Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2015, Az. IX ZR 280/14

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 5239

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL

IX ZR 280/14

Verkündet am:

17. September 2015

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 280 Abs. 2, § 286; [X.] Nr. 2300, 2302 aF
Gerät der Schuldner in Zahlungsverzug, ist auch in rechtlich einfach gelagerten Fäl-len die Beauftragung eines Rechtsanwalts zweckmäßig und erforderlich; ein Mandat zur außergerichtlichen Vertretung muss im Regelfall nicht auf ein Schreiben einfa-cher Art beschränkt werden.

[X.], Urteil vom 17. September 2015 -
IX ZR 280/14 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli
2015 durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.], die Richterin [X.] und den Richter Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf
die Revision des [X.] wird das Urteil der Zivilkammer
32 des [X.] vom 12. November 2014 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des [X.] zu-rückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger
verlangt von dem
[X.]n
aus abgetretenem Recht seiner Mandantin (im Folgenden: Zedentin) die Erstattung von Rechtsanwaltskosten unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadensersatzes.

Nachdem der [X.] der Zedentin
die Bezahlung von [X.] zweier Rechnungen für die Reparatur eines Kraftfahrzeugs vom 7. und 11.
März 2011 schuldig geblieben und auf eine Zahlungsaufforderung
sowie 1
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3
-

eine Mahnung
nicht reagiert hatte, beauftragte die Zedentin den Kläger mit der außergerichtlichen Wahrnehmung ihrer Interessen. Mit anwaltlichem [X.] vom 20. Juli 2011 forderte der Kläger den [X.]n zunächst zum Ausgleich der einen
Rechnung nebst einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300
VV [X.]
zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer auf. Mit anwaltlichem Mahnschreiben vom 30.
August 2011 verlangte der Kläger Entsprechendes mit Blick auf die andere Rechnung.
Im September 2011 beglich der
[X.]
die Rechnungen der Zedentin, die
eingeforderten
Rechtsanwaltskosten
zahlte er nicht.

Aus abgetretenem Recht der Zedentin verfolgt
der Kläger die
Erstattung der
Rechtsanwaltskosten.
Das Amtsgericht hat ihm
zwei 0,3 Geschäftsgebüh-ren nach Nr. 2302
VV [X.]
aF (= Nr. 2301 VV [X.])
nebst [X.] und Umsatzsteuer für jeweils ein Schreiben einfacher Art zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Die vom
Amtsgericht zugelassene
und
auf die Differenz zu zwei 0,8-Geschäftsgebühren gemäß Nr. 2300
VV [X.]
zu-züglich Auslagenpauschalen
und Umsatzsteuer beschränkte
Berufung des [X.] hatte
keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revi-sion verfolgt der Kläger sein
vorinstanzliches
Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Da der [X.] im Termin zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungs-gemäßer Ladung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil zu [X.]. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfas-senden Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962 -
V
ZR 110/60, [X.]Z 3
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-

37, 79, 81 ff; vom 4. Juli 2013 -
IX ZR 229/12, [X.], 1615 Rn. 6, insoweit nicht abgedruckt in [X.]Z 198, 77).

Die Revision führt zur
Aufhebung des Berufungsurteils, soweit die Beru-fung des [X.] zurückgewiesen
worden ist, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht
hat ausgeführt: Der Gläubiger, der aus Gründen der sich aus § 254 [X.] ergebenden Schadensminderungspflicht gehalten sei, den Schaden möglichst gering zu halten, habe den Umfang der Einschaltung eines Rechtsanwalts an den objektiven Erfordernissen der Rechtsverfolgung zu orientieren. Wenn, wovon im vorliegenden Fall auch mangels entgegenstehen-dem, den konkreten Fall betreffenden Vortrags des [X.] auszugehen sei, über ein einfaches Mahnschreiben hinaus keine weiteren anwaltlichen Tätigkei-ten geboten seien, sei der Gläubiger gehalten, seinen Auftrag entsprechend zu begrenzen.

II.

