Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.03.2015, Az. X R 20/14

10. Senat | REWIS RS 2015, 13452

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Gegenstand

(Altersvorsorgezulage: Mittelbare Zulageberechtigung über den Ehegatten bei Versäumung der für Beamte geltenden Einwilligungsfrist für die unmittelbare Zulageberechtigung - Verfassungsmäßigkeit - "Höhere Gewalt" i.S. des § 110 Abs. 3 AO - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Irrtümern über Verfahrensrecht)


Leitsatz

Erteilt ein Beamter die Einwilligung in die Datenübermittlung nicht innerhalb der gesetzlichen Zwei-Jahres-Frist und ist er daher nicht gemäß § 79 Satz 1 EStG unmittelbar altersvorsorgezulageberechtigt, ist er bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 79 Satz 2 EStG gleichwohl mittelbar zulageberechtigt .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 6. März 2014  10 K 14215/12 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war in den Streitjahren 2005 bis 2007 Beamtin eines Bundeslandes. Am 13. Dezember 2002 schloss sie mit einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag, auf den sie in den Streitjahren eigene Beiträge einzahlte.

2

Der Anbieter stellte für die Klägerin jeweils in dem auf das Beitragsjahr folgenden Jahr einen Zulageantrag. Darin wies er nicht auf den Beamtenstatus der Klägerin hin. Die Beklagte und Revisionsbeklagte ([X.], [X.] --[X.]--) zahlte die Zulagen (Grundzulage und zwei Kinderzulagen) für die Streitjahre aufgrund der übermittelten Daten noch im Jahr der jeweiligen Antragstellung an den Anbieter aus, der sie dem Konto der Klägerin gutschrieb (für 2005 insgesamt 260 €; für 2006 und 2007 jeweils 390 €).

3

[X.]ine [X.]rklärung über die bei Beamten gegenüber der [X.] zu erteilende [X.]inwilligung in die Übermittlung von Besoldungsdaten an die [X.] (§ 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 des [X.]inkommensteuergesetzes --[X.]StG--) gab die Klägerin zunächst nicht ab.

4

Am 21. März 2010 führte die [X.] die Überprüfung der Zulage (§ 91 Abs. 1 [X.]StG) mittels eines Datenabgleichs durch. Da keine [X.]inwilligung der Klägerin in die Datenübermittlung vorlag, forderte die [X.] die Zulagen vom Anbieter zurück, der wiederum das [X.] der Klägerin belastete. Die Klägerin erfuhr nach ihrem Vorbringen durch eine Anfrage des für ihre [X.]inkommensbesteuerung zuständigen Finanzamts ([X.]) im April 2010 vom Fehlen der [X.]inwilligung. Sie reichte diese [X.]rklärung am 19. April 2010 bei der für sie zuständigen [X.] ein.

5

Am 9. März 2011 beantragte die Klägerin über den Anbieter die förmliche Festsetzung von [X.] für die Streitjahre. Die [X.] lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 31. Januar 2012 ab. Zur Begründung führte sie aus, die [X.]inwilligung sei nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Jahren nach Ablauf des Beitragsjahres erteilt worden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht vorgetragen worden.

6

Mit ihrem [X.]inspruch behauptete die Klägerin, sie habe bereits beim [X.] einen Dauerzulageantrag gestellt und "im Folgejahr" der für sie zuständigen [X.] eine schriftliche [X.]inwilligung in die Datenübermittlung erteilt. Daraufhin seien ihr für die Jahre 2002 bis 2004 die beantragten Zulagen anstandslos gewährt worden. Nach [X.] und Glauben habe sie daher davon ausgehen dürfen, dass alles seine Richtigkeit habe.

7

Ferner stellte sie in dem am 21. Februar 2012 eingegangenen [X.] einen Wiedereinsetzungsantrag. Sie habe bisher keine entsprechenden Tatsachen vorgetragen, weil die [X.] nicht danach gefragt habe. Vom angeblichen Fehlen eines "Antrags" habe sie erstmals durch den Bescheid vom "31.12.2012" erfahren. Die Jahresfrist für die Gewährung von Wiedereinsetzung ende damit erst am "31.12.2013".

