Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. XII ZB 624/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6023

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

XII ZB 624/12
vom
8. Mai
2013
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO §§ 114, 574; FamFG § 114 Abs. 2
1.
Ist das Beschwerdegericht in einem [X.] der [X.], dass die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsver-teidigung von der Klärung einer in der Rechtsprechung der Oberlandesge-richte umstrittenen und höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtsfrage abhängt, muss es dem Beschwerdeführer beim Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen insoweit Verfahrenskostenhilfe bewilligen, und zwar auch dann, wenn es die Auffassung vertritt, dass die Rechtsfrage zu Ungunsten des Beschwerdeführers zu entscheiden ist (im [X.] an [X.] vom 17.
März 2004 -
[X.]/02
-
NJW 2004, 2022 und vom 12.
Dezember 2012 -
XII ZB 190/12
-
FamRZ 2013, 369).
2.
Auch in Verfahren der Verfahrenskostenhilfe kann eine Rechtsbeschwerde zum [X.] wirksam nur durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden (im [X.] an Senatsbe-schluss vom 23.
Juni 2010 -
XII
ZB 82/10
-
FamRZ
2010, 1425).
[X.], Beschluss vom 8. Mai 2013 -
XII ZB 624/12 -
KG

AG [X.]/[X.]
-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.]s hat am 8.
Mai
2013 durch den [X.] [X.], die Richterin Dr.
Vézina
und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter und Dr.
Botur
beschlossen:
Der Antragstellerin
wird
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde
gegen den Beschluss des 18.
Zivilsenats

Senat für Familiensachen

des [X.]s in Berlin
vom 30.
Oktober
2012 bewilligt.
Auf die Rechtsbeschwerde wird der vorgenannte Beschluss auf-gehoben, soweit darin die Beschwerde der Antragstellerin gegen die
Versagung von Verfahrenskostenhilfe für die Verfolgung von Unterhaltsansprüchen für die [X.] vom 1.
September 2011 bis zum 31.
August 2012 zurückgewiesen
worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten [X.] und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

-
3
-
Gründe:
I.
Die 1989 geborene
Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Sie
besuchte seit August 2006 die gymnasiale Oberstufe und ging
im Juni 2010 mit dem Erwerb des schulischen Teils der Fachhochschulreife vom Gymnasium ab. Im [X.] an ihren Schulbesuch war
sie zeitweise als Verkäuferin
tätig und absolvierte seit September 2011 ein freiwilliges soziales Jahr bei dem [X.].

.
Im August 2012 hat sie eine Ausbildung zur Erzie-herin aufgenommen.
Mit Antrag vom 16.
September 2011 hat die Antragstellerin gegen den Antragsgegner rückständigen und laufenden Kindesunterhalt geltend gemacht und die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt. Das Amtsgericht hat der Antragstellerin die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten ihrer Rechtsverfolgung versagt. Die gegen diese Entschei-dung gerichtete sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht nach Über-tragung des Verfahrens durch die Einzelrichterin auf den [X.].
Zugleich hat es
die Rechtsbeschwerde zugelassen, soweit der Rechtsver-folgung für die Dauer der Ableistung des freiwilligen [X.] Jahres vom 1.
September 2011 bis zum 31.
August 2012 die Erfolgsaussichten abgespro-chen worden sind. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass die Klärung der

von
ihm verneinten

Frage, ob die Ableistung eines freiwilligen [X.] Jahres schon generell und ohne Zusammenhang mit einem konkreten Ausbil-dungskonzept des Kindes als angemessener Ausbildungsabschnitt im Rahmen einer Gesamtausbildung anzusehen sei, im Hinblick auf eine divergierende Ent-scheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordere.
1
2
-
4
-

II.
Die Rechtsbeschwerde
hat Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde, deren Zulassung das Beschwerdegericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf den [X.]raum vom 1.
September 2011 bis zum 31.
August 2012 beschränkt hat, ist statthaft (§
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG [X.]. §§
127 Abs.
2 Satz
2, 567 Abs.
1 Nr.
1, 574 Abs.
1 Nr.
2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig.
Allerdings hätte die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen werden dürfen. Im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbe-schwerde
unter dem Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts oder der Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung (§
574 Abs.
2 Nr.
2 ZPO) oder der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
574 Abs.
2 Nr.
1 ZPO) nach ständiger Rechtsprechung des [X.]es nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Verfahrenskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18.
Juli 2007

