Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.2015, Az. 8 AZR 139/14

8. Senat | REWIS RS 2015, 16732

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Gegenstand

Betriebsteilübergang - Objektschutz an einer Hochschule - wirtschaftliche Einheit - Identitätswahrung


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 4. Dezember 2013 - 2 [X.]/13 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und in diesem Zusammenhang insbesondere über die Voraussetzungen eines Betriebs(teil)übergangs.

2

Der Kläger ist seit Januar 2002 als Objektschützer in der [X.] (im Folgenden: [X.]) tätig, eingesetzt von wechselnden Wach- und [X.]icherheitsfirmen. [X.]eit dem 1. Juli 2012 verrichtet der Kläger diese Tätigkeit für den Beklagten, der ein Unternehmen des [X.] betreibt. Zuvor war der Kläger für seine Tätigkeit in der [X.] im Zeitraum vom 1. März 2008 bis zum 30. Juni 2012 mit einem auf letzteres Datum befristeten Arbeitsvertrag bei [X.] (im Folgenden: [X.]) beschäftigt. Für [X.] waren in der [X.] neben dem Kläger eine weitere Vollzeitkraft - Herr Ba - sowie zwei Teilzeitkräfte - mit jeweils halber regelmäßiger Arbeitszeit - eingesetzt.

3

Als der Beklagte den Objektschutz der [X.] mit Wirkung ab dem 1. Juli 2012 übernahm, stellte er dafür den Kläger und [X.] mit neuen Arbeitsverträgen ein. Die beiden Teilzeitkräfte übernahm er nicht. Im unbefristet vereinbarten Arbeitsvertrag des [X.] mit dem Beklagten vom 19. Juni 2012 ist eine Probezeit vorgesehen. Die Tätigkeit des [X.] blieb unverändert.

4

Die [X.] an der [X.] werden ohne Waffen und ohne Diensthund ausgeübt. Dienstkleidung wird vom jeweiligen Arbeitgeber zur Verfügung gestellt, die Objektschlüssel von der [X.]. Es sind [X.] zu absolvieren. Daneben wird die Tätigkeit in dem im Objekt vorhandenen Wachraum mit Poststelle ausgeübt. Dort befinden sich ein [X.]chreibtisch, ein [X.]chrank, ein Festnetztelefon, ein Notruftelefon, die Brandmeldezentrale, einige [X.]tühle sowie ein Tisch. Wie auch zuvor bei [X.] gehört es zu den [X.], außerhalb der Dienstzeiten der Mitarbeiter der [X.] die Telefonanlage und die Poststelle zu betreuen.

5

Mit [X.]chreiben vom 28. November 2012, zugegangen am 30. November 2012, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung. In diesem [X.]chreiben wurde als Kündigungsgrund „Alkoholgenuss während der Dienstzeit sowie [X.]‘ bei Dienstantritt im Objekt“ genannt.

6

Gegen diese Kündigung hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, es fehle an einem Grund für eine außerordentliche Kündigung. Im Fall einer - aus seiner [X.]icht nicht möglichen - Umdeutung in eine ordentliche Kündigung entspreche diese nicht den Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes. Dieses sei auf die Kündigung anzuwenden, da das Arbeitsverhältnis nach § 613a BGB im Wege des [X.]s auf den Beklagten, dessen Betrieb in den betrieblichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes falle, übergegangen sei und damit weit länger als sechs Monate bestehe.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 28. November 2012, dem Kläger zugegangen am 30. November 2012, nicht beendet wurde, sondern fortbesteht.

