Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2009, Az. 5 StR 225/09

5. Strafsenat | REWIS RS 2009, 2577

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5 [X.]/09 [X.]BESCHLUSS vom 9. Juli 2009 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 9. Juli 2009 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 23. Februar 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen. G r ü n d e
1 Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in [X.] mit schwerem sexuellem Missbrauch eines Kindes und mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Von dem Vorwurf dreier weiterer Missbrauchstaten zum Nachteil der Nebenklägerin hat es den Angeklagten freigesprochen. Die Revision des Angeklagten rügt mit Erfolg die Verletzung sachlichen Rechts. 1. Nach den Feststellungen des [X.]s missbrauchte der Ange-klagte am Abend des 10. Dezember 2007 die damals 11-jährige Tochter M.

seiner aus [X.] stammenden Ehefrau, indem er gegen ihren Willen un-ter Einsatz körperlicher Gewalt in kurzem zeitlichem Abstand zweimal mit seinem Geschlechtsteil zumindest teilweise in ihre Scheide eindrang. 2 Der Ehefrau des Angeklagten war am folgenden Morgen aufgefallen, 3 - 3 - dass ihre Tochter —[X.] laufe. Sie argwöhnte sofort, dass zwischen [X.]und dem Angeklagten —etwas [X.] geschehen sei, und befragte ihre Tochter, die dies jedoch trotz intensiver Vorhalte zunächst verneinte. Nachdem [X.]aus der Schule zurückgekehrt war, befragte die Mutter sie erneut. Dabei drohte sie, mit [X.]zum Arzt zu gehen, der die Polizei rufen werde, wenn er feststelle, dass sie Sex gehabt habe. Nachdem [X.]sich versichert hatte, dass ihre Mutter niemandem etwas verraten würde, äußerte sie, dass —[X.] mit ihr geschlafenfi habe. Die Mutter erlitt daraufhin einen Herzanfall und musste im Krankenhaus behandelt werden. [X.]wurde [X.] vernommen und berichtete den Sachverhalt, wie vom [X.] festgestellt. Es sei [X.] gewesen, dass der Stiefvater sie unsittlich berührt habe. Sie sei jedoch mit neun Jahren von [X.] [X.] schon einmal missbraucht worden. Bei der noch am selben Abend durchgeführten gynäkologischen Untersuchung wurde ein frischer Einriss ihres Hymenalsaums festgestellt. Nachdem die Mutter das Krankenhaus wieder verlassen hatte, drang sie weiter auf ihre Tochter ein und verlangte eine Erklärung, warum sie kein Blut in deren Bett gefunden habe. [X.]be-richtete ihr daraufhin, dass der Angeklagte insgesamt fünfmal den [X.] an ihr vollzogen habe; beim [X.] habe sie geblutet. Bei einer danach veranlassten erneuten frauenärztlichen Untersuchung [X.] eine relativ weite Hymenalöffnung mit einem vergleichsweise abgeflach-ten Hymenalsaum festgestellt. 2. Die Beweiswürdigung des [X.]s hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand, da sie Lücken und im entscheidenden Punkt einen Denkfehler aufweist. 4 a) Der Angeklagte hat die ihm von der Anklage angelasteten Tatvor-würfe bestritten. Die [X.] beruhen [X.] soweit sie aus tatsächlichen Gründen erfolgt sind [X.] darauf, dass die [X.] die Verurteilung des Angeklagten nicht alleine auf die Aussagen des geschädigten Kindes zu stützen vermochte. Die [X.] hat dabei in zutreffender Weise [X.] - 4 - besondere berücksichtigt, dass bei der Würdigung der Aussage kindlicher Zeugen der Entstehungsgeschichte der Beschuldigung besondere Bedeu-tung zukommt (vgl. [X.], 227; 1995, 6, 7; 1998, 250; 1999, 306; [X.], 496, 497). Nach dem eingeholten [X.], dem sich das [X.] aufgrund eigener Prüfung angeschlossen hat, bestanden nachvollziehbare Zweifel an der Realitätsbezogenheit der Aussagen. Der Sachverständige hat auf eine —mögliche bewusste oder [X.] durch das Kind infolge der —extremen Einwir-kungfi der Mutter hingewiesen. Das [X.] hat sich bei den Teilfreisprü-chen [X.] soweit sie aus tatsächlichen Gründen erfolgten [X.] außerdem davon leiten lassen, dass die Angaben der Geschädigten zum Tatgeschehen nur zu den Randbedingungen einige Realkennzeichen aufwiesen und Inkonstanzen hinsichtlich der Häufigkeit des Geschehens zeigten. Schließlich hatte [X.] auch die zunächst gegenüber der Polizei erhobene Behauptung, sie sei be-reits mit neun Jahren von [X.] [X.] missbraucht [X.], gegenüber dem Sachverständigen nicht aufrecht erhalten. 