Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.09.2022, Az. XI R 28/20

11. Senat | REWIS RS 2022, 9016

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Gegenstand

Steuerentstehung und -berichtigung bei späterer Vereinnahmung des Entgelts


Leitsatz

Die Steuer entsteht auch dann mit der Leistungsausführung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 1 und 2 UStG), ohne dass es zu einer Steuerberichtigung (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 1 UStG) kommt, wenn der Unternehmer für die Errichtung einer Photovoltaikanlage mit dessen Betreiber vereinbart, dass das Entgelt hierfür nur insoweit geschuldet wird, als es durch Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden kann (Anschluss an das BFH-Urteil vom 01.02.2022 - V R 37/21 (V R 16/19), BFHE 275, 460).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 25.10.2018 - 14 K 2375/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GbR, die am 20.09.2011 gegründet wurde.

2

Mit Vertrag vom 15.11.2011 verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der [X.] ([X.]), als Generalunternehmerin eine Photovoltaikanlage zu errichten. Von der vereinbarten Gesamtvergütung in Höhe von 1.258.000 € zuzüglich Umsatzsteuer waren nach der Montage aller Module auf den [X.] 450.000 €, nach der Installation der [X.] mit Vorbereitung für den Netzanschluss weitere 450.000 € und nach einem Probebetrieb von zehn Monaten die restlichen 358.000 € zu zahlen. Die Teilbeträge sollten jeweils nur insoweit zur Zahlung fällig werden, als sie von [X.] aus den laufenden Einnahmen der Stromeinspeisung beglichen werden konnten.

3

Die Klägerin stellte [X.] unter dem 19.12.2011 für die noch im [X.] ausgeführte Montage aller Module auf den [X.] 450.000 € zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Hierauf gingen am 21.12.2011 auf dem Konto der Klägerin 77.350 € ein.

4

Die Klägerin gab in ihrer Umsatzsteuererklärung für das [X.] Umsätze zu 19 % in Höhe des vereinnahmten Entgelts von (netto) 65.000 € an. Dieser zu einer Steuervergütung führenden Steueranmeldung stimmte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --F[X.]--) nicht zu. Das F[X.] nahm die Gestattung der [X.] nach § 130 [X.]bs. 2 Nr. 3 und 4 der [X.]bgabenordnung mit Wirkung für die Vergangenheit zurück und ermittelte die Steuer nach vereinbarten Entgelten. Es setzte mit [X.] vom 23.08.2012 die Umsatzsteuer für das [X.] auf 66.499,96 € fest. Dabei ging es von Umsätzen zu 19 % mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe von (netto) 450.000 € aus.

5

Die Klägerin stellte in 2012 über die Installation der [X.] mit Vorbereitung für den Netzanschluss sowie nach dem Probebetrieb Rechnungen in Höhe von 450.000 € bzw. 358.000 € jeweils zuzüglich Umsatzsteuer aus. In ihrer Umsatzsteuererklärung für das [X.] berücksichtigte die Klägerin Umsätze zu 19 % in Höhe des vereinnahmten Entgelts von (netto) 52.000 €. [X.]uch dieser gleichfalls zu einer Steuervergütung führenden Steueranmeldung stimmte das F[X.] nicht zu. Es setzte die Umsatzsteuer für das [X.] dagegen mit [X.] vom 21.03.2014 nach den vereinbarten Entgelten in Höhe von (netto) 808.000 € auf 142.770,87 € fest.

6

Mit Einspruchsentscheidung vom 13.07.2016 wies das F[X.] die Einsprüche der Klägerin u.a. gegen die [X.] für die Jahre 2011 und 2012 (Streitjahre) zurück.

7

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 485 veröffentlichten Urteil ab. Nach dem Urteil des [X.] war die Klägerin nicht zur [X.] berechtigt, da die hierfür erforderliche Gestattung vom F[X.] wirksam zurückgenommen worden sei. Die Klägerin habe daher ihre Umsätze mit Leistungsausführung unabhängig von einer Entgeltvereinnahmung zu versteuern.

8

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

9

Mit Urteil vom 11.11.2020 - XI R 41/18 ([X.], 261) hat der erkennende Senat die Wirksamkeit der Rücknahme der Gestattung bestätigt. Zuvor hatte der Senat das Verfahren wegen Umsatzsteuer für 2011 und 2012 gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 73 [X.]bs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) abgetrennt.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 13.07.2016 aufzuheben sowie die Umsatzsteuerbescheide für 2011 und 2012 vom 23.08.2012 bzw. 21.03.2014 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2011 und 2012 auf ./. 6.650,04 € bzw. ./. 869,13 € festgesetzt wird.

Das F[X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a [X.]O. Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon --unter Hinweis auf die maßgeblichen Gründe-- unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Revision der Klägerin ist zwar zulässig (vgl. dazu Urteil des [X.] --BFH-- in [X.], 261, Rz 16 ff.), jedoch unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Das [X.] hat zu Recht dahin erkannt, dass die [X.] für die Streitjahre vom 23.08.2012 und vom 21.03.2014 rechtmäßig sind, und die Klage zu Recht abgewiesen. Die Steuer entsteht auch dann mit der Leistungsausführung (§ 13 [X.]bs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--), ohne dass es zu einer Steuerberichtigung (§ 17 [X.]bs. 2 Nr. 1 und [X.]bs. 1 Satz 1 UStG) kommt, wenn der Unternehmer für die Errichtung einer Photovoltaikanlage mit dessen Betreiber vereinbart, dass das Entgelt hierfür nur insoweit geschuldet wird, als es durch Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden kann.