8

Im weiteren Verlauf des [X.] behauptete die Klägerin, sie und ihr [X.]hemann ([X.]), der ebenfalls Beamter sei und seine Bezüge von derselben [X.] erhalte, hätten die "Zustimmung" gleichzeitig erteilt. Möglicherweise sei ihre [X.]rklärung in den Akten des [X.] abgeheftet. Auf entsprechende Anfrage der [X.] teilte die [X.] mit, [X.] habe bereits am 17. Dezember 2002 sein [X.]inverständnis mit der Datenübermittlung erklärt. In der Akte des [X.] befinde sich keine [X.]rklärung der Klägerin.

9

Nach Zurückweisung des [X.]inspruchs brachte die Klägerin im Klageverfahren vor, die Vorschrift des § 90 [X.]StG richte sich allein an den Anbieter, nicht aber an den [X.]. [X.]in im Verhältnis zwischen dem Anbieter und der [X.] bestehender Mangel der "Datenaustauschfrist" schlage nicht auf den [X.] durch, der --wie hier-- sämtliche Voraussetzungen der Zulageberechtigung erfülle.

Wäre die Auslegung der [X.] richtig, würde die Klägerin bei Versäumung der [X.]inwilligungsfrist schlechter gestellt als bei einer schädlichen Verwendung des geförderten Altersvorsorgevermögens. Im letztgenannten Fall wäre ein Rückzahlungsbetrag nämlich zu erlassen, wenn der ehemals [X.] erneut zulageberechtigt würde (§ 95 Abs. 3 Nr. 2 [X.]StG in der ab 2010 geltenden Fassung). Diese Regelung sei auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage ab ([X.]ntscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1397). Die Klägerin sei nicht unmittelbar zulageberechtigt, weil sie die [X.] für die [X.]rteilung der [X.]inwilligung in die Datenübermittlung versäumt habe. Das [X.]inwilligungserfordernis sei nicht nur für das Verhältnis zwischen dem Anbieter und der [X.], sondern auch für das Verhältnis zwischen dem [X.] und der [X.] von Bedeutung. Das Vorbringen der Klägerin zur Übertragung der Rechtsfolge des § 95 Abs. 3 Nr. 2 [X.]StG sei nicht nachvollziehbar. Ihre --im Klageverfahren ohnehin nicht wiederholte-- Behauptung, sie habe bereits im Jahr 2003 eine [X.]inwilligung erteilt, habe die Klägerin, die insoweit die Feststellungslast trage, nicht nachgewiesen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden. Für die Beitragsjahre 2005 und 2006 sei im Zeitpunkt der Nachholung der [X.]inwilligung bereits die Jahresfrist des § 110 Abs. 3 der Abgabenordnung ([X.]) abgelaufen gewesen. In Bezug auf das Beitragsjahr 2007 ließen die Gründe, die die Klägerin innerhalb der Monatsfrist vorgetragen habe, nicht den Schluss auf fehlendes Verschulden an der Fristversäumnis zu.

Die Klägerin sei auch nicht nach § 79 Satz 2 [X.]StG mittelbar über [X.] zulageberechtigt, da diese Vorschrift durch § 79 Satz 1 [X.]StG verdrängt werde. Maßgebend hierfür sei, dass die Klägerin zu einer Personengruppe gehöre, der durch § 79 Satz 1 [X.]StG bei [X.]rfüllung der dortigen Voraussetzungen ein Zulageanspruch zugebilligt werde. [X.]s komme nicht darauf an, dass bei Versäumung der [X.]inwilligungsfrist tatsächlich kein Zulageanspruch bestehe.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das [X.] habe den Sachverhalt hauptsächlich unter dem Aspekt der Wiedereinsetzung gewürdigt, sei auf ihr Vorbringen zur Bedeutung der Vorschriften der §§ 90, 95 [X.]StG aber nicht eingegangen.

Die Klägerin hat im Revisionsverfahren keinen Antrag gestellt.

