Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.09.2009, Az. X ZB 35/08

X. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 1841

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[X.]BESCHLUSS [X.]/08 vom 8. September 2009 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend das Patent 100 51 495 Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: jaPolyolefinfolie
[X.] § 100 Abs. 3 Nr. 3 a) Es verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn das Patentgericht die Patentfähigkeit eines Patents unter Berufung auf eine [X.] ver-neint, die der Einsprechende nur beiläufig in Zusammenhang mit einem (ne-ben der fehlenden Patentfähigkeit) zusätzlich geltend gemachten Widerrufs-grund erwähnt hat, ohne zuvor den Patentinhaber darauf hinzuweisen, dass diese [X.] der Patentfähigkeit des Patents entgegenstehen könnte. b) Dabei ist unerheblich, ob die getroffene Entscheidung nach mündlicher Ver-handlung oder im schriftlichen Verfahren ergangen ist. [X.], [X.]uss vom 8. September 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - [X.] hat am 8. September 2009 durch [X.] Scharen und [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin wird der [X.]uss des 15. [X.]ats ([X.]) des Bundespa-tentgerichts vom 21. Juli 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. [X.]: 25.000,-- • Gründe: [X.] Die Rechtsbeschwerdeführerin ist eingetragene Inhaberin des am 25. September 2003 veröffentlichten Patents 100 51 495 mit der Bezeichnung "Verwendung einer teiltransparenten Polyolefinfolie" (Streitpatent). 1 Die eingetragenen Patentansprüche haben folgenden Wortlaut: 2 - 3 - "1. Verwendung einer teiltransparenten Polyolefinfolie mit einer Foliendi-cke zwischen 5 und 250 m, an deren [X.] durch ein- oder beidseitige Oberflächenbe-handlung sauerstoffhaltige Gruppen angelagert sind und welche durch eine nachfolgende, elektrostatische Aufladung oberflä-chenpolarisiert ist, wobei die elektrostatische Haftkraft durch Bemes-sung der Oberflächenpolarisation so auf das Flächengewicht der Folie abgestimmt ist, dass die Folie mit der behandelten Seite auf einer sauberen, getrockneten und planen [X.] in jeder Lage haf-ten bleibt, als [X.], die beschreibbar ist und einen Haftgrund für eine klebstofffreie Fixierung von Papierblättern und Fotos bildet.
2. Verwendung einer Polyolefinfolie nach Anspruch 1, mit der Maßgabe, dass die [X.] einen Wert zwischen 10 und 100 m aufweist.
3. Verwendung einer Polyolefinfolie nach Anspruch 1 oder 2, mit der Maßgabe, dass die Folie zwei oder drei durch Coextrusion hergestell-te Schichten aufweist.
4. Verwendung einer Polyolefinfolie nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit der Maßgabe, dass die Folie ein oder mehrere anorganische Füllmaterialien aus der Gruppe Calciumcarbonat, Titandioxid, Talkum und Kreide enthält, wobei der Anteil der Füllmaterialien bis zu 45 Gew.-%, bezogen auf die Endmischung, beträgt.
5. Verwendung einer Polyolefinfolie nach einem der Ansprüche 1 bis 4, mit der Maßgabe, dass eine Folienseite mit einem Raster bedruckt ist." Gegen das Streitpatent ist am 23. Dezember 2003 Einspruch erhoben worden. In ihrer Begründung hat die Einsprechende geltend gemacht, dass der Gegenstand der [X.] nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe und sich insoweit auf eine offenkundige Vorbenutzung sowie als druckschriftlichen [X.] auf die vorveröffentlichten [X.] 5 638 249 ([X.]) und [X.] ([X.]) berufen. Außerdem hat sich die Einsprechende auf eine widerrechtliche Entnahme gestützt und in diesem Zu-sammenhang ein Telefax der M.

