Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.03.2018, Az. IV R 16/15

4. Senat | REWIS RS 2018, 13052

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Gegenstand

(Zuordnung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a EStG bei unentgeltlicher Übertragung eines Teils eines Kommanditanteils)


Leitsatz

Überträgt ein Kommanditist unentgeltlich einen Teil seiner Beteiligung an der KG, geht der verrechenbare Verlust anteilig auf den Übernehmer über, wenn diesem auch das durch die Beteiligung vermittelte Gewinnbezugsrecht übertragen wird .

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. Januar 2015  16 K 3127/12 F wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Tatbestand

A.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) sowie ihr Ehemann, der Beigeladene zu 1., sind Kommanditisten der ebenfalls beigeladenen [X.] ([X.]). Vor dem Streitzeitraum (2007 bis 2010) waren sie mit Einlagen in Höhe von 38.346,89 € (Klägerin) und 58.231,85 € (Beigeladener zu 1.) an der [X.] beteiligt.

2

§ 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung sah vor, dass die [X.] für jeden Gesellschafter neben dem festen Kapitalkonto ein sog. Privatkonto führt. Über dieses Konto sollte der [X.] zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern stattfinden. Gewinn und Verlust sollten anhand der festen Kapitalkonten verteilt und sodann den [X.] oder belastet werden. Einlagen zum Ausgleich negativer Beträge auf den Privatkonten waren jederzeit zulässig. Entnahmen von Guthaben auf dem Privatkonto eines Kommanditisten waren untersagt, wenn dadurch ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Im Übrigen durften Entnahmen aufgrund eines mit einfacher Mehrheit zu fassenden Gesellschafterbeschlusses vorgenommen werden (§ 11 Abs. 3 und § 12 des Gesellschaftsvertrags).

3

In den Bilanzen der [X.] war das Eigenkapital aufgeschlüsselt in [X.], variables Kapital, Entnahmen, Einlagen und Gewinn/Verlust. Die Kapitalkontenentwicklung unterschied zwischen dem [X.]/Kapitalkonto I einerseits und den variablen Kapitalkonten/Kapitalkonto II andererseits. Das Kapitalkonto II errechnete sich aus den Positionen [X.], Privatkonto und Gewinn bzw. Verlust; das Privatkonto umfasste die Einlagen und Entnahmen.

4

Mit "Schenkungsvertrag" vom 15. Dezember 2006 übertrug der Beigeladene zu 1. einen Teilkommanditanteil in Höhe von 52.437,13 € auf die Klägerin. Die Übertragung erfolgte zum 1. Januar 2007. Fortan verfügten der Beigeladene zu 1. und die Klägerin --nach einer geringfügigen [X.] über Beteiligungen in Höhe von 5.800 € und 90.800 €. Der Vertrag enthielt u.a. die folgenden Bestimmungen:

5

"§ 2 Schenkung

(1) [...] Alle Ansprüche aus dem für den [X.] geführten Privatkonto bleiben unberührt. Insbesondere das gemäß § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages [...] für den [X.] geführte Privatkonto verbleibt dem [X.] und wird von diesem/für diesen unverändert fortgeführt.

(2) In Vollzug der vorstehenden Schenkungsabrede tritt der [X.] hiermit die Kommanditeinlage in Höhe von Euro 52.437,13 sowie [den Anteil] an den sonstigen für ihn geführten Konten mit Ausnahme des Privatkontos (§ 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages) an die dies annehmende Beschenkte ab."

6

Vor diesem Hintergrund vollzog die [X.] die Teilanteilsübertragung in den Jahresabschlüssen ab 2007 auf den festen Kapitalkonten der Gesellschafter nach, während die Verteilung des Kapitals im Übrigen unverändert blieb.

7

Zum 31. Dezember 2006 betrug der verrechenbare Verlust des Beigeladenen zu 1. 178.004,39 €.

8

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) ordnete diesen Verlust im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf den 31. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2010 jeweils vollständig dem Beigeladenen zu 1. zu.

9

Dagegen wandte sich die [X.] mit Einsprüchen und machte geltend, dass der für den Beigeladenen zu 1. festgestellte verrechenbare Verlust mit der Teilanteilsübertragung anteilig auf die Klägerin übergegangen sei.