6 b) Das [X.] hat zutreffend gesehen, dass angesichts der Zwei-fel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten als der einzigen Belastungszeugin, die zu [X.]n hinsichtlich angeblicher früherer Taten führen, ihren Angaben zu der Tat vom Dezember 2007 nur insoweit gefolgt werden kann, als außerhalb ihrer Aussage Gründe von Gewicht für ihre Glaubhaftigkeit vorliegen (vgl. BGHSt 44, 153, 159). Indes ist ihr bei der Bewertung des die problematische Aussage stützenden Umstandes ein Denkfehler unterlaufen. Bei ihrer Überzeugungsbildung berücksichtigt die [X.], dass die Nebenklägerin das zur Verurteilung führende [X.] —von Anfang an in mehreren Befragungen – im wesentlichen in gleicher Weise – und dabei auch einige Einzelheiten in Form von Hin- und [X.] des Angeklagten mit dem Unterleib geschildert hatfi. Zwar könne auch diese Aussage isoliert betrachtet wegen des dargelegten, von der Mutter unbeabsichtigt auf die Tochter ausgeübten Drucks und der damit möglicherweise verbundenen suggestiven Wirkung den Angeklagten nicht - 5 - überführen. Die [X.] sieht jedoch in dem objektiven Befund des frisch eingerissenen Hymenalsaums —ein derart gewichtiges Indiz für die Tä-terschaft des Angeklagten, dass insoweit aufgrund der Angaben der [X.] in Verbindung mit der festgestellten Verletzung eine Verurteilung erfolgen musstefi. Die [X.] setzt sich dabei nicht mit der [X.] nach ärztlichen Angaben bestehenden, indes lediglich am Rande erwähnten ([X.]) [X.] Möglichkeit auseinander, dass die Verletzung auch durch eine andere trau-matische Einwirkung verursacht worden sein kann, da sie es für ausge-schlossen hält, dass die Verletzung —zufällig gerade zu dem [X.] auf andere Weise zustande gekommen sein kann. Diese Formulierung legt nahe, dass das [X.] die belastende Aussage des Kindes und das Vorliegen einer frischen Verletzung des Hymens als Ereignisse gesehen hat, die [X.] ihres —zufälligenfi Zusammentreffens dafür sprechen, dass der Ange-klagte die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat. Dieser Bewertung fehlt indes die Grundlage. Die [X.] und seine Unterleibsver-letzung trafen gerade nicht zufällig zusammen, standen vielmehr in einem Zusammenhang: Es war nämlich die von der Mutter aufgrund des —breitbeini-genfi Laufens der Tochter angenommene Verletzung im Intimbereich, die zu der intensiven Befragung des Kindes führte. Aufgrund der angenommenen Unabhängigkeit des [X.] von der Aussage des Kindes hat die Strafkammer ihm die Bedeutung eines außerhalb der Aussage gelegenen Indizes zugemessen, die ihm nach den konkreten Begleitumständen des [X.] nicht ohne weiteres zukommt. Das [X.] hätte in diesem Zusam-menhang erwägen und erörtern müssen, ob das Zusammentreffen von [X.] und belastender Aussage auch darin eine Erklärung finden kann, dass die Verletzung auf andere Weise entstanden ist und es sich bei den belastenden Angaben des Kindes um eine von der Mutter suggerierte Falschaussage handelt. 7 3. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass sich das 8 - 6 - neue Tatgericht trotz der sich nur auf den verurteilenden Teil erstreckenden Aufhebung im Rahmen der Beweiswürdigung eingehend auch mit den [X.] zu befassen haben wird, obwohl eine Verurteilung insoweit nicht mehr möglich ist. Es wird zu klären haben, ob es etwa aussagekräftige Untersuchungen der von der Mutter gefundenen spermaverdächtigen Spuren in der nachts getragenen Hose ihrer Tochter gegeben hat. Den [X.] der ursprünglichen Angaben der Nebenklägerin über ihren zurückliegen-den sexuellen Missbrauch in [X.] und der Zurücknahme dieser Behauptung wird erhöhte Aufmerksamkeit und Erörterung zu widmen sein. [X.] Raum [X.] König

Meta

5 StR 225/09

09.07.2009

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2009, Az. 5 StR 225/09 (REWIS RS 2009, 2577)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2577

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