Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2005, Az. IV ZR 224/03

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 947

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03 Verkündet am:

9. November 2005

[X.]

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja _____________________ BGB § 1127 Abs. 1 Anders als der Erfüllungsanspruch auf die Versicherungsleistung fällt ein an seine Stelle tretender Schadensersatzanspruch gegen den [X.] wegen eines Brandes aus Verschulden bei Vertragsschluss nicht unter die Hypotheken-haftung; er geht daher auch nicht gemäß §§ 90 Abs. 2, 55 Abs. 1, 20 Abs. 2 [X.] auf den Ersteher in der Zwangsversteigerung über. [X.], Urteil vom 9. November 2005 - [X.]/03 - [X.]

[X.] - 2 -

[X.] hat durch [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2005 für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zi-vilsenats des [X.] vom 27. August 2003 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine prozessfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die sich mit der Vermietung eigener und fremder Wohnungen be-fasst; sie wird in diesem Rechtsstreit von einem der beiden Gesellschaf-ter mit Zustimmung des anderen vertreten. Nach einem Brandschaden verlangt die Klägerin Ersatz vom beklagten Versicherer. 1 Da zwischen den Parteien bereits eine größere Anzahl von [X.] und [X.] abgeschlossen [X.] waren, verhandelten sie über einen Rahmenvertrag zur [X.] - 3 -

[X.]. Dabei war für die Klägerin wesentlich, dass vor [X.] von [X.] für neu hinzukommende [X.] eine vorläufige Deckung vorgesehen wurde, wie sie in einem den Verhandlungen zugrunde gelegten Mustervertrag enthalten war. Der am 27. August 1998 unterzeichnete Rahmenvertrag enthielt eine solche Klausel jedoch nicht. Darauf wurden die Vertreter der Klägerin bei Unter-zeichnung des Rahmenvertrages auch nicht hingewiesen.
Am 29. Oktober 1998 ersteigerte der Gesellschafter [X.] der Klägerin einen im Umbau zu einer Wohnanlage befindlichen Gebäudekomplex. Wegen Finanzierungsschwierigkeiten konnte er das [X.] nicht be-richtigen. Deshalb wurde am 1. April 1999 die Wiederversteigerung des [X.] angeordnet. Am 31. Mai 1999 wurde [X.] als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Am 12. August 1999 zerstörte ein Brand das gesamte sechste Obergeschoss des Hauptgebäudes. In der Annahme, das Gebäude sei aufgrund des Rahmenvertrages vom 27. August 1998 bei der [X.] versichert, nahm die Klägerin die Beklagte auf [X.] in Anspruch. Diese verweigerte jegliche Entschädi-gung. Am 2. Mai 2001 wurde das Objekt von der [X.], in der es belegen war, ersteigert und später abgerissen. Mit ihrer Klage macht die Klägerin einen Teilbetrag des entstandenen Brandschadens geltend. 3 Die Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin das Objekt nach [X.] durch den Gesellschafter [X.] in ihre Verwaltung genommen und dass es sich trotz des noch nicht abgeschlossenen Umbaus in einem versicherbaren Zustand befunden habe. Jedenfalls sei die Klägerin nicht aktivlegitimiert, weil eventuelle Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag auf die [X.] übergegangen seien, die es aufgrund der [X.] - 4 -

rung erworben habe. Im Hinblick auf die Abtretung von Ansprüchen der [X.] beruft sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung blieb oh-ne Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter. 5 Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 6 [X.] Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht der Klägerin aus dem Rahmenvertrag mit der [X.] vom 27. August 1998 zwar kein [X.] auf vorläufige Deckung zu. Die Beklagte sei aber wegen [X.] bei Vertragsschluss verpflichtet, die Klägerin so zu stellen, als sei der Rahmenvertrag mit der in den Vertragsverhandlungen in Aussicht genommenen Klausel über die vorläufige Deckung abgeschlossen [X.]. Ob das Objekt, für das die Klägerin [X.] fordert, un-ter die mit dem Rahmenvertrag beabsichtigte vorläufige Deckung gefal-len wäre, hat das Berufungsgericht offen gelassen. 7 Denn die Klage aus eigenem Recht sei unbegründet, weil die Klä-gerin den hier in Betracht kommenden Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte jedenfalls dadurch verloren habe, dass das Objekt durch Weiterversteigerung auf die [X.] übergegangen sei. Damit sei auch die Forderung aus einer für die versteigerte Sache genommenen [X.] - 5 -

