Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.02.2023, Az. XII ZB 402/22

12. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 1247

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Gegenstand

Personenstandssache: Transliteration der Schreibweise persischer Namen in die lateinische Schrift


Leitsatz

Maßgebend für die Schreibweise des Familiennamens und des Vornamens in einem vorzunehmenden Personenstandseintrag ist nach Art. 2 Abs. 1 NamÜbk allein die vorliegende Urkunde.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 3 wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des [X.] vom 18. August 2022 aufgehoben.

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 3 wird der Beschluss des [X.] vom 30. Juli 2020 abgeändert.

Der Antrag auf Berichtigung des [X.] Nr.        des [X.] wird zurückgewiesen.

In allen Instanzen werden Gerichtskosten nicht erhoben und außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten zu 1 (Mutter) und 2 (Vater) sind die aus [X.] stammenden Eltern des am 8. Oktober 2016 in [X.] geboren [X.] Dessen Geburtsname ist im [X.] Geburtenregister als [X.] [X.] eingetragen worden. Dies entspricht der aus dem [X.] in die [X.] Schrift vorgenommenen [X.] des väterlichen Namens in der Schreibweise der für ihn zuletzt ausgestellten, bis 25. Oktober 2016 bzw. 24. August 2018 gültigen Nationalpässe der Islamischen Republik [X.]. Die Beteiligten zu 1 und 2 begehren die Berichtigung des Eintrags in [X.] [X.], was der [X.] Schreibweise in der für den Vater ausgestellten Aufenthaltsgestattung des [X.] sowie in einem für ihn am 3. Juli 2017 ausgestellten [X.] Reiseausweis entspricht. Sowohl der [X.] [X.] mit der Schreibweise [X.] [X.] als auch die [X.] Aufenthaltsgestattung mit der Schreibweise [X.] [X.] waren anlässlich des vorzunehmenden [X.] vorgelegt worden.

2

Der Name einer weiteren Tochter der Beteiligten zu 1 und 2 ist in deren [X.]n [X.] mit [X.]h... (in zusammenhängender Schreibweise) in [X.]r Schrift angegeben, im inländischen Reiseausweis mit [X.] [X.]. (in getrennter Schreibweise). Der Name des Bruders R. des Beteiligten zu 2 ist in seinem [X.]n [X.] und in seinem [X.] Reisepass mit [X.] [X.]. angegeben. Dessen [X.] wird im [X.]n [X.] in dreigliedrig getrennter Schreibweise als [X.] Bouei [X.] geführt. Der Name des weiteren Bruders A. des Beteiligten zu 2 wird im [X.]n [X.] und im [X.] Reiseausweis jeweils mit [X.] [X.] angegeben.

3

Das Amtsgericht hat auf Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 angeordnet, den Geburtseintrag des Betroffenen dahin zu berichtigen, dass sein Geburtsname und der Familienname seines [X.] jeweils [X.] [X.] lauten. Das [X.] hat die Beschwerde der Beteiligten zu 3 (Standesamtsaufsicht) zurückgewiesen. [X.]iergegen richtet sich deren zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

5

1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Der Name einer Person unterliege grundsätzlich dem Recht des Staates, dem die Person angehört. Eine [X.] in die [X.] Schrift werde jedoch durch das [X.] Verfahrensrecht zwingend vorgegeben. Bei der Eintragung in ein Personenstandsregister sei die Schreibweise gemäß Art. 2 des [X.] [X.] ([X.]) buchstabengetreu aus der vorgelegten Abschrift eines [X.]s oder einer anderen vorgelegten Urkunde zu entnehmen. Das Standesamt habe den Namen daher zu Recht aus dem ihm vorgelegten [X.]n [X.] entnommen. Insoweit liege auch kein offensichtlicher Schreibfehler vor, da dem eingeholten Sachverständigengutachten zufolge beide für den Vater verwendeten Schreibweisen seines Namens nach den anerkannten Regeln der [X.] zulässig seien. Dabei gebühre den Urkunden des [X.]eimatstaates Vorrang vor inländischen Urkunden, um die Einheitlichkeit der Personenstandsregister zu wahren.

