Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.08.2016, Az. X R 3/15

10. Senat | REWIS RS 2016, 6384

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Gegenstand

Altersvorsorgezulage bei nachversicherten ehemaligen Beamten - Wahlrecht des Steuerpflichtigen bei Begehren einer steuerrechtlichen Vergünstigung


Leitsatz

1. NV: Eine Beamtin auf Widerruf, die im Beitragsjahr aus dem Beamtenverhältnis ausscheidet, kann jedenfalls bei kurzfristiger Nachversicherung Altersvorsorgezulage als Pflichtversicherte erhalten, ohne dass die Erteilung einer Einwilligung in die Übermittlung von Besoldungsdaten erforderlich ist .

2. NV: Ein Steuerpflichtiger, der eine bestimmte steuerrechtliche Vergünstigung begehrt, die in mehreren nebeneinander stehenden gesetzlichen Tatbeständen als Rechtsfolge vorgesehen ist, kann sich auf denjenigen Tatbestand berufen, der die für ihn günstigeren Voraussetzungen enthält .

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4. Dezember 2014  10 K 10242/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) hatte mit einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen, auf den sie im Streitjahr 2008 eigene Beiträge einzahlte. Am 1. Februar 2007 wurde sie zur Beamtin auf Widerruf ernannt. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) endete das Beamtenverhältnis am 19. Dezember 2008 mit der Aushändigung des Prüfungszeugnisses. Aufgrund der in § 60 des Bundesbesoldungsgesetzes ([X.]) getroffenen Regelung wurden ihr die Anwärterbezüge aber noch bis zum Ende des Monats Dezember 2008 weitergewährt. Eine weitere berufliche Tätigkeit übte die Klägerin im Jahr 2008 nicht aus.

2

Weil die Klägerin ohne eine Versorgungsanwartschaft aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden war, wurde sie gemäß § 8 Abs. 2 des [X.] ([X.]) in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Hierüber erteilte ihr die zuständige [X.] am 6. Februar 2009 eine [X.]sbescheinigung. Die [X.] übersandte der Klägerin am 4. März 2009 ein Schreiben, in dem es heißt: "wir haben die [X.] gemäß § 8 [X.] für Sie durchgeführt. Die [X.]szeiten stehen einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung gleich." Dem Schreiben war ein Rentenversicherungsverlauf beigefügt, in dem die für das Streitjahr 2008 gespeicherten Beiträge mit dem Vermerk "Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung [X.]" versehen sind.

3

Am 8. März 2009 übermittelte der Anbieter der Beklagten und Revisionsklägerin ([X.], [X.] --[X.]--) den Zulageantrag der Klägerin für 2008. Darin ist angegeben, die Klägerin sei wegen ihrer in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehenden Pflichtversicherung unmittelbar zulageberechtigt. Die in § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für Beamte erforderliche Einwilligung in die Übermittlung von Besoldungsdaten von der [X.] an die zentrale Stelle erteilte die Klägerin nicht innerhalb der hierfür vorgesehenen [X.].

4

Die [X.] überwies aufgrund der übermittelten Daten zunächst [X.] in Höhe von 539 € auf das beim Anbieter geführte Konto der Klägerin. Später nahm die [X.] die in § 91 EStG vorgesehene maschinelle Überprüfung des [X.] vor. Da sie dabei weder eine Rentenversicherungspflicht der Klägerin noch das Vorliegen einer Einwilligung in die Datenübermittlung feststellen konnte, forderte sie die Zulage vom Anbieter zurück.

5

Am 22. März 2012 ging bei der [X.] der im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Antrag der Klägerin auf förmliche Festsetzung der Zulage für 2008 ein, den die Klägerin sinngemäß damit begründete, sie sei rentenversicherungspflichtig gewesen.

6

Die [X.] bat die [X.] um Mitteilung der maßgebenden Einnahmen der Klägerin. In diesem Schreiben vertrat die [X.] die Auffassung, das Bruttoentgelt aus der [X.] könne nicht zur Berechnung des [X.] herangezogen werden. In ihrem Antwortschreiben teilte die [X.] indes einen Betrag mit, der mit dem Bruttoentgelt aus der [X.] identisch war.

