Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.05.2016, Az. X R 15/15

10. Senat | REWIS RS 2016, 11543

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Veräußerung eines Liebhabereibetriebs


Leitsatz

1. Der Übergang von einem Gewerbebetrieb zur einkommensteuerlich unbeachtlichen Liebhaberei ist keine Betriebsaufgabe (ständige BFH-Rechtsprechung).

2. Die Veräußerung oder Aufgabe eines Liebhabereibetriebs ist eine Betriebsveräußerung oder -aufgabe nach § 16 Abs. 1, Abs. 3 EStG.

3. Der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn hieraus ist steuerpflichtig, soweit er auf die einkommensteuerlich relevante Phase des Betriebs entfällt.

4. Der steuerpflichtige Teil des Gewinns ist im Jahr der Veräußerung oder Aufgabe zu versteuern.

5. Er entspricht der Höhe nach im Grundsatz den nach § 8 der VO zu § 180 Abs. 2 AO auf den Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei gesondert festgestellten stillen Reserven.

6. Eine negative Wertentwicklung während der Liebhabereiphase berührt die Steuerpflicht des auf die einkommensteuerlich relevante Phase entfallenden Gewinnanteils nicht. Die Veräußerung eines Liebhabereibetriebs kann daher auch dann zu einem steuerpflichtigen Gewinn führen, wenn der erzielte Erlös die festgestellten stillen Reserven nicht erreicht.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 16. Oktober 2014  11 K 1509/14 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und ihr [X.]hemann ([X.]) wurden zusammen zur [X.]inkommensteuer veranlagt. Die Klägerin und [X.] betrieben seit 1983 ein Hotel in der Rechtsform einer GbR, an der sie jeweils zu 50 % beteiligt waren. [X.] verstarb im Streitjahr 2008. Die GbR erwirtschaftete von Beginn bis einschließlich 1999 einen Verlust von insgesamt 13.687.613 DM. Nach eigenem Bekunden haben die Klägerin und [X.] den Betrieb fortgeführt, weil sie an die [X.], der sie das [X.] abgekauft hatten, eine [X.]ntschädigungszahlung in Höhe von etwa 2.247.000 DM hätten leisten müssen, wenn sie den Hotelbetrieb innerhalb von 20 Jahren ab dem [X.] des Hotels eingestellt hätten.

2

Im Jahre 2001 fand eine Besprechung zu anhängigen Rechtsbehelfsverfahren wegen der gesonderten Feststellung der [X.]inkünfte 1990 bis 1994 statt. Die Klägerin und [X.] kamen mit dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) im Wege einer tatsächlichen Verständigung überein, dass der Hotelbetrieb vom Veranlagungszeitraum 1994 an als Liebhabereibetrieb zu qualifizieren sei. Mit Bescheid gemäß § 8 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.] zu § 180 Abs. 2 AO) vom 12. November 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der in einem Betrieb beim Übergang zur Liebhaberei ruhenden stillen Reserven stellte das [X.] --der Verständigung entsprechend-- die stillen Reserven für die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens insgesamt auf 2.933.815 DM fest. Davon entfielen auf das Grundstück nebst Gebäude und Außenanlagen 2.919.070 DM, auf geringwertige Wirtschaftsgüter 14.745 DM und auf sonstige Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens 0 DM. Ab 1994 wurden keine einheitlichen und gesonderten Feststellungen der [X.]inkünfte aus dem Hotelbetrieb mehr vorgenommen. Im Jahre 1999, mithin während der [X.], errichtete die GbR noch einen [X.].

3

Zum 1. August 2008 veräußerte die Klägerin das Hotel für 1.850.000 €. Laut notariellem Vertrag entfielen davon auf das Grundstück 350.000 €, auf die Gebäude 1.500.000 €. Nach dem Vortrag der Klägerin handelte es sich um einen Notverkauf wegen Überschuldung auf Veranlassung der Hausbank.