Dies hält
rechtlicher Prüfung nicht stand.
Der aus abgetretenem Recht der Zedentin geltend gemachte materielle Kostenerstattungsanspruch aus §
280 Abs.
2, § 286 [X.] ist nicht auf die 0,3
Geschäftsgebühr nach Nr. 2302
VV [X.]
aF (= Nr. 2301 VV [X.]) beschränkt.

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-
5
-

1.
Nach ständiger
Rechtsprechung des [X.] hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verur-sachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmä-ßig waren ([X.], Urteil vom 8. November 1994 -
VI ZR 3/94, [X.]Z 127, 348, 350; vom 23.
Oktober 2003 -
IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446; vom 18. Ja-nuar 2005 -
VI ZR 73/04, NJW 2005, 1112; vom
6. Oktober 2010 -
VIII ZR 271/09, [X.], 740; vom 23.
Januar 2014 -
III ZR 37/13, [X.]Z 200, 20 Rn.
48). Maßgeblich ist die ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich den-kenden Person ([X.], Beschluss vom 31. Januar 2012 -
VIII ZR 277/11, [X.] 2012,
607 Rn. 4). Dabei sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des [X.] aus der Sicht des Geschädigten darstellt ([X.], Urteil vom 8. November 1994, aaO S. 351; vom 18. Januar 2005, aaO).

Ein Schadensfall in diesem Sinne liegt auch vor, wenn der Schuldner einer Entgeltforderung (vgl. [X.], Urteil vom 16. Juni 2010 -
VIII [X.], NJW 2010, 3226 Rn. 12; vom 17. Juli 2013 -
VIII ZR 334/12, NJW 2014, 1171 Rn.
13) in Zahlungsverzug gerät
(vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 2010, aaO; vom 31. Januar 2012, aaO; vom 16.
Juli 2015 -
IX ZR 197/14, [X.]). Zur [X.] einer solchen Forderung ist
dann regelmäßig selbst
in einfach gelagerten Fällen die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig
(vgl. [X.], Urteil vom 8. November 1994, aaO S. 353). Das seinerseits Erforderliche tut
der Gläubiger dadurch, dass
er den
Schuldner in Verzug setzt. Eine weitere Verzögerung der Erfüllung seiner Forderung muss er nicht hinnehmen. [X.] kann er seinem Erfüllungsverlangen durch Einschaltung eines Rechtsan-walts Nachdruck verleihen.

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2. Darf der Gläubiger einer Entgeltforderung die Einschaltung eines Rechtsanwalts für erforderlich und zweckmäßig halten, muss er einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung in der Regel nicht auf ein Schreiben einfacher Art nach Nr. 2302
VV [X.] aF (= Nr. 2301 VV [X.]) beschränken.

a) Gerät der Schuldner in Verzug, ist er zur Zahlung regelmäßig entwe-der nicht willens
oder nicht in der Lage. Dies kann für den Gläubiger offen [X.] treten, wenn
der Schuldner Einwendungen gegen die geltend gemachte Forderung erhebt
oder auf seine Zahlungsunfähigkeit hinweist. Hingegen bleibt der Grund für die Nichtzahlung für den Gläubiger im Dunkeln, wenn der Schuldner auch auf eine
Mahnung nicht reagiert.
In jedem Fall darf eine
rechtli-che Beratung für erforderlich und zweckmäßig halten, die sich zunächst
mit dem weiteren Vorgehen zu befassen hat. Ist der Schuldner zahlungsunfähig oder liegt eine ernsthafte und endgültige
Erfüllungsverweigerung
vor, können
außergerichtliche Zahlungsaufforderungen durch den Rechtsanwalt als nicht erfolgversprechend und daher als
nicht
zweckmäßig anzusehen sein
(vgl. [X.], Urteil vom 1. Februar 1974 -
IV ZR 2/72, [X.], 639, 641 f; [X.]/[X.], 6. Aufl., §
286 Rn.
156; [X.]/[X.], [X.], 74. Aufl., §
286 Rn.
45).
Dann kommt eine sofortige Titulierung der Forderung in Betracht.
[X.] ist dies, wenn der Schuldner weitere Verhandlungsbereitschaft zu erken-nen gegeben oder
bislang gar nicht
reagiert hat.
Hier kann sich der Versuch einer außergerichtlichen Erledigung unter Zuhilfenahme des Rechtsanwalts an-bieten.