GmbH vom 19. Juni 1998 3 - 4 - an die Einsprechende vorgelegt. In dem Telefax ist vermerkt, dass mit diesem das [X.] 5 010 671 überreicht werde. Der als Anlage von der Einspre-chenden eingereichten Ablichtung des Telefax war eine solche des [X.] beigefügt. [X.] hat dem Einspruchsvorbringen widersprochen und das Streitpatent unbeschränkt, hilfsweise mit geänderten Ansprüchen vertei-digt. Später hat die Einsprechende ihren Einspruch zurückgenommen. Nach entsprechenden Anträgen der [X.] und der Patentinhaberin hat das Patentgericht den vor der Rücknahme des Einspruchs anberaumten Verhand-lungstermin von Amts wegen wieder aufgehoben. 4 Ohne weitere Hinweise erteilt zu haben, hat das Patentgericht das Streit-patent an dem ursprünglich vorgesehenen Verhandlungstermin widerrufen. Gegen die Entscheidung richtet sich die vom Patentgericht nicht zugelassene Rechtsbeschwerde. 5 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil mit ihr der nicht zulassungs-gebundene Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 [X.] geltend ge-macht wird, und hat auch in der Sache Erfolg. 6 1. Das Patentgericht hat Patentanspruch 1 des [X.] wie folgt gegliedert: 7 1) Verwendung einer Polyolefinfolie, 1.1) die teiltransparent ist, 1.2) mit einer [X.] zwischen 5 und 250 m, 1.3) an deren [X.] durch ein- oder beidseitige [X.] sauerstoffhaltige Gruppen angelagert sind, - 5 - 1.4) die [X.] ist durch eine nachfolgende, elektrostati-sche Aufladung oberflächenpolarisiert, 1.5) die elektrostatische Haftkraft ist durch Bemessung der [X.] so auf das Flächengewicht der Folie abge-stimmt, dass die Folie mit der behandelten Seite auf einer sau-beren, getrockneten und planen [X.] in jeder Lage haften bleibt, 2) als [X.], 2.1) die beschreibbar ist und 2.2) einen Haftgrund für eine klebstofffreie Fixierung von Papierblät-tern und Fotos bildet. und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne dahinstehen, ob die mit dem Streitpatent beanspruchte Ver-wendung einer teil-transparenten Polyolefinfolie neu sei, weil sie jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Aus der [X.] gehe hervor, dass als [X.], auf welchen [X.] reversibel angebracht werden können, Polyethylen- oder Polypropylenfolien mit einer Dicke von umgerechnet 25,4 µm bis 12,7 µm, nach elektrischer Aufladung durch Corona-Behandlung, in einem System [X.] besonders geeignet seien, womit die Merkmale 1, 1.2, 1.3 sowie 2.2 des erteilten Patentanspruchs 1 offenbart seien. Die Ausbil-dung sauerstoffhaltiger funktioneller Gruppen an der [X.] durch Corona-Behandlung sei dem Fachmann, einem mit der Herstellung und [X.] von [X.] befassten und vertrauten [X.], geläu-fig, so dass sich daraus das Merkmal 1.4 unmittelbar erschließe. Zur Frage der Transparenz der Polyolefinfolie sei der [X.] lediglich zu entnehmen, dass eine weitere transparente Folie mit vergleichbarer Haftkraft als Schutzschicht über das [X.] angebracht werden könne (Merkmal 1.1). Konkrete Angaben über die [X.] der [X.] fehlten in der [X.] ebenso wie ein Hinweis auf die spezielle Anwendung als [X.] (Merkmale 2.1 und 2). Die Verwendung von statisch aufladbaren, beschreibbaren und teiltransparen-8 - 6 - ten [X.] als [X.]n und damit die Merkmale 1.1, 2 und 2.1 würden sich für den Fachmann jedoch aus dem gattungsgleichen [X.] 5 010 671 ergeben. Die reversibel aneinander haftenden Blätter des darin of-fenbarten Flip-Chart-Blocks könnten auch auf einer anderen Oberfläche allein aufgrund ihrer statischen Ladung sicher und reversibel haftend angebracht werden und seien zudem beschreibbar. Der Druckschrift könne zudem ent-nommen werden, dass die Blätter auch auf transparenten Oberflächen wie Glas anhaften und dabei aufgrund ihrer nur teilweisen Durchlässigkeit für sichtbares Licht (vgl. den Handelsnamen "[X.]") auch in beschriebenen Zustand als Datenträger dienen könnten (Merkmal 1.1). Aus der in dem [X.] be-schriebenen Anwendbarkeit auf Glas als Oberfläche ergebe sich für den [X.] das in Merkmal 1.5 enthaltene Erfordernis der Abstimmung der elektro-statischen Haftkraft auf das Flächengewicht der Folie durch Bemessung der Oberflächenpolarisation von selbst. Damit erschließe sich die [X.] Verwendung der Polyolefinfolie als [X.] aus den beiden ge-nannten Druckschriften in naheliegender Weise. Das gelte auch für den Ge-genstand des [X.], der keine tatsächliche Einschränkung gegenüber dem Hauptantrag enthalte. 2. Die Rechtsbeschwerde rügt, dass der Patentinhaberin rechtliches Ge-hör versagt worden sei. Diese habe nicht damit rechnen müssen, dass sich das Patentgericht für seine Beurteilung maßgeblich auf das genannte [X.] stützen werde, weil jenes von der [X.] nur als Beifügung zu dem Telefax der M.

