Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2011, Az. II ZR 106/10

II. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6117

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 106/10

vom

31.
Mai 2011

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 32b aF, § 31 Abs. 5; [X.] § 146
Der Anspruch auf Erstattung des Wertes einer Gesellschaftersicherheit nach den sogenannten [X.] verjährt gemäß §
31 Abs.
5 [X.] in fünf Jahren. Auf diesen Anspruch ist §
146 [X.] auch dann nicht anwendbar, wenn zu-gleich der Tatbestand des §
32b [X.] erfüllt ist.

[X.], Beschluss vom 31. Mai 2011 -
II ZR 106/10 -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat am 31.
Mai 2011 durch [X.]
[X.], [X.]
Strohn, die Richterin Dr.
Reichart sowie die Richter Dr.
Drescher und Born

beschlossen:
Auf die Beschwerde des [X.] wird das Urteil des 1.
Zivilsenats des [X.] vom 26.
Mai 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 157.071,32

festgesetzt.

Gründe:
Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung der Überschuldung der M.

Bauunternehmen GmbH
&
Co. [X.] (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör in ent-scheidungserheblicher Weise verletzt.
1.
Noch zutreffend
ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass auf den Fall §§
32a, 32b [X.] und die so
genannten Rechtsprechungs-1
2
-
3
-

regeln zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen zur Anwen-dung kommen, weil das Insolvenzverfahren vor dem 1.
November 2008 eröffnet worden ist ([X.], Urteil vom 26.
Januar 2009 -
II
ZR
260/07, [X.]Z
179, 249 Rn.
9
ff. -
Gut [X.]). Nach diesen Regeln wird eine Sicherheit für eine [X.]sverbindlichkeit u.a. dann wie Eigenkapital behandelt, wenn der [X.]er diese Sicherheit außerhalb einer Krise bestellt hat und bei Eintritt der Krise weder entzieht, obwohl dies möglich ist, noch die Gesellschaft in die Liquidation führt. Eine Krise in diesem Sinne liegt vor, wenn die [X.] oder kreditunwürdig ist ([X.], Urteil vom 11.
Januar 2011
-
II
ZR
157/09, ZIP
2011, 328 Rn.
21). Bei einer GmbH
&
Co. [X.] -
wie hier
-
gilt gemäß §
172a HGB dasselbe, wenn ein Gesellschafter der Komplementär-GmbH oder ein Kommanditist eine Sicherheit zugunsten der Kommanditgesell-schaft bestellt ([X.], Urteil vom 27.
September 1976 -
II
ZR
162/75, [X.]Z
67, 171, 182
f.; Urteil vom 13.
Juli 1981 -
II
ZR
256/79, [X.]Z
81, 252, 255
ff.).
2.
Das Berufungsgericht hat jedoch jedenfalls bei seiner Annahme, eine Insolvenzreife in Form einer Überschuldung könne nicht festgestellt werden, Vortrag des [X.] außer [X.] gelassen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats trägt der [X.] die Darlegungs-
und Beweislast für den objektiven Tatbestand einer haf-tungsbegründenden Insolvenzverschleppung und damit auch für die Überschul-dung der Gesellschaft. Für die Feststellung, dass die Gesellschaft insolvenz-rechtlich überschuldet ist, bedarf es grundsätzlich der Aufstellung einer Über-schuldungsbilanz, in der die Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren aktuel-len Verkehrs-
oder Liquidationswerten auszuweisen sind. Hingegen kommt [X.] Handelsbilanz für die Frage, ob die Gesellschaft überschuldet ist, lediglich 3
4
-
4
-

indizielle Bedeutung zu. Legt der Anspruchsteller für seine Behauptung, die [X.] sei überschuldet gewesen, nur eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, hat er jedenfalls die Ansätze dieser Bilanz darauf zu überprüfen und zu erläutern, ob und gegebe-nenfalls in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus ihr nicht ersichtli-che Vermögenswerte vorhanden sind. Ist der Anspruchsteller diesen [X.] nachgekommen, ist es Sache des beklagten Gesellschafters, im Rah-men seiner sekundären Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind ([X.], Urteil vom 15.
März 2011 -
II
ZR
204/09, ZIP
2011, 1007 Rn.
33 m.w.N. für den vergleichbaren Fall des Geschäftsführers).
Danach reicht der Vortrag des [X.] hier aus, um eine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne darzulegen. Der Kläger hat eine -
von ihm gefer-tigte
-
Handelsbilanz zum 31.
Dezember 2003 vorgelegt. Weiter hat er sowohl in der Klageschrift als auch später behauptet, es seien bei der [X.] keine stillen Reserven vorhanden gewesen.
Die vom Kläger erstellte Handelsbilanz weist allerdings die rechnerische Überschuldung nicht offen aus. Die Gesellschafterdarlehen in Höhe von rund 1,5 Mio.

t-weder auf der Passivseite aufgeführt werden oder -
bei einem qualifizierten Rangrücktritt
-
bei der Feststellung der Überschuldung unberücksichtigt bleiben. In beiden Fällen ist das bereinigte Aktivvermögen aber geringer als die Summe der Verbindlichkeiten und Rückstellungen. Es liegt also eine rechnerische Über-schuldung vor.
5
6
-
5
-

