Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2017, Az. II ZR 127/16

II. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8285

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:110717B[X.]ZR127.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.] ZR
127/16

vom

11.
Juli 2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der [X.].
Zivilsenat des [X.] hat am 11.
Juli 2017
durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Drescher und [X.], [X.],
Dr.
Bernau und die Richterin Grüneberg
beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der [X.] beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 22.
April 2016 durch Beschluss gemäß § 552a ZPO auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen.
Streitwert: 10.908,40

Gründe:
Zulassungsgründe liegen nicht vor, die Revision der Klägerin hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
1.
Zulassungsgründe liegen nicht vor. Weder hat der Rechtsstreit grund-sätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts und die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.]s.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage 1
2
3
-
3
-

aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte
Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Ent-wicklung und Handhabung des Rechts berührt. [X.] ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen unter anderem dann, wenn die Rechtsfrage vom [X.] bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwor-tet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten wer-den ([X.], Beschluss vom 22. September 2015

[X.]
ZR
310/14, [X.], 266 Rn.
3
mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. [X.]e Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Rückforderung [X.] Auszahlungen an Kommanditisten hat der erkennende [X.] mit seinem Urteil vom 12.
März 2013 ([X.], [X.], 1222) geklärt. Weitere klärungsbe-dürftige Rechtsfragen stellen sich im vorliegenden Fall nicht. Der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des [X.] in mehreren densel-ben
Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung ([X.], Beschluss vom 22.
September 2015

[X.]
ZR
310/14, [X.], 266 Rn.
5). Dies gilt auch dann, wenn es sich zwar um eine große Anzahl denselben Fonds betreffende Einzel-verfahren handelt, es aber wie hier nicht ersichtlich ist, dass deren tatsächliches oder wirtschaftliches Gewicht Allgemeininteressen in besonderem Maße berührt ([X.], Beschluss vom 3.
Februar 2015

[X.]
ZR
52/14, juris Rn.
9 mwN).
Der vorliegende Fall gibt auch keine Veranlassung, Leitsätze für die Aus-legung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts auf-zustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder 4
-
4
-

teilweise fehlt (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Juli 2002

[X.], [X.]Z 151, 221, 225). Die Voraussetzungen, unter denen gewinnunabhängige Auszahlun-gen an Kommanditisten von der [X.] zurückgefordert werden können, hat der erkennende [X.] mit seinem Urteil vom 12. März 2013 ([X.]
ZR
73/11, [X.], 1222) umschrieben. Vorliegend geht es nur noch um die Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Einzelfall. Dass im vorliegenden Fall eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts geboten sein könnte, ist ebenfalls nicht zu erkennen.
2.
Die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg. Zu Recht hat das [X.] einen Anspruch der [X.] "S.

G.

"
O.

Reederei GmbH & Co.
(im Folgenden: [X.]) auf Rückzahlung von an die Kommanditisten geleisteten Auszahlungen verneint. Die Auslegung des [X.]s, durch die gewinnunabhängigen Ausschüttungen aus der [X.] an die [X.]er würden keine [X.]en der Gesell-schafter begründet, ist aus revisionsrechtlicher Sicht für den vorliegend zu beur-teilenden [X.]svertrag nicht zu beanstanden.
a)
Diese Feststellung kann der [X.] selbst treffen, weil [X.]s-verträge von [X.] nach ihrem objektiven Erklärungsbefund nur anhand des schriftlichen Vertrags auszulegen sind. Die Vorstellungen und der Wille der Gründungsgesellschafter, die in dem [X.]svertrag keinen Niederschlag gefunden haben, sind nicht zu berücksichtigen ([X.], Urteil vom 16.
Februar 2016

[X.]
ZR
348/14, ZIP
2016, 518 Rn.
13; Urteil vom 12.
März 2013

[X.], [X.], 1222 Rn.
13).
Nach der Rechtsprechung des [X.]s unterliegen die Regelungen in [X.]sverträgen von [X.] unabhängig davon, ob die 5
6
7
-
5
-

Bereichsausnahme des §
310 Abs.
4 BGB eingreift, einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen. Hieraus folgt in Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen ([X.], Urteil vom 16.
Februar 2016

[X.]
ZR
348/14, ZIP
2016, 518 Rn.
14; Urteil vom 12. März 2013

[X.]
ZR
73/11, [X.], 1222 Rn.
14).
Für den einer Publikumspersonengesellschaft [X.] müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem [X.]svertrag klar er-geben. Denn die erst nach Abschluss des [X.]svertrags beitretenden Kommanditisten müssen sich darauf verlassen können, nur solche Leistungen erbringen zu müssen, die dem Vertragstext unmissverständlich zu entnehmen sind ([X.], Urteil vom 16. Februar 2016

