Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.04.2010, Az. 28 W (pat) 501/09

28. Senat | REWIS RS 2010, 7827

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "facettenreich (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 058 762. 8

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 7. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Schell

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Angemeldet zur Eintragung in das [X.]register ist die Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 14

3

„Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte und damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; [X.], Schmuckwaren und Edelsteine; Uhren“.

4

Die [X.]stelle für Klasse 14 des [X.] und [X.]amts hat die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Angabe „facettenreich“ stelle einen beschreibenden Hinweis auf bestimmte Produkteigenschaften dar. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren werde dieser Begriff von den angesprochenen Verkehrskreisen sofort und ohne weiteres Nachdenken ausschließlich als bloßer Sachhinweis auf die äußere Gestaltung der Waren, nicht aber als Herkunftshinweis verstanden. Der Marke fehle somit die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. [X.] durchaus verschiedene [X.] des fraglichen Begriffs in Betracht kämen, schließe die Annahme fehlender Unterscheidungskraft nicht aus. Auch die ansatzweise erkennbare, graphische Gestaltung könne die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke nicht begründen. Derartige Darstellungen bewegten sich vollkommen im Rahmen der üblichen, werbegraphischen [X.] und Blickfangmittel und seien keineswegs hinreichend eigenwillig, um für sich genommen oder in Verbindung mit dem vorhandenen Wortbestandteil eine schutzbegründende Wirkung zu entfalten. Bei dieser Sachlage bedürfe es keiner Feststellungen dazu, ob die Anmeldung auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zurückzuweisen sei.

5

Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, der angemeldeten Wort-/Bildmarke könnten keine absoluten Schutzhindernisse entgegengehalten werden. Dies ergebe sich im Hinblick auf die notwendige Unterscheidungskraft bereits daraus, dass insoweit ein großzügiger Maßstab angelegt werden müsse. Bei dem [X.]wort „facettenreich“ handle es sich um einen mehrdeutigen Begriff, der interpretations- und merkfähig sei. Der Begriff weise im Hinblick auf die beanspruchten Waren auch keine lediglich beschreibende Bedeutung auf, zumal er nicht nur als Adjektiv sondern ebenso als Substantiv verstanden werden könne. Gerade als Substantiv komme dem [X.]wort als Hinweis auf die Herkunft der fraglichen Produkte aus einem „[X.]“ ein phantasievoller und geradezu phantastischer Anklang zu. Außerdem müssten im Rahmen der Schutzfähigkeitsprüfung die grafischen Elemente schutzbegründend berücksichtigt werden. Nicht zuletzt der unterhalb des Wortes „facettenreich“ angeordnete, asymmetrisch unterbrochene Strich, stelle ein unübliches und prägnantes Gestaltungselement dar, das der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft vermittle.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

7

Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die [X.]stelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

8

Das zentrale Anliegen des [X.]rechts ist es, einen freien [X.] und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten, wie dies im 1. Erwägungsgrund der [X.] ([X.]) hervorgehoben wird. In ihrer Konzeption geht die [X.] dabei davon aus, dass [X.] im [X.] Wirtschaftssystem einerseits eine wichtige ökonomische Rolle zukommt, gleichzeitig aber aufgrund ihrer Monopolwirkungen auch die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen besteht. Aus diesem Grund sind die absoluten Schutzhindernisse darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, insbesondere die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums, und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von [X.]schutz miteinander in Einklang zu bringen. Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, müssen die absoluten Schutzhindernisse in der markenrechtlichen Prüfung stets unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden, um so das angestrebte Maß an Chancengleichheit für die Mitbewerber zu gewährleisten und negative Auswirkungen von [X.] auf den freien Wettbewerb zu vermeiden ([X.] [X.], 943 Rdn. 26 – SAT.2).

9

Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen (vgl. [X.] [X.]R 2006, 19, 22, Rdn. 45 – Standbeutel; [X.] GRUR Int. 2005, 135, Rdn. 19 – [X.]; [X.], 850, 854 – [X.]). Diese Herkunftsfunktion von [X.] ist nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. [X.] GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – [X.]; [X.] GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 27 – BioID; [X.] 2008, 710, Rdn. 12 – [X.]; BGH [X.]R 2006, 395, 397, Rdn. 18 – [X.], [X.]). Die Vergabe kennzeichenrechtlicher Monopole kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 – [X.]; [X.] GRUR 2001, 1148, 1149 – [X.]; [X.] 2008, 710, Rdn. 12 – [X.]; BGH [X.]R 2006, 395, 397, Rdn. 18 – [X.], [X.]). Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 – [X.]; [X.] [X.], 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; [X.] GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 – Libertel).