Die [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist zulässig. Der fehlende Revisionsantrag (§ 120 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) steht dem nicht entgegen, weil das Begehren der Klägerin aus ihren inhaltlichen Ausführungen eindeutig erkennbar wird (vgl. Urteil des [X.] --BFH-- vom 7. Juli 2004 [X.], [X.], 292, [X.], 975, unter II.A., m.w.N.). Die von der Klägerin geltend gemachten [X.]inwendungen gegen das finanzgerichtliche Urteil lassen erkennen, dass sie auch im Revisionsverfahren eine [X.]ntscheidung nach ihren erstinstanzlichen Anträgen begehrt.

[X.]

Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und [X.]ntscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

Das [X.] hat zwar zu Recht eine unmittelbare Zulageberechtigung der Klägerin verneint, weil sie die Frist für die [X.]rteilung der [X.]inwilligung versäumt hat (dazu unten 1.). [X.]ine mittelbare Zulageberechtigung kann aber nicht mit der vom [X.] gegebenen Begründung verneint werden, so dass die Sache zur Nachholung weiterer Feststellungen an das [X.] zurückgeht (unten 2.).

1. Die Klägerin ist nicht unmittelbar zulageberechtigt.

a) Gemäß § 79 Satz 1 [X.]StG haben nach § 10a Abs. 1 [X.]StG begünstigte unbeschränkt steuerpflichtige Personen Anspruch auf eine Altersvorsorgezulage. Nach § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1, 2 [X.]StG sind u.a. [X.]mpfänger von Besoldung nach dem [X.] (Nr. 1 --erst durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20. Dezember 2007, [X.], 3150, durch die Landesbesoldungsgesetze ergänzt--) bzw. von bestimmten Amtsbezügen aus einem Amtsverhältnis (Nr. 2) begünstigt, was in den Streitjahren auf die Klägerin als Landesbeamtin zutraf. Die Begünstigung von Besoldungsempfängern setzt allerdings nach dem Wortlaut des § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]StG zusätzlich voraus, dass "sie spätestens bis zum Ablauf des zweiten Kalenderjahres, das auf das Beitragsjahr (§ 88) folgt, gegenüber der zuständigen Stelle (§ 81a) schriftlich eingewilligt haben, dass diese der zentralen Stelle (§ 81) jährlich mitteilt, dass der Steuerpflichtige zum begünstigten Personenkreis gehört, dass die zuständige Stelle der zentralen Stelle die für die [X.]rmittlung des [X.] (§ 86) und die Gewährung der Kinderzulage (§ 85) erforderlichen Daten übermittelt und die zentrale Stelle diese Daten für das Zulageverfahren verwenden darf". Die zuständige Stelle, gegenüber der die [X.]inwilligung abzugeben ist, ist im Fall der Klägerin die die Besoldung anordnende Stelle (§ 81a Satz 1 Nr. 1 [X.]StG).

Nach dieser Regelungslage hätte die Klägerin die [X.]inwilligung für die Beitragsjahre 2005 bis 2007 jeweils bis zum [X.]nde des übernächsten Kalenderjahres --für 2007 also bis zum 31. Dezember 2009-- schriftlich gegenüber der [X.] erklären müssen. Tatsächlich hat sie diese [X.]rklärung erst am 19. April 2010 abgegeben. Die Klägerin hat ihr --ohnehin nicht näher substantiiertes-- Vorbringen aus dem [X.]inspruchsverfahren, sie habe im Jahr 2003 eine [X.]inwilligungserklärung abgegeben, im Klage- und Revisionsverfahren nicht mehr wiederholt. Die gesetzliche [X.] ist damit für alle Streitjahre versäumt.

b) Die [X.]inwendungen, die die Klägerin im Klage- und Revisionsverfahren gegen das vorstehend dargestellte --auch vom [X.] zugrunde gelegte-- [X.] vorbringt, greifen nicht durch.

aa) Der Senat kann offenlassen, ob die Vorschrift des § 90 [X.]StG ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen dem Anbieter und der [X.] regeln will und der Zulageberechtigte nicht zu den Adressaten dieser Norm gehört (vgl. --zu den Normadressaten der Vorschrift des § 91 [X.]StG-- Senatsurteil vom 22. Oktober 2014 [X.], [X.], 312, Rz 72). Für die [X.]ntscheidung des Streitfalls ist dies unerheblich, da sich das [X.] und die hierfür im Gesetz festgelegte [X.] aus § 10a Abs. 1 [X.]StG ergibt und Adressat dieser Norm unzweifelhaft der Zulageberechtigte ist.