aa) All dies weiß der Gläubiger grundsätzlich nicht, denn er ist in der [X.] nicht rechtskundig. Die Konsequenzen der Zahlungsunfähigkeit oder der
ernsthaften
und endgültigen
Erfüllungsverweigerung kennt er nicht.
Er vermag allenfalls laienhaft zu erkennen, dass der Schuldner nicht zahlen kann oder will. 10
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Konsequenzen für Art und Umfang des zu erteilenden Mandats ließen sich von ihm daraus allenfalls ziehen, wenn er näheres Wissen über das anwaltliche Gebührenrecht hätte. Daran fehlt es dem Gläubiger in der Regel. Er weiß re-gelmäßig nicht, dass ein Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt werden oder ein Klageauftrag unbedingt oder
bedingt für den Fall des Scheiterns der außergerichtlichen Bemühungen erteilt werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 1. Oktober 1968 -
VI [X.], NJW 1968, 2334, 2335 f; [X.], [X.] 2008, 319). Regelmäßig
ist der Gläubi-ger
auf eine Beratung über die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens ange-wiesen.

bb) Einen
gesonderten
Gebührentatbestand für eine solche Zweckmä-ßigkeitsberatung kennt das [X.] nicht. Es setzt
den bereits informierten [X.] voraus, der sich von vornherein mit einem bestimmten Auftrag, etwa zur
isolierten Beratung, zur
außergerichtlichen oder
gerichtlichen Vertretung
an den Rechtsanwalt wendet.
Aus dem Fehlen eines gesonderten Gebührentatbe-stands darf aber nicht geschlossen werden, der
Rechtsanwalt habe die [X.] kostenlos zu erbringen. Sie ist Bestandteil sowohl eines
unbeschränkten Auftrags
zur außergerichtlichen Vertretung
im Sinne der Nr.
2300 VV [X.] als auch eines solchen zur gerichtlichen Vertretung, der die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV [X.] auslöst.
Beide Gebühren entstehen für das Betreiben des (jeweiligen) Geschäfts einschließlich der Information (Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 und 3 Abs. 2 VV [X.]). Mit Blick auf die Beratung
über die Möglichkeiten eines
weiteren Vorgehens sind sie deckungsgleich. Bis zu deren Abschluss kann der
dem Anwalt erteilte Auftrag
ohne Gebührennach-teile für den Mandanten geändert werden. Erfolgt etwa die Zweckmäßigkeitsbe-ratung zunächst unter dem Gesichtspunkt einer außergerichtlichen Vertretung, stellt sich
dabei
aber heraus, dass
eine ernsthafte und endgültige Erfüllungs-13
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8
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verweigerung vorliegt und eine außergerichtliche Geltendmachung durch den Rechtsanwalt nicht
zweckmäßig erscheint, kann der Rechtsanwalt von dem Gläubiger
neben den Gebühren für das ratsame gerichtliche Vorgehen
nicht auch eine solche für die außergerichtliche Vertretung verlangen.

cc) Ist der Auftrag gemäß Nr. 2302
VV [X.] aF (= Nr. 2301 VV [X.]) auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt, umfasst er keine Zweckmäßigkeitsbe-ratung.
Aus der Regelungssystematik der Nr. 2300
ff
VV [X.] ergibt sich
aller-dings, dass es sich bei der Nr. 2302
VV [X.]
aF
nicht um eine eigenständige Gebühr, sondern um einen Ermäßigungstatbestand für die Geschäftsgebühr nach der Nr. 2300 VV [X.] handelt (""). Auch die im Sinne der Nr. 2301 VV [X.] ermäßigte Gebühr entsteht daher für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information
(Vorbemerkung 2.3 Abs. 3
VV [X.]). Dies zeigt, dass der Rechtsanwalt auch das Schreiben einfacher Art nicht ungeprüft versenden darf. Er muss vielmehr prüfen, ob nach der ihm ge-schilderten Sachlage ein solches Schreiben rechtlich in Betracht kommt ([X.], Urteil vom 23. Juni 1983 -
III ZR 157/82, NJW 1983, 2451, 2452). Wegen der niedrigen Gebühr in Höhe von 0,3 hat es damit aber sein Bewenden. Der Rechtsanwalt muss nicht beurteilen, ob ein Schreiben einfacher Art
zur Wahr-nehmung der Rechte des Gläubigers
ausreichend und zweckmäßig ist. [X.] der Mandant in der Angelegenheit umfassend vertreten werden, geht die Verant-wortung des Anwalts weiter, auch der Umfang der von ihm zu entfaltenden Tä-tigkeit, mag es nach außen auch bei einem einfachen Schreiben bewenden ([X.], aaO). Dann kommt Nr. 2302 VV [X.] aF (=
Nr.
2301 VV [X.]) nicht zur Anwendung (BT-Drucks. 15/1971 S.
207 zu Nr.
2402-E).