7

Am 10. September 2012 lehnte die [X.] die Festsetzung von [X.] für 2008 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe die erforderliche Einwilligung in die Datenübermittlung nicht innerhalb der [X.] erklärt.

8

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das [X.] der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2015, 712). Für die Zulageberechtigung --ohne Erfordernis einer Einwilligungserklärung-- genüge es, dass die Klägerin jedenfalls aufgrund ihrer [X.] die Stellung einer Pflichtversicherten (§ 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG) erlangt habe. Dies folge bereits aus dem Gesetzeswortlaut: § 8 Abs. 1 Satz 2 [X.] stelle die Nachversicherten den Pflichtversicherten gleich. Die entsprechenden Beiträge seien kraft Gesetzes als rechtzeitig gezahlte Pflichtbeiträge anzusehen (§ 185 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Aus dem Zweck der Regelung über die Einwilligungserklärung folge nichts anderes, da die [X.] vom zuständigen Rentenversicherungsträger vorgenommen werde, mit dem die [X.] ohnehin im Datenaustausch stehe. Dass die Klägerin zusätzlich auch die materiellen Anspruchsvoraussetzungen des § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG (Beamtin) erfülle, schließe den bereits unter dem Gesichtspunkt der Pflichtversicherung bestehenden Zulageanspruch nicht aus, da es nach allgemeinen Regeln ausreichend sei, wenn ein Steuerpflichtiger einen von mehreren alternativen Anspruchstatbeständen erfülle.

9

Mit ihrer Revision vertritt die [X.] weiterhin die Auffassung, die Klägerin sei nicht als Pflichtversicherte i.S. des § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG anzusehen. Die im [X.] vorgenommene Gleichstellung der Nachversicherten mit Pflichtversicherten beruhe auf dem sozialversicherungsrechtlichen "Für-Prinzip" und sei nicht auf das Steuerrecht, in dem das "In-Prinzip" gelte, übertragbar.

Im Zulageverfahren, das in besonderer Weise auf Schnelligkeit, Einfachheit und Effizienz gerichtet sei, müssten [X.] vermieden werden. Zwar sei die [X.] berechtigt, die Angaben der Antragsteller bis zur zeitlichen Grenze des Eintritts der Festsetzungsverjährung zu überprüfen; die Tatsachen, die den materiellen Zulageanspruch begründeten, müssten aber bereits im Beitragsjahr vorgelegen haben. Da die denkbare Rückwirkung einer [X.] die für die Erteilung einer Einwilligungserklärung geltende Frist weit überschreiten könne, wäre die Effizienz des [X.] nicht mehr gewährleistet. Vor Durchführung der [X.] könne der Rentenversicherungsträger der [X.] keine Pflichtversicherung melden. Derartige Fälle müssten daher aufwändig personell bearbeitet werden. Auch könnten Fehler bei der Berechnung des [X.] (§ 86 EStG) auftreten, weil bei [X.] Personen dann möglicherweise die beitragspflichtigen Einnahmen und die bezogene Besoldung addiert würden. Ferner könne es bei Beamten, die zunächst wegen fehlender Einwilligungserklärung als mittelbar zulageberechtigt über ihren Ehegatten behandelt worden seien, durch eine spätere [X.] zu einer unbeabsichtigten Kürzung ihres [X.] kommen, wenn sie nunmehr rückwirkend als unmittelbar zulageberechtigt anzusehen seien und erstmals die Leistung eines [X.] zu prüfen sei.

Bei Pflichtversicherten würden die zur Bearbeitung des [X.] erforderlichen Daten durch die [X.] abgerufen (§ 91 Abs. 1 EStG), während bei Beamten die [X.]n die Daten aktiv übermittelten (§ 91 Abs. 2 EStG). Dies zeige, dass der Gesetzgeber jedenfalls aus [X.] Gründen davon ausgehe, dass keine Identität zwischen den in § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG einerseits und Halbsatz 2 andererseits genannten Personengruppen bestehen könne.