GmbH vom 19. Juni 1998 vorgelegt worden sei. Das Berufungsgericht sei deshalb gehalten gewesen, der Patentinhaberin einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Mit dem Telefax habe die Einsprechende eine Firmenverwandtschaft zwischen der M.

GmbH und der N.

AG, 9 - 7 - der früheren Inhaberin des [X.], nachweisen wollen, um den [X.] der widerrechtlichen Entnahme zu stützen. Das dem Telefax als An-lage beigefügte, als Fax-Kopie unleserliche [X.] sei dabei lediglich Ge-genstand eines Hinweises auf die patentrechtliche Situation in den [X.] [X.], die zu überprüfen gewesen sei. Die Einsprechende habe an keiner Stelle ihres Vorbringens das [X.] als für die Schutzfähigkeit relevant anzuse-henden Stand der Technik angeführt. 10 Der Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs sei auch entscheidungserheblich, weil nicht auszuschließen sei, dass die [X.] Entscheidung darauf beruhe. Denn die Patentinhaberin hätte auf ei-nen richterlichen Hinweis vorgetragen, dass die [X.] keine Teiltransparenz der Folie lehre (Merkmal 1.1), nicht offenbare, dass an der [X.] durch ein- oder beidseitige Oberflächenbehandlung sauerstoffhaltige Gruppen [X.] seien (Merkmal 1.4), nicht aufzeige, die elektrostatische Haftkraft gemäß Merkmal 1.5 zu bemessen, und dieser auch nicht zu entnehmen sei, die Folie als beschreibbare [X.] zu verwenden (Merkmale 2 und 2.1). Das [X.] 5 010 671 offenbare ebenfalls keine Teiltransparenz der Folie (Merkmal 1.1), beschreibe keine ein- oder beidseitige Oberflächenbehandlung, bei der sauerstoffhaltige Gruppen angelagert würden (Merkmal 1.3), offenbare keine Bemessung der elektrostatischen Haftkraft gemäß Merkmal 1.5 und zeige nicht, die [X.] auch als Haftgrund für eine klebstofffreie Fixierung von Papierblättern und Fotos auszugestalten (Merkmal 2.2). Eine Zusammen-schau der [X.] und des [X.] stehe einer erfinderischen Tätigkeit nicht entgegen, weil auch beide Druckschriften nicht die Kombination von auf der [X.] fixierten Fotos und neben den Fotos angeordneter Schrift nahe legen würden (Merkmale 2, 2.1 und 2.2). Aus den beiden [X.] - 8 - gehe auch nicht hervor, dass die Eigenschaften der Folie nur durch die Kombi-nation der Merkmale 1.3 und 1.4 erreicht werde. Wäre der Patentinhaberin rechtliches Gehör gewährt worden, hätte [X.] zudem die [X.] bis 5 gestellt. 11 12 In Hilfsantrag 1 hätte sie beantragt, das Streitpatent dadurch beschränkt aufrecht zu erhalten, dass Anspruch 1 des erteilten Patents durch den neuen Anspruch 1 ersetzt wird, wobei dieser die teiltransparente Polyolefinfolie weiter dahin definiert, dass deren Transparenz zwischen 10 und 90 % liegt. 13 In Hilfsantrag 2 hätte sie beantragt, das Streitpatent dadurch beschränkt aufrecht zu erhalten, dass die Ansprüche 1 bis 5 des erteilten Patents durch die neuen Ansprüche 1 bis 4 ersetzt werden, wobei sich die beiden Anspruchsfas-sungen dadurch unterscheiden, dass Anspruch 1 und Anspruch 3 des erteilten Patents in Anspruch 1 des 2. [X.] kombiniert werden und dadurch in Hilfsantrag 2 Anspruch 3 als Unteranspruch wegfällt und Ansprüche 4 und 5 des erteilten Patents zu Ansprüchen 3 und 4 des 2. [X.] werden. Als Hilfsantrag 3 wären die Ansprüche des [X.], als [X.] wären die Ansprüche