4

In der [X.]inkommensteuererklärung 2008 machte die Klägerin bei den [X.]inkünften aus Gewerbebetrieb einen Veräußerungsverlust in Höhe von 911.311 € geltend. Die Buchwerte zum 31. Dezember 2007 hatten insgesamt 2.316.363 €, davon 1.858.731 € für die Gebäude und 457.632 € für den Grund und Boden betragen. Zur Berechnung des [X.] ordnete die Klägerin den Veräußerungserlös zu einem Teilbetrag von 912.050 € der [X.] (unter Ausschluss des [X.]) zu und zog die dem Feststellungsbescheid zum 31. Dezember 1993 zugrundeliegenden Buchwerte von 1.830.900 € (3.580.929,26 DM) sowie stillen Reserven von 7.539 € für geringwertige Wirtschaftsgüter ab. Das [X.] korrigierte diesen Betrag durch Addition der festgestellten stillen Reserven für das [X.] in Höhe von 1.492.497 €, kam so auf einen gewerblichen Veräußerungsgewinn von 581.186 € und setzte die [X.]inkommensteuer 2008 unter Anwendung von § 34 Abs. 1 des [X.]inkommensteuergesetzes ([X.]StG) auf 332.488 € fest. Der Bescheid erging hinsichtlich der Kaufpreisaufteilung auf die [X.] (ursprüngliches Hotelgebäude) und den [X.] vorläufig nach § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO).

5

Mit [X.]inspruch und Klage machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]), namentlich dem Urteil des [X.] vom 29. Oktober 1981 IV R 138/78 ([X.][X.] 134, 339, [X.] 1982, 381) seien die festgestellten stillen Reserven nur zu versteuern, wenn es tatsächlich zu einer Gewinnrealisierung komme, wenn also der Kaufpreis höher als der damalige Buchwert gewesen wäre. Daran fehle es. [X.]s widerspreche dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit und dem Übermaßverbot, wenn der Steuerpflichtige Gewinne versteuern müsse, die er nicht erzielt habe. Der [X.] sei mit Sicherheit davon ausgegangen, dass es bei Beendigung der Liebhaberei nur zu einer Steuerbelastung kommen könne, wenn die stillen Reserven tatsächlich zu einer Gewinnrealisierung geführt hätten. Aus der Rechtsprechung des [X.] ergebe sich hingegen nicht, dass beim Übergang zur Liebhaberei ein fiktiver Aufgabegewinn, hier zum 31. Dezember 1993, zu errechnen und in jedem Falle bei der späteren Veräußerung zu versteuern sei. [X.]s stelle sich vielmehr die Frage, ob die festgeschriebenen stillen Reserven bei der Veräußerung im Jahre 2008 realisiert worden seien. [X.]s sei daher zu prüfen, ob der anteilige Veräußerungserlös des Jahres 2008 nach Abzug der alten Buchwerte höher sei als die festgestellten stillen Reserven.

6

Das Finanzgericht ([X.]) hat die Klage mit in [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte ([X.][X.]) 2015, 1431 veröffentlichtem Urteil abgewiesen. Richtigerweise wäre ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.500.036 € (2.933.815 DM) zu versteuern gewesen, der den zum 31. Dezember 1993 festgestellten stillen Reserven entspreche. Die Höhe des tatsächlich erzielten [X.] sei unerheblich. Aufgrund des [X.] bleibe es bei der tatsächlichen Festsetzung. Die Versteuerung sei auch nicht unangemessen, so dass kein Verstoß gegen das Übermaßverbot vorliege. Die Versteuerung resultiere aus der Auflösung des in der Steuerbilanz bis zum 31. Dezember 1993 entstandenen negativen Kapitals, das durch die Verluste des Hotelbetriebs bis zum Wirtschaftsjahr 1993 entstanden sei. Diese Verluste hätten sich in den [X.] bis 1993 und auf Grund der Verlustfeststellung zum 31. Dezember 1993 in den [X.] 1994 ff. im Rahmen der [X.]inkommensteuerveranlagungen der Klägerin und ihres verstorbenen [X.]hemannes steuermindernd ausgewirkt. Die Versteuerung sei Folge der Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 7 [X.]StG und nicht des § 15a [X.]StG.

