Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.06.2019, Az. XII ZB 73/19

12. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 6048

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Gegenstand

Einzusetzendes Vermögen beim Regress der Staatskasse wegen gezahlter Betreuervergütung


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 10. Januar 2019 aufgehoben.

Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des [X.] vom 3. September 2018 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert: 1.958 €

Gründe

I.

1

Für die Betroffene ist eine Betreuung eingerichtet, die durch die Beteiligte zu 1 berufsmäßig geführt wird. Die Betreuerin erhielt für ihre in der [X.] vom 29. Juli 2015 bis 27. April 2018 entfaltete Tätigkeit eine Vergütung in Höhe von 3.168 € aus der Staatskasse ausgezahlt. Die Betroffene, die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 ff. [X.]) bezieht, verfügt über ein Bankguthaben von 7.288,39 €.

2

Das Amtsgericht hat die ausgezahlte Betreuervergütung unter Berücksichtigung eines Schonbetrags von 5.000 € sowie einer bestehenden Verbindlichkeit von 330 € in Höhe eines [X.] von 1.958,39 € von der Betroffenen zurückgefordert und angeordnet, dass die Betroffene den Betrag an die Landeskasse zu erstatten habe. Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das [X.] den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Landeskasse.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Beschwerde der Betroffenen.

4

1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Staatskasse könne die Betroffene nicht in Regress nehmen, da diese trotz ihres [X.] von 7.288,39 € noch mittellos im Sinne des Betreuungsrechts sei. Für die Rückforderung von [X.] hätten schon nach früherem Recht die erhöhten Schonvermögen für die Hilfe in besonderen Lebenslagen gegolten. Infolge des neu eingeführten § 60 a [X.] gelte seit dem 1. Januar 2017 ein erhöhtes Schonvermögen von 25.000 € für den Bezug von Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Durch diese Regelung habe die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verbessert werden sollen. Sie werde unterlaufen, wenn sie beim Regress der Betreuervergütung nicht ebenfalls anzuwenden sei.

5

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

6

a) Die Beteiligte zu 1 hat als Berufsbetreuerin einen Anspruch auf Vergütung ihrer Amtsführung gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB iVm § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Schuldner des Vergütungsanspruchs ist grundsätzlich der Betreute. Die zu bewilligende Vergütung ist aber nach § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] aus der Staatskasse zu zahlen, wenn der Betreute mittellos ist. Mit der Leistungserbringung durch die Staatskasse gehen die Vergütungsansprüche gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf diese über und können im Wege des [X.] gegen den Betreuten geltend gemacht werden. Der Betreute ist damit grundsätzlich zur Rückzahlung der Betreuervergütung verpflichtet. Ob und inwieweit die Staatskasse ihn dann aus der übergegangenen Forderung in Anspruch nehmen kann, hängt davon ab, ob der Betreute leistungsfähig oder mittellos ist. Ein zur [X.] der Betreuertätigkeit mittelloser Betreuter muss also - vorbehaltlich eingetretener Verjährung - auch etwaige später verfügbare Mittel für die Kosten der Betreuung einsetzen ([X.]sbeschluss vom 9. Januar 2013 - [X.] 478/11 - FamRZ 2013, 440 Rn. 10 ff.).

7

Der Betreute gilt nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 d Nr. 1 BGB als mittellos, wenn er die Vergütung aus seinem einzusetzenden Einkommen oder Vermögen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Die Inanspruchnahme des Betreuten ist dabei auf die gemäß § 1836 c BGB einzusetzenden Mittel begrenzt. Sein Vermögen hat der Betreute gemäß § 1836 c Nr. 2 BGB nach Maßgabe des § 90 [X.] für die Betreuervergütung aufzubringen.

8

b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Beschwerdegericht erkannt, dass der Betroffenen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 [X.] iVm § 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 [X.] ([X.] 2017 I S. 519) ein Schonbetrag in Höhe von derzeit 5.000 € zusteht, so dass sich ihr für die Betreuervergütung einzusetzendes Vermögen - unter Berücksichtigung einer weiteren Verbindlichkeit von 330 € - auf 1.958,39 € beläuft.

9

Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Ansicht des [X.], der Betroffenen sei angesichts der Einführung des § 60 a [X.] ein zusätzlicher Freibetrag von weiteren 25.000 € zuzubilligen. Wie der [X.] nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, hat § 60 a [X.] auf die Ermittlung des für die Betreuervergütung einzusetzenden Vermögens keinen Einfluss ([X.]sbeschluss vom 20. März 2019 - [X.] 290/18 - FamRZ 2019, 1006 Rn. 17 ff. mwN).

3. Der Beschluss des [X.] ist daher aufzuheben und die amtsgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen. Der [X.] kann in der Sache abschließend entscheiden, da keine weiteren Feststellungen mehr zu treffen sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG.

Soweit das Vermögen der Betroffenen den Freibetrag nach § 1836 [X.] § 90 Abs. 2 Nr. 9 [X.] von derzeit 5.000 € übersteigt, hat sie die für den [X.]raum vom 29. Juli 2015 bis 27. April 2018 von der Staatskasse angewiesenen [X.] in Höhe von 1.958,39 € zu erstatten. Gründe dafür, dass der Einsatz des Vermögens der Betroffenen für diese eine besondere Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 [X.] darstellen würde, sind nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich.

Dose     

        

Klinkhammer     

        

[X.]

        

Guhling     

        

Krüger     

        

Meta

XII ZB 73/19

26.06.2019

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Münster, 10. Januar 2019, Az: 5 T 683/18

§ 1836 Abs 1 S 2 BGB, § 1836 Abs 1 S 3 BGB, § 1836d Nr 1 BGB, § 1836e Abs 1 S 1 BGB, § 1908i Abs 1 S 1 BGB, § 60a SGB 12, § 90 Abs 2 Nr 9 SGB 12, § 1 Abs 2 VBVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.06.2019, Az. XII ZB 73/19 (REWIS RS 2019, 6048)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6048

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XII ZB 478/11

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