.].] erfolgte Einbehalt von 5 % seines Bruttoeinkommens zu einer nach dem [[X.].] unzulässigen Doppelbesteuerung führt. In diesem Zusammenhang vertritt der Kläger die Auffassung, seine Vergütung sei nach Art. [X.]I [[X.].], Art. 8 des Arbeitsvertrags sowie nach der schriftlichen Anweisung des [[X.].] Wirtschaftsministeriums vom 24. Oktober 2002 in der [[X.].] zu besteuern; demgegenüber beruft sich die beklagte [[X.].] darauf, das Einkommen des [[X.].] sei nach Art. [X.] [[X.].] in der [[X.].] zu besteuern.

(b) Für Streitigkeiten über eine unzulässige Doppelbesteuerung sieht Art. [X.][X.] [[X.].] ein Verständigungsverfahren vor. [X.] eine in einem Vertragst[[X.].]t ansässige Person nach, dass Maßnahmen der Steuerbehörden der Vertragst[[X.].]ten eine diesem Abkommen widersprechende Doppelbesteuerung bewirkt haben oder bewirken werden, so kann sie ihren Fall dem St[[X.].]t, in dem sie ansässig ist, unterbreiten. Werden ihre Einwendungen als begründet erachtet, so wird sich die zuständige Behörde des angerufenen St[[X.].]tes mit der zuständigen Behörde des anderen St[[X.].]tes über die Vermeidung der Doppelbesteuerung zu verständigen suchen, Art. [X.][X.] Abs. 1 [[X.].]. Damit sind nach Art. [X.][X.] Abs. 1 [[X.].] Streitigkeiten über eine unzulässige Doppelbesteuerung stets in dem St[[X.].]t zu klären, in dem die betroffene Person ansässig ist. Dies ist hier die [[X.].]. Damit verbleibt es bei der [[X.].] Gerichtsbarkeit.

dd) Der Senat hatte nicht darüber zu entscheiden, ob die Arbeitsgerichtsbarkeit im vorliegenden Verfahren sachlich zuständig ist. Ebenso hatte er nicht darüber zu befinden, ob der Kläger sein Begehren auf Unterlassung einer aus seiner Sicht unzulässigen Doppelbesteuerung mit einer Klage auf Zahlung ausstehender Vergütung überhaupt zulässigerweise verfolgen kann. Dies ist zweifelhaft, da Art. [X.][X.] Abs. 1 [[X.].] für Streitigkeiten über eine unzulässige Doppelbesteuerung ausdrücklich das dort vereinbarte Verfahren vorsieht.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

        

        

        

                 

Meta

3 AZB 5/12

14.02.2013

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZB

vorgehend ArbG München, 2. November 2011, Az: 35 Ca 17879/09, Beschluss

Art 7 Abs 1 GG, Art 7 Abs 4 GG, Art 25 GG, Art 33 Abs 4 GG, § 20 Abs 2 GVG, Art 10 DBA GRC, Art 11 DBA GRC, Art 22 DBA GRC, § 724 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.02.2013, Az. 3 AZB 5/12 (REWIS RS 2013, 8183)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8183

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 BvR 736/13 (Bundesverfassungsgericht)

Stattgebender Kammerbeschluss: Erteilung einer Vollstreckungsklausel unter Verletzung des Grundsatzes der Staatenimmunität (Art 25 GG) verletzt …


5 AZR 79/12 (Bundesarbeitsgericht)


17 Sa 1065/11 (Landesarbeitsgericht Hamm)


5 AZR 81/12 (Bundesarbeitsgericht)


17 Sa 1064/11 (Landesarbeitsgericht Hamm)


Referenzen
Wird zitiert von

VI ZR 516/14

VI ZR 516/14

I-16 U 85/16

7 Ca 2279/12

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.