Auch wenn das Beamtenverhältnis am 19. Dezember 2008 geendet habe, sei dieses Datum nicht maßgeblich, weil seinerzeit noch offen gewesen sei, ob eine [X.] durchzuführen sein würde. Erst durch eine spätere Willensbildung und Erklärung der Klägerin sei die [X.]spflicht eingetreten.

Die [X.] beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), derzufolge der [X.]sfall kraft Gesetzes allein mit dem unversorgten Ausscheiden aus einer versicherungsfreien Beschäftigung eintrete (Urteil vom 3. November 1982  1 RA 63/81, [X.], 155). Da die Klägerin am 19. Dezember 2008 --und damit noch während des Jahres 2008-- aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden sei, stelle sich die von der [X.] befürchtete Rückwirkungsproblematik im Streitfall von vornherein nicht. Hilfsweise sei die Durchführung der [X.] als materiell rückwirkendes Ereignis für das Beitragsjahr anzusehen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen.

Das [X.] hat sowohl im Ergebnis als auch in der [X.]egründung zutreffend einen Zulageanspruch der Klägerin für das Streitjahr 2008 bejaht.

1. Der Umstand, dass die Klägerin nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des [X.] gegenüber ihrer [X.]esoldungsstelle in die Übermittlung von [X.]esoldungsdaten eingewilligt hat, steht dem Zulageanspruch nicht entgegen.

Gemäß der [X.] geltenden Fassung des § 79 Satz 1 EStG hatten nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigte unbeschränkt steuerpflichtige Personen Anspruch auf eine [X.]. In der in [X.]ezug genommenen Vorschrift des § 10a Abs. 1 (hier: Satz 1 Halbsatz 1) EStG sind zunächst die in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherten --insoweit ohne weitere [X.] genannt.

a) Schon aus dem Wortlaut der Regelungen des [X.] folgt, dass die Klägerin als Pflichtversicherte zu behandeln ist.

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 [X.] stehen [X.] den Personen gleich, die versicherungspflichtig sind. [X.]emessungsgrundlage für die im Rahmen der Nachversicherung zu leistenden [X.]eiträge sind die beitragspflichtigen Einnahmen aus der [X.]eschäftigung im [X.] bis zur jeweiligen [X.]eitragsbemessungsgrenze (§ 181 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Die gezahlten [X.]eiträge gelten als rechtzeitig gezahlte Pflichtbeiträge (§ 185 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

Der klare Wortlaut dieser Normen zeigt, dass [X.] im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung als Pflichtversicherte behandelt werden. Dass die gesetzlichen Formulierungen --so die Ansicht der [X.] auf eine Fiktion (oder möglicherweise auch auf eine Rechtsfolgenverweisung) hindeuten, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Denn mit Durchführung der Nachversicherung unterlag die Klägerin für das [X.] ausschließlich den Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Pflichtversicherte. Dass sie vom 1. Februar 2007 bis zum 19. Dezember 2008 [X.]eamtin war, ist für ihre Altersversorgung --materiell und formell-- ohne jede [X.]edeutung. Selbst wenn die zitierten Regelungen des [X.] dahingehend zu verstehen wären, dass sie eine Pflichtversicherung nicht anordnen, sondern lediglich fingieren oder eine Rechtsfolgenverweisung enthalten, wäre es nicht nur gerechtfertigt, sondern geradezu zwingend, eine solche Fiktion oder Rechtsfolgenverweisung --deren materielle und formelle sozialversicherungsrechtliche Ergebnisse identisch mit denen einer von Anfang an bestehenden Pflichtversicherung sind-- der [X.]esteuerung zugrunde zu legen.

Im Übrigen hat der Senat eine rentenversicherungsrechtliche Fiktion auch sonst bereits der [X.]esteuerung zugrunde gelegt (vgl. Urteil vom 9. Dezember 2015 [X.], [X.], 134, [X.], 624; zur [X.] des § 107 des Zehnten [X.]uchs Sozialgesetzbuch).