b) Auch wenn der Gläubiger ausnahmsweise nicht auf eine Beratung
über die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens angewiesen ist, weil er selbst 14
15
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über entsprechende Kenntnisse verfügt und diese auf den konkreten Fall [X.] weiß, ist die Erstattungsfähigkeit der Kosten für eine außergerichtliche Vertretung durch einen Rechtsanwalt regelmäßig nicht auf eine Gebühr nach Nr.
2302
VV [X.] aF (= Nr. 2301 VV [X.]) beschränkt.

Die nunmehr in Nr. 2300 VV [X.] geregelte einheitliche Geschäftsge-bühr
ist an die Stelle des § 118 [X.] getreten, soweit dieser für die außer-gerichtliche Vertretung anwendbar war (BT-Drucks. 15/1971 S. 206
zu
Nr. 2400-E). Der weite [X.] von 0,5 bis 2,5 soll das Betreiben des
Geschäfts einschließlich der Information und der Teilnahme an Besprechungen sowie das Mitwirken bei der Gestaltung eines Vertrags abgelten und dadurch die außergerichtliche Erledigung einer Angelegenheit fördern
(BT-Drucks. 15/1971 [X.]). Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur außergerichtlichen Vertretung im Sinne der Nr. 2300 VV [X.] soll schnelle und einverständliche Regelungen
ohne Einschaltung der Gerichte
ermöglichen. Sie ist daher zweck-mäßig, wenn der Versuch einer außergerichtlichen Beitreibung nicht schon von vornherein ausscheidet, wie etwa im Falle einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung (vgl. [X.], Urteil vom 1. Februar 1974 -
IV ZR 2/72, [X.], 639, 641 f; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 286 Rn. 156;
[X.]/[X.],
[X.], 74. Aufl., § 286 Rn. 45).

Dann ist die Beauftragung zur außergerichtlichen Vertretung aus der maßgeblichen ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Per-son regelmäßig auch erforderlich, weil der Gläubiger bei Auftragserteilung nicht absehen
kann, wie sich der Schuldner verhalten wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn dieser auf Mahnungen des Gläubigers nicht reagiert hat. Der Gläu-biger ist deshalb grundsätzlich nicht gehalten, seinen Auftrag zunächst auf ein Schreiben einfacher
Art
zu beschränken und diesen im Bedarfsfall zu erweitern. 16
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Der Schuldner ist über den weiten [X.] der Nr. 2300 VV [X.], der am unteren Ende nah an die 0,3
Gebühr der Nr. 2302
VV [X.] aF heranreicht, ausreichend geschützt. Er
allein hat es in der Hand, sich [X.] und auf diese Weise den materiellen Kostenerstattungsanspruch des [X.] gar nicht erst zur Entstehung gelangen zu lassen.

3. Nach diesen Grundsätzen kommt eine Beschränkung des aus abge-tretenem Recht geltend gemachten
materiellen
Kostenerstattungsanspruchs nicht in Betracht. Der [X.]
hatte auf mehrere Zahlungsaufforderungen nicht reagiert und befand sich mit der Begleichung zweier Rechnungen für die [X.] im Zahlungsverzug,
als die Zedentin den Kläger mit der außergerichtlichen Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragte. Dass sie hierbei auf eine Beratung
über sinnvolle Möglichkeiten des weiteren Vorgehens nicht angewiesen und nur ein im Sinne der Nr. 2302
VV [X.] aF
beschränkter Auftrag
zweckmäßig und erforderlich war, ist weder festgestellt noch sonst er-sichtlich.