Für die Beurteilung der Frage, ob eine Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, ist immer auf ihren Gesamteindruck abzustellen. Um diesen Gesamteindruck genau bestimmen zu können, ist es bei Kombinationsmarken, wie dem vorliegenden [X.], zweckmäßig und zulässig, zunächst ihre einzelnen Bestandteile zu bewerten. Auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen ist dann in einem weiteren Prüfungsschritt die Marke in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. [X.], [X.]R 2007, 204, 209, Rdn. 79 – [X.]; [X.] GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 - BioID; [X.] [X.], 943, 944, Rdn. 28 – SAT.2).

Bei dem Wortbestandteil „facettenreich“ handelt es sich um ein gebräuchliches Adjektiv, das in seinem umgangssprachlichen Bedeutungsgehalt „variantenreich, vielfältig, vielseitig“ im Hinblick auf die beanspruchten Waren eine unzweideutige, produktbeschreibende [X.] besitzt. Die Verwendung dieser lexikalisch belegbaren Sachangabe (vgl. hierzu etwa [X.] - [X.] Universalwörterbuch, 6. Aufl. [X.] 2006 [CD-ROM]) ist gerade auch auf dem hier einschlägigen Produktsektor weit verbreitet. Hinweise auf facettenreiche Schmuckwaren oder auf facettenreiche Kreationen aus verschiedenen Edelmetallen und Edelsteinen zählen etwa bei Uhren ebenso wie bei Schmuck- und [X.] quasi zum Standardvokabular jedes Anbieters oder Designers. Entsprechende Hinweise sollen den jeweiligen Produkten eine fantasievolle, anziehende Wirkung vermitteln, eine möglichst große Bandbreite unterschiedlicher Stimmungen und Vorlieben ansprechen und die fraglichen Waren damit für die Kunden besonders attraktiv machen. Entsprechend konzeptorientierte und beworbene Produktportfolios bzw. Kollektionen sind weit verbreitet und begegnen den Verbrauchern in sämtlichen Preisklassen. Der Begriff „facettenreich“ entspricht also in jeder Hinsicht den auf dem hier maßgeblichen Produktsektor üblichen Beschreibungsgewohnheiten und ist den angesprochenen [X.] seit langem als typische Sach- und Werbeangabe bekannt. Soweit die Anmelderin eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit des Wortes „facettenreich“ geltend macht, mag diese abstrakt betrachtet durchaus gegeben sein – nicht jedoch im Zusammenhang mit den hier konkret beanspruchten Waren. Im Übrigen wird auf die höchstrichterliche Rechtsprechung verwiesen (vgl. etwa [X.], [X.], 146, Rdn. 32 – [X.]), nach der ein Wortzeichen bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es – wie hier – zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein wesentliches Merkmal der fraglichen Waren oder Dienstleistungen bezeichnet.

Entgegen der Wertung der Anmelderin vermittelt auch die gewählte grafische Ausgestaltung dem Zeichen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Es ist zwar grundsätzlich möglich, dass die grafische Gestaltung nicht unterscheidungskräftiger [X.] deren schutzunfähigen Charakter sozusagen „aufheben“ und dadurch einen schutzfähigen Gesamteindruck der Marke bewirken kann (vgl. [X.] 2001, 1153 – anti [X.]). Angesichts des unmittelbar beschreibenden [X.] des [X.] bedürfte es im vorliegenden Fall allerdings einer prägnanten grafischen Gestaltung, um eine solche kennzeichnungskräftige Verfremdung des beschreibenden Aussagegehalts zu erzielen. Die gewählte Bildgestaltung ist jedoch als werbeübliche, geradezu unauffällige Gebrauchsgrafik zu werten, wie sie den Verbrauchern seit langem vertraut ist. Eine kennzeichnungskräftige Verfremdung des [X.]wortes wird durch diese Ausgestaltung jedenfalls nicht erreicht. Der gewählte Schrifttyp und die unterbrochene, allenfalls bei eingehender Betrachtungsweise asymmetrisch wirkende Unterstreichung entsprechen sowohl für sich genommen als auch in ihrer Kombination dem gängigen, allgemein bekannten Werbestandard. Allein der Umstand, dass die Gestaltung als optisch ansprechend angesehen werden könnte, ist im Fall des im Vordergrund stehenden, beschreibenden Aussagegehalts des [X.] nicht ausreichend, um der Marke die notwendige Unterscheidungskraft zu vermitteln (vgl. hierzu auch [X.] 2001, 1153 – anti[X.]; [X.] PROMA 29W(pat)035/99 – Bildmarke FRANKEN).

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Meta

28 W (pat) 501/09

07.04.2010

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.04.2010, Az. 28 W (pat) 501/09 (REWIS RS 2010, 7827)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7827

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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