Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. IX ZR 138/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8288

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

IX ZR 138/11

Verkündet am:

7. Februar 2013

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 123 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 675 Abs. 1
Veranlasst der Rechtsanwalt den persönlich nicht haftenden Gesellschafter [X.] Mandantin erstmals unmittelbar vor einem anberaumten Gerichtstermin mit dem Hinweis, anderenfalls das Mandat niederzulegen, zum Abschluss einer Haftungsübernahme, kann hierin eine widerrechtliche Drohung liegen.

[X.], Urteil vom 7. Februar 2013 -
IX ZR 138/11 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2013
durch [X.] [X.], den
Richter [X.], die Richterin [X.], [X.]
[X.] und [X.]

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 31. August 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte ist
neben Dr.

K.

Gesellschafterin verschiedener in-
und ausländischer
Gesellschaften, die
von der Klägerin, einer
Anwaltsge-sellschaft, unter anderem auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes beraten und in Rechtsstreitigkeiten gerichtlich vertreten wurden. Als die [X.] die Honorarrechnungen der Klägerin aus der [X.] von März 2005 bis Juni 2006 wegen aufgetretener Zahlungsschwierigkeiten nicht ausgleichen
konnten, forderte die Klägerin die Beklagte und deren [X.] mit E-Mail vom 31.
Juli
2006
auf, die persönliche Haftung für die [X.] und künftigen Honoraransprüche zu übernehmen. Den [X.]
-
3
-
sandten Entwurf einer persönlichen Haftungsübernahme unterzeichnete die Klägerin
nicht. Auch auf eine erneute
Zusendung des Vereinbarungsentwurfs mit E-Mail vom 10.
August 2006
reagierte sie
nicht. Zu diesem [X.]punkt waren für das [X.] 14.876,39

Anläss-lich eines Verhandlungstermins vor dem [X.] [X.]
am 28.
Au-gust 2006, den die Klägerin für eine der Gesellschaften wahrnahm und an dem die Beklagte und ihr Mitgesellschafter persönlich teilnahmen, unterzeichneten beide die von der Klägerin entworfene und zum Gerichtstermin mitgebrachte, als Übernahme der
persönlichen Haftung
bezeichnete Vergütungsvereinbarung.

Hieraus nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung in Höhe von 51.734,06

Die Beklagte tritt dem [X.] nur insoweit entgegen, als sie geltend
macht, die persönliche Haftungsübernahme sei ihr vor dem Gerichtstermin abgepresst worden.
Das [X.] hat der
Klage mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsen stattgegeben. Die hiergegen gerich-tete Berufung der
Beklagten
ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat
zuge-lassenen Revision verfolgt die
Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der
Beklagten
hat
Erfolg. Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch der Beklagten auf Befreiung von der eingegangenen Haftungsübernahme nicht ver-neint werden.

2
3
-
4
-
I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Vereinbarung sei nicht wegen Sittenwidrigkeit nach §
138 Abs.
1 [X.] unwirksam. Eine Überrumpelung der Beklagten im Verhandlungstermin könne nicht angenommen werden, weil ihr der [X.] bereits per E-Mail vom 31.
Juli und 10.
August 2006 übersandt worden sei. Die Klägerin habe daher davon ausgehen können, die Beklagte habe diesen Text bereits vor dem Verhandlungstermin zur Kenntnis genommen. Selbst wenn der Terminvertreter der Klägerin vor dem [X.] zur Beklagten geäußert haben sollte, im Fall der [X.] werde er nicht auftreten, könne hieraus eine Sittenwid-rigkeit der Abrede nicht abgeleitet werden. Eine widerrechtliche Drohung alleine genüge nicht. Besondere Umstände, die das Geschäft nach seinem Ge-samtcharakter als sittenwidrig erscheinen lasse, lägen im Hinblick darauf, dass beträchtliche Gebührenforderungen der Klägerin offenstanden und keine Aus-sicht auf eine Tilgung in absehbarer [X.] bestanden hätte, nicht vor. Auch habe die geschäftserfahrene Beklagte damit rechnen müssen, ihr würden die Dienst-leistungen der Klägerin nicht dauerhaft ohne zwischenzeitlichen Ausgleich der Honoraransprüche zur Verfügung gestellt werden.