7

Das [X.] hat sich im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens der Auffassung des [X.] angeschlossen.

8

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, der vermeintliche Veräußerungsgewinn sei nicht i.S. der Rechtsprechung des [X.] "realisiert" worden. Das [X.] beziehe den Begriff auf die Beendigung der Liebhaberei durch Betriebsaufgabe, [X.]ntnahme durch Aufgabeerklärung oder Veräußerung. Der [X.] habe hingegen mit Urteil vom 15. Mai 2002 [X.] ([X.][X.] 199, 241, [X.] 2002, 809) ausgeführt, die im Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei festgehaltenen stillen Reserven seien bei einem späteren "gewinnrealisierenden" Vorgang aufzulösen, so dass die "realisierten" festgeschriebenen stillen Reserven als nachträgliche [X.]innahmen zu versteuern seien. Daraus sei zu folgern, dass der Veräußerungserlös die stillen Reserven auch tatsächlich realisieren, also mindestens so hoch sein müsse wie die Buchwerte zuzüglich der stillen Reserven des Betriebs zu Beginn der Liebhaberei. Das [X.] habe nach seiner Rechtsauffassung zu Recht eventuelle Wertschwankungen nicht untersucht. Wenn aber die stillen Reserven im eigentlichen Wortsinn realisiert sein müssen, seien alle Umstände im Zeitpunkt der Veräußerung zu beachten, die auf die Preisfindung für den Betrieb [X.]influss hatten und deshalb eine Realisierung der stillen Reserven verhinderten.

9

Das [X.] sehe wohl in der Veräußerung des Betriebs im Jahre 2008 eine rückwirkende Betriebseinstellung zum 31. Dezember 1993 mit der Folge, dass 2008 die damaligen stillen Reserven in voller Höhe zu versteuern seien. Die spätere Versteuerung des bereits 1993 angelegten Betriebsaufgabegewinns solle aber vermeiden, dass der Steuerpflichtige beim Übergang zur Liebhaberei mangels Liquidität zur Veräußerung des Betriebs gezwungen werde. Dann fehle eine Rechtfertigung dafür, bei einer späteren Veräußerung einen fiktiven Veräußerungsgewinn zu versteuern, der zu keinem entsprechenden Vermögenszuwachs geführt habe. Dies entspreche nicht dem einkommensteuerrechtlichen Grundsatz der Besteuerung tatsächlicher [X.]inkommenszuwächse. Im Hinblick auf die Ausführungen des [X.] zum negativen Kapitalkonto sei klarzustellen, dass hier nicht nur steuerlich vorteilhafte Buchverluste ohne Vermögensabfluss eingetreten seien. Abgesehen von der Gebäudeabschreibung seien diese Verluste in voller Höhe entstanden und hätten auch zu Liquiditätseinbußen geführt.