[X.]
ZR
348/14, [X.], 518 Rn.
14; Urteil vom 12. März 2013

[X.]
ZR
73/11, [X.], 1222 Rn.
14).
b)
Der [X.]svertrag der [X.] (im Weiteren: [X.]) enthält unter anderem folgende Regelungen:

12

Gewinn-
und Verlustverteilung, Ausschüttungen

4.
[X.] an die [X.]er

auch im We-ge einer Darlehensgewährung

dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn keine Kapitaldienstleistungsrückstände hinsicht-lich der langfristigen Investitionsfinanzierung bestehen und der Ausgleich der laufenden Betriebskosten sowie
der Kapital-dienstraten auf die Schiffshypothekendarlehen für das laufende Geschäftsjahr gesichert sind und bankseitig diesen Zahlungen zugestimmt worden ist.

8
9
-
6
-

Über die Verwendung von Liquiditätsüberschüssen entscheidet auf Vorschlag der persönlich haftenden [X.]erin der Beirat, sofern nicht die [X.]erversammlung entspre-chende Beschlüsse faßt. [X.] erfolgen im Verhältnis der Festeinlagen der [X.]er untereinander. Solange Verlustsonderkonten bestehen, stellen [X.] Darlehen an die [X.]er dar.

§
15

Jahresabschluß, Konten der [X.]

2.
Für jeden [X.]er werden neben einem festen Kapital-konto (I) ein weiteres Kapitalkonto ([X.]) sowie ein Ergebnisson-derkonto geführt.

a)
Auf dem Kapitalkonto (I) werden die [X.] gebucht.

b)
Auf dem Kapitalkonto ([X.]) wird das Agio gebucht.

c)
Auf dem Ergebnissonderkonto werden die Verluste [X.], auch soweit diese das feste Kapitalkonto (I) über-steigen. Gewinne werden ebenfalls auf dem [X.]. Ein Saldo auf dem Ergebnissonder-konto begründet keine Nachschußverpflichtung der [X.].

[X.] sind auf gesonderten unverzinsli-chen Darlehenskonten der [X.]er zu erfassen."

c)
Dem [X.]svertrag der [X.] lässt sich bei der ge-botenen objektiven Auslegung nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters nicht klar und 10
-
7
-

unmissverständlich entnehmen, dass die an die Kommanditisten bewirkten ge-winnunabhängigen Ausschüttungen aus der Liquidität den Kommanditisten als Darlehen der [X.] zur Verfügung gestellt worden sind. Ein [X.] besteht daher nicht.
[X.])
Die Gesamtregelung ist unklar, weil nach §
12 Abs. 4 Satz 1 [X.] nicht jede Liquiditätsausschüttung ein Darlehen sein sollte, sondern nur bzw. auch ein Darlehen sein konnte. Als einzige im [X.]svertrag geregelte Vo-raussetzung, wann Liquiditätsausschüttung Darlehen an die [X.]er [X.] sollten, wird in §
12 Nr.
4 Abs.
2 Satz 3 [X.] bestimmt: "solange Verlust-sonderkonten bestehen". Das im [X.]svertrag dargestellte Kontensys-tem der Klägerin sieht jedoch keine mit Verlustsonderkonten
bezeichneten Ge-sellschafterkonten vor.
Der Umstand, dass nach §
15 Abs.
2 aE [X.] [X.] auf gesonderten unverzinslichen Darlehenskonten der [X.]er zu [X.] sind, spricht angesichts der Ambivalenz von Buchungen auf [X.] der
[X.]er -
selbst isoliert betrachtet
-
nicht eindeutig für ein Darle-hen der [X.] an ihre [X.]er (vgl. [X.], Urteil vom 12.
März 2013 -
[X.], [X.], 1222 Rn.
17 ff.).
Letztlich hat das Berufungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass es nach der [X.]srechtsprechung naheliegend gewesen wäre, im [X.]svertrag die Voraussetzungen zu regeln, unter denen der [X.]er zur Rückzah-lung der Ausschüttungen an die [X.] verpflichtet sein sollte, wenn die Auszahlungen unter dem Vorbehalt einer Rückforderung hätten stehen sollen ([X.], Urteil vom 12.
März 2013 -
[X.], [X.], 1222 Rn.
23).