8

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Auf Kündigungsgründe i[X.]v. § 1 Abs. 2 K[X.]chG komme es nicht an, da das Arbeitsverhältnis im Kündigungszeitpunkt noch nicht länger als sechs Monate bestanden habe. Ein [X.] liege nicht vor.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten nicht mit sofortiger Wirkung, sondern erst zum 14. Dezember 2012 beendet worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die gegen diese Klageabweisung gerichtete Berufung des [X.] blieb erfolglos. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet. Mit der Begründung des [X.] durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

A. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger könne sich nicht auf das [X.] berufen, da die Wartezeit des § 1 Abs. 1 [X.] nicht erfüllt sei. Ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang von [X.] auf den Beklagten, der zur Anwendbarkeit des [X.]es führen könne, liege nicht vor. Mit zwei Vollzeitkräften seien lediglich zwei Drittel der Belegschaft übernommen worden. Bei einer Tätigkeit im Bewachungsgewerbe reiche nach der Rechtsprechung des [X.] eine Übernahme von 66 % des Personals nicht aus.

B. Die Entscheidung des [X.] hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Ausführungen in der Begründung rechtfertigen nicht den [X.]chluss, dass kein Betriebsübergang vorliegt.

I. Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang i[X.]v. § 613a Abs. 1 [X.]atz 1 BGB und im [X.]inne der Richtlinie 2001/23/[X.] liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (vgl. [X.] 6. März 2014 - [X.]/12 - [[X.] [X.].] Rn. 30 [X.]; [X.] 18. [X.]eptember 2014 - 8 [X.] - Rn. 18; 15. Dezember 2011 - 8 [X.] - Rn. 39).

1. Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und [X.]achen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck ([X.] 6. März 2014 - [X.]/12 - [X.] [X.].] Rn. 31 f. [X.]).

2. Den für das Vorliegen eines Übergangsmaßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher [X.] 15. Dezember 2005 - [X.] und [X.]/04 - [[X.] und [X.]] Rn. 35, [X.]lg. 2005, [X.]; [X.] 18. [X.]eptember 2014 - 8 [X.] - Rn. 18; 22. August 2013 - 8 [X.] - Rn. 40 ff. [X.]). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. [X.]. [X.] 20. Jan[X.]r 2011 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 34 [X.], [X.]lg. 2011, [X.]; [X.] 18. [X.]eptember 2014 - 8 [X.] - aaO; 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 21).

3. Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und [X.]achkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt ([X.] 6. [X.]eptember 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 49, [X.]lg. 2011, [X.]; [X.] 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 22).

4. Kommt es im Wesentlichen auf die Betriebsmittel wie etwa das Inventar an, dann kann ein Übergang einer ihre Identität bewahrenden Einheit auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (vgl. [X.] 20. November 2003 - [X.]/01 - [[X.] [X.].] Rn. 37, [X.]lg. 2003, [X.]; [X.] 21. August 2014 - 8 [X.] - Rn. 19). Ohne Bedeutung ist, ob das Eigentum an den eingesetzten Betriebsmitteln übertragen worden ist ([X.] 20. November 2003 - [X.]/01 - [[X.] [X.].] Rn. 41 [X.], aaO; [X.] 11. Dezember 1997 - 8 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 87, 296).

5. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine [X.] (vgl. [X.] 20. Jan[X.]r 2011 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 36 und 41, [X.]lg. 2011, [X.]; [X.] 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 23).

6. Der Begriff „durch Rechtsgeschäft“ des § 613a BGB ist wie der Begriff „durch vertragliche Übertragung“ in Art. 1 Abs. 1a der Richtlinie 2001/23/[X.] (dazu [X.]. [X.] 7. März 1996 - [X.]/94 - [[X.] und [X.]] Rn. 28, [X.]lg. 1996, [X.]; 6. [X.]eptember 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 63, [X.]lg. 2011, [X.]) weit auszulegen, um dem Zweck der Richtlinie - dem [X.]chutz der Arbeitnehmer bei einer Übertragung ihres Unternehmens - gerecht zu werden. [X.]o ist es nicht erforderlich, dass zwischen Veräußerer und Erwerber unmittelbar vertragliche Beziehungen bestehen; die Übertragung kann auch unter Einschaltung eines [X.], wie zB des Eigentümers oder des Verpächters, erfolgen ([X.]. [X.] 20. November 2003 - [X.]/01 - [[X.] [X.].] Rn. 39 [X.], [X.]lg. 2003, [X.]; [X.] 18. [X.]eptember 2014 - 8 [X.] - Rn. 18).

7. Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Vorrausetzungen des § 613a BGB erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Dies ist unabhängig davon, ob die übergegangene wirtschaftliche Einheit ihre [X.]elbständigkeit innerhalb der [X.]truktur des Erwerbers bewahrt oder nicht (vgl. [X.] 6. März 2014 - [X.]/12 - [[X.] [X.].] Rn. 31 ff. [X.]; 12. Febr[X.]r 2009 - [X.]/07 - [[X.]] Rn. 50, [X.]lg. 2009, [X.]); es genügt, wenn die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten und es dem Erwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen ([X.] 12. Febr[X.]r 2009 - [X.]/07 - [[X.]] Rn. 53, aaO; [X.] 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 26).

8. Die Bewertung der maßgeblichen Tatsachen ist nach Unionsrecht [X.]ache der nationalen Gerichte (vgl. [X.]. [X.] 15. Dezember 2005 - [X.] und [X.]/04 - [[X.] und [X.]] Rn. 35, [X.]lg. 2005, [X.]) und im [X.] Arbeitsrecht [X.]ache der Tatsacheninstanzen, die dabei einen Beurteilungsspielraum haben (vgl. [X.]. [X.] 18. August 2011 - 8 [X.] - Rn. 21, [X.]E 139, 52).

II. Ob nach diesen Grundsätzen ein Betriebs(teil)übergang von [X.] auf den Beklagten zu bejahen ist, kann nach den bisherigen Feststellungen nicht entschieden werden.

1. Das [X.] hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob bei der Bewachung der [X.] durch die Firma [X.] eine wirtschaftliche Einheit im [X.]inne eines Betriebs(teils) gegeben war, der am 1. Juli 2012 auf den Beklagten hätte übergehen können. Es hat sich mit der grundlegenden Frage, ob und inwieweit bei [X.] im Hinblick auf die Bewachungsaufgaben an der [X.] eine abtrennbare wirtschaftliche Einheit mit eigener Identität bestand und wodurch diese ggf. geprägt war, nicht befasst. Es fehlt dementsprechend an darauf bezogenen Feststellungen. Nur wenn vor einem behaupteten Übergang eine wirtschaftliche Einheit i[X.]v. § 613a BGB besteht, stellt sich die Frage der Wahrung ihrer Identität und damit die Frage eines Betriebs-(teil)übergangs (vgl. in diesem [X.]inn [X.] 6. März 2014 - [X.]/12 - [[X.] [X.].] Rn. 34).

2. Ohne Auseinandersetzung mit der eventuellen Identität einer im Einzelfall in Frage kommenden wirtschaftlichen Einheit kann nicht entschieden werden, ob ein Betriebs(teil)übergang vorliegt. Es darf nicht alleine ein Teilaspekt - hier die Frage einer Übernahme von Personal - der eigentlich vorzunehmenden Gesamtbewertung herausgegriffen und isoliert betrachtet werden.

3. Auch für eine zutreffende Bewertung der Übernahme von Personal im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtbewertung ist es von ausschlaggebender Bedeutung, die Identität einer ggf. bestehenden wirtschaftlichen Einheit zu bestimmen. Erst in deren Kenntnis kann beurteilt werden, ob eine rein q[X.]ntitative Betrachtung - wie hier allein abstellend auf Bruchzahlen und Prozentsätze - der ggf. vorhandenen Identität einer wirtschaftlichen Einheit i[X.]v. § 613a BGB überhaupt gerecht werden kann. Anderes kann auch der vom [X.] herangezogenen Entscheidung des [X.]enats vom 15. Dezember 2011 (- 8 [X.] -) nicht entnommen werden. [X.]o hat der [X.]enat darin [X.]. ausgeführt, dass „die Kriterien Zahl und [X.]achkunde des weiterbeschäftigten Personals nicht beziehungslos nebeneinanderstehen, sondern sich wechselseitig beeinflussen“ ([X.] 15. Dezember 2011 - 8 [X.] - Rn. 55).

