Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2014, Az. 2 StR 496/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 7363

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 496/13
vom
5. März 2014
in der Strafsache
gegen

wegen schweren Raubs u.a.

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2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 5. März 2014, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. Fischer

und [X.] am [X.]
Prof. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.],
[X.],

Staatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger
des Angeklagten,
Rechtsanwältin

als Vertreterin
des Nebenklägers

,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
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-
1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 9.
April 2013
wird
a)
der Schuldspruch dahingehend klargestellt, dass der Ange-klagte wegen besonders schweren Raubs in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung schuldig ist,
b)
der Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf-gehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.].
Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Raubs in Tatein-heit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwalt-schaft, die den Strafausspruch beanstandet, hat Erfolg.
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I.

Der Verurteilung liegt
folgender Sachverhalt zugrunde:
1. Der Angeklagte arbeitete in den Jahren 2009 bis 2010 sowie Anfang .

.

als Barkeeper. Als im Juli 2012 seine finanziellen Mittel knapp zu werden begannen, entschloss er sich, seine frühere Arbeitsstätte zu überfallen. Deshalb betrat er am 29.
Juli 2012 kurz vor 7.30 Uhr durch eine geöffnete [X.] das Gebäude, in dem sich die Diskothek befindet, zog sich eine Maske über den Kopf und begab sich in das erste Obergeschoss, wo er auf den Zeugen K.

traf, der mit der [X.] der Einnahmen aus der vergangenen Nacht beschäftigt war. Er schlug ihm mit der flachen Hand gegen den Brustkorb und drehte ihn mit dem Rücken zu sich. Er
versuchte sodann, diesen mittels eines arteriellen Würge-griffs kurzfristig kampfunfähig zu machen, was allerdings misslang, weil sich dieser unerwartet heftig wehrte. Der Angeklagte und sein Opfer taumelten [X.] und fanden sich vor dem [X.] in einem Bad wieder, wo der Geschädigte mit ansehen musste, wie ihm angesichts der länger dauernden Komprimierung der Venen und einer damit verbundenen Störung des Blutabflusses aus dem Kopf Blut aus Augen, Nase und Mund lief. Der Angeklagte erkannte, dass mit der schweren körperlichen Misshandlung des Zeugen K.

dessen Leben gefährdet wurde, würgte jedoch weiter. Als dieser schließlich seine Gegenwehr aufgab, konnte der Angeklagte seinen Würgegriff fixieren, so dass das Opfer bewusstlos wurde. Der Angeklagte ließ den erschlaffenden Körper des [X.] fallen und fesselte dessen Hände mit dem mitgebrachten Kabelbin-der auf dem Rücken. Er vernahm seine Atmung und ging davon aus, dieser werde in absehbarer Zeit das Bewusstsein wieder erlangen. [X.] packte der Angeklagte sämtliches in Reichweite befindliches Geld -
zumindest 18.345

-zusammen und verließ damit den [X.].
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2. Der Zeuge K.

erlitt unmittelbar durch die Tat Schädelprellungen, ein beiderseitiges Würgetrauma, Einblutungen in den Augen, einen Rippen-bruch, einen kleinen Bruch der Kniescheibe, Schädigungen der Frontzähne so-wie durch die längerfristige Fesselung Schädigungen des Nervus Radialis an beiden Händen. Er litt bis zur Hauptverhandlung unter einem Taubheitsgefühl der Hände und anhaltenden Schmerzen im Knie. Zudem hatte er mit [X.],
Depressionen und
Schlafstörungen zu kämpfen und war deshalb in psychotherapeutischer Behandlung. Im Hinblick auf diese Erkrankungen war er längerfristig krankgeschrieben, schließlich erhielt er deshalb die Kündigung in seinem Beruf als Friseur.
3. Der Geschädigte ist im Rahmen seiner privaten Haftpflichtversiche-rung auch gegen Forderungsausfall versichert. Um den Jahreswechsel 2012/2013 trat er über seine anwaltliche Vertreterin an den Verteidiger des [X.] heran mit der Bitte, der Angeklagte möge sich in einem notariellen Schuldanerkenntnis zur Leistung von Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen der von ihm verursachten Schäden verpflichten und zugleich seine Ein-kommens-
und Vermögenslosigkeit an Eides Statt versichern. Der Geschädigte verfolgte damit die Absicht, das Schuldanerkenntnis mit der eidesstattlichen Versicherung seiner Forderungsausfallversicherung zur Zahlung vorzulegen. Der Angeklagte kam dieser Bitte nach und unterzeichnete vor dem Ende der Hauptverhandlung ein notarielles Schuldanerkenntnis, in welchem
er sich zur Zahlung von 60.000