6

Jedoch sei die spätere Vorlage einer Urkunde des [X.]eimatstaates mit geänderter Namensnennung auch gegenüber einer bereits abgeschlossenen [X.]ung vorrangig und der Eintrag dann zu berichtigen. Zwar habe der Beteiligte zu 2 keine derartige Urkunde vorgelegt. Daran scheitere die Berichtigung aber nicht, da er einen Antrag auf einen neuen [X.]n [X.] mit geänderter [X.] seines Namens mit Erfolg hätte stellen können. Denn nach [X.]m Recht könne unter mehreren zulässigen [X.]en frei gewählt werden, und die Wahl sei auch änderbar. Die Beantragung eines neuen [X.]n [X.]es sei dem Beteiligten zu 2 aber nicht zuzumuten, weil er dann seinen Status als anerkannter Flüchtling verlieren würde.

7

Eine Anpassung der Schreibweise an diejenige der Geschwister des Beteiligten zu 2 sei auch deshalb veranlasst, weil sonst deren gemeinsame väterliche Abstammung nicht ausreichend dokumentiert werde.

8

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

9

a) Die Berichtigung eines abgeschlossenen Registereintrags gemäß §§ 47, 48 PStG setzt eine von Anfang an bestehende Unrichtigkeit voraus. Unrichtig in diesem Sinne ist jeder Eintrag, dessen Inhalt auf der Verletzung materiell- oder verfahrensrechtlicher Vorschriften beruht. Der Begriff der Unrichtigkeit ist weit zu verstehen und umfasst sowohl tatsächlich oder rechtlich unrichtige als auch unvollständige Registereinträge (Senatsbeschluss vom 21. September 2022 - [X.] 504/21 - FamRZ 2023, 27 Rn. 8 mwN).

b) Nach diesen Maßstäben ist der vorgenommene Eintrag nicht unrichtig.

aa) Die Angabe von Familiennamen und Vornamen jeder Person in den [X.] richtet sich ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit nach dem [X.] CIEC-Übereinkommen [X.] über die Angabe von Familiennamen und Vornamen in den [X.] ([X.]) vom 13. September 1973 ([X.] [X.]). Die Anwendung des Abkommens dient der Verbesserung der zwischenstaatlichen Beziehungen unter den Vertragsstaaten auf dem Gebiet des [X.]. Sein sachlicher Anwendungsbereich hängt nicht davon ab, dass der [X.]eimatstaat der Person oder derjenige Staat, der eine heranzuziehende Urkunde ausgestellt hat, dem Abkommen beigetreten ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Oktober 1993 - [X.] 91/93 - FamRZ 1994, 225, 226).

Soll von einer Behörde eines Vertragsstaats eine Eintragung in ein Personenstandsbuch vorgenommen werden und wird zu diesem Zweck eine Abschrift eines [X.]s oder ein Auszug aus diesem oder eine andere Urkunde vorgelegt, die die Familiennamen und Vornamen in den gleichen Schriftzeichen wiedergibt wie in denjenigen der Sprache, in der die Eintragung vorgenommen werden soll, so sind diese Familiennamen und Vornamen buchstabengetreu ohne Änderung oder Übersetzung wiederzugeben (Art. 2 Abs. 1 [X.]).

Zutreffend hat das Standesamt den anlässlich des [X.] vorgelegten [X.]n [X.] des Beteiligten zu 2 als eine „andere Urkunde“ im Sinne der vorgenannten Bestimmung angesehen (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 27. Oktober 1993 - [X.] 91/93 - FamRZ 1994, 225, 226 ff.) und den Familiennamen buchstabengetreu so übernommen, wie er in dieser Urkunde in [X.] Schrift transliteriert aufgeführt war. Die [X.] war nach dem eingeholten Sachverständigengutachten - als eine von mehreren Möglichkeiten - nach den Regeln der Linguistik zulässig vorgenommen worden und enthält damit keinen offensichtlichen Schreibfehler im Sinne von Art. 1 Abs. 4 [X.].