[X.] 11/07

FamRZ 2007, 1720 Rn.
6 und vom 4.
August 2004

XII
ZA 6/04

FamRZ 2004, 1633 f.; [X.] Beschluss vom 22.
November 2011

[X.]/11

NJW-RR 2012, 125 Rn.
10). Hängt die Bewilligung der Verfah-renskostenhilfe aus Sicht des [X.] dagegen allein von der [X.] ab, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinrei-chende Aussicht auf Erfolg bietet, kann die Rechtsbeschwerde wegen dieser Frage nicht zugelassen werden. Indessen ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß §
574 Abs.
3 Satz
2 ZPO auch an eine insoweit rechtsfehlerhafte Zulas-sung der Rechtsbeschwerde gebunden (Senatsbeschluss vom 17.
März 2004

XII
ZB 192/02

NJW 2004, 2022; [X.] Beschlüsse vom 21.
November 2002 3
4
5
-
5
-

V
ZB 40/02

NJW 2003, 1126 und vom 27.
Februar 2003

III ZB 30/02

NJW-RR 2003, 1001).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Beschwerdegericht hätte
die Erfolgsaussichten
der von der Antragstellerin mit ihrem Unterhaltsbe-gehren beabsichtigten Rechtsverfolgung mit der gegebenen Begründung nicht verneinen dürfen.

Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, dass der volljähri-gen Antragstellerin für die Dauer ihres freiwilligen [X.] Jahres schon dem Grunde nach kein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt zustehe, weil sie mangels Darlegung eines tragfähigen, an ihren Begabungen und Fähigkeiten orientierten Ausbildungskonzeptes nicht hinreichend belegt habe, inwieweit
die Ableistung des freiwilligen [X.]
Jahres für ihre später beabsichtigte Berufsausbildung konkret nutzbar gemacht werden könnte. Ferner ist das Beschwerdegericht da-von ausgegangen,
dass es demgegenüber nach einer vom [X.] ([X.], 995
f.) vertretenen Rechtsansicht zum [X.] während des freiwilligen [X.] Jahres solcher Darlegungen nicht bedürfe.
Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfol-gung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Verfahrenskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu [X.]. Das [X.] will den Rechtsschutz, den das
Rechtsstaatsprinzip
erfordert, nicht selbst bieten, sondern erst zugänglich ma-chen ([X.] NJW 1994, 241,
242 und NJW 2000, 1936, 1937;
Senatsbe-schluss vom 4.
August 2004

[X.] 6/04

FamRZ 2004, 1633, 1634 mwN). Ist das Beschwerdegericht daher

wie im vorliegenden Fall

der Auffassung, dass die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung von der Klärung einer in der Recht-6
7
8
-
6
-
sprechung der Oberlandesgerichte umstrittenen und höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtsfrage abhängen, muss es dem Beschwerdeführer beim Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen insoweit Verfahrenskostenhilfe bewilligen, und zwar auch dann, wenn das Beschwerdegericht die Auffassung vertritt, dass die Rechtsfrage zu Ungunsten des Beschwerdeführers zu [X.] ist
([X.] FamRZ 2013, 605, 606; 2013, 685, 686; Senatsbeschluss vom 12.
Dezember 2012

XII
ZB 190/12

FamRZ 2013, 369).
Verweigert es dem Beschwerdeführer dagegen
Verfahrenskostenhilfe und lässt gleichzeitig wegen der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu, widerlegt es damit in aller Regel die Richtigkeit seiner eigenen Entscheidung. Dies muss grundsätzlich ohne nähere Sachprüfung zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht
führen (vgl. Se-natsbeschluss vom 17.
März 2004

[X.]/02

NJW 2004, 2022; [X.]/[X.] 4.
Aufl. §
127 Rn.
36; Musielak/[X.] 9.
Aufl. §
127 Rn.
25).

3. Zur Rechtsmittelbelehrung des
[X.] weist der Senat noch darauf hin, dass die unter Bezugnahme auf §
114 Nr.
4 Nr.
5 FamFG aus-drücklich erteilte Belehrung, wonach sich die Beteiligten im Verfahren der Rechtsbeschwerde in [X.] nicht durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, nicht zutreffend ist. Auch in Verfahren
der Verfahrenskostenhilfe
kann eine Rechts-beschwerde zum [X.] wegen §
114 Abs.
4 Nr.
5
FamFG nur durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt 9
-
7
-
werden (Senatsbeschluss vom 23.
Juni 2010

XII
ZB 82/10

FamRZ 2010, 1425 Rn.
7; [X.]/[X.] FamFG 17.
Aufl. §
114 Rn.
11, 20; Prütting/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
114 Rn.
34; Musielak/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
114 Rn.
6).
Dose

Vézina

Klinkhammer

Günter

Botur

Vorinstanzen:
AG Berlin-[X.]/[X.], Entscheidung vom 09.02.2012 -
18 [X.]/11 -

KG Berlin, Entscheidung vom 30.10.2012 -
18 [X.]/12 -

Meta

XII ZB 624/12

08.05.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. XII ZB 624/12 (REWIS RS 2013, 6023)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6023

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XII ZB 624/12

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