Auch könne die Beklagte nicht unter dem Gesichtspunkt eines Verschul-dens bei Vertragsabschluss die Befreiung von der eingegangen Verbindlichkeit verlangen. Selbst wenn die Androhung einer Mandatsniederlegung im Falle der Nichtunterzeichnung der Haftungsübernahme unterstellt werde, fehle es an der Verwerflichkeit des Mittels, des Zwecks sowie der [X.]. [X.] der vorher erfolgten Ankündigung, eine Haftungsübernahme zu [X.], der damit verbundenen Überlegungsfrist der Beklagten sowie des Um-standes, dass keine höheren Gebühren als die gesetzlichen gefordert worden 4
5
-
5
-
seien, liege selbst bei Unterstellung der Ankündigung der Mandatsniederlegung vor dem Termin keine verwerfliche [X.] vor. Es fehle an einer Zwangslage der Beklagten.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher
Prüfung
nicht stand.

1.
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass auch bei der unterstellten Annahme, die Klägerin habe nicht im Vorfeld des Gerichts-termins vom 28.
August 2006 auf eine Mandatsniederlegung hingewiesen,
son-dern erst anlässlich des [X.] mit der Niederlegung des Mandats [X.], der Abschluss der Haftungsübernahme nicht nach §
138 Abs. 1 [X.] sit-tenwidrig ist.

Eine -
widerrechtliche
-
Drohung macht ein Rechtsgeschäft lediglich nach §
123 [X.] anfechtbar; nach §
138 Abs.
1 [X.] nichtig ist es nur dann, wenn besondere Umstände hinzukommen, die das Geschäft nach seinem Ge-samtcharakter als sittenwidrig erscheinen lassen ([X.], Urteil
vom
7.
Juni 1988 -
IX
ZR 245/86, WM
1988, 1156, 1158
f; vom 17.
Januar 2008 -
III
ZR 239/06, [X.], 982 Rn.
11; vgl. auch Urteil
vom
23.
Februar 1995 -
IX
ZR 29/94, WM
1995, 1064, 1068 und vom
26.
September 1995 -
XI
ZR 159/94, WM
1995, 1950
f
zur arglistigen Täuschung). Dies gilt auch für die Beurteilung einer in Aussicht gestellten Mandatskündigung durch den Rechtsanwalt ([X.], Urteil vom 4.
Juli 2002 -
IX
ZR 153/01, [X.], 2774, 2775; vom 4.
Februar 2010 -
IX
ZR 18/09, [X.]Z 184, 209 Rn.
43). Solche besonderen Umstände konnte das Berufungsgericht im Rahmen einzelfallbezogener Erwägungen, insbeson-6
7
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-
6
-
dere im Hinblick auf die Geschäftserfahrenheit der Beklagten und darauf, dass ihr der fragliche [X.] bereits vier Wochen zuvor zugesandt wurde, verneinen. Auch die Revision wendet sich hiergegen nicht.

2. Nach gefestigter Rechtsprechung begründet der Tatbestand einer rechtswidrigen Drohung oder arglistigen Täuschung außer der Anfechtungs-möglichkeit auch einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens beim Vertragsschluss

311 Abs.
2 [X.]), der dem Bedrohten oder Getäuschten das Recht gibt, auch ohne Ausübung
eines Gestaltungsrechts Befreiung von der eingegangenen Verbindlichkeit zu verlangen ([X.], Urteil
vom
11.
Mai 1979
-
V
ZR 75/78, NJW
1979, 1983
f; vom 24.
Oktober 1996 -
IX
ZR 4/96, WM
1997, 77, 78; vom
3.
Februar 1999 -
VIII
ZR 14/98, WM
1999,
1034, 1035; vom 18.
September 2001 -
X
ZR 107/00, NJW-RR 2002, 308, 309 f), sofern dem Betroffenen durch den Vertragsschluss ein Schaden entstanden ist ([X.], Urteil
vom
26.
September 1997 -
V
ZR 29/96, WM
1997, 2309, 2311
f; vom 4.
Juli 2002 -
IX
ZR 153/01,
[X.], 2774, 2775; vom 10.
Januar 2006
-
XI
ZR 169/05, [X.], 377, 380).
Auf einen derartigen Schadensersatzan-spruch findet die Jahresfrist des §
124 [X.] weder direkt noch entsprechend Anwendung ([X.], Urteil vom 18.
September 2001, aaO S. 310).