bb) Aus der Sondervorschrift des § 95 Abs. 3 Nr. 2 [X.]StG kann die Klägerin im Streitfall nichts ihr Günstiges herleiten. Abgesehen davon, dass diese Vorschrift erst im [X.] --mithin lange nach den [X.] in das [X.]StG aufgenommen worden ist, ist der Fall der (anfänglichen) Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 10a [X.]StG schon im Ansatz nicht mit dem der (nachträglichen) schädlichen Verwendung von gefördertem Altersvorsorgevermögen vergleichbar. Dies steht einer analogen Anwendung der Rechtsfolge des § 95 Abs. 3 Nr. 2 [X.]StG auf den Streitfall entgegen.

Im Übrigen setzt § 95 Abs. 3 Nr. 2 [X.]StG voraus, dass ein ehemals Zulageberechtigter erneut zulageberechtigt wird. Auch daran fehlt es, weil für die Streitjahre das endgültige Fehlen der Zulageberechtigung der Klägerin feststeht, sie also gerade nicht "erneut zulageberechtigt" geworden ist.

cc) Der Senat hat bereits in seinem Urteil in [X.], 312, Rz 37 ff., auf das zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit Bezug genommen wird, ausführlich begründet, dass die auch im vorliegenden Fall maßgebenden Normen verfassungsgemäß sind.

c) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) kann der Klägerin im Streitfall nicht gewährt werden. Gegen die entsprechenden Ausführungen des [X.] wendet sich die Klägerin im Revisionsverfahren auch nicht mehr.

aa) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag --ggf. auch von Amts wegen, wie aus § 110 Abs. 2 Satz 4 AO folgt-- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 110 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO). Nach einem Jahr seit dem [X.]nde der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 110 Abs. 3 AO).

bb) Für die Beitragsjahre 2005 und 2006 scheitert die Gewährung von Wiedereinsetzung bereits an der Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO.

(1) Vorliegend endete die [X.]inwilligungsfrist für das Beitragsjahr 2006 am 31. Dezember 2008, die Jahresfrist am 31. Dezember 2009. Die Fristen für das Beitragsjahr 2005 endeten dementsprechend früher. Die Klägerin hat aber erst im [X.] die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und den Wiedereinsetzungsantrag gestellt.

(2) [X.]ine Ausnahme von der Jahresfrist gilt nur, wenn deren Wahrung infolge höherer Gewalt unmöglich war. Auch diese Voraussetzung ist im Streitfall aber nicht erfüllt.

Der Begriff der "höheren Gewalt" ist enger als der Begriff "ohne Verschulden"; er entspricht nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) im Wesentlichen dem der "unabwendbaren Zufälle" in der bis zum 30. Juni 1977 geltenden Fassung des § 233 der Zivilprozessordnung. Unter höherer Gewalt ist danach ein [X.]reignis zu verstehen, das auch durch die größte nach den Umständen des gegebenen Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe --also unter Berücksichtigung seiner Lage, [X.]rfahrung und [X.] zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte ([X.]-Beschluss vom 16. Oktober 2007  2 BvR 51/05, [X.]K 12, 303, unter [X.], mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Bei Anwendung dieses strengen Maßstabs war die Klägerin nicht durch höhere Gewalt an der Wahrung der Jahresfrist für die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags gehindert. Sie hat schon keine substantiierten Angaben dazu gemacht, worauf die unterbliebene Mitteilung ihres Beamtenstatus in den Zulageanträgen beruhte. Insbesondere hat sie keinen Schriftverkehr zwischen ihr und dem Anbieter vorgelegt.

cc) Hinsichtlich des [X.] 2007 hat das [X.] die Gewährung von Wiedereinsetzung bereits deshalb verneint, weil es das [X.] als [X.] Tatbestandsmerkmal angesehen hat und Irrtümer über materielles Recht grundsätzlich die Wiedereinsetzung ausschlössen. Dies erweist sich insofern als rechtsfehlerhaft, als es sich bei dem [X.] lediglich um ein verfahrensrechtliches Merkmal handelt (Senatsurteil in [X.], 312, Rz 73 ff.), und Irrtümer über Verfahrensrecht --insbesondere über die [X.]xistenz einer gesetzlichen [X.], sofern sie ohne Verschulden des Antragstellers bestanden, einer Wiedereinsetzung nicht entgegenstehen (vgl. BFH-Urteil vom 22. Mai 2006 VI R 51/04, [X.], 145, [X.], 833).