Die Einsprüche hatten insoweit keinen Erfolg. Das [X.] vertrat die Auffassung, ein anteiliger Übergang des verrechenbaren Verlustes habe nicht stattgefunden, da die Ursache für den verrechenbaren Verlust in Gestalt des negativen [X.] nicht mitübertragen worden sei. Aufgrund seiner zivilrechtlichen Ausgestaltung stelle das zurückbehaltene Kapitalkonto II ein [X.]S. des § 15a EStG dar. Es liege daher keine vollständige Übertragung des anteiligen [X.]s vor. Ein Übergang des verrechenbaren Verlustes liefe zudem dem Leistungsfähigkeitsprinzip zuwider.

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage --nach notwendiger Beiladung des Ehemanns der [X.] mit Urteil vom 22. Januar 2015  16 K 3127/12 F, gemäß § 107 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) berichtigt durch Beschluss vom 25. Februar 2015, statt. Der für den Beigeladenen zu 1. festgestellte verrechenbare Verlust sei anteilig, d.h. in Höhe von 160.290,97 €, auf die Klägerin übergegangen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

Das [X.] beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin sowie die Beigeladenen zu 1. und 2. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Sie schließen sich den Ausführungen der Vorinstanz an.

Der Senat hat mit Beschluss vom 27. November 2017 IV R 16/15 die [X.] nach § 60 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 123 Abs. 1 Satz 2 [X.]O notwendig beigeladen.

Entscheidungsgründe

B.

Die Revision des [X.] ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 [X.]O zurückzuweisen. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass der für den Beigeladenen zu 1. festgestellte verrechenbare Verlust im Zuge der Teilanteilsübertragung anteilig, d.h. in Höhe von 160.290,97 €, auf die Klägerin übergegangen ist.

I.

Soweit ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, darf ein Kommanditist den ihm zuzurechnenden Anteil am Verlust der [X.] einkommensteuerlich erst gewinnmindernd geltend machen, wenn er wirtschaftlich durch den Verlust aus seiner Beteiligung belastet ist (I.1.). Dies rechtfertigt es bei einer unentgeltlichen [X.], dass ein verrechenbarer Verlust i.S. des § 15a EStG auf den Übernehmer der Beteiligung an einer [X.] übergeht, der durch diesen Verlust künftig wirtschaftlich belastet wird (I.2.). Eine solche wirtschaftliche Belastung ist bei einem Übernehmer zu bejahen, dem das durch die Kommanditbeteiligung vermittelte Gewinnbezugsrecht übertragen worden ist (I.3.).

1. Die Regelung des § 15a Abs. 2 EStG in der im Streitjahr 2007 gültigen Fassung (EStG a.[X.]) bzw. § 15a Abs. 2 Satz 1 EStG in der in den Streitjahren 2008 bis 2010 gültigen Fassung (EStG n.[X.]) knüpft an die nach Maßgabe des Handelsrechts ausgelöste wirtschaftliche Belastung durch die Beteiligung am Verlust einer [X.] an.

a) Gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der [X.] weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Der nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust, vermindert um die nach § 15a Abs. 2 EStG abzuziehenden und vermehrt um die nach § 15a Abs. 3 EStG hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust), ist jährlich gesondert festzustellen (§ 15a Abs. 4 Satz 1 EStG). Er mindert nach § 15a Abs. 2 EStG a.[X.] bzw. § 15a Abs. 2 Satz 1 EStG n.[X.] die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der [X.] zuzurechnen sind.

b) Sinn und Zweck des § 15a EStG ist es, dem Kommanditisten einen steuerlichen Verlustausgleich und -abzug nur insoweit zu gewähren, als er wirtschaftlich durch den Verlust belastet wird (z.B. Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 6. März 2007 IV B 147/05, [X.] 2007, 1130; [X.]-Urteil vom 20. November 2014 IV R 47/11, [X.], 144, [X.], 532, Rz 33).