des [X.] 1 und als Hilfsantrag 5 wären die Ansprüche des [X.] 2 weiterverfolgt worden, jedoch jeweils mit der Maßgabe, dass in Anspruch 1 das Merkmal "als [X.], die [X.] ist und einen Haftgrund für eine klebstofffreie Fixierung von Papier-blättern und Fotos bildet" durch das Merkmal "als zu beschreibende [X.] und als Haftgrund für eine klebstofffreie Fixierung von Papierblättern und Fotos" ersetzt wird. 14 - 9 - 3. Die Rechtsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Patentgericht seiner Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs gegenüber der [X.] nicht nachgekommen ist. 15 Mit der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs kann nicht nur geltend gemacht werden, dass das entscheidende Gericht Vorbringen nicht zur Kennt-nis genommen oder in seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat, sondern auch, dass es Erkenntnisse verwertet hat, zu denen ein Verfahrensbe-teiligter nicht Stellung nehmen konnte. Der letztgenannte Fall kommt in [X.], wenn der Verfahrensbeteiligte gar nicht zu Wort gekommen ist oder das Gericht bei seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde gelegt hat, zu denen der Beteiligte nicht mehr Stellung nehmen konnte. Gleiches gilt, wenn der [X.] bei Anwendung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt nicht erken-nen konnte, auf welches Vorbringen es für die Entscheidung des Gerichts an-kommen kann und wird ([X.].[X.]. v. [X.] - [X.], [X.], 792 - Spiralbohrer; [X.]. v. 16.9.2008 - [X.], [X.], 91, 92 - [X.]). Da die [X.]en kein Recht darauf haben, vor der gerichtlichen Entscheidung zu erfahren, wie das Gericht den die Grundlage seiner Entschei-dung bildenden Sachverhalt (voraussichtlich) würdigen wird, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör allerdings nicht schon dann verletzt, wenn das [X.] nicht darauf hinweist, welchen Offenbarungsgehalt es einer in der mündli-chen Verhandlung erörterten [X.] entnimmt ([X.]., aaO - [X.]). Es verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör jedoch, wenn das [X.] die Patentfähigkeit eines Patents unter Berufung auf eine zum Stand der Technik gehörende [X.] verneint, die der Einsprechende nur beiläufig in Zusammenhang mit einem (neben der fehlenden Patentfähigkeit) zusätzlich geltend gemachten [X.] erwähnt hat, ohne zuvor den [X.] - 10 - tentinhaber darauf hinzuweisen, dass diese [X.] der [X.] entgegenstehen könnte. Ein solcher Fall ist hier gegeben. [X.] konnte bei [X.] der von ihr zu erwartenden Sorgfalt nicht damit rechnen, dass das Patentgericht bei der Beurteilung der Patentfähigkeit des [X.] auch das [X.] 5 010 671 als entscheidungserhebliche Entgegenhaltung heranzie-hen würde. Die Druckschrift wurde zwar bereits mit dem Einspruch vorgelegt. Dies erfolgte jedoch nicht im Hinblick auf das Vorbringen der [X.] zur Patentfähigkeit des [X.]. Insoweit hat die Einsprechende ihren An-griff allein auf die [X.] [X.] und [X.] gestützt. Auch im weiteren Verlauf des [X.] hat sich keiner der Verfahrensbeteiligten in Zusammenhang mit der Patentfähigkeit des [X.] auf das [X.] berufen. 17 Dieses wurde vielmehr lediglich hinsichtlich des [X.] der widerrechtlichen Entnahme zusammen mit dem als Anlage 15 vorgelegten Te-lefax der M.

