Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2012, Az. 1 StR 158/12

1. Strafsenat | REWIS RS 2012, 5283

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 158/12

vom
26. Juni
2012
in der Strafsache
gegen

wegen
Vergewaltigung u.a.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 26. Juni
2012
beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 2. Dezember 2011 im [X.] der Sicherungsverwahrung mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels,
an eine andere Strafkammer des [X.]s zurück-verwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten u.a. wegen Vergewaltigung in [X.] mit schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern sowie weiteren Fällen von schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern zu einer [X.] von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Sicherungsverwah-rung angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der auf mehrere Verfahrensrügen und auf die Sachrüge gestützten Revision, welche mit der auf § 265 StPO gestützten Verfahrensrüge bezüglich der Anordnung der Siche-rungsverwahrung Erfolg hat.
Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der [X.] zum Schuldspruch und zum Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Dies gilt insbesondere auch für die Rüge, zum Nachteil des Angeklagten sei eine Verteidigererklärung 1
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dem Urteil zugrunde gelegt worden, obgleich er sich diese nicht zu Eigen [X.] habe;
denn nach der erfolgten Berichtigung des [X.] ist das Gegenteil erwiesen.
1. Demgegenüber greift die auf die Verletzung der Hinweispflicht gemäß § 265 StPO gestützte Rüge des Angeklagten durch. Dem liegt folgendes [X.] zugrunde:
In der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] findet sich im [X.] kein Hinweis darauf, dass die Anordnung einer Sicherungsverwahrung gegen den Angeklagten in Betracht kommt. Die Ladung zur Hauptverhandlung, allerdings nur an den [X.] gerichtet, enthielt demgegenüber folgenden maschinenschriftlichen Zu-satz: "Gem. § 265 StPO wird darauf hingewiesen, dass aufgrund des Gutach-tens des SV A.

vom 21.09.11 die Unterbringung des Angeklagten im [X.] nach § 66
StGB in Betracht kommt. Auf richterliche Anordnung:

Im [X.] vom 14. November 2011 findet sich fol-gende Eintragung: Der Angeklagte wurde vom Vorsitzenden gemäß § 243 Abs.
5 StPO darüber belehrt, dass es ihm freistehe, sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Dabei wurden vom Vorsitzenden einerseits die durch ein mindestens teilweises Geständnis möglichen Verfahrensvorteile, anderer-seits -
ohne dass ein nochmaliger förmlicher Hinweis nach § 265 StPO erfolg-te
-
die im Falle einer Verurteilung auch wegen Vergewaltigung drohende [X.] angesprochen.
2. Da weder die Revisionsgegenerklärung noch dienstliche Äußerungen das Gegenteil bekunden, ist danach davon auszugehen, dass dem Angeklag-ten ein förmlicher Hinweis entsprechend § 265 StPO nicht erteilt wurde
(zu 3
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dessen Erforderlichkeit vgl. [X.], 297 und [X.], 227). Dabei kann dahinstehen, ob der Zusatz in der [X.] hierfür [X.] gewesen wäre, denn insoweit wurde dieser Hinweis nur dem Verteidiger, nicht aber dem Angeklagten erteilt, was aber gemäß § 265 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StPO ([X.][X.], 6. Aufl., § 265 Rn. 19) erforderlich gewesen wäre.
3. Der Angeklagte konnte -
anders als bei dem der Entscheidung [X.], 249 zugrunde liegenden Sachverhalt -
einen entsprechenden Hin-weis auch nicht aus einem Gerichtsbeschluss entnehmen, wonach die [X.] eines Gutachtens zur Frage der Anordnung der Sicherungsverwahrung beschlossen wurde; denn ein solches Gutachten war nicht vom Gericht, son-dern noch vor Anklageerhebung von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben worden.
Nachdem sich insoweit weder aus dem [X.], noch aus der Revisionsgegenerklärung der Staatsanwaltschaft und dienstlichen Äußerungen Hinweise hierauf ergeben, muss der Senat davon ausgehen, dass der Angeklagte aus dem Gang der Hauptverhandlung nicht unzweifelhaft und eindeutig entnehmen konnte, dass im Urteil gegen ihn die Sicherungsverwah-rung angeordnet werden könnte.
4. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil bezüglich der [X.] auf dem Rechtsfehler beruht. Die Revision begründet überzeugend, dass der Angeklagte, wenn er vom Gericht einen ent-sprechenden Hinweis erhalten hätte, sich anders und wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Insbesondere hätte er, abweichend von seiner Ver-teidigungsstrategie, weder Angaben zur Sache noch zu seinen persönlichen Verhältnissen zu machen, sich dann zur Sache eingelassen und auch Angaben zu den persönlichen Verhältnissen gemacht. Jedenfalls hätte er auch Angaben 7
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zu seinen Therapiebemühungen gemacht, so dass der Sachverständige eine neue Bewertung hätte vornehmen können.
Das Urteil ist daher aufzuheben, soweit gegen den Angeklagten die Maßregel der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist.
[X.]Wahl Hebenstreit

Graf

Jäger
10

Meta

1 StR 158/12

26.06.2012

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2012, Az. 1 StR 158/12 (REWIS RS 2012, 5283)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5283

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