a) In der Ankündigung eines Rechtsanwaltes, das Mandat niederzulegen, um hierdurch eine günstigere Vergütungsabrede durchzusetzen, kann aus-nahmsweise eine rechtswidrige Drohung liegen
(vgl. [X.], Urteil vom 12.
Janu-ar 1978 -
III
ZR 53/76, [X.] 1978, 227, 228
f; D.
[X.]
in Zugehör/
[X.]/[X.]/[X.]/Rinkler/[X.], Handbuch der Anwaltshaftung, 3.
Aufl., Rn.
938; [X.], Anwalts-
und Steuerberaterhaftung, 2.
Aufl., S.
180
f). Ob eine Drohung in einem solchen Fall rechtswidrig ist, hängt von dem Verhältnis zwischen dem verfolgten Zweck und dem dazu eingesetzten Mittel ab; ent-9
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-
7
-
scheidend ist, ob der Drohende an der Erreichung des Zwecks ein berechtigtes Interesse hat und die Drohung nach [X.] und Glauben als ein angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen ist ([X.], Urteil vom 4.
Novem-ber 1982 -
VII
ZR 11/82, WM
1983, 90, 91; vom 4.
Juli 2002, aaO; vom 4.
Feb-ruar 2010, aaO Rn.
33 ff).

b) So ist aufgrund der [X.] eine widerrechtliche [X.] gegeben, wenn der Verteidiger unmittelbar vor Beginn der Hauptverhand-lung erstmals seinen Mandanten mit dem Hinweis, anderenfalls das Mandat niederzulegen, zur Unterzeichnung einer [X.] veranlasst ([X.], Urteil vom 4.
Februar 2010, aaO Rn.
37; vgl. auch vom 12.
Januar 1978,
aaO). Unter derartigen Gegebenheiten missbraucht der Verteidiger die Zwangs-lage seines Mandanten, der sich in der unmittelbar bevorstehenden [X.] seines vertrauten Wahlverteidigers bedienen möchte, in verwerflicher Weise zur Durchsetzung von [X.].
Unterrichtet dagegen der Anwalt längere [X.] vor Beginn der Hauptverhandlung
den Mandanten über den Inhalt der von ihm gewünschten [X.] als Voraussetzung für die Fortsetzung der weiteren Verteidigung, so wird dieser in der Lage sein, die ihn angesonnene [X.] zurückzuweisen und rechtzeitig vor Beginn der in Rede stehenden Verhandlung auf
der Grundlage einer ihm
ge-nehmen Gebührenabrede andere Wahlverteidiger
einzusetzen ([X.], Urteil vom 4.
Februar 2010, aaO Rn.
38).