11
12
13
-
8
-

bb)
Der Hinweis der Revision darauf, die [X.] gegen die Kommanditisten seien in den Jahresabschlüssen der Klägerin auf der [X.] ausgewiesen, vermag an diesem Auslegungsergebnis nichts zu ändern. Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden [X.]er müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem [X.] folgenden Rechte und Pflichten aus dem [X.]svertrag klar ergeben ([X.], Urteil vom 12.
März 2013 -
[X.], [X.], 1222 Rn.
14). Denn die erst nach Abschluss des [X.]svertrags [X.] müssen sich darauf verlassen können, nur solche Leistungen erbringen zu müssen, die dem Vertragstext unmissverständlich zu entnehmen sind ([X.], Urteil vom 16. Februar 2016

[X.] ZR 348/14, [X.], 518 Rn.
15). Ist das hin-sichtlich der hier eingeforderten Rückzahlung von Ausschüttungen nicht der Fall, kann dieses zutreffende Auslegungsergebnis nicht nachträglich durch eine vom [X.]svertrag abweichende Handhabung seitens der [X.] verändert werden.
d)
Entgegen der Auffassung der Revision hat der Beklagte den gegen ihn geltend gemachten vermeintlichen Darlehensanspruch nicht anerkannt, so dass er nicht mit Einwendungen ausgeschlossen ist.
Allerdings kann der Feststellung einer Bilanz, die diese jedenfalls im Verhältnis zwischen [X.] und [X.]er für verbindlich erklärt, für darin ausgewiesene Forderungen gegen den [X.]er die Wirkung eines zivilrechtlich verbindlichen Schuldanerkenntnisses zukommen ([X.], Urteil vom 15.
März 2011

[X.]
ZR
301/09, [X.], 858 Rn.
7; Urteil vom 2.
März 2009

[X.]
ZR
264/07, ZIP
2009, 1111 Rn.
15; Urteil vom 9.
Februar 2009

[X.]
ZR
292/07, [X.]Z
179, 344 Rn.
50

Sanitary). Ob es sich um ein konstituti-ves oder um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis handelt, beurteilt sich 14
15
16
-
9
-

nach den Umständen im Einzelfall ([X.], Urteil vom 15.
März 2011

[X.]
ZR
301/09, [X.], 858 Rn.
7; Urteil vom 2. März 2009

[X.]
ZR
264/07, ZIP
2009, 1111 Rn. 15). Dies gilt auch bei Personengesellschaften ([X.], Urteil vom 2.
März 2009 -
[X.] ZR 264/07, [X.], 1111 Rn. 15).
Es ist zweifelhaft, ob dieser Rechtsgedanke auf eine Publikumsgesell-schaft übertragbar ist. Die Frage muss hier nicht entschieden werden. Ein An-erkenntnis des Beklagten kann jedenfalls bereits deshalb nicht angenommen werden, weil für ihn nicht erkennbar war, dass und in welcher Höhe die Bilanz der [X.] eine gegen ihn gerichtete Darlehensforderung ausweist. Im exemplarisch vorgelegten Jahresabschluss 2006 wird unter B. [X.]. 3. lediglich ohne nähere Differenzierung aufgeführt: "Forderungen gegen [X.]er 6.052.539,78 [X.]". In der beispielhaft vorgelegten Aufgliederung zur Bilanz 2012 finden sich zwar nähere Ausführungen zu Darlehenskonten der Komman-ditisten. Der Beklagte wird dort jedoch weder namentlich genannt noch wird

17
-
10
-

eine gegen ihn gerichtete [X.] einzeln ausgewiesen. [X.] davon fehlt es an Vortrag zur Beteiligung des Beklagten bei der [X.] über die Feststellung der Jahresabschlüsse.

Drescher

[X.]

[X.]

Bernau

Grüneberg

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 07.10.2015 -
1 [X.]/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.04.2016 -
2 U 114/15 -

Meta

II ZR 127/16

11.07.2017

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2017, Az. II ZR 127/16 (REWIS RS 2017, 8285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8285

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 127/16 (Bundesgerichtshof)

Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft: Pflichten des beitretenden Gesellschafters


II ZR 127/16 (Bundesgerichtshof)

Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft: Pflichten des beitretenden Gesellschafters


II ZR 127/16 (Bundesgerichtshof)


II ZR 63/15 (Bundesgerichtshof)


II ZR 63/15 (Bundesgerichtshof)

Publikums-KG: Anspruch einer Fondsgesellschaft auf Rückzahlung von Auszahlungen an Kommanditisten


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

II ZR 127/16

IV ZR 161/16

VII ZR 259/16

II ZR 348/14

II ZR 73/11

18 U 80/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.