GmbH vom 19. Juni 1998 von der [X.] in einer nahezu unleserlichen Ablichtung eingereicht. Bei der M.

GmbH hat es sich um eine mit der damaligen Anmelderin konzernver- [X.] gehandelt. Unter anderem mit der Vorlage dieses Tele-fax wollte die Einsprechende darlegen, dass die (mutmaßlichen) Erfinder des [X.] vor dessen Anmeldetag die Folie und deren Verwendung in Ge-sprächen mit der [X.] kennen gelernt hatten. Vor diesem Hinter-grund musste die Patentinhaberin nicht damit rechnen, dass das Bundespa-tentgericht nach der Rücknahme des Einspruchs seine Erwägungen zur Patent-fähigkeit des [X.] maßgeblich auch auf das [X.] stützen werde. 18 - 11 - Dem steht nicht entgegen, dass die Einsprechende in der Einspruchsbe-gründung ausgeführt hat, dass die M.

GmbH sie mit dem als Anlage 15 vorgelegten Telefax im Juni 1998 "auf ein gegebenenfalls zu beach-tendes [X.] hinweise". Damit war erkennbar nur ein Hinweis an die M.

GmbH gemeint, dass das [X.] gegebenenfalls beachtet werden müsse, wenn der US-Markt durch Tätigkeiten der [X.] be-rührt werde. Die Ausführungen der [X.] konnten also [X.] nicht so verstanden werden, dass das [X.] auch bei der Patentfähig-keit des [X.] zu beachten sei. 19 20 Auch der Umstand, dass die Aufhebung des ursprünglich anberaumten Verhandlungstermins nach einem entsprechenden Antrag der Patentinhaberin erfolgt ist, hat das Patentgericht nicht von seiner Hinweispflicht entbunden. Denn die Verpflichtung des Patentgerichts, Verfahrensbeteiligte im Beschwer-deverfahren nach § 73 ff. [X.] oder im Einspruchsverfahren nach § 147 Abs. 3 [X.] a.F. auf [X.] hinzuweisen, von denen sie auch bei [X.] der von ihnen zu erwartenden Sorgfalt nicht erkennen können, dass diese als entscheidungsrelevant berücksichtigt werden könnten, besteht unab-hängig davon, ob die Entscheidung nach mündlicher Verhandlung ergeht oder im schriftlichen Verfahren getroffen wird. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn - wie hier - der Aufhebung der zunächst vom Patentgericht anberaumten mündlichen Verhandlung ein entsprechender Antrag eines Verfahrensbeteilig-ten vorausgegangen ist. 4. Die Verletzung des Anspruchs auf Wahrung rechtlichen Gehörs setzt weiterhin voraus, dass die beanstandete Entscheidung auf dem behaupteten Mangel beruht oder beruhen kann, es also nicht ausgeschlossen werden kann, dass die ordnungsgemäße Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer der [X.] 21 - 12 - günstigeren Entscheidung geführt hätte ([X.].[X.]. v. [X.]. 8 m.N. aus der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung; vgl. auch [X.], [X.]. v. 30.1.1997 - I ZB 3/95, [X.], 637 638 - Top Selection, zu § 83 Abs. 3 Nr. 3 [X.]). Demgegenüber ist die Versagung rechtlichen Gehörs unschädlich, wenn sie sich allein auf Feststellungen bezieht, die für die Ent-scheidung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt erheblich gewesen sind ([X.], aaO - Top Selection; [X.], 10. Aufl., 2006, § 100 [X.] Rdn. 28; Busse/[X.], 6. Aufl., 2003, § 100 [X.] Rdn. 50). 