unterwarf. Zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung kam es vor dem [X.] der Hauptverhandlung nicht, weil nach Ansicht des Gerichtsvollziehers der Ablauf einer noch laufenden
Wartefrist abgewartet werden musste. Ob die Ver-sicherung in die Regulierung eintreten wird, ist offen.
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Zusätzlich hat der Angeklagte dem Geschädigten, bei dem er sich für seine Tat entschuldigt hat, 3.000

welche er aus Mitteln seiner Familie aufbringen konnte. Außerdem hat er der Aushändigung der in seiner Wohnung sichergestellten [X.], die nach [X.] Überweisung von 450

eigenes
Konto noch 17.895

betrug, an die Betreibergesellschaft der Diskothek nach Abschluss des Verfah-rens zugestimmt.
4. Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Raubs gemäß §§
249 Abs.
1, 250 Abs.
2 Nr.
3a und Nr.
3b [X.] in Tateinheit mit Körperver-letzung verurteilt. Es ist dabei davon ausgegangen, dass der Angeklagte
das Opfer körperlich schwer misshandelt und in die Gefahr des Todes gebracht hat.

Im Rahmen der Strafzumessung hat die [X.] das Vorliegen der Voraussetzungen eines [X.] nach §
46a [X.] angenommen und insoweit von der fakultativen Strafrahmenverschiebung Gebrauch gemacht. Im Hinblick auf den Geschädigten K.

seien die Voraussetzungen des §
46a Nr.
1 2.
Alt. [X.] gegeben. Der Angeklagte habe mit der Abgabe des [X.] über 60.000

vierstelligen Betrages alles ihm derzeit Mögliche getan. Auch habe der in §
46a Nr.
1 [X.] geforderte kommunikative Kontakt zwischen Täter und Opfer [X.]; der Angeklagte habe die Forderungen des Geschädigten akzeptiert, sich bei ihm entschuldigt und damit Verantwortung für das Tatgeschehen über-nommen. Mit Blick auf die durch die Tat finanziell geschädigte Betreibergesell-schaft der Diskothek seien zwar die Voraussetzungen des insoweit in Betracht kommenden §
46a
Nr.
2 [X.] nicht gegeben, da es trotz überwiegender Ent-schädigung
durch Rückgabe der [X.] an der dort geforderten erheblichen 6
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persönlichen Leistung des Angeklagten bzw. einem erheblichen persönlichen Verzicht fehle. Die Kammer ist aber
der Ansicht, dass §
46a [X.] hier gleich-wohl anzuwenden sei. Es widerspräche dem Sinn und Zweck dieser Norm, ei-nem Täter die Möglichkeit des [X.] insgesamt zu versagen, wenn ein Opfer ohne Erfüllung der Voraussetzungen des §
46a [X.] überwie-gend entschädigt sei, hinsichtlich eines weiteren Opfers die Voraussetzungen eines [X.] aber vorlägen. §
46a [X.] diene nicht nur der Förderung von Verantwortungsübernahme des [X.], sondern auch und ganz entscheidend dem Interesse des Opfers an Schadenskompensation.
[X.]
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
1. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf den Straf-ausspruch beschränkt. Dies hindert nicht, den Tenor der landgerichtlichen Ent-scheidung wie geschehen klarzustellen. Dass der Angeklagte wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu bestrafen ist und das [X.] auch insoweit verurteilen wollte, ergibt sich unmissver-ständlich aus den Urteilsgründen.
2. Der landgerichtliche Strafausspruch begegnet durchgreifenden rechtli-chen Bedenken.
Die (zur Strafrahmenverschiebung führende) Anwendung von §
46a [X.] hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Es kann dahinstehen, ob das [X.] hinsichtlich des Geschädigten K.

