Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2008, Az. 4 StR 267/08

4. Strafsenat | REWIS RS 2008, 2056

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[X.] vom 11. September 2008 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 11. September 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. [X.]ebruar 2008 mit den [X.]eststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] als Jugendschutzkammer des Landge-richts zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tatein-heit mit schwerem sexuellem Missbrauch eines Kindes zu einer [X.]reiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision gegen dieses Urteil rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg. 1 1. Nach den [X.]eststellungen des [X.]s vollzog der Angeklagte in der Nacht zum [X.] mit seiner damals 9jährigen Stieftochter, die ihn in seiner Wohnung besucht hatte, unter Anwendung von Gewalt den Geschlechtsverkehr. Nach der Tat befahl er dem Mädchen, [X.] von dem Vorfall zu erzählen, und drohte, es zu töten, wenn es sich nicht an seine Anweisung halten würde. In der [X.]olgezeit hatten die Geschädigte und der Angeklagte nur noch wenig Kontakt. Als sie Ende des Jahres 2006 eine 2 - 3 - Praktikumsstelle in einem Altenheim antreten wollte und sich deshalb am 26. Oktober 2006 amtsärztlich untersuchen lassen musste, traten bei ihr die Erinne-rungen an die Tat wieder hervor, als der Arzt sie aufforderte, sich freizumachen. Sie fiel in einen Schockzustand und musste in ein Krankenhaus gebracht wer-den. Ihrer Mutter erklärte sie, Ursache ihres Zusammenbruchs sei die verfah-rensgegenständliche Tat gewesen. Am 30. Oktober 2006 erstattete dann die Mutter der Geschädigten Strafanzeige gegen den Angeklagten. Der Angeklagte hat die ihm vorgeworfene Tat bestritten; der Tatvorwurf sei das Resultat einer Intrige seiner von ihm geschiedenen Ehefrau. Das Land-gericht folgte jedoch der Aussage der Geschädigten, auf deren Angaben die [X.]eststellungen zur Tat beruhen. 3 2. Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 4 In einem [X.]all, in dem - wie hier - Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung allein davon abhängt, welchen Angaben das Gericht folgt, müs-sen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen ein-bezogen hat (st. Rspr., vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 14, 17, 23, 29). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. 5 Nach den Urteilsfeststellungen machte das Tatopfer erstmals mehr als sieben Jahre nach der Tat die zu der Anzeigeerstattung führenden Angaben zu der Vergewaltigung durch den Angeklagten. Die [X.] meint, der [X.] sei eine fiseelische Aufarbeitungfi des verfahrensgegenständlichen Vorfalls nicht möglich gewesen, so dass sich bei ihr als [X.]olge der Tat ([X.], 17) eine chronische Anpassungsstörung ([X.]: [X.]) gebildet habe, die 6 - 4 - schließlich den zur Anzeigeerstattung führenden Nervenzusammenbruch bei der amtsärztlichen Untersuchung im Jahre 2006 ausgelöst habe. Nach der [X.] zu Kapitel [X.]: [X.] beginnt die von der [X.] he-rangezogene Störung im Allgemeinen innerhalb eines Monats nach dem [X.] Ereignis und die Symptome halten meist nicht länger als sechs Monate an (vgl. [X.] et al., Internationale Klassifikation psychischer Störungen Œ ICD 10 Kapitel V ([X.]) 6. Aufl. [2008] S. 185). Hierzu verhält sich das Urteil nicht. [X.] kommt, dass die Geschädigte von ihrem [X.]reund [X.]schwanger wurde und mit 16 Jahren, also vor der amtsärztlichen Untersuchung, einen [X.] zur Welt brachte ([X.]). Da davon auszugehen ist, dass die Vorbereitung der Geburt und die Geburt selbst ärztlich begleitet wurden, hätte auch erörtert werden müssen, warum es erst aufgrund der amtsärztlichen Untersuchung und nicht schon durch die ärztlichen Untersuchungen zuvor zu dem zur [X.] führenden "Schockzustand" bei der Geschädigten kam. Die Sache muss daher neu verhandelt und entschieden werden, wobei sich die nunmehr erkennende [X.] im Hinblick auf die Besonderhei-ten des Sachverhalts sachverständiger Hilfe (vgl. hierzu [X.], 490) bedienen sollte. Neben der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage wird insbesondere auch den im Urteil angedeuteten fipsychischen Auffälligkei-tenfi bei der Geschädigten ([X.], 12) nachzugehen sein. [X.]alls es zu einer er-neuten Verurteilung des Angeklagten kommen sollte, werden das zur Tatzeit 7 - 5 - geltende Strafgesetz anzuwenden und bei der Straffindung der inzwischen ein-getretene Zeitablauf zu berücksichtigen sein (vgl. [X.], 234, 235 f.). RiBGH Maatz ist wegen Kuckein Athing Urlaubs ortsabwesend und deshalb verhindert zu unterschreiben. Kuckein Ernemann Mutzbauer

Meta

4 StR 267/08

11.09.2008

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2008, Az. 4 StR 267/08 (REWIS RS 2008, 2056)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2056

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