C. Nach den bisherigen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob das Arbeitsverhältnis des [X.] nach § 613a BGB auf den Beklagten übergegangen ist und ob der Kläger sich in der Folge auf das [X.] berufen kann. Der insoweit entscheidungserhebliche Vortrag des [X.] bedarf der Würdigung durch die Tatsacheninstanz. Deshalb ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die [X.]ache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 [X.]atz 1 ZPO). Bei der weiteren Behandlung der [X.]ache ist zu berücksichtigen:

I. Im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit der Klageanträge bedarf der Antragshalbsatz „… sondern fortbesteht“ der Auslegung. Das [X.] wird zu prüfen haben, ob der genannte Antragshalbsatz als selbständiger Antrag i[X.]v. § 256 Abs. 1 ZPO zu verstehen ist, mit dem der Kläger sich gegen jegliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewehrt hat (dazu [X.]. [X.] 26. [X.]eptember 2013 - 2 [X.] - Rn. 30 ff., [X.]E 146, 161). Der Kläger ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Feststellungsklage ein besonderes Feststellungsinteresse voraussetzt. Es obliegt dem klagenden Arbeitnehmer, ein ggf. bestehendes rechtliches Interesse darzutun ([X.] 13. März 1997 - 2 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 85, 262).

II. Bei der Beurteilung, ob nach den og. Grundsätzen (oben unter [X.]) ein Betriebs(teil)übergang von [X.] auf den Beklagten vorliegt, ist im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbewertung [X.]. zu berücksichtigen:

1. Zuerst ist zu prüfen, ob bei der Firma [X.] eine wirtschaftliche Einheit im [X.]inne eines Betriebs(teils) gegeben war, der am 1. Juli 2012 auf den Beklagten übergehen konnte (vgl. auch unter [X.] 1).

2. Für die zutreffende Bewertung der bisherigen und nach dem festgestellten [X.]achverhalt unveränderten Tätigkeit ist es [X.]. von Bedeutung, welche Aufgaben konkret bei der Bewachung des Geländes und beim Telefon-, Post- und Besucherdienst zu verrichten waren und in welchem zeitlichen Verhältnis sie zueinander stehen.

3. Bei der weiteren Prüfung müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden (oben unter [X.] 2), neben der etwaigen Belegschafts(teil)übernahme also [X.]. auch der etwaige Übergang materieller Betriebsmittel und immaterieller Aktiva von Wert.

4. Bei der Bewertung der Übernahme von Personal im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtbewertung ist zu prüfen, ob ein nach Zahl und [X.]achkunde wesentlicher Teil der Belegschaft übernommen worden ist. Dafür kommt es nicht allein auf eine q[X.]ntitative Betrachtung an. Beispielsweise kann die Identität einer ggf. bestehenden wirtschaftlichen Einheit bei einer Tätigkeit im Bewachungsgewerbe auch dadurch geprägt sein, dass ein Betriebsteil mit kontinuierlicher [X.]tammbelegschaft, die über Erfahrung und Objektkenntnis verfügt, unter Beibehaltung der bisherigen Leitungsstruktur und Arbeitsorganisation weiterfunktioniert. Insofern hat der Kläger beispielsweise bezogen auf die Vollzeitkräfte den Begriff „[X.]“ benutzt und seinen Kollegen als „Objektleiter“ bezeichnet. Von Bedeutung kann es für eine Bewertung der Übernahme von Personal auch sein, wenn ein Betriebsteil „Bewachungsobjekt“ - wie hier erkennbar - räumlich fernab vom restlichen Betrieb womöglich relativ eigenständig arbeitet.