zu Recht -
was in Betracht kommt
-
vom Vorliegen eines erfolgreichen [X.] gemäß §
46a Nr.
1 [X.] ausgegangen ist. Denn die [X.] durfte nicht -
soweit nicht auch hinsichtlich der Betreibergesell-9
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schaft der Diskothek die Voraussetzungen für eine Alternative des §
46a [X.] anzunehmen sind
-
zu einer Anwendung der Vorschrift gelangen.
Werden durch eine Straftat mehrere Opfer betroffen, muss hinsichtlich jedes Geschädigten zumindest eine Alternative des §
46a [X.] erfüllt sein. Dass dies hinsichtlich der Betreibergesellschaft nicht der Fall ist, hat die [X.] zutreffend gesehen (vgl. [X.], Urteil
vom 11.
September 2013 -
2 StR 131/13, [X.], 372). Ob darauf -
wie das [X.] meint
-
verzichtet werden kann, wenn ein Geschädigter ohne erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht des [X.] im Sinne von §
46a Nr.
2 [X.] vollstän-dige oder überwiegende Entschädigung erlangt hat und hinsichtlich eines weite-ren Opfers die Voraussetzungen eines [X.] gegeben sind, braucht an dieser Stelle nicht entschieden zu werden. Denn eine solche Aus-nahme kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ein Täter wie hier der Angeklagte eine ihm mögliche vollständige Schadenswiedergutmachung [X.], indem er Teile der Beute für sich behält, und der Schaden nur dadurch vollständig ausgeglichen wird, dass eine Versicherung Entschädigung in Höhe des verbleibenden [X.] leistet. Bei dieser Sachlage fehlt es trotz Zu-stimmung zur Aushändigung der bei dem Angeklagten fast vollständig sicher-gestellten [X.] jedenfalls an der nach dem Willen des Gesetzgebers erfor-derlichen Übernahme von Verantwortung für die Tat, auf die grundsätzlich auch in Fällen vollständiger Entschädigung des materiell Geschädigten ohne erhebli-che persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht des [X.] nicht ver-zichtet werden kann. Entgegen der Ansicht des [X.]s bedeutete dies im Übrigen auch nicht, dem Angeklagten in diesen Fällen die Möglichkeit eines [X.] von vornherein zu versagen. Der Angeklagte wäre als nicht gehindert gewesen, sich mit der Betreibergesellschaft oder auch mit der den [X.] abdeckenden Versicherung, auf die mit ihrer Leistung die Ansprüche gegen den Angeklagten 14
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übergegangen sein dürften, ins Benehmen zu setzen und den von ihm aus der Beute vereinnahmten Betrag zum Schadensausgleich zumindest anzubieten.
Der [X.] kann nicht ausschließen, dass sich die fehlerhafte Anwendung des §
46a [X.] mit ihrer Strafrahmenverschiebung nach §
49 Abs.
1 [X.] zu-gunsten des Angeklagten ausgewirkt hat, auch wenn den Umständen, die die [X.] zur Begründung der Anwendbarkeit des §
46a [X.] herangezo-gen hat, im Rahmen der allgemeinen Strafbemessung ein größeres als das bis-lang von ihr beigemessene Gewicht zukommt. Er hebt deshalb den Straf-ausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen auf und gibt damit dem neuen Tatrichter auch Gelegenheit zu prüfen, ob mit dem Einsatz des [X.] die Voraussetzungen des § 250 Abs. 1 Nr. 1b [X.] gegeben sind und dies ge-gebenenfalls in der Strafzumessung zu berücksichtigen.
Fischer Schmitt [X.]

Eschelbach [X.]
15

Meta

2 StR 496/13

05.03.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2014, Az. 2 StR 496/13 (REWIS RS 2014, 7363)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7363

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 555/15

Zitiert

2 StR 496/13

2 StR 131/13

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