aa) Nach § 167 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB) nimmt der Kommanditist am Verlust nur bis zum Betrag seines [X.] und seiner noch rückständigen Einlage teil. Verluste, die ihm nach Aufzehrung seines [X.] zugewiesen werden, mithin ein negatives Kapitalkonto entstehen oder anwachsen lassen, belasten ihn im Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung wirtschaftlich nicht. Die Verlustzurechnung bringt lediglich zum Ausdruck, dass er die Auszahlung künftiger Gewinnanteile --wie von § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB [X.] nicht fordern kann, solange sein Kapitalanteil unter die bedungene Einlage gemindert ist. Er muss die Gewinne zur Deckung des negativen [X.] verwenden (sog. "Verlusthaftung mit künftigen Gewinnanteilen", Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 10. November 1980 GrS 1/79, [X.]E 132, 244, [X.] 1981, 164, unter [X.]; [X.]-Urteil vom 26. Januar 1995 IV R 32/93, [X.] 1995, 872, unter 1.). Von Verlusten, die zu einem negativen Kapitalkonto führen, ist ein Kommanditist demnach erst dann wirtschaftlich betroffen, wenn dem Konto künftige Gewinnanteile gutgeschrieben werden ([X.]-Urteil vom 9. Mai 1996 IV R 75/93, [X.]E 180, 387, [X.] 1996, 474, unter 2.; vgl. auch die amtliche Begründung zu § 15a EStG, BTDrucks 8/3648, S. 16).

bb) § 15a EStG folgt diesen handelsrechtlichen Vorgaben. Die Bestimmung erkennt zwar das negative Kapitalkonto des Kommanditisten an, verleiht ihm aber lediglich die Wirkung eines Verlustvortrags (Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.]E 132, 244, [X.] 1981, 164, unter [X.]; [X.]-Beschluss vom 19. Mai 1987 VIII B 104/85, [X.]E 150, 514, [X.] 1988, 5, unter 4.b; [X.]-Urteil vom 3. September 2009 IV R 17/07, [X.]E 227, 293, [X.] 2010, 631, unter [X.]). [X.], die zur Entstehung eines negativen [X.] führen oder ein solches erhöhen, werden nicht zum sofortigen Ausgleich mit positiven anderen Einkünften des Kommanditisten oder zum Abzug nach § 10d EStG, sondern nur zur Verrechnung mit künftigen Gewinnen aus dessen Beteiligung zugelassen. Insoweit knüpft die Regelung des § 15a Abs. 2 (Satz 1) EStG an die nach Maßgabe des Handelsrechts ausgelöste wirtschaftliche Belastung durch die Beteiligung am Verlust einer [X.] an.

2. Bei einer unentgeltlichen [X.] geht ein verrechenbarer Verlust i.S. des § 15a EStG auf den Übernehmer der Beteiligung an einer [X.] über, wenn jener durch diesen Verlust künftig wirtschaftlich belastet wird.

a) Eine unentgeltliche Übertragung eines [X.]s liegt vor, wenn der Übernehmer keine Gegenleistung erbringt und zwischen ihm und dem Übertragenden Einigkeit besteht, dass der Anteil schenkweise i.S. des § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) übergehen soll (vgl. u.a. [X.]-Urteile vom 21. April 1994 IV R 70/92, [X.]E 174, 413, [X.] 1994, 745, unter 2., und vom 10. März 1998 VIII R 76/96, [X.]E 186, 50, [X.] 1999, 269, unter [X.]). Dafür spricht bei Vermögensübertragungen zwischen Angehörigen eine widerlegbare Vermutung (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Urteil in [X.]E 186, 50, [X.] 1999, 269, unter [X.], m.w.[X.]).