Gleichwohl ist die Verneinung der Wiedereinsetzung durch das [X.] im [X.]rgebnis zutreffend, da Wiedereinsetzung schon deshalb nicht gewährt werden kann, weil die Klägerin nicht innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses Tatsachen zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrags vorgetragen hat. Die ständige und vom [X.] gebilligte höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt eine solche fristgerechte Begründung, sofern Wiedereinsetzung --wofür hier allerdings nichts spricht-- nicht bereits von Amts wegen zu gewähren ist (vgl. zu § 110 AO BFH-Beschluss vom 6. Dezember 2011 XI B 3/11, [X.], 707, unter II.2.c, mit zahlreichen Nachweisen auch auf die Rechtsprechung der anderen obersten Bundesgerichte und des [X.]; Senatsurteil in [X.], 312, Rz 34; zur insoweit identischen Rechtslage bei § 56 [X.]O [X.] vom 17. August 2010 X B 190/09, [X.], 2285, und vom 2. Dezember 2014 III B 36/14, [X.], 505, Rz 13).

Vorliegend hat die Klägerin spätestens bei Nachholung ihrer [X.]inwilligungserklärung (19. April 2010), die auf einen Hinweis des [X.] zurückging, von diesem gesetzlichen [X.]rfordernis gewusst, so dass zu diesem Zeitpunkt das Hindernis weggefallen war. [X.]inwendungen hat sie jedoch erstmals mit einem am 21. Februar 2012 bei der [X.] eingegangenen Schreiben --lange nach Ablauf der Monatsfr[X.] vorgebracht, ohne dass der Senat entscheiden müsste, ob sich aus diesen [X.]inwendungen überhaupt tragfähige Wiedereinsetzungsgründe ergeben könnten.

2. In Betracht kommt allerdings eine mittelbare Zulageberechtigung der Klägerin nach § 79 Satz 2 [X.]StG.

a) § 79 [X.]StG in der für die Streitjahre 2005 bis 2007 maßgebenden Fassung lautet: "Nach § 10a Abs. 1 begünstigte unbeschränkt steuerpflichtige Personen haben Anspruch auf eine Altersvorsorgezulage (Zulage). Liegen bei [X.]hegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 vor und ist nur ein [X.]hegatte nach Satz 1 begünstigt, so ist auch der andere [X.]hegatte zulageberechtigt, wenn ein auf seinen Namen lautender Altersvorsorgevertrag besteht."

aa) Nach dem Wortlaut dieser Norm wäre die Klägerin mittelbar zulageberechtigt, wenn --was bisher allerdings nicht festgestellt [X.] nur [X.] nach § 79 Satz 1 [X.]StG unmittelbar zulageberechtigt wäre und die [X.]heleute die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 [X.]StG erfüllen würden. [X.]ntscheidend für die mittelbare Zulageberechtigung ist, dass die Klägerin nicht selbst nach § 10a Abs. 1 [X.]StG begünstigt ist. Die [X.]rfüllung des Tatbestands der zuletzt genannten Norm scheitert in Bezug auf die Klägerin für die Streitjahre aber gerade am Fehlen einer fristgerechten [X.]inwilligungserklärung (siehe oben 1.a).

bb) [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] kann der Senat der Vorschrift des § 79 Satz 1 [X.]StG in systematischer Hinsicht keine Sperrwirkung für die Anwendung des § 79 Satz 2 [X.]StG in dem Sinne entnehmen, dass es nicht auf die [X.]rfüllung aller in § 10a Abs. 1 [X.]StG genannten Voraussetzungen im konkreten Fall ankommen soll, sondern allein auf die abstrakte Zugehörigkeit zu den dort genannten Personenkreisen. Der Wortlaut des § 79 Satz 1 [X.]StG spricht nicht für die vom [X.] vorgenommene [X.]inschränkung, sondern verweist lediglich auf die Begünstigung "nach § 10a Abs. 1", an der es aber gerade fehlt, wenn die [X.]inwilligung nicht bzw. nicht fristgerecht erteilt wird.