22 Im Streitfall ist der Patentinhaberin rechtliches Gehör im Hinblick auf entscheidungsrelevante Feststellungen versagt worden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die ordnungsgemäße Ge-währung rechtlichen Gehörs durch einen Hinweis auf die Absicht des [X.]s, das [X.] 5 010 671 als relevanten Stand der Technik zu berück-sichtigen, zu einer der Patentinhaberin günstigeren Entscheidung geführt hätte. Das gilt jedenfalls, soweit die Patentinhaberin bei Erteilung eines solchen [X.] entsprechend den Darlegungen der Rechtsbeschwerde geltend ge-macht hätte, dass das [X.] nicht offenbart, dass die Polyolefinfolie teil-transparent ist und die elektrostatische Haftkraft durch Bemessung der [X.] so auf das Flächengewicht der Folie abgestimmt ist, dass [X.] mit der behandelten Seite auf einer sauberen, getrockneten und planen [X.] in jeder Lage haften bleibt (Merkmale 1.1 und 1.5) und auch einer Zusammenschau der Entgegenhaltung [X.] und des [X.] nicht die Kombination der Merkmale zu entnehmen gewesen wäre, dass die [X.] zugleich beschreibbar ist und einen Haftgrund für eine klebstofffreie Fixie-rung von Papierblättern und Fotos bildet (Merkmale 2, 2.1 und 2.2), und dass jedenfalls das Streitpatent beschränkt im Umfang der [X.] bis 5 [X.] - 13 - recht zu erhalten gewesen wäre. Denn zumindest bei diesen Einwendungen handelt es sich einerseits um Darlegungen der Patentinhaberin, von denen an-zunehmen ist, das sie allein deshalb nicht vorgebracht worden sind, weil das Patentgericht pflichtwidrig den Hinweis unterlassen hatte, dass es auf das [X.] 5 010 671 bei der Beurteilung der Patentfähigkeit des [X.] an-kommen könnte, und geht es andererseits um Tatsachen, die vom [X.] in dem angegriffenen [X.]uss als entscheidungsrelevant angesehen worden sind. 24 5. Die Rechtsbeschwerde führt danach zur Aufhebung der angefochte-nen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht (§ 108 Abs. 1 [X.]). Die Zurückverweisung an einen anderen [X.]at des [X.]s ist - entgegen der Anregung der Rechtsbeschwerde - nicht veran-lasst (vgl. [X.], [X.]. v. 28.8.2003 - I ZB 26/01, GRUR 2004, 77, 79 - [X.]). - 14 - Eine mündliche Verhandlung hat der [X.]at nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 [X.]). Scharen [X.] [X.]

Berger Grabinski Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 21.07.2008 - 15 W(pat) 325/04 -

Meta

X ZB 35/08

08.09.2009

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.09.2009, Az. X ZB 35/08 (REWIS RS 2009, 1841)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1841

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