Ebenfalls zutreffend hat das Standesamt nicht auf die ebenfalls vorgelegte [X.] Aufenthaltsgestattung zurückgegriffen, welche seinerzeit ohne Vorlage von Personenstandsurkunden oder [X.]n Passdokumenten ausgestellt worden war und den Namen des Beteiligten zu 2 in einer von ihm angegebenen, abweichenden [X.] wiedergibt. Denn nicht das [X.] Ausweisdokument, sondern nur der von der Islamischen Republik [X.] ausgestellte [X.] ist gemäß den für den [X.]eimatstaat geltenden Bestimmungen aus einer Personenstandsurkunde abgeleitet und als heimatstaatliche Urkunde auch hinsichtlich der darin festgelegten [X.] maßgebend.

bb) Entgegen der Auffassung des [X.]s ist die vorhandene Eintragung auch nicht dadurch unrichtig, dass der Beteiligte zu 2 im Falle einer künftigen Neuausstellung eines [X.]n [X.]es eine andere [X.] Schreibweise seines Namens wählen könnte. Denn zulässiger Anknüpfungspunkt für die Schreibweise des Familiennamens und des Vornamens in einem vorzunehmenden [X.] ist nach Art. 2 Abs. 1 [X.] allein die vorgelegte, existente Urkunde. Die im Übereinkommen normierte Bestimmung, die in einer vorgelegten Urkunde enthaltene Schreibweise buchstabengetreu ohne Änderung oder Übersetzung wiederzugeben, wahrt nicht nur die Souveränität des [X.]eimatstaats, dessen Recht der Name einer Person auch hinsichtlich der Schreibweise unterliegt (vgl. BG[X.]Z 121, 305 = FamRZ 1993, 935, 937), sondern sie soll auch und vor allem eine einheitliche Angabe von Familiennamen und Vornamen in den Personenstandsregistern der einzelnen [X.] gewährleisten (vgl. Präambel und Art. 6 [X.]) und dient damit vorrangig öffentlichen Ordnungsinteressen. In Anbetracht dieses Regelungszwecks kann nicht auf bloße heimatstaatliche Wahlmöglichkeiten abgestellt werden, die urkundlich nicht umgesetzt sind und deshalb auch für andere [X.] keine bindende Festlegung darstellen.

Schließlich ist eine Anpassung der Schreibweise an diejenige der Geschwister des Beteiligten zu 2 auch nicht aus dem vom [X.] hervorgehobenen Interesse geboten, die gemeinsame väterliche Abstammung zu dokumentieren. [X.]ierfür fehlt es bereits an einer personenstandsrechtlichen Rechtsgrundlage. Das Fehlen einer solchen stellt auch keine im Wege der Analogie zu überwindende planwidrige Regelungslücke dar. Denn soweit das vom [X.] herangezogene [X.] Namensrecht (auch) der Dokumentation einer väterlichen Abstammungslinie dient, schöpft es diese allein aus der heimatstaatlichen, persischen Schreibweise des Namens. Im Übrigen haben hinsichtlich der [X.] weder die [X.] Behörde noch der Beteiligte zu 2 nach seinen eigenen Angaben eine übereinstimmende Schreibweise unter den Geschwistern oder in väterlich aufsteigender Linie verfolgt. Jedenfalls haben die vom [X.] getroffenen Feststellungen zum Inhalt des [X.]n Rechts ergeben, dass die [X.] unter den hier in Rede stehenden Varianten frei wählbar wäre und somit nicht nur nicht aus linguistischen Gründen, sondern auch nicht zur Dokumentation einer Abstammung zwingend vorgegeben ist.

3. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben.

Anstelle der beantragten Berichtigung ist auch keine Maßgabenordnung hinsichtlich einer vorzunehmenden Folgebeurkundung (§§ 27 Abs. 3 Nr. 2, 49 Abs. 1 PStG) auszusprechen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 29. Juni 2022 - [X.] 153/21 - FamRZ 2022, 1455 Rn. 31). Denn auch eine Folgebeurkundung könnte sich gemäß Art. 2 Abs. 1 [X.] nur auf eine Abschrift eines [X.]s oder auf einen Auszug aus diesem oder auf eine andere Urkunde stützen, woran es hier fehlt.

Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind. Der Antrag auf Berichtigung des [X.] ist zurückzuweisen.

Günter     

  

Klinkhammer     

  

Nedden-Boeger

  

Botur     

  

Pernice     

  

Meta

XII ZB 402/22

08.02.2023

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 18. August 2022, Az: 2 W 5/21

Art 2 Abs 1 CIECNamÜbk, § 47 PersStdG, § 48 PersStdG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.02.2023, Az. XII ZB 402/22 (REWIS RS 2023, 1247)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1247


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 W 5/21

OLG Bamberg, 2 W 5/21, 23.12.2021.


Az. XII ZB 402/22

Bundesgerichtshof, XII ZB 402/22, 08.02.2023.


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XII ZB 153/21

XII ZB 504/21

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