3.
Der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ist auch entscheidungs-erheblich.
a)
Für die Annahme einer Überschuldung kommt es hier nicht darauf an, ob eine Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich war. Davon hängt nach §
19 Abs.
2 [X.] in der bis zum
17.
Oktober 2008 geltenden und hier zur Anwendung kommenden Fassung nur ab, ob die rechnerische Überschuldung anhand der Fortführungs-
oder der [X.] zu ermitteln ist. Der Kläger hat eine Handelsbilanz vorgelegt, also Fortführungswerte zugrunde
gelegt. Da diese regelmäßig höher sind als die Liquidationswerte, ist damit die Überschuldung unabhängig von der [X.] dargelegt.
Im Übrigen obliegt dem in Anspruch genommenen Gesellschafter, die Umstände darzulegen, die es aus damaliger Sicht rechtfertigten, das Unter-nehmen trotz der rechnerischen Überschuldung fortzuführen ([X.], Urteil vom 15.
März 2011 -
II
ZR
204/09, ZIP
2011, 1007 Rn.
31). Dieser Darlegungslast, deren Erfüllung eine umfassende Einschätzung der [X.] voraus-setzt (vgl. zu den Substantiierungsanforderungen [X.],
Urteil
vom
18.
Oktober
2010
-
II
ZR
151/09, ZIP
2010,
2400
Rn.
13 -
Fleischgroßhandel), ist die [X.] nicht nachgekommen.
b)
Dass die Beklagte als Mehrheitsgesellschafterin der Komplementär-GmbH die Insolvenzreife zumindest hätte erkennen können, ist ohne weiteres anzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Dezember 1995 -
II
ZR
128/94, ZIP
1996, 273, 275).
7
8
9
10
-
6
-

c)
Weiter
müsste die Beklagte die Möglichkeit gehabt haben, in der [X.] zwischen dem 1.
Januar 2004, als Insolvenzreife eintrat, und dem 20.
Februar 2004, als der Insolvenzantrag gestellt wurde, die Grundschuld an ihrem [X.] zu "kündigen" oder die Kommanditgesellschaft in die Liquidation zu [X.]. Eine Kündigungsmöglichkeit ist nicht festgestellt und erscheint auch fern
liegend. Die Beklagte hätte aber durch [X.] ihres Freistellungsan-spruchs oder durch Anweisung an die GmbH-Geschäftsführer darauf dringen können, dass ein Insolvenzantrag gestellt wird. Dazu hatte sie auch eine aus-reichend lange Überlegungszeit, nämlich mehr als die insoweit anzusetzenden höchstens drei Wochen ([X.], Urteil vom 11.
Dezember 1995 -
II
ZR
128/94, [X.], 273, 275).
d)
Der Erstattungsanspruch ist nicht verjährt.
Dabei kann offen bleiben, ob die für den Anspruch aus §
32b [X.] geltende zweijährige Verjährungsfrist gemäß §
146 Abs.
1 [X.] in der bis zum 14.
Dezember 2004 anzuwendenden Fassung [X.]. §
32b Abs.
1 Satz
1 Halb-satz 2 [X.] abgelaufen ist (für einen Verjährungsbeginn erst nach Insol-venzeröffnung bei -
wie hier
-
Verwertung der Gesellschaftssicherheiten erst während des Insolvenzverfahrens: von [X.], Festschrift [X.], 2003, S.
1293, 1301
f.). Denn jedenfalls der parallele Anspruch nach den so
genann-ten [X.] verjährt in entsprechender Anwendung des §
31 Abs.
5 [X.] in fünf Jahren. Insoweit findet §
146 [X.] keine Anwendung ([X.]/K.
Schmidt, [X.], 10.
Aufl., §§
32a, 32b Rn.
84; [X.] in [X.][X.], [X.], 6.
Aufl. §
32b aF Rn.
5
f.; ebenso für die Anfech-tungsfrist des §
41 Abs.
1 KO: [X.], Urteil vom 20.
September 1993 11
12
13
-
7
-

-
II
ZR
151/92, [X.]Z 123, 289, 294; Beschluss vom 20.
Dezember 1993 -
II
ZR
94/93, [X.], 31).
Die fünfjährige Verjährungsfrist hat mit dem Freiwerden
des Grundstücks der Beklagten aufgrund der Verwertung der Gesellschaftssicherheiten in der [X.] ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.
April 2004 begonnen und ist durch die Klageerhebung am 17.
Januar 2009 gemäß §
204 Abs.
1 Nr.
1 BGB gehemmt worden.

[X.]

Strohn

Reichart

Drescher

Born
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.08.2009 -
4 [X.] 191/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 26.05.2010 -
1 U 1065/09 -

14

Meta

II ZR 106/10

31.05.2011

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2011, Az. II ZR 106/10 (REWIS RS 2011, 6117)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6117

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 106/10 (Bundesgerichtshof)

Überschuldung der GmbH & Co. KG: Verjährung des Anspruchs auf Erstattung des Wertes einer Gesellschaftersicherheit …


II ZR 246/15 (Bundesgerichtshof)


18 U 43/06 (Oberlandesgericht Köln)


18 U 138/07 (Oberlandesgericht Köln)


II ZR 229/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

II ZR 106/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.