Wenn nach alledem das Argument von Steuervorteilen durch Aufbau eines negativen [X.] entfalle und keine Realisierung eines Veräußerungsgewinns i.S. der [X.]-Rechtsprechung (u.a. des Beschlusses des Großen Senats des [X.] vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73, [X.][X.] 114, 189, [X.] 1975, 168, sowie des [X.] in [X.][X.] 199, 241, [X.] 2002, 809) vorliege, sei die Steuerbelastung durch einen Luftgewinn unangemessen. Die Steuerlast der Klägerin sei mit grundlegenden Gerechtigkeitsprinzipien unvereinbar. Die [X.]rhebung einer [X.]inkommensteuerschuld mit Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 436.825,04 €, der keinerlei Zuwachs an Leistungskraft zugrunde liege, verstoße gegen das durch den Beschluss des [X.] ([X.]) vom 5. April 1978  1 BvR 117/73 ([X.][X.] 48, 102, [X.] 1978, 441) verankerte Übermaßverbot des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) und gegen das in den Beschlüssen des [X.] vom 22. Februar 1984  1 BvL 10/80 ([X.][X.] 66, 214, [X.] 1984, 357) sowie vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91 ([X.][X.] 87, 153, [X.] 1993, 413) anerkannte Leistungsfähigkeitsprinzip.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das [X.]-Urteil aufzuheben und den [X.]inkommensteuerbescheid 2008 vom 22. Februar 2013 in Gestalt der [X.]inspruchsentscheidung vom 11. April 2014 insoweit zu ändern, als bei der [X.]rmittlung des Gesamtbetrags der [X.]inkünfte für die Klägerin negative [X.]inkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 911.311 € berücksichtigt werden,
hilfsweise die Sache zur anderweitigen Verhandlung und [X.]ntscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Die Wertveränderungen in der Phase der Liebhaberei und damit im privaten Bereich seien ertragsteuerlich unbeachtlich.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen. Die auf den 31. Dezember 1993 bei Übergang vom Gewerbebetrieb zur Liebhaberei festgestellten stillen Reserven sind vorbehaltlich der Veräußerungskosten im Jahre 2008 als Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]StG zu versteuern. Da das [X.] einen geringeren Gewinn der Besteuerung zugrunde gelegt hat, hat das [X.] im [X.]rgebnis zu Recht in Anwendung des Verböserungsverbots aus § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG die Klage abgewiesen.

1. Der Übergang vom Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]StG zur einkommensteuerlich unbeachtlichen Liebhaberei zum Jahreswechsel 1993/1994 löste noch keinen steuerpflichtigen Veräußerungs- oder [X.] aus.

a) Das [X.] ist stillschweigend davon ausgegangen, dass der Hotelbetrieb der GbR bis zum Jahre 1993 ein Gewerbebetrieb war und zum 31. Dezember 1993 einen Wandel zum Liebhabereibetrieb erfuhr, an dem auch der [X.] 1999 nichts mehr änderte. Dabei handelt es sich um eine Sachverhaltswürdigung, die nicht mit Revisionsrügen angegriffen wurde und die den [X.] deshalb nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindet. [X.]s kann deshalb offenbleiben, ob bereits der die stillen Reserven auf den 31. Dezember 1993 feststellende Bescheid vom 12. November 2001, der den Übergang von einem der [X.]inkünfteerzielung dienenden Betrieb zur Liebhaberei voraussetzte, eine entsprechende [X.] hat.

b) Der Übergang zur Liebhaberei stellt aber für sich genommen noch keine Betriebsaufgabe dar und führt deshalb noch nicht zu einem steuerpflichtigen [X.]. Allein der Fortfall der Gewinnerzielungsabsicht in einem bestehenden Betrieb bewirkt keine Betriebsaufgabe, damit keine Überführung des Betriebsvermögens in das Privatvermögen und mangels anderweitigen Realisierungstatbestands auch sonst keine Auflösung und Versteuerung der in den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens ruhenden stillen Reserven (vgl. mit eingehender Begründung das insoweit grundlegende [X.]-Urteil in [X.], 339, [X.] 1982, 381; das [X.]-Urteil vom 5. Mai 2011 IV R 48/08, [X.], 11, [X.] 2011, 792, unter [X.]; beide für den Übergang vom land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zur Liebhaberei; ferner [X.]surteil in [X.], 241, [X.] 2002, 809, unter [X.], für den Übergang vom Gewerbebetrieb zur Liebhaberei). Der Betrieb besteht fort, solange er nicht ausdrücklich aufgegeben oder veräußert wird. Die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bleiben sog. "eingefrorenes Betriebsvermögen" (zur Begrifflichkeit [X.] vom 27. Mai 2005 IV B 97/03, [X.] 2005, 2176, unter 1.d der [X.]ntscheidungsgründe).