c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung sind diese Grundsätze
auch auf die Prozessvertretung im [X.] übertragbar. Nicht nur der Strafprozess wird durch ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen [X.] und Verfahrensbevollmächtigten gekennzeichnet, sondern dies gilt auch für Mandate im zivilgerichtlichen Verfahren. Ohnehin ist
der Anwaltsvertrag in 11
12
-
8
-
besonderer Weise durch gegenseitiges Vertrauen geprägt ([X.], Urteil vom 23.
Februar 1995 -
IX
ZR 29/94, NJW
1995, 1425, 1430). Dass auch im [X.] von einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt auszugehen ist, zeigt die vorliegende Fallgestaltung. Wird unmittelbar vor dem anberaumten Verhandlungstermin der Mandant mit der Ankündigung des Prozessbevollmächtigten überrascht, er werde das Mandat unverzüglich niederlegen, wird der Mandant im [X.] nur selten in der Lage sein, einen neuen Prozessanwalt für diesen Termin zu stellen. Da sich die [X.] die Mandatsniederlegung selbst dann als eigenes Verschulden zurechnen lassen muss, wenn der Anwalt die Kündigung zur Unzeit ausspricht ([X.], Beschluss vom 24.
Januar 1985 -
I
ZR 113/84, [X.], 542, 543; vom 25.
Juni 1991
-
VI
ZB 15/91, [X.], 378
f; Urteil vom 15.
März 2006 -
XII
ZR 138/01, [X.], 2334 Rn.
16; [X.]/Vollkommer, ZPO, 29.
Aufl., §
85 Rn.
24), liegt es nicht fern, dass im anberaumten Termin gegen die nicht vertretene [X.] Versäumnisurteil ergehen wird
(vgl. [X.], Beschluss vom 24.
Januar 1985, aaO). Der Grundsatz, dass der Anwalt seinen Mandanten nicht im
Stich lassen darf
([X.], Urteil vom 12.
Januar 1978, aaO, S.
228), erfährt daher im [X.] besondere Bedeutung.

d) Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze ist die erstmali-ge Androhung einer Mandatsniederlegung kurz vor Aufruf der Sache im [X.] zur Durchsetzung einer günstigeren Vergütungsabrede oder einer ent-sprechenden Haftungsübernahme kein angemessenes Mittel zur Erreichung des an sich berechtigten Anliegens, eine
beträchtliche, offenstehende Vergü-tung zu erhalten oder zu sichern.

aa) Gemäß §
627 Abs.
2 Satz 1 [X.] ist es dem Dienstpflichtigen ver-wehrt, die Kündigung des Dienstvertrages zur Unzeit auszusprechen. Eine der-13
14
-
9
-
artige Kündigung liegt bei einem Anwaltsvertrag
vor, wenn sie zu einem [X.]-punkt erfolgt, in dem der Mandant nicht in der Lage ist, sich die notwendigen Dienste eines anderen Anwalts zu besorgen ([X.]/[X.],
6.
Aufl.,
§
627 Rn.
33; Zugehör/Rinkler, aaO Rn.
95; Vollkommer/Greger/
Heinemann, [X.], 3.
Aufl., §
6 Rn.
6). Daher ist es dem Anwalt verwehrt, das Mandat im oder unmittelbar vor dem Termin zur mündlichen Ver-handlung niederzulegen ([X.], Urteil vom 12.
Januar 1978, aaO; [X.]/[X.], aaO; Vollkommer/[X.], aaO). Verstößt
der An-walt gegen das Verbot zur Unzeit zu kündigen, ist zwar die Kündigung regel-mäßig wirksam
([X.]/[X.], aaO
Rn.
34; Zugehör/Rinkler, aaO Rn.
94), der Anwalt macht sich aber schadensersatzpflichtig
([X.], Urteil vom 4.
Juli 2002
-
IX
ZR 153/01, [X.], 2774, 2775)
und handelt rechts-widrig.

Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann aus dem Umstand, dass die Kündigung wirksam ist, nicht geschlossen werden, der Anwalt sei zur Kündigung berechtigt, ein derartiges Verhalten sei nicht rechtswidrig. Die Kom-pensation durch die von §
627 Abs.
2 Satz 2 [X.] angeordnete Rechtsfolge der Schadensersatzpflicht zeigt bereits, dass das Verhalten
des Anwalts als wider-rechtlich angesehen wird. Ein derartiges Verhalten
ist
nur dann
nicht gegeben, wenn für die unzeitgemäße Kündigung ein wichtiger Grund (§
627 Abs.
2 [X.]) vorliegt (vgl.
[X.]/[X.], aaO Rn.
35). Derartige Gründe [X.] auf objektiv äußeren Umständen sowie dem Berufsrecht beruhen oder auch in der Beziehung zwischen Anwalt und Mandanten liegen, etwa wenn der Mandant den unaufschiebbaren Kündigungswunsch des Anwalts durch Beleidi-gung, tätliche Angriffe oder schwere Beanstandungen
auslöst (vgl. Münch-Komm-[X.]/[X.], aaO). Das alleinige Interesse an einer Erhöhung oder Sicherung der Vergütung vermag dagegen keinen wichtigen Grund im Sinne 15
-
10
-
dieser Bestimmung zu bilden. Der Anwalt hat sein (erweitertes) [X.] nicht zur Unzeit, sondern im Rahmen angemessener Fristen gegenüber seinem Mandanten zu verfolgen. Entgegen der
Ansicht der Revisionserwide-rung kann sich die Klägerin als Vorleistungsverpflichtete nicht auf die Bestim-mung des §
321 [X.] stützen. Die Unsicherheitseinrede des §
321 Abs.
1 [X.] greift nicht mehr, sobald der Vorleistungspflichtige seine Leistung erbracht
hat (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Oktober 1990 -
VIII
ZR 247/89, [X.]Z 112, 279, 287). Dies war bei den von der
Klägerin in den E-Mails vom 31.
Juli 2006 und vom 10.
August 2006 aufgeführten offenstehenden Vergütungsvorgängen
der Fall. Im Übrigen wird §
321 [X.]
bei Dienstverträgen
durch die spezielleren Bestim-mungen des Dienstvertragsrechts
verdrängt (vgl. [X.]/[X.], aaO, §
321 Rn.
6; [X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
321 Rn.
3).

bb) Ebenso, wie es dem Anwalt grundsätzlich verwehrt ist,
unmittelbar vor einem Verhandlungstermin das Mandat aus Gebühreninteresse niederzule-gen, darf er eine solche Maßnahme auch zur Unzeit nicht androhen. Es ist ihm daher versagt, kurz vor einem Verhandlungstermin die Fortführung des [X.] eines weiteren Honorars abhängig zu machen ([X.], Ur-teil vom 12.
Januar 1978, aaO).
Auch eine derartige Drohung ist widerrechtlich, wenn der Anwalt nicht eine angemessene [X.] vor dem Termin hinreichend deutlich macht, die von ihm gewünschte Vergütungsabrede
sei die [X.] der weiteren Vertretung vor dem Zivilgericht. Nur dann ist der hiervon betroffene Mandant oder sind [im Falle der Vertretung einer juris-tischen Person], wie hier, die angesprochenen Gesellschafter in der Lage, die
angesonnene Abrede zurückzuweisen und rechtzeitig vor dem in Betracht kommenden Verhandlungstermin andere Prozessbevollmächtigte zu bestellen (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Februar 2010
-
IX
ZR 18/09, [X.]Z 184, 209 Rn.
38).

16
-
11
-

cc) Nach dem von der Beklagten unter Beweis gestellten und dem [X.] zugrunde zu
legenden Vorbringen wurde ihr erstmals unmittel-bar vor dem Verhandlungstermin außerhalb des Gerichtsgebäudes seitens des von der Klägerin gestellten [X.] erklärt, bei Nichtunterzeichnung der Haftungsübernahme werde er das Mandat unverzüglich niederlegen und im Termin nicht auftreten. Eine unter diesen Umständen zustande gekommene Abrede beruht im Hinblick auf die widerrechtliche Drohung auf einer unzulässi-gen Willensbeeinflussung und begründet nach §
311 Abs.
2 [X.] den Anspruch auf Befreiung von der eingegangenen Verbindlichkeit
(vgl. [X.], Urteil vom 4.
Juli 2002, aaO).

III.

Das Urteil des Berufungsgerichts unterliegt daher der Aufhebung (§
562 Abs.
1 ZPO);
die Sache ist, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz 1 ZPO).
Das Beru-fungsgericht muss
die von den [X.]en benannten Beweismittel zur bestritte-

17
18
-
12
-
nen Behauptung der Beklagten, sie sei erstmals vor dem Gerichtstermin mit der Ankündigung einer Mandatsniederlegung konfrontiert worden, erheben.

Kayser
[X.]
[X.]

[X.]
Pape

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.09.2010 -
9 O 12/10
-

O[X.], Entscheidung vom 31.08.2011 -
1 [X.]

Meta

IX ZR 138/11

07.02.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. IX ZR 138/11 (REWIS RS 2013, 8288)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8288

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 138/11

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