Der in § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG verwendete [X.]egriff "Pflichtversicherte" ist im EStG nicht anders auszulegen als im [X.]. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber sich in § 10a EStG, der erkennbar an die Vorschriften über die gesetzliche Rentenversicherung anknüpft, von der dortigen Terminologie lösen wollte. Dies folgt auch aus der --von der [X.] selbst angeführten-- Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 der [X.]. Dort heißt es: "... Angaben des [X.] zur Rentenversicherungspflicht ... im Sinne des [X.]". Es wird also gerade kein eigenständiger einkommensteuerrechtlicher [X.]egriff der Rentenversicherungspflicht bzw. der Pflichtversicherten begründet, sondern vielmehr der sozialversicherungsrechtliche [X.]egriff aus dem [X.] vollinhaltlich übernommen.

b) Der bestehende, auf § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG gestützte Zulageanspruch der Klägerin entfällt nicht dadurch, dass die Klägerin zusätzlich auch die materiellen Anspruchsvoraussetzungen des § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG erfüllt.

aa) Wie schon das [X.] zutreffend ausgeführt hat, folgt aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, dass ein Steuerpflichtiger, der eine bestimmte steuerrechtliche Vergünstigung begehrt, die in mehreren nebeneinander stehenden gesetzlichen Tatbeständen als Rechtsfolge vorgesehen ist, sich auf denjenigen Tatbestand berufen kann, der die für ihn günstigeren Voraussetzungen enthält (z.[X.]. Urteil des [X.] vom 14. Januar 2009 I R 47/08, [X.], 126, [X.], 131, unter II.3.). Dies ist auch hier der Fall, da die Regelung des § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG für die Klägerin --wegen des Fehlens der Notwendigkeit, innerhalb einer bestimmten Frist eine Einwilligungserklärung abgeben zu müssen-- günstiger ist als die des § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG.

bb) Diese allgemeinen Rechtsgrundsätze werden --entgegen der Auffassung der [X.] im Streitfall nicht durch den Zweck der Regelung über das Erfordernis einer Einwilligungserklärung überlagert.

Der erkennende Senat hat den Zweck des Einwilligungserfordernisses --und zugleich die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der darin liegenden Schlechterstellung von [X.]eamten im Vergleich zu [X.] darin gesehen, dass wegen der autonomen Datenverarbeitung durch eine Vielzahl einzelner öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber und des Fehlens eines einheitlichen [X.] ein automatisierter Datenabgleich zwischen der [X.] und den zahlreichen öffentlich-rechtlichen [X.]esoldungsstellen "faktisch nicht möglich" sei (Urteil vom 22. Oktober 2014 [X.], [X.], 312, [X.], 371, Rz 62). Mit der Durchführung einer Nachversicherung sind jedoch --wie schon aus der Mitteilungspflicht des § 185 Abs. 4 [X.] folgt-- sämtliche erforderlichen Daten im Versicherungskonto des Nachversicherungspflichtigen beim zuständigen Rentenversicherungsträger gespeichert. Diese Daten unterfallen der in § 91 Abs. 1 EStG vorgesehenen automatisierten Datenübermittlung zwischen den Rentenversicherungsträgern und der [X.]. Die in dem vorgenannten Senatsurteil dargestellte besondere Situation, in der das Verlangen nach einer Einwilligungserklärung sachlich gerechtfertigt wäre, ist hier daher nicht gegeben. Die von der [X.] hervorgehobenen Verfahrensgrundsätze der Schnelligkeit, Einfachheit und Effizienz werden nicht berührt.

c) Auf die zwischen den [X.]eteiligten umstrittene Frage, inwieweit einer erst in ferner Zukunft eintretenden Verwirklichung eines Nachversicherungstatbestands materielle Rückwirkung auf das aktuelle [X.]eitragsjahr zukommen könnte (verneinend Myßen, in: [X.][X.], EStG, § 10a Rz [X.] 150), kommt es im Streitfall nicht an.