2. Folgerichtig hat (erst) die Veräußerung des Hotelbetriebs im Jahre 2008 nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]StG zu einem dem Grunde nach bei der Klägerin als [X.]inkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassenden steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn geführt.

a) Die Klägerin (allein) hat das Hotel veräußert, das zuvor die GbR betrieben hatte. Der [X.] erachtet es deshalb als tatsächlich festgestellt, dass die Klägerin hinsichtlich Hotel und Hotelbetrieb mit dessen Tode Rechtsnachfolgerin des [X.] und alleinige Betriebsinhaberin geworden ist.

b) Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]StG gehören zu den [X.]inkünften aus Gewerbebetrieb u.a. Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs. Der [X.] stellte die Veräußerung eines Gewerbebetriebs in diesem Sinne dar. Dem steht nicht entgegen, dass der Hotelbetrieb bereits seit 15 Jahren keine [X.]inkünfte aus Gewerbebetrieb mehr zeitigte und die [X.]xistenz eines Gewerbebetriebs nach § 15 Abs. 2 Satz 1 [X.]StG die Absicht voraussetzt, Gewinn zu erzielen. [X.]in Liebhabereibetrieb ist daher kein Gewerbebetrieb in diesem Sinne. Die Veräußerung bzw. die Aufgabe eines Liebhabereibetriebs stellt hingegen eine Veräußerung bzw. Aufgabe i.S. des § 16 Abs. 1, Abs. 3 [X.]StG dar. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]StG ist in einem weiteren Sinne dahin zu verstehen, dass die Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs auch die Veräußerung eines zum Liebhabereibetrieb gewandelten vormaligen Gewerbebetriebs umfasst.

Von diesem Grundsatz ist bereits der [X.] in seiner [X.]ntscheidung in [X.], 339, [X.] 1982, 381 ausgegangen. [X.]r nimmt die Auflösung der stillen Reserven erst dann an, wenn die festgeschriebenen stillen Reserven realisiert werden, sei es, dass der Liebhabereibetrieb veräußert, tatsächlich aufgegeben oder die betreffenden Wirtschaftsgüter veräußert oder entnommen werden (unter 3.a der [X.]ntscheidungsgründe). [X.]benso hat er in seinem weiteren Urteil vom 12. November 1992 IV R 41/91 ([X.][X.] 170, 311, [X.] 1993, 430, unter 2.c der [X.]ntscheidungsgründe) noch nicht den Übergang zur Liebhaberei, sondern erst die auf die Aufgabe gerichtete Handlung oder einen entsprechenden Rechtsvorgang als Betriebsaufgabe qualifiziert. [X.]ine Veräußerung oder Aufgabe des Liebhabereibetriebs mit der Folge der Realisierung stiller Reserven --zunächst ungeachtet der im Streitfall sich stellenden besonderen [X.] kann sich aber nur auf einen nach dem [X.]StG der Veräußerung oder Aufgabe überhaupt zugänglichen Betrieb beziehen. Ähnlich hat der [X.] in seinem Urteil in [X.], 241, [X.] 2002, 809 angenommen, dass eine Auflösung der stillen Reserven bei einem späteren gewinnrealisierenden Vorgang stattfindet (unter [X.]). Das setzt [X.] voraus, dass ein Liebhabereibetrieb Gegenstand eines gewinnrealisierenden Vorgangs sein kann. Anders wäre auch die [X.]ntstrickung des eingefrorenen Betriebsvermögens durch Betriebsveräußerung oder -aufgabe nicht möglich.