rung auf den Ersteher übergegangen (§§ 90 Abs. 2, 55 Abs. 1, 20 Abs. 2 [X.], 1127 Abs. 1 BGB). Dass der Gesellschafter [X.] vor der Ersteigerung durch die [X.] Eigentümer des Objekts war, stehe einer Anwendbarkeit dieser Regeln nicht entgegen, weil [X.] als Versicherter unter den Schutz der von der Klägerin bei der [X.] beabsichtigten Versicherung falle. Dass der Klägerin hier kein Anspruch aus einem Versicherungsvertrag über vorläufige Deckung zustehe, sondern ein Anspruch auf Schadens-ersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss, ändere ebenfalls nichts am Übergang dieses Anspruchs auf die [X.]. Denn dieser [X.] sei auf das Erfüllungsinteresse gerichtet und solle seinem Sinn und Zweck nach den Gläubiger so stellen, wie er bei vertragsge-rechtem Verhalten des Schuldners stehen würde. Dann aber dürfe die Klägerin als Gläubigerin nicht nur nicht schlechter, sondern auch nicht besser gestellt sein, als wenn ein Versicherungsvertrag über vorläufige Deckung zustande gekommen wäre.
Auch soweit die [X.] Ansprüche gegen die Beklagte an die Kläge-rin abgetreten habe, bleibe die Klage ohne Erfolg, weil sich die Beklagte mit Recht auf die Einrede der Verjährung berufe. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 14. Februar 2000 endgültig Leistungen verweigert. [X.] sei Ende des Jahres 2002 Verjährung eingetreten (§ 12 Abs. 1 [X.]). Die Klage sei zwar schon im Dezember 2001 erhoben worden. Die Klägerin habe die Aktivlegitimation, die aufgrund der Weiterversteigerung an die [X.] am 2. Mai 2001 verloren gegangen war, jedoch erst auf-grund der Abtretungsvereinbarung vom 27. Februar 2003 wiedererlangt. 9 - 6 -

I[X.] Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten jedenfalls in einem entscheidenden Punkt rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 10 1. Dass die Klägerin mit dem hier in Betracht kommenden Scha-densersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss das gleiche Ergebnis gegenüber der [X.] erzielen könnte wie mit einen Erfül-lungsanspruch aus einem Versicherungsvertrag über vorläufige [X.], besagt noch nicht, dass dieser Schadensersatzanspruch auch hinsichtlich des in § 1127 Abs. 1 BGB geregelten Umfangs der [X.] einem versicherungsvertraglichen Erfüllungsanspruch gleich-zustellen ist, wie die Revision mit Recht geltend macht. 11 a) Gemäß § 1127 Abs. 1 BGB erstreckt sich die Hypothek auch auf die Forderung gegen den Versicherer, wenn das Grundstück und die mithaftenden Gegenstände versichert sind. In der Literatur wird vertre-ten, hier gehe es um einen gesetzlich geregelten Fall dinglicher Surroga-tion; die Vorschrift sei analog auch auf Schadensersatzansprüche [X.], die ebenso wie die im Gesetz angesprochenen [X.] dem Zweck der Wiederherstellung des der [X.] unterliegenden Gegenstands dienten (vgl. insbesondere Wolf, [X.], 32, 34 f.). Dieser Sicht hat der [X.] bereits in sei-nem Urteil [X.]Z 107, 255, 256 f. eine Absage erteilt. Die Vorschrift des § 1127 BGB ist vielmehr vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Haf-tung der Gegenstände, auf die sich ein Grundpfandrecht erstreckt, im Allgemeinen mit dem Untergang dieser Gegenstände erlischt und sich nicht an einem Ersatzanspruch fortsetzt, auch wenn es sich um einen Ersatzanspruch wegen Beschädigung des haftenden Gegenstands han-delt. Von diesem Grundsatz weicht § 1127 Abs. 1 BGB nicht ab, sondern 12 - 7 -