Die Klägerin war nach den --für den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden-- Feststellungen des [X.] am 19. Dezember 2008 aus dem [X.]eamtenverhältnis ausgeschieden. Dass die Anwärterbezüge aufgrund der Regelung des § 60 [X.] noch bis zum 31. Dezember 2008 weitergewährt wurden, betraf nur das [X.]ehaltendürfen der --vorausgezahlten-- [X.]ezüge für den Monat Dezember 2008, verlängerte den [X.]eamtenstatus als solchen aber nicht über den 19. Dezember 2008 hinaus.

Entgegen der [X.] näher belegten-- Auffassung der [X.] ist der Eintritt des [X.] nicht von einer Willensbildung oder Erklärung des ausgeschiedenen [X.]eamten abhängig. Vielmehr knüpft § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] den Eintritt des [X.] allein an das Ausscheiden aus dem [X.]eamtenverhältnis ohne Anspruch oder Anwartschaft auf eine Altersversorgung. Diese [X.]etrachtungsweise liegt auch der Rechtsprechung des [X.] zugrunde (vgl. das von der Klägerin angeführte Urteil in [X.]E 54, 155, zu der --mit § 8 Abs. 2 [X.] insoweit wortgleichen-- Vorläuferregelung des § 9 des Angestelltenversicherungsgesetzes; ebenso zu § 8 Abs. 2 [X.] Urteil vom 9. November 1999 [X.] 4 RA 58/98 R, Neue Zeitschrift für Sozialrecht 2000, 356, unter 2.b).

Damit ist der [X.] noch im Streitjahr 2008 eingetreten. Die erforderliche Verwaltungstätigkeit des Rentenversicherungsträgers wurde kurzfristig --bereits in den ersten Wochen des Jahres 2009-- durchgeführt und abgeschlossen.

Zu den von der [X.] in diesem Zusammenhang befürchteten praktischen Problemen konnte es jedenfalls im Streitfall nicht kommen. Hier wurde der Zulageantrag für 2008 der [X.] erst übermittelt, nachdem die Nachversicherung der Klägerin vollständig abgeschlossen war und die entsprechenden Daten sowohl im [X.] der Klägerin gespeichert als auch der Klägerin mitgeteilt worden waren. Zu diesem Zeitpunkt hätte die [X.] also problemlos auf die bei der [X.] vorhandenen Daten zugreifen können; diese Daten waren nicht weiter korrekturbedürftig.

d) Auch die weiteren Erwägungen der [X.] überzeugen den Senat nicht.

aa) Aus der Regelung über die Ermittlung der Höhe des [X.] (§ 86 EStG) kann die [X.] nichts ihr Günstiges ableiten. Schon das [X.] hat zutreffend darauf hingewiesen, dass § 86 EStG für die Prüfung der Frage, ob dem Grunde nach eine Zulageberechtigung besteht, keine [X.]edeutung haben kann. Denn hierfür ist stets auf die Verhältnisse im jeweiligen [X.]eitragsjahr abzustellen (§ 10a Abs. 1 Satz 1 EStG). Demgegenüber sind nach § 86 EStG für die Ermittlung der Höhe des [X.] die Höhe bestimmter "in dem dem Kalenderjahr vorangegangenen Kalenderjahr" erhaltenen Einnahmen maßgeblich.

Dass diese Überlegung des [X.] zutreffend ist, zeigt sich schon an Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger im maßgebenden [X.]eitragsjahr eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit ausübt, im Vorjahr aber [X.]eamter war. Ein solcher Steuerpflichtiger wäre für das [X.]eitragsjahr unzweifelhaft zulageberechtigt nach § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG, ohne eine Einwilligungserklärung abgeben zu müssen. Gleichwohl wäre für die Ermittlung des von ihm zu leistenden [X.] nach der ausdrücklichen Regelung des § 86 EStG auf die Höhe der im Vorjahr bezogenen [X.]esoldung abzustellen. Dies zeigt, dass § 86 EStG lediglich für die Höhe eines Zulageanspruchs --in Fällen der Erbringung nur geringer Eigenleistungen-- von [X.]edeutung ist, nicht aber für die Frage des [X.]estehens eines solchen Anspruchs dem Grunde nach.