c) Der [X.] folgt dem [X.] nicht, in der Veräußerungshandlung des Jahres 2008 lediglich die für steuerliche Zwecke seit 1993 hinausgeschobene Betriebseinstellung zu erblicken, so dass quasi eine Betriebsaufgabe vorliege, bei der nur die steuerliche [X.]rfassung des bereits 1993 angelegten [X.]s verschoben wird. Da nach der Rechtsprechung des [X.] der Übergang zur Liebhaberei zunächst noch keine Betriebsaufgabe darstellt oder bewirkt, würde das Konzept des [X.] voraussetzen, dass entweder die Veräußerungshandlung den Übergang zur Liebhaberei rückwirkend zu einer Betriebsaufgabe umqualifiziert oder aber die Veräußerungshandlung ihrerseits eine Betriebsaufgabe, jedoch mit zeitlicher Rückwirkung ist. Für derartige Rückwirkungen bestehen keine Anknüpfungspunkte. Wenn der Wandel zur Liebhaberei zum damaligen Zeitpunkt keine Betriebsaufgabe darstellte, kann er diese Wirkung nicht durch spätere [X.]reignisse erhalten. Stattdessen illustriert § 16 Abs. 3b Satz 3 [X.]StG, dass die Betriebsaufgabe einer Rückanknüpfung nur begrenzt zugänglich ist.

d) Vielmehr führte das Verständnis des [X.] als Aufleben der bereits mit Übergang zur Liebhaberei angelegten Steuerpflicht aus einer damals dem Grunde bereits angelegten Betriebsaufgabe zu zweierlei Widersprüchen.

aa) Zum einen stellte sich die Frage, ob etwaige [X.]ntnahmevorgänge der Zwischenzeit, die der Rechtsprechung gemäß als steuerpflichtige [X.]ntnahmen aus dem Betriebsvermögen behandelt werden, in ihrer steuerlichen Behandlung rückabgewickelt werden müssten, wenn sich herausgestellt hat, dass bereits im Zeitpunkt des Übergangs eine Betriebsaufgabe vorlag, der Betrieb geendet hatte und daher kein Betriebsvermögen mehr vorlag.

bb) Zum anderen und vor allem wäre es bei dieser Herangehensweise nicht einsichtig, warum die Versteuerung der stillen Reserven nicht im Veranlagungszeitraum des Übergangs zur Liebhaberei, ggf. unter Heranziehung von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. [X.] i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz [X.], stattzufinden hätte. Soweit das [X.] den Sinn der Rechtsprechung in erster Linie in der Wohltat sieht, den [X.] erst später versteuern zu müssen, wäre dem auch dann Rechnung getragen, wenn der Steuertatbestand zum späteren Zeitpunkt rückwirkend erfüllt würde, zumal jedenfalls zum heutigen Zeitpunkt auch der [X.] nach § 233a Abs. [X.] an das spätere [X.]reignis knüpft. Die Rechtsprechung (s.o.) ist aber stets davon ausgegangen, dass die Besteuerung nicht, auch nicht nachträglich, im [X.] zur Liebhaberei, sondern im Jahr eines späteren Realisierungstatbestands ansetzt.

Auf derselben Annahme fußt § 8 der [X.] zu § 180 Abs. [X.]. Die darin vorgeschriebene gesonderte und ggf. einheitliche Feststellung des [X.] zwischen dem gemeinen Wert und dem Buchwert eines jeden Wirtschaftsguts des Anlagevermögens lässt zwar für sich allein noch nicht erkennen, in welchem Veranlagungszeitraum diese stillen Reserven zu erfassen sind. Deutlich wird dies aber i.d.F. der gesetzlichen [X.]rmächtigungsgrundlage dieser Verordnung, § 180 Abs. 2 Satz 3 [X.], die die gesonderte und ggf. einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, die sich erst "später" auswirken, zur Sicherung der "späteren" zutreffenden Besteuerung vorsieht.

