Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2014, Az. I ZR 100/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6335

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 100/13
vom

10. April 2014

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 10. April 2014 durch [X.]
Dr.
Büscher, Pokrant, Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Koch und Dr.
Löffler

beschlossen:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des [X.] Ober-landesgerichts [X.]
6.
Zivilsenat
vom 29.
April 2013 wird auf Kosten der [X.]n zurückgewiesen.

Streitwert:

743.053,64

Gründe:

[X.] Die Klägerin betreibt am [X.] in [X.] einen [X.]. Sie löschte am 11.
November 2011 im Auftrag des Charterers des See-schiffs "[X.]" eine Partie Rohre aus dem Schiff, die für die [X.] als Empfängerin bestimmt waren. Nach der Löschung der Rohre aus der Luke
1 wurden die in der Luke
2 befindlichen Rohre gelöscht. Als die Rohre aus Luke
2 zu einem großen Teil gelöscht waren, kamen mit Schlamm verunreinigte trop-fende Rohre zum Vorschein, die ebenfalls gelöscht wurden. In Bezug auf die Verunreinigung der Rohre wurde später festgestellt, dass es offenbar durch ein Leck in den Ballasttanks einen Eintritt von Seewasser in den Laderaum
2 gege-ben hatte. Das Seewasser verflüssigte lose geschüttetes [X.], das als Beiladung durch eine Wand von den [X.] getrennt und ebenfalls im La-deraum
2 gestaut war. Da die Trennwand nicht wasserdicht war, konnte sich 1
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das verflüssigte [X.] auch in den mit [X.] belegten Teil des Laderaums ausbreiten und die dort lagernden Rohre kontaminieren. Die Kläge-rin lagerte die Rohre nach der Entladung auf ihrem Gelände. Da es sich bei [X.] um ein Umweltgift handelt, mussten die Rohre fachgerecht behandelt und das [X.] entsprechend den Auflagen der Hambur-ger Umweltbehörde entsorgt werden. Mit der Reinigung der Rohre beauftragte die [X.] die Klägerin, die der [X.]n für die durchgeführten [X.] und für die Lagerung der Rohre auf ihrem Gelände insgesamt 743.053,64

n Rechnung stellte. Die Klägerin nimmt die [X.] im [X.] Rechtsstreit auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen in Anspruch.

Die [X.] hat demgegenüber geltend gemacht, die Klägerin könne die für die Reinigung der Rohre entstandenen Kosten nicht erstattet verlangen, weil sie den infolge der Verunreinigung der Rohre entstandenen Schaden selbst durch ein sorgfaltswidriges Löschen des [X.] verursacht habe. Die von der Klägerin bei der Löschung begangene Pflichtverletzung führe zu einem aufre-chenbaren Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, da sie, die [X.], in den Schutzbereich des [X.] zwischen dem Charterer und der Klägerin, bei dem es sich um einen Frachtvertrag im Sinne von §
407 Abs.
1 HGB handele, einbezo-gen sei.

Das [X.] hat die [X.] antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der [X.]n hat das [X.] mit einem Be-schluss nach §
522 Abs.
2 ZPO zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Be-rufungsgericht ausgeführt:

Die [X.] könne der dem Grunde nach unstreitigen Forderung der Klägerin weder vertragliche noch deliktische Ansprüche wegen der Kontaminie-2
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rung der Rohre durch [X.] entgegenhalten. Zwischen der Klägerin und der [X.]n bestehe kein Vertragsverhältnis. Der Charterer des Schiffes "[X.]" sei mit der Klägerin durch einen [X.] verbunden. Die [X.] sei nicht [X.] dieses Vertrags und auch nicht gemäß §
328 BGB forderungsberechtigt. Ein deliktischer Schadensersatzanspruch scheitere dar-an, dass die Klägerin sich beim Löschen der Rohre nicht sorgfaltswidrig verhal-ten habe.

Soweit sich die [X.] für ihre Auffassung, die Klägerin sei ihr aus dem [X.] vertraglich zum Schadensersatz verpflichtet, auf die Recht-sprechung des [X.] stütze, nach der sich die Haftung des [X.] gegenüber dem Empfänger allein nach dem den Empfänger be-günstigenden [X.] richte, sei diese Rechtsprechung im Streitfall nicht anwendbar. Die Klägerin sei beauftragt worden, eine Partie Rohre aus dem Seeschiff "[X.]" mit Hilfe von Kränen auf die Kaianlage zu löschen und auf ihrer Lagerfläche zwischenzulagern. Da der [X.] enthalte, seien die einzelnen Tätigkeiten nach den Regeln des [X.] zu behandeln. Die Rohre seien unstreitig nicht während ihrer Beförderung zum Lager der Klägerin
also bei Vornahme einer Ortsveränderung
beschädigt worden. Nach dem Vortrag der [X.]n sei dies vielmehr geschehen, als die Klägerin mit [X.] tropfende Rohre über bis dahin nicht kontaminierte Rohre, die auf [X.] abgelegt gewesen seien, hinweggehoben habe. Auf diese werkvertragliche Tätigkeit sei nach den Regeln des [X.] Werkvertragsrecht anzuwenden. [X.] scheide eine Inanspruchnahme
der Klägerin aus dem Umschlag-
und Terminalvertrag durch die [X.] aus.