Zu bedenken sind das Personal als solches, die Führungskräfte und ggf. auch die sie verbindende Arbeitsorganisation (in diesem [X.]inne [X.] 20. Jan[X.]r 2011 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 41, [X.]lg. 2011, [X.]; 11. März 1997 - [X.]/95 - [[X.]üzen] Rn. 15, [X.]lg. 1997, [X.]). Im Hinblick auf das Personal als solches ist es nicht ausgeschlossen, dass die Identität einer ggf. bestehenden wirtschaftlichen Einheit in manchen Fällen eher von einer [X.]tammbelegschaft abhängt als von eventuell auch beschäftigten [X.]. Auch einem [X.] oder der Beibehaltung der bisherigen Leitung kann wesentliches Gewicht in der Gesamtbeurteilung zukommen (vgl. [X.] 26. [X.]eptember 2000 - [X.]/99 - [Mayeur] Rn. 53, [X.]lg. 2000, [X.]; [X.] 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 52).

III. Falls das [X.] nach Gesamtabwägung aller maßgebenden Umstände von einem Betriebs(teil)übergang ausgeht, muss im Hinblick auf die Befristung des Arbeitsvertrags auf den 30. Juni 2012 Folgendes beachtet werden:

1. Zwar besteht bezogen auf einen Betriebs(teil)übergang grundsätzlich kein Anspruch auf eine Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags ([X.] 15. [X.]eptember 2010 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 33, [X.]lg. 2010, [X.]). Der Fall des [X.] liegt aber anders. Er gehört zu den Arbeitnehmern, die im Rahmen des [X.] „zum Zeitpunkt des Übergangs“ beschäftigt waren ([X.] 15. [X.]eptember 2010 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 28, aaO; 26. Mai 2005 - [X.]/03 - [[X.]] Rn. 29, [X.]lg. 2005, [X.]; 7. Febr[X.]r 1985 - 19/83 - [[X.]] Rn. 13, 15, [X.]lg. 1985, 457) und von dem Beklagten auch nahtlos weiterbeschäftigt wurden. Der Umstand, dass eine Tätigkeit ohne Unterbrechung oder Änderung in der Art und Weise ihrer Durchführung ständig fortgesetzt worden ist, stellt eines der gängigsten Merkmale eines Betriebsübergangs dar ([X.] 2. Dezember 1999 - [X.]/98 - [[X.].] Rn. 33, [X.]lg. 1999, I-8643).

2. Eine Befristungsabrede mit dem bisherigen Arbeitgeber, die sich auf die Laufzeit des [X.] des bisherigen Betriebsinhabers bezieht und keinen davon unabhängigen Grund hatte, steht dem nicht entgegen. Dies entspricht im Wertungsergebnis dem Umstand, dass ein Betriebs(teil)übergang als solcher keinen Grund zur Kündigung darstellt ([X.]. [X.] 15. [X.]eptember 2010 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 29, [X.]lg. 2010, [X.]; 16. Oktober 2008 - [X.]/07 - [[X.]] Rn. 45, [X.]lg. 2008, I-7907).

3. Eine Beseitigung der ansonsten bestehenden Kontinuität des Arbeitsverhältnisses kann zudem als Umgehung von § 613a BGB zu werten sein (vgl. [X.] 25. Oktober 2012 - 8 [X.] - Rn. 33; 18. August 2005 - 8 [X.] II 2 a der Gründe, [X.]E 115, 340 zu Aufhebungsverträgen).

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    v. [X.]chuckmann    

        

    Dr. Ronny [X.]chimmer    

                 

Meta

8 AZR 139/14

22.01.2015

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Schwerin, 13. Juni 2013, Az: 6 Ca 2289/12, Urteil

§ 613a Abs 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.2015, Az. 8 AZR 139/14 (REWIS RS 2015, 16732)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16732

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