3. Der Veräußerungsgewinn des Jahres 2008 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt (§ 16 Abs. 2 Satz 1 [X.]StG). Der Wert des Betriebsvermögens ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 [X.]StG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 [X.]StG). Der steuerpflichtige Teil des Veräußerungsgewinns entspricht den auf den 31. Dezember 1993 festgestellten stillen Reserven.

a) Bezieht sich der Veräußerungsgewinn auf einen Betrieb, der im Laufe seiner zeitlichen [X.]xistenz teilweise ein einkommensteuerlich relevanter Betrieb, teilweise hingegen ein einkommensteuerlich irrelevanter Liebhabereibetrieb war, ist der Gewinn nach dem Rechtsgedanken des § 4 Abs. 4 [X.]StG in einen betrieblich veranlassten und einen privat veranlassten Teil aufzuteilen. Diese Aufteilung ist durch die gesonderte Feststellung der stillen Reserven auf den Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei vorbehaltlich der Behandlung der Veräußerungskosten bereits zusammengefasst vorgenommen worden. Der aus der Substanz des Betriebs erzielte Gesamtgewinn setzt sich zusammen aus dessen Wertentwicklung vor und nach diesem Stichtag. Die Feststellung der stillen Reserven auf den Stichtag fixiert den auf die betriebliche Phase entfallenden und damit steuerverhafteten Gewinn. Der verbleibende Gewinn ist der auf die [X.] entfallende Gewinn, der, da einkommensteuerlich irrelevant, keiner konkreten [X.]rmittlung und Feststellung bedarf. Nur auf dieser gedanklichen Grundlage hat die aus § 182 Abs. 1 Satz 1 [X.] folgende Bindungswirkung der Feststellung nach § 8 der [X.] zu § 180 Abs. [X.] ihren Sinn. Nicht maßgebend ist, wie der festgestellte Gewinn zustande gekommen ist, so dass die angestellten Überlegungen zum negativen Kapitalkonto nicht erheblich sind.

Das gilt unabhängig davon, ob die betreffenden Gewinnanteile positiv oder negativ sind. [X.]in Veräußerungsgewinn kann rechnerisch und tatsächlich auch ein Veräußerungsverlust sein (vgl. [X.]-Urteil vom 14. Januar 2010 IV R 13/06, [X.] 2010, 1483, unter [X.]). [X.]s ist daher möglich, dass sich der tatsächliche Veräußerungsgewinn aus einem steuerverhafteten (positiven) Gewinn und einem nicht steuerverhafteten, nämlich privaten Verlust zusammensetzt. [X.]s ist konsequent, ersteren der Besteuerung zu unterwerfen und letzteren unberücksichtigt zu lassen, weil die der privaten Sphäre zuzuordnenden Wertentwicklungen steuerlich nicht relevant sind. Umgekehrt wäre dies im Übrigen ebenso möglich.

b) Der [X.] lässt dahingestellt, ob die Veräußerungskosten, was das [X.] und das [X.] nicht getan haben, ebenfalls auf die beiden betrieblichen Phasen aufzuteilen sind. Da der tatsächlich der Besteuerung unterworfene Gewinn deutlich niedriger ist als er richtigerweise zu besteuern gewesen wäre, kommt es hierauf im Streitfall nicht an.

c) Soweit die Klägerin in diesem [X.]rgebnis einen Widerspruch dazu sieht, dass einerseits der Gewinn bei Übergang zur Liebhaberei mangels Realisierung noch nicht erfasst wird, andererseits bei späterer tatsächlicher Veräußerung oder Aufgabe der vermeintliche Gewinn nicht mehr realisiert werde, folgt der [X.] dem nicht. Der zum Übergangszeitpunkt festgestellte Gewinn wird bei der Veräußerung im Rechtssinne realisiert, auch wenn die Veräußerung selbst nur mehr einen Verlust mit sich bringt.