I[X.] Die Beschwerde der [X.]n ist zurückzuweisen, weil die Rechtssa-che keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder 5
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die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] auch im Übrigen nicht erfordern.

1. Die [X.] wendet sich mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der [X.]n stünden als Empfängerin des [X.] aus dem [X.] keine vertraglichen Ansprüche gegen die Klägerin zu. Sie macht geltend, die Ausführungen des [X.], soweit sie der Sache nach die Anwendbarkeit des §
421 Abs.
1 Satz
2 HGB verneinten, dem Wesen des [X.] nicht gerecht. [X.] dieses Vertragstyps sei die Annahme der vom [X.] angeliefer-ten Güter, deren Beförderung auf das Schiff oder wenn
wie im Streitfall
der ausgehende Verkehr betroffen sei, das Löschen der Güter aus dem Schiff und deren Auslieferung an den berechtigten Empfänger. Es treffe zwar im Ansatz zu, dass diese Umschreibung Elemente eines Werkvertrags mit [X.] aufweise. Der [X.] sei jedoch immer auch auf eine frachtvertragliche Leistung gerichtet, jedenfalls dann, wenn diese
wie im vorliegenden Fall
isoliert vereinbart worden sei. Es komme nicht darauf an, welche Distanz zwischen dem Ort der Übernahme des [X.] und dem Abliefe-rungsort liege. Von dieser völlig herrschenden Auffassung sei das Berufungsge-richt hinweislos mit der Erwägung abgewichen, es habe gewissermaßen einer distanzreichen Beförderung des Ladungsgutes bedurft, um von einem Fracht-vertrag ausgehen zu können. Nach Ansicht des Berufungsgerichts genüge die geringfügige Ortsveränderung, die durch das Anheben der Rohre und deren Platzierung auf der Kailagerfläche mit Hilfe von Kränen bewirkt werde, nicht für die Annahme eines Frachtvertrags.

2. Dieses Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde erfordert nicht die Zulassung der Revision. Richtig ist zwar der Hinweis der Beschwerde, dass in dem isoliert vereinbarten Umschlag von Transportgut eine frachtvertragliche 7
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Leistung gesehen wird (vgl. [X.], Transportrecht, 8.
Aufl., §
407 HGB Rn.
10a mwN). Um einen solchen Fall geht es hier jedoch nicht. Nach den unangegriffe-nen Feststellungen des Berufungsgerichts war neben der Löschung der Partie Rohre auch noch deren Zwischenlagerung auf dem Gelände der
Klägerin ver-einbart.
Ein isolierter [X.] lag daher nicht vor. Wenn der [X.] in Verbindung mit einem Fracht-, Speditions-
oder Lagervertrag verein-bart wird, stellt dieser im Zweifel eine unselbständige Nebenleistung dar, die nach den Regeln
des [X.] zu behandeln ist (vgl. [X.] aaO §
407 HGB Rn.
10a).
Bei einer derartigen Fallgestaltung muss zwar erwogen werden, die Haftungsfragen nach Frachtrecht zu beurteilen, da dieses für Orts-veränderungsvorgänge charakteristisch ist. Es ist aber auch denkbar, den [X.] als Nebenleistung voll den für die Hauptleistung geltenden Regeln zu unterwerfen. Dies ist insbesondere bei geringfügigen Transportaktivitäten nahe-liegend (vgl. [X.] aaO
§
407 HGB Rn.
10a; [X.]., [X.] 2008, 333, 336). Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen, in dem es angenommen hat, dass der zwischen dem Charterer und der Klägerin geschlossene Vertrag Bestandteile verschiedener Vertragstypen enthält, die nach den Regeln des [X.] zu behandeln sind.

Die Aussage, dass [X.] nicht zur Anwendung kommt, wenn eine nur geringfügige Ortsveränderung erforderlich ist, kann dem ange-griffenen Beschluss des Berufungsgerichts nicht entnommen werden.

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3. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halbs.
2 ZPO abgesehen.

II[X.] [X.] beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Büscher
Pokrant
Schaffert

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 27.09.2012 -
403 [X.]/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 29.04.2013 -
6 [X.]/12 -

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Meta

I ZR 100/13

10.04.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2014, Az. I ZR 100/13 (REWIS RS 2014, 6335)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6335

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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