III.

Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben, soweit
die Berufung des [X.] zurückgewiesen
worden ist. In diesem Umfang ist es auf-zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf folgende Gesichtspunkte hin:

1. Dass die Zedentin eine unbeschränkte Beauftragung des [X.] zu ihrer
außergerichtlichen Vertretung für zweckmäßig und erforderlich halten durf-18
19
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-
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-

te, begründet den materiellen Kostenerstattungsanspruch noch nicht. Ein sol-cher Auftrag müsste auch erteilt worden sein. Hierzu fehlt es bislang an [X.]. Der
Inhalt des Auftrags
bestimmt
auch, ob der Kläger von der [X.] zwei Geschäftsgebühren gemäß Nr. 2300 VV [X.]
verlangen konnte. Dies wäre der Fall, wenn es sich um zwei Angelegenheiten im gebührenrechtli-chen Sinne handelte (vgl. [X.], Urteil vom 9. Februar 1995 -
IX ZR 207/94, NJW 1995, 1431; vom 11. Dezember 2003 -
IX ZR 109/00, [X.], 1792, 1794).

Sollte aus dem Innenverhältnis zwischen dem Kläger und der Zedentin auf zwei Angelegenheiten im Sinne des § 15 [X.] zu schließen sein, stellte sich im Verhältnis zum [X.]n die Frage der Erstattungsfähigkeit.
Die beiden Rechnungen,
mit deren Ausgleich sich der [X.] im Verzug befand,
betrafen Reparaturarbeiten für ein und dasselbe Kraftfahrzeug, die
im Abstand von nur vier Tagen
erstellt wurden. Die Forderungen, die der Kläger außergerichtlich geltend gemacht
hat, könnten daher aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsen sein. Gegebenenfalls hätte die Zedentin die
Aufspaltung der [X.] in zwei Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne ohne einen sachlichen Grund
kaum für zweckmäßig und erforderlich
halten dürfen. Hätte sie die Forderungen in getrennten Prozessen verfolgt, wäre ein Antrag auf Festsetzung dadurch entstandener Mehrkosten als rechtsmissbräuchlich anzu-sehen ([X.], Beschluss vom 11. September 2012 -
VI
ZB 59/11, [X.], 1314; vom 20. November 2012 -
VI [X.], [X.], 247
Rn.
9
f).

2. Die Höhe der
Gebühr nach der Nr. 2300 VV [X.]
bemisst sich nach §
14 Abs. 1 [X.]. Gemäß
§ 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestimmt bei Rahmengebüh-ren der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Um-stände nach billigem Ermessen.
21
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-
12
-

a) Mit Blick auf die Rahmengebühr nach
Nr. 2300 VV [X.] besteht das aus § 14 Abs. 1 [X.] folgende Bestimmungsrecht des Rechtsanwalts nicht un-beschränkt. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann er nur fordern, wenn die [X.] umfangreich oder schwierig war. Dies ist von dem Rechtsanwalt darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Erst dann besteht das Bestimmungsrecht unter Ausschöpfung des ganzen [X.]s, dessen Ausübung einer
vollen gerichtlichen Nachprüfung entzogen ist (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 2012 -
VIII ZR 323/11, [X.], 2813 Rn. 8 ff).

b) Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, trägt die Darlegungs-
und Beweislast für
die
Unbilligkeit der getroffenen Bestimmung gemäß §
14 Abs.
1 Satz 4 [X.]
der ersatzpflichtige Dritte
(vgl. [X.], Beschluss vom 20. Ja-nuar 2011 -
V
ZB 216/10, [X.] 2011, 211 Rn. 8 ff).