Die Übernahme eines negativen [X.] steht der Annahme der Unentgeltlichkeit nicht entgegen (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Urteil in [X.]E 186, 50, [X.] 1999, 269, unter [X.], m.w.[X.]). An einem Entgelt des Übernehmers fehlt es jedenfalls dann, wenn die anteiligen stillen Reserven einschließlich eines Geschäftswerts das übernommene negative Kapitalkonto übersteigen (so auch [X.]/Wacker, EStG, 37. Aufl. § 15a Rz 230, 234, § 16 Rz 69, 434; [X.]/ [X.], § 15a EStG Rz 115; [X.] in [X.]/[X.]/ [X.] --[X.]--, § 15a EStG Rz 143).

b) Nach dem Wortlaut des § 15a Abs. 2 EStG a.[X.] bzw. des § 15a Abs. 2 Satz 1 EStG n.[X.] mindert der verrechenbare Verlust die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind. Dies bedeutet, dass die Verlustverrechnung allein mit Gewinnen aus der nämlichen Beteiligung gestattet ist, bei der auch die Verluste angefallen sind; Gewinne und Verluste müssen aus derselben Einkunftsquelle stammen ([X.]-Urteil in [X.], 144, [X.], 532, Rz 34; vgl. auch [X.]-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 38/02, [X.]E 203, 477, [X.] 2004, 115, unter [X.] aa und [X.] bb). Anders als etwa der Verlustabzug nach § 10d EStG (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, [X.]E 220, 129, [X.] 2008, 608, unter [X.].) folgt die Regelung des § 15a Abs. 2 (Satz 1) EStG damit einer streng beteiligungsbezogenen Betrachtungsweise.

c) Wenn der verrechenbare Verlust nach dem Wortlaut des § 15a Abs. 2 (Satz 1) EStG nur beteiligungsbezogen abgezogen werden darf, muss ein nach einer unentgeltlichen Übertragung verbleibender verrechenbarer Verlust demjenigen zugeordnet werden, der später aus der nämlichen Beteiligung Gewinne erzielt. Dementsprechend ist schon die bisherige Rechtsprechung des [X.] davon ausgegangen, dass mit dem unentgeltlich übertragenen Mitunternehmeranteil auch der verrechenbare Verlust auf den Übernehmer übergeht, der später als Mitunternehmer aus dem Betrieb Gewinne erzielen kann ([X.]-Urteil vom 11. Mai 1995 IV R 44/93, [X.]E 177, 466, unter I.5.; bestätigt durch [X.]-Urteile in [X.]E 186, 50, [X.] 1999, 269, unter [X.], und in [X.]E 203, 477, [X.] 2004, 115, unter II.2.; [X.]-Beschluss vom 18. Januar 2007 IV B 133/06, [X.] 2007, 888, unter [X.]; ebenso die ganz herrschende Meinung in der Literatur: z.B. [X.], [X.] --HFR-- 2008, 437; [X.]/Wacker, a.a.[X.], § 15a Rz 234; [X.]/[X.], § 15a EStG Rz 114; [X.]/[X.], § 15a EStG Rz 143; v. [X.], in: [X.][X.], EStG, § 15a Rz B 354; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Kommentar, § 15a Rz 51a).

Bei der entgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils kann der Veräußerer hingegen "seinen" verrechenbaren Verlust mit dem Gewinn aus der Veräußerung seiner Beteiligung verrechnen, der u.a. daraus entsteht, dass die Belastung des Kommanditisten, das Kapitalkonto mit zukünftigen Gewinnen auszugleichen, mit der Veräußerung entfällt und auf den [X.] übergeht (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 227, 293, [X.] 2010, 631, unter [X.]). Damit wird der festgestellte verrechenbare Verlust regelmäßig verbraucht. Der entgeltliche Erwerber bedarf eines verrechenbaren Verlustes des Veräußerers i.S. des § 15a EStG auch einkommensteuerlich nicht. Soweit ein neuer Kommanditist unter Übernahme des negativen [X.] des ausscheidenden Gesellschafters in eine [X.] eintritt, hat er in Zukunft auf ihn entfallende Gewinnanteile handelsrechtlich zum Ausgleich des negativen [X.] zu verwenden (vgl. § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB). Kommt es zu solchen Gewinnen, dürfen diese beim Erwerber nicht versteuert werden, weil sie bereits der Veräußerer in seinem Veräußerungsgewinn versteuert hat ([X.]-Urteil vom 19. Februar 1998 IV R 59/96, [X.]E 185, 402, [X.] 1999, 266, unter II.3.). Um dies zu erreichen, wird in einer (positiven) Ergänzungsbilanz des Erwerbers ein aktiver [X.] geführt, der erfolgswirksam aufzulösen ist, soweit die [X.] Gewinne erzielt, die auf den Erwerber entfallen und zum Ausgleich des negativen [X.] zu verwenden sind (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 185, 402, [X.] 1999, 266, unter II.3.; vgl. dazu auch [X.], Bilanzierung und Besteuerung der Personengesellschaft und ihrer Gesellschafter, 2. Aufl., Rz 17.121 ff.).