Soweit die [X.] sinngemäß vorbringt, die von ihr verwendete Software addiere in Fällen wie dem vorliegenden zur Ermittlung der Höhe des [X.] die Höhe der bezogenen [X.]esoldung (§ 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG) zu den erzielten [X.] beitragspflichtigen Einnahmen i.S. des [X.] (§ 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG) hinzu, was zu falschen Ergebnissen führe, ist dies kein Argument gegen die vom [X.] und vom Senat vertretene Auslegung der gesetzlichen Regelung des § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG. Vielmehr hätte umgekehrt die [X.] die von ihr verwendete Software an die gesetzliche Regelung anzupassen, wenn es zu fehlerhaften [X.]erechnungsergebnissen kommen sollte.

bb) Darüber hinaus bildet die [X.] den --von ihr als problematisch angesehenen-- Fall, dass ein [X.]eamter wegen fehlender Einwilligungserklärung zunächst nur als mittelbar zulageberechtigt über seinen Ehegatten angesehen worden sei (§ 79 Satz 2 EStG). Ein mittelbar Zulageberechtigter erhalte aber --ohne das Erfordernis, einen eigenen Mindesteigenbeitrag leisten zu müssen-- schon dann die ungekürzte Zulage, wenn der unmittelbar zulageberechtigte Ehegatte seinen Mindesteigenbeitrag erbracht habe (§ 86 Abs. 2 Satz 1 EStG). Wenn nun ein solcher [X.]eamter unversorgt ausscheide, daher nachversichert werde und nunmehr rückwirkend als unmittelbar zulageberechtigt zu behandeln sei, könne sich seine zulagenrechtliche Situation bei Zugrundelegung der Auffassung des [X.] verschlechtern, weil für ihn erstmals zu prüfen sei, ob er selbst den Mindesteigenbeitrag geleistet habe.

Hierzu ist der erkennende Senat zum einen der Ansicht, dass es der von ihm für zutreffend gehaltenen Gesetzesauslegung --die sich im überwiegenden Teil der Fälle für die [X.]etroffenen günstig auswirken [X.] weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht entgegen steht, wenn es in wenigen Ausnahmefällen zu einer ungünstigen Auswirkung für die [X.]etroffenen kommen kann.

Zum anderen haben die Personen, die von einer Umqualifizierung ihrer bisher mittelbaren in eine unmittelbare Zulageberechtigung betroffen sind, gemäß § 82 Abs. 5 EStG die Möglichkeit, für abgelaufene [X.]eitragsjahre bis zum [X.]eitragsjahr 2011 --und damit auch für das Streitjahr 2008-- eigene Altersvorsorgebeiträge nachzuentrichten. Diese Regelung dient gerade dazu, dass die Angehörigen der genannten Personengruppe nachträglich den Mindesteigenbeitrag erbringen können und sich auf diese Weise ihren Anspruch auf Gewährung einer ungekürzten Zulage erhalten.

cc) Das Schreiben des [X.]undesministeriums der Finanzen vom 24. Juli 2013 ([X.]St[X.]l I 2013, 1022), auf das die [X.] sich beruft --und das als lediglich norminterpretierende Verwaltungsvorschrift für den erkennenden Senat ohnehin nicht bindend wäre--, enthält keine eindeutige Aussage zu der hier zu beurteilenden Frage. Insbesondere verhält es sich nicht dazu, wie in Fällen einer Nachversicherung zu verfahren ist.

2. Da zwischen den [X.]eteiligten nicht streitig ist, dass alle weiteren Voraussetzungen des Zulageanspruchs erfüllt sind, hat das [X.] die [X.] zu Recht verpflichtet, zugunsten der Klägerin die beantragte [X.] für 2008 in Höhe von 539 € festzusetzen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

X R 3/15

24.08.2016

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 4. Dezember 2014, Az: 10 K 10242/13, Urteil

§ 10a Abs 1 S 1 EStG 2002, § 79 EStG 2002, § 82 Abs 5 EStG 2002, § 8 SGB 6, § 86 EStG 2002, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.08.2016, Az. X R 3/15 (REWIS RS 2016, 6384)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6384

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