aa) [X.]s trifft zu, dass sich der [X.] insbesondere in seinem grundlegenden Urteil in [X.], 339, [X.] 1982, 381 (dort unter 2.c, 3.a) nicht zuletzt darauf gestützt hat, dass zwar das [X.]inkommensteuerrecht nicht dem reinen Realisationsprinzip folge, wohl aber im Grundsatz vom Prinzip der Besteuerung verwirklichter Gewinne ausgehe und die Besteuerung nicht realisierter, sondern nur buchmäßig in [X.]rscheinung getretener Gewinne vermeide. Damit ist nicht gemeint, dass Gewinn in Form von Liquidität zufließen müsste, sondern, dass ein Realisationstatbestand vorliegt, der zur Aufdeckung aller stiller Reserven führt. Von diesem Ausgangspunkt ist der [X.] bereits in seinem Urteil in [X.], 241, [X.] 2002, 809 (unter [X.]) für die nach dem Übergang zur Liebhaberei liegende Betriebsaufgabe ausgegangen, als er für die Realisation der festgeschriebenen stillen Reserven alle --mithin nicht nur [X.] Wertänderungen des Betriebsvermögens während der Zugehörigkeit zum Liebhabereibetrieb für steuerlich unbeachtlich hielt. [X.]benso hat der [X.] in seinem Urteil in [X.], 11, [X.] 2011, 792 (unter [X.]) die Rechtsfolge einer [X.]ntnahme in der [X.] in der Realisierung der bis zum Wegfall der Gewinnerzielungsabsicht entstandenen stillen Reserven gesehen und damit inzident spätere [X.] gleich welcher Art für unbeachtlich gehalten.

bb) Die Klägerin hat in Gestalt der Veräußerung einen Realisationstatbestand verwirklicht. Wenn ein im steuerverhafteten Betriebsvermögen entstandener Gewinn durch einen der Privatsphäre zuzuordnenden Verlust aus Sicht des Steuerpflichtigen wirtschaftlich zunichte gemacht wird, so ändert das nichts an der Realisierung eines steuerverhafteten Gewinns. [X.]ine Verrechnung des steuerlich relevanten Gewinns mit einem steuerlich irrelevanten Verlust findet nicht statt. [X.]s verhält sich nicht anders, als wenn in derselben Zeitspanne einem steuerpflichtigen Gewinn ein privater Verlust aus einer anderen Betätigung gegenübersteht, der ebenfalls nicht verrechenbar ist und den steuerpflichtigen Gewinn nicht mindert.

4. Aus diesen Gründen findet weder eine Besteuerung im Übermaß noch eine Besteuerung entgegen der Leistungsfähigkeit statt. Private Belastungen sind in der [X.]inkommensbesteuerung nur zu berücksichtigen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Bei Verlusten jedweder Art aus einem Liebhabereibetrieb fehlt es daran.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

X R 15/15

11.05.2016

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 16. Oktober 2014, Az: 11 K 1509/14 E, Urteil

§ 4 Abs 4 EStG 2002, § 5 EStG 2002, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, § 15 Abs 2 S 1 EStG 2002, § 16 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002, § 16 Abs 2 EStG 2002, § 16 Abs 3 EStG 2002, § 16 Abs 3b S 3 EStG 2002, § 96 Abs 1 S 2 FGO, § 118 Abs 2 FGO, Art 175 Abs 1 GG, § 180 Abs 2 S 3 AO, § 182 Abs 1 S 1 AO, § 8 AO1977§180Abs2V, § 4 Abs 1 EStG 2002, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.05.2016, Az. X R 15/15 (REWIS RS 2016, 11543)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11543

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

X R 61/14 (Bundesfinanzhof)

Behandlung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens bei Strukturwandel zur Liebhaberei und Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung


X R 52/13 (Bundesfinanzhof)

Verpächterwahlrecht bei teilentgeltlicher Veräußerung


X B 186/10 (Bundesfinanzhof)

Hotelbetrieb als Liebhaberei - Gewinnerzielungsabsicht - Feststellung des Wegfalls der Gewinnerzielungsabsicht


X R 2/16 (Bundesfinanzhof)

Ansparabschreibung im Liebhabereibetrieb


IV R 40/08 (Bundesfinanzhof)

(Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 EStG nicht als Veräußerungs- oder Aufgabegewinn steuerbegünstigt)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.