d) Das Ergebnis der Wortlautauslegung steht im Einklang mit dem genannten Zweck des § 15a EStG, die Verlustverrechnung erst dann zu gewähren, wenn der Kommanditist einen Verlust aus seiner Beteiligung wirtschaftlich trägt. Wird ein [X.] übertragen und hat der Erwerber einen Anspruch auf künftige anteilige Beteiligung am Gewinn, geht die Verpflichtung, in Zukunft auf die betreffende Beteiligung entfallende Gewinnanteile zum Ausgleich des negativen [X.] zu verwenden, als Eigenschaft der Beteiligung auf den Übernehmer über ([X.]-Urteile in [X.]E 174, 413, [X.] 1994, 745, unter 5.a; in [X.] 1995, 872, unter 1.; in [X.]E 227, 293, [X.] 2010, 631, unter [X.], und vom 9. Juli 2015 IV R 19/12, [X.]E 249, 555, [X.], 954, Rz 24). Denn die handelsrechtliche Entnahmebeschränkung trifft stets denjenigen, der Anspruch auf Zuteilung des Gewinns hat; sie ist mit dem Recht auf Teilhabe am Gewinn untrennbar verbunden. Die "Verlusthaftung mit künftigen Gewinnanteilen" kann daher nicht beim Übertragenden verbleiben, während das Gewinnbezugsrecht auf den Übernehmer übergeht (vgl. [X.]/[X.], 7. Aufl., § 717 Rz 30). Folglich ist es der Übernehmer, der den Verlust zu tragen hat, wenn jener mit seinen künftigen Gewinnanteilen verrechnet wird.

e) Die Zuordnung des verrechenbaren Verlustes zum (unentgeltlichen) Übernehmer bedeutet nicht, dass "echte" negative Einkünfte einer Person auf eine andere verlagert werden. Die das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsätze der Individualbesteuerung und der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit werden nicht durchbrochen.

Der zur Entstehung oder Erhöhung eines negativen [X.] führende Verlust eines Kommanditisten hat dessen finanzielle Leistungsfähigkeit bislang nicht gemindert. Die Minderung tritt erst beim Übernehmer ein, wenn diesem Gewinne zugerechnet werden. Nur der Übernehmer erleidet dann eine Vermögenseinbuße; erst bei ihm wandeln sich die bis dahin lediglich verrechenbaren Verluste in "echte", abzugsfähige negative Einkünfte ([X.], [X.], 437). Die Möglichkeit der Verlustverrechnung ist demnach zwar unlösbar mit dem [X.], nicht aber mit der Person des Kommanditisten verbunden.

3. Die Zuordnung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a EStG beim Übernehmer des [X.]s hängt allein davon ab, ob das (zukünftige) Gewinnbezugsrecht (Anspruch auf künftige anteilige Zuteilung des Gewinns) auf ihn übergegangen ist.

a) Zwar ist der [X.] die Zusammenfassung aller mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten des Kommanditisten (z.B. [X.] in Röhricht/[X.] von Westphalen/[X.], HGB, 4. Aufl., § 120 Rz 13). Während jedoch mitgliedschaftliche Vermögensrechte, die dem Abspaltungsverbot nach den §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB und § 717 Satz 1 BGB unterliegen, nicht von der Mitgliedschaft gelöst und damit selbständig übertragen werden können, sind nach § 717 Satz 2 BGB sämtliche Vermögensrechte, wozu auch der Anspruch auf einen Anteil am Gewinn der [X.] zählt, selbständig übertragbar (vgl. auch [X.], Urteil vom 31. Oktober 2012  14 U 19/12; Lieder in [X.], Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., § 109 Rz 20). Deshalb ist im Einzelfall zu prüfen, ob (auch) das Gewinnbezugsrecht auf den Übernehmer übergegangen ist.