Die Regelung entspricht § 12 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Ursprünglich sah §
12 [X.] ein Bestimmungsrecht des Rechtsanwalts nicht ausdrücklich vor. Daraus wurde geschlossen, die Gebühr entstehe kraft Gesetzes, ohne dass es dazu einer Bestimmungshandlung bedürfe, und sei gerichtlich voll nachprüfbar ([X.]/Sußbauer,
[X.], § 12 Rn. 2). Mit Gesetz zur Änderung des Ge-richtskostengesetzes, des Gesetzes über Kosten der Gerichtsvollzieher, der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und anderer Vorschriften vom 20.
August 1975 ([X.]l. I S. 2189) wurde klargestellt, dass bei Rahmengebüh-ren die im Einzelfall geschuldete Gebühr vom Rechtsanwalt zu bestimmen ist. Dies sollte bewirken, dass zahlreiche Meinungsverschiedenheiten über oft nur geringfügige Beträge nicht entstehen können (BT-Drucks. 7/3243 S. 8). Im [X.] zum Mandanten war eine gerichtliche Überprüfung der von dem Rechts-anwalt vorgenommenen Bestimmung der Gebühr nunmehr im Sinne des §
315 23
24
25
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13
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Abs.
3 [X.] beschränkt. Mit der Erwähnung des [X.] in §
12 Abs.
1 Satz 2 [X.] wurde hervorgehoben, dass dieser ein selbständiges Rügerecht gegenüber unbilligen Gebührenbestimmungen hat ([X.]/[X.]/Fraunholz, [X.], 7. Aufl., § 12 Rn. 6).

Der auf Ersatz in Anspruch genommene Dritte muss
auch im Anwen-dungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes die Unbilligkeit der [X.] geltend machen. Dass er die Tatsachen, aus denen die Unbilligkeit folgt, darlegen und beweisen muss, ergibt sich nunmehr aus der Formulierung von § 14 Abs. 1 Satz 4 [X.]

. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dem
Dritten
die für die Bestimmung der Gebühr maß-geblichen Umstände häufig nicht vollständig zur Kenntnis gelangen. Selbst
der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wird ihm regelmäßig nur insoweit bekannt, als diese nach außen gerichtet ist. Seinen Gegner trifft daher eine sekundäre Darlegungslast. Diese entsteht allerdings erst dann, wenn der Dritte die Unbil-ligkeit der getroffenen Bestimmung
geltend gemacht und den ihm möglichen Tatsachenvortrag gehalten hat.

Diese Grundsätze gelten auch für den materiellen Kostenerstattungsan-spruch. Der Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz
4 [X.] unterscheidet
nicht zwischen dem prozessualen und einem materiellen Kostenerstattungsanspruch. [X.] setzt er keine gerichtliche Kostengrundentscheidung voraus. Für eine Differenzierung ist auch sonst kein Grund ersichtlich. Das mit dem anwaltlichen Bestimmungsrecht und der aus diesem -
auch gegenüber ersatzpflichtigen Drit-ten
-
folgenden eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung
verfolgte Ziel der Vermeidung
von
Streitigkeiten über geringfügige Beträge ist auch im [X.] über einen materiellen Kostenerstattungsanspruch beachtenswert
(vgl. [X.], Urteil vom 13.
Januar 2011 -
IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603
Rn.
15, 18; 26
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-
14
-

[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 6.
Aufl.,
§
14 Rn.
126). Aus dem Umstand, dass der V.
Zivilsenat die [X.]ung auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch angewandt hat (Be-schluss vom 20.
Januar 2011 -
V
ZB 216/10, [X.] 2011, 211 Rn.
10) lässt sich kein Gegenschluss für materielle [X.] ziehen. Der X.
Zivilsenat hat mitgeteilt, dass er an seiner gegenteiligen Ansicht mit Urteil vom 13. November 2013 ([X.], [X.], 206 Rn. 27) nicht festhält.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem [X.] zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils

28
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15
-

bei dem [X.], [X.] 45 a, [X.], durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Kayser
Gehrlein
[X.]

[X.]
Pape

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.01.2014 -
821 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 12.11.2014 -
332 [X.]/14 -

Meta

IX ZR 280/14

17.09.2015

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2015, Az. IX ZR 280/14 (REWIS RS 2015, 5239)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5239

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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