Auf das Senatsurteil vom 21. Juli 2009 X R 33/07 (BFH[X.] 225, 457, [X.], 995) kann sich das [X.] für seine Auffassung ebenfalls nicht berufen; der Satz, den das [X.] dieser [X.]ntscheidung entnehmen will, findet sich darin weder ausdrücklich noch sinngemäß. Vielmehr hat der Senat in der genannten [X.]ntscheidung die mittelbare Zulageberechtigung der dortigen Klägerin, die als von der Rentenversicherungspflicht befreites Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks nicht unmittelbar zulageberechtigt war, ausführlich geprüft. Die mittelbare Zulageberechtigung scheiterte im [X.]rgebnis nur daran, dass die dortige Klägerin selbst keinen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen hatte. Von einer Sperrwirkung des § 79 Satz 1 [X.]StG ist in der zitierten [X.]ntscheidung aber keine Rede.

cc) Auch der erkennbare Normzweck der Regelung über die mittelbare Zulageberechtigung spricht für die vom Senat vorgenommene Auslegung. Im Gesetzentwurf der damaligen Koalitionsfraktionen zum Altersvermögensgesetz vom 14. November 2000 (BTDrucks 14/4595, 65) ist die [X.] sinngemäß im [X.]ntwurf des § 10a Abs. 4 Satz 5 [X.]StG enthaltene-- Regelung wie folgt begründet worden: "Bei zusammenveranlagten [X.]hegatten werden beide zum begünstigten Personenkreis gerechnet, auch wenn nur einer die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 erfüllt. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass auch der nicht pflichtversicherte [X.]hegatte von der [X.] betroffen ist. [X.]s wird somit beiden [X.]hegatten ermöglicht, eine eigenständige zusätzliche Altersvorsorge aufzubauen."

Damit hat der Gesetzgeber klar zu erkennen gegeben, dass er den nicht unmittelbar zulageberechtigten [X.]hegatten auch dann in den Kreis der Begünstigten einbeziehen wollte, wenn dieser --wie z.B. nicht berufstätige [X.]hegatten oder die von der Rentenversicherungspflicht befreiten Mitglieder berufsständischer [X.] selbst gar nicht direkt von einer Absenkung des [X.] betroffen ist. Der Gesetzgeber sah die Begünstigung des nicht unmittelbar betroffenen [X.]hegatten vielmehr schon deshalb als gerechtfertigt an, weil dieser mittelbar --z.B. über die Absenkung des gemeinsamen Lebensstandards im Alter oder über eine ebenfalls abgesenkte Hinterbliebenenrente-- die Absenkung des Leistungsniveaus zu spüren bekommen würde.

Vor diesem Hintergrund ist eine Zulageberechtigung des nicht unter § 79 Satz 1 [X.]StG fallenden [X.]hegatten auch vom Willen des Gesetzgebers umfasst, wenn die Verneinung eines unmittelbaren Zulageanspruchs --trotz direkter eigener Betroffenheit von einer Absenkung des [X.]-- darauf beruht, dass eine verfahrensrechtliche Voraussetzung des § 10a Abs. 1 [X.]StG nicht erfüllt wird.

b) Die mittelbare Zulageberechtigung der Klägerin ist danach im [X.]rgebnis davon abhängig, ob [X.] in den Streitjahren nach § 10a Abs. 1 [X.]StG begünstigt war und die [X.]heleute die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 [X.]StG erfüllten. Zur Nachholung der entsprechenden Feststellungen geht die Sache an das [X.] zurück.

Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

X R 20/14

25.03.2015

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 6. März 2014, Az: 10 K 14215/12, Urteil

§ 10a Abs 1 S 1 EStG 2002 vom 05.07.2004, § 79 S 1 EStG 2002, § 79 S 2 EStG 2002, § 110 AO, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006, EStG VZ 2007, § 95 Abs 3 Nr 2 EStG 2009 vom 08.04.2010, § 90 EStG 2002, § 233 ZPO, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.03.2015, Az. X R 20/14 (REWIS RS 2015, 13452)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13452

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