b) Ob der Übernehmer das Gewinnbezugsrecht erhalten hat, bestimmt sich grundsätzlich nach seinem Kapitalanteil. Dieser ist nach dem [X.] des HGB für die Rechte des Gesellschafters, insbesondere für die Verteilung des Jahresgewinns, maßgebend. Die entsprechenden handelsrechtlichen Vorschriften sind jedoch weitestgehend abdingbar (vgl. §§ 109, 161 Abs. 2 HGB). Im Allgemeinen sehen die Regelungen im Gesellschaftsvertrag vor, dass sich die entscheidenden Gesellschaftsrechte, insbesondere das Gewinnbezugsrecht, nicht nach dem gesamten Kapitalanteil des einzelnen Gesellschafters, sondern (nur) nach dem sog. festen Kapitalanteil richten, der regelmäßig der sog. bedungenen Einlage entspricht. Dieser feste Kapitalanteil ist üblicherweise auf dem sog. Kapitalkonto I (oder "festes Kapitalkonto") auszuweisen. Demgegenüber bilden andere Kapitalunterkonten (sog. variables Kapitalkonto, Kapitalkonto II oder Privatkonto) in der Regel keine Mitgliedschaftsrechte ab (vgl. [X.]-Urteile vom 29. Juli 2015 IV R 15/14, [X.]E 251, 422, [X.] 2016, 593, Rz 23 ff., und vom 4. Februar 2016 IV R 46/12, [X.]E 253, 95, [X.] 2016, 607, Rz 24 ff.).

c) Der Kapitalanteil als solcher stellt lediglich eine Rechnungsgröße in der Bilanz und --im Gegensatz zur [X.] kein selbständig übertragbares, subjektives Recht dar (ganz herrschende Meinung, z.B. Urteil des [X.] vom 3. Mai 1999 II ZR 32/98; [X.], [X.], Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 215, 230; MünchKommHGB/Priester, 4. Aufl., § 120 Rz 87; [X.]/Boujong/[X.]/Strohn/Ehricke, Handelsgesetzbuch, 3. Aufl., § 120 Rz 58 f.; [X.]/[X.]/[X.], HGB, 38. Aufl., § 120 Rz 13, jeweils m.w.[X.]). Haben der übertragende Kommanditist und der Übernehmer des Anteils den [X.] vereinbart, ist daher durch Auslegung der Vereinbarung zu ermitteln, welche konkreten Rechte und Pflichten nach dem Willen der Vertragsparteien nicht auf den Übernehmer übergehen sollen.

4. Die dargestellten Grundsätze gelten unabhängig davon, ob ein [X.] im Ganzen oder nur teilweise übertragen wird. Wendet der Kommanditist dem Übernehmer lediglich einen Teil seiner Beteiligung zu, geht der verrechenbare Verlust nach den vorgenannten Maßstäben anteilig auf den Übernehmer über (so im Ergebnis auch [X.]/Wacker, a.a.[X.], § 15a Rz 106; [X.]/[X.], § 15a EStG Rz 143). Denn insoweit trägt der Übernehmer künftig (anteilsmäßig) eine wirtschaftliche Belastung, wenn das entsprechende Gewinnbezugsrecht auf ihn übergegangen ist.

II.

Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des [X.], der verrechenbare Verlust des Beigeladenen zu 1. sei ungeachtet der Vereinbarung über den Rückbehalt des "[X.]" anteilig auf die Klägerin übergegangen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Mangels entgegenstehender Feststellungen kann davon ausgegangen werden, dass die Übertragung eines Teilkommanditanteils vom Beigeladenen zu 1. auf die Klägerin unentgeltlich erfolgt ist.