trifft allein für Versicherungsforderungen eine auf die besonderen Be-dürfnisse des Grundstücksverkehrs zugeschnittene Ausnahmeregelung ([X.] 1934 Nr. 1677). Der Gesetzgeber hat die Erstreckung der [X.] auf die Versicherungsforderung auch bei Erlass des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht aus einem allgemeinen Prinzip der dinglichen Surro-gation hergeleitet, sondern einem schwerwiegenden praktischen Bedürf-nis Rechnung tragen wollen in Kenntnis des Umstands, dass die so ge-schaffene Ausnahmeregelung rechtlich nicht konsequent war ([X.] III, 659 f.). Soweit der Umfang der [X.] gemäß §§ 90 Abs. 2, 55 Abs. 1, 20 Abs. 2 [X.], 1127 Abs. 1 BGB für den Umfang des [X.]s durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung maßgebend ist, be-steht für eine Ausdehnung des § 1127 Abs. 1 BGB auch auf Schadens-ersatzansprüche kein praktisches Bedürfnis, wenn der Schaden - wie im vorliegenden Fall - bereits vor der Versteigerung entstanden ist und der Ersteher den geringeren Wert der Sache bei der Abgabe seines Gebots berücksichtigen konnte. Diese in [X.]Z 107, 255, 256 f. vertretene [X.] hat Zustimmung gefunden ([X.]/[X.], 4. Aufl. § 1127 Rdn. 2; [X.]/[X.], BGB [2002] § 1127 Rdn. 2; Stö-ber, Zwangsversteigerungsgesetz, 17. Aufl. § 20 [X.]. 3.7). Dem schließt sich auch der Senat an.
b) Im vorliegenden Fall geht es allerdings nicht wie in der Ent-scheidung [X.]Z 107, 255 ff. um einen Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung eines der [X.] unterliegenden Gegenstan-des, sondern wegen treuwidriger Vereitelung der bei den [X.] zugesagten, im abgeschlossenen Vertrag vom 27. August 1998 aber nicht mehr enthaltenen vorläufigen Deckung. Dieser Scha-densersatzanspruch steht dem in § 1127 Abs. 1 BGB geregelten [X.] - 8 -

ckungsanspruch auch im Hinblick auf das hier realisierbare [X.] näher als ein Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung ei-nes haftenden Gegenstands. Darauf kommt es indessen nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck des § 1127 Abs. 1 BGB nicht an: Die Erweiterung der [X.] über die ihr zugrunde lie-genden Gegenstände hinaus beschränkt sich vielmehr allein auf den [X.]sanspruch aus dem Versicherungsvertrag. Ein Schadensersatzan-spruch, der wie hier darauf gerichtet ist, den Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er bei redlichem Verhalten des Versicherers stünde, kann zu demselben Ergebnis wie der Erfüllungsanspruch aus dem Versiche-rungsvertrag führen; notwendig ist ein solches Ergebnis - etwa bei [X.] (§ 254 BGB) - keineswegs. Wenn man mit dem Berufungsgericht einen solchen Schadensersatzan-spruch, soweit er das Erfüllungsinteresse ebenso wie der vertragliche Anspruch auf die Versicherungsleistung befriedigt, unter § 1127 Abs. 1 BGB fallen lassen wollte, wäre nicht mehr einzusehen, warum dies nicht auch für Ersatzansprüche wegen Beschädigung der haftenden Sache gelten sollte. Deshalb kann auch für den hier in Betracht kommenden Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nichts anderes gelten: Auf einen solchen Anspruch erstreckt sich die [X.] und damit der Erwerb durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung nicht.
c) Dem steht nicht entgegen, dass der Senat den Anspruch auf ei-ne Versicherungsleistung aufgrund einer Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss in anderer Hinsicht einem vertraglichen Anspruch auf die Versicherungsleistung gleichgestellt hat, etwa wenn es um die Verjährungsfrist geht (Urteil vom 21. Januar 2004 - [X.]/03 - [X.], 361 unter [X.]). Den Gesichtspunkten, die für die Auslegung der 14 - 9 -

Vorschriften über die Verjährung maßgebend sind, kommt keine Bedeu-tung für die Auslegung von § 1127 Abs. 1 BGB zu.
d) Danach kommt es hier auf die Frage nicht mehr an, ob die in § 1127 Abs. 1 BGB vorgesehene Erstreckung der [X.] auf eine Versicherungsforderung auch dann Platz greift, wenn der Eigentü-mer des der [X.] unterliegenden Gegenstands nicht selbst Versicherungsnehmer, sondern wie hier lediglich Versicherter ist. 15 2. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht vielmehr ungeachtet des Grundstückserwerbs der [X.] durch den Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren am 2. Mai 2001 nach wie vor der Kläge-rin zu. Dies gilt auch im Hinblick auf § 73 [X.]; was durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erworben wird, hängt allein von § 1127 Abs. 1 BGB ab. Da die Klägerin den Anspruch vor Ablauf der Verjährungsfrist 16 - 10 -

gerichtlich geltend gemacht und nicht wieder verloren hat, kommt es auf die Abtretung der [X.] nicht an. Damit greift auch die von der [X.] erhobene Einrede der Verjährung nicht durch.
[X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 3 O 56/02 - [X.], Entscheidung vom 27.08.2003 - 20 U 12/03 -

Meta

IV ZR 224/03

09.11.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2005, Az. IV ZR 224/03 (REWIS RS 2005, 947)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 947

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