a) Das [X.] hat angenommen, dass der Beigeladene zu 1. unzulässige, d.h. nicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Entnahmen getätigt habe, zu deren Rückzahlung an die [X.] der Beigeladene zu 1. zivilrechtlich verpflichtet gewesen sei. Diese Würdigung ist aufgrund der Tatsachenfeststellungen des [X.] möglich und zivilrechtlich vertretbar (vgl. [X.], [X.], Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 253; s. auch [X.]-Urteil vom 16. Oktober 2008 IV R 98/06, [X.]E 223, 149, [X.] 2009, 272, unter [X.] und II.2.d aa, m.w.[X.]). Hätte die Klägerin diese Verbindlichkeit übernommen, müsste die [X.] ggf. als (teil-)entgeltlich beurteilt werden. Das [X.] hat eine Übernahme von Verbindlichkeiten jedoch verneint. Es hat die Vereinbarung über den Rückbehalt des "[X.]" in § 2 Abs. 1 des "Schenkungsvertrags" dahin ausgelegt, dass jedenfalls die Verpflichtung des Beigeladenen zu 1., unzulässige Entnahmen zurückzuzahlen, bei diesem habe verbleiben sollen. Auch diese Würdigung ist naheliegend und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

b) Gleiches gilt für die Feststellung des [X.], die anteiligen stillen Reserven und der Geschäftswert seien höher als das negative Kapitalkonto zu bewerten gewesen. Das [X.] ist dem mit seiner Revision nicht entgegengetreten. Diese Tatsachenwürdigung des [X.] ist deshalb für den Senat nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindend.

2. Die Würdigung des [X.] ist nach den oben ausgeführten Maßstäben auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

Die festgestellten Umstände des Streitfalls lassen den Schluss zu, dass das Gewinnbezugsrecht anteilig auf die Klägerin übergegangen ist. Denn nach dem --laut den Feststellungen des [X.] "vollzogenen"-- "Schenkungsvertrag" sollte jedenfalls der (nur) durch das feste Kapitalkonto repräsentierte Gewinnanteil fortan der Klägerin zustehen. Stand der Anspruch auf anteilige Zuteilung künftiger Gewinne der Klägerin zu, so kommt es für die Frage des Übergangs eines verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a EStG auf die Klägerin auf die buchmäßige Behandlung der streitbefangenen Vorgänge im Einzelnen nicht an. Deshalb durfte das [X.] offenlassen, welche Bedeutung der Vereinbarung über den Rückbehalt des "[X.]" im Einzelnen zukommt, d.h. welche weiter gehenden Rechte und Pflichten von der Übertragung des Teilanteils ausgenommen werden sollten.

War im Zuge der unentgeltlichen [X.] das Gewinnbezugsrecht anteilig auf die Klägerin übergegangen, so traf die Klägerin insoweit die Verpflichtung, künftige Gewinne zum Auffüllen des negativen [X.] zu verwenden (vgl. §§ 167 Abs. 3, 169 Abs. 1 Satz 2 HGB). Dies rechtfertigt es nach den vorgenannten Grundsätzen, der Klägerin den für den Beigeladenen zu 1. gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG festgestellten verrechenbaren Verlust anteilig zuzuordnen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O. Es entspricht nicht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen dem [X.] oder der Staatskasse aufzuerlegen (§ 139 Abs. 4 [X.]O). Mit ihrem Antrag, die Revision zurückzuweisen, haben die Beigeladenen kein eigenes Kostenrisiko i.S. des § 135 Abs. 3 [X.]O getragen (vgl. [X.]-Urteile vom 23. Januar 1985 II R 2/83, [X.]E 143, 119, [X.] 1985, 368, und vom 11. November 2010 IV R 17/08, [X.]E 232, 28, [X.] 2011, 716, Rz 26; Schwarz in [X.]/[X.]/[X.], § 135 [X.]O Rz 60). Sie haben das Verfahren auch nicht durch Schriftsätze wesentlich gefördert (vgl. [X.]-Beschluss vom 29. Mai 2009 IV B 143/08, [X.] 2009, 1452, unter [X.]).

Meta

IV R 16/15

01.03.2018

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 22. Januar 2015, Az: 16 K 3127/12 F, Urteil

§ 15a Abs 2 S 1 EStG 2002, § 15a Abs 2 S 1 EStG 2009, § 167 Abs 3 HGB, § 169 Abs 1 S 2 HGB, EStG VZ 2007, EStG VZ 2008, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, § 717 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.03.2018, Az. IV R 16/15 (REWIS RS 2018, 13052)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13052

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