1. Die Klägerin hat steuerbare sonstige Leistungen i.S. des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ausgeführt, für die sie die Steuer schuldet.

Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass die i.S. des § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG unternehmerisch tätige Klägerin in den Streitjahren als Generalunternehmerin eine Photovoltaikanlage für [X.] gegen ein Entgelt in Höhe von insgesamt 1.258.000 € zuzüglich Umsatzsteuer im Inland errichtete. Sie hat mit ihren erbrachten Montage- und Installationsarbeiten sonstige Leistungen i.S. des § 3 [X.]bs. 9 Satz 1 UStG ausgeführt, die gemäß § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbar sind.

Die Klägerin schuldet hierfür die Steuer, da sie gemäß § 13a [X.]bs. 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldnerin ist. Zu einer Umkehr der Steuerschuldnerschaft i.S. des § 13b [X.]bs. 5 Satz 2 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung (a.[X.]), so dass [X.] als Leistungsempfängerin die Steuer für die von der Klägerin erbrachten sonstigen Leistungen schulden würde, kommt es jedenfalls nicht, da [X.] die von der Klägerin empfangene Leistung nicht selbst zur Erbringung einer bauwerksbezogenen Werklieferung oder sonstigen Leistung i.S. von § 13b [X.]bs. 5 Satz 2 UStG a.[X.] verwendet hat (vgl. BFH-Urteile vom 22.08.2013 - V R 37/10, [X.], 20, [X.] 2014, 128; vom 11.12.2013 - XI R 21/11, [X.], 115, [X.] 2014, 425).

2. Die Steuer für die Errichtung der Photovoltaikanlage ist mit [X.]blauf des [X.] entstanden, in dem die jeweilige Teilleistung ausgeführt wurde.

a) Nach § 13 [X.]bs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten ([X.] i.S. des § 16 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG) mit [X.]blauf des [X.], in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Dies gilt auch für Teilleistungen (§ 13 [X.]bs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 UStG). Teilleistungen liegen nach § 13 [X.]bs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird.

b) [X.] beruht § 13 [X.]bs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG auf [X.]rt. 63 der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), wonach Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt eintreten, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird. Die nationale Regelung für Teilleistungen ergibt sich aus [X.]rt. 64 [X.]bs. 1 MwStSystRL. Geben Lieferungen von Gegenständen, die die Vermietung eines Gegenstands oder den Ratenverkauf eines Gegenstands i.S. des [X.]rt. 14 [X.]bs. 2 Buchst. b MwStSystRL betreffen, und Dienstleistungen zu aufeinander folgenden [X.]brechnungen oder Zahlungen [X.]nlass, gelten sie jeweils als mit [X.]blauf des Zeitraums bewirkt, auf den sich diese [X.]brechnungen oder Zahlungen beziehen.

Zu [X.]rt. 64 [X.]bs. 1 MwStSystRL hat der [X.] ([X.]) entschieden, dass eine in Raten vergütete einmalige Dienstleistung nicht in den [X.]nwendungsbereich dieser Bestimmung fällt. Der [X.] begründet dies damit, dass [X.]rt. 64 [X.]bs. 1 MwStSystRL nur Leistungen mit "kontinuierlichem oder wiederkehrendem Charakter" erfasst, die in den Zeiträumen erbracht werden, auf die sich die hierfür erfolgenden Zahlungen beziehen (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 28.10.2021 - [X.]/20, [X.]:[X.], Rz 38 und Rz 45; BFH-Urteil vom 01.02.2022 - V R 37/21 ([X.]), [X.], 460, Rz 24). Die Bestimmung gelte daher nicht für eine einmalige Leistung, selbst wenn diese nur in Raten vergütet werde (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 39; BFH-Urteil in [X.], 460, Rz 24), da ihr Beendigungszeitpunkt anhand des Vertragsverhältnisses zwischen den [X.] exakt bestimmbar sei (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 46; BFH-Urteil in [X.], 460, Rz 24). Zudem entsteht der Steueranspruch gemäß [X.]rt. 63 MwStSystRL zum Zeitpunkt der [X.]usführung des jeweiligen Umsatzes unabhängig davon, ob die für diesen Umsatz geschuldete Gegenleistung bereits entrichtet wurde. Daher schuldet der Lieferer oder der Dienstleistungserbringer dem Fiskus die Mehrwertsteuer, selbst wenn er von seinem Kunden noch keine Zahlung für den bewirkten Umsatz erhalten hat (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 54). Dementsprechend kommt eine Einschränkung der [X.] dergestalt, dass der Unternehmer Leistungen nur auf bereits fällige [X.] zu versteuern hat, nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteil in [X.], 460, Rz 20). Der [X.] sieht insoweit den Umstand, dass die Steuerpflichtigen die Mehrwertsteuer vorfinanzieren müssen, als unbeachtlich an ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 51).

c) Daraus folgt für den Streitfall, dass über die [X.], [X.] und den Probebetrieb hinaus keine Teilleistungen vorliegen.

aa) Hinsichtlich der noch im Streitjahr 2011 ausgeführten Montage aller Module auf den [X.], die die Klägerin am 19.12.2011 der [X.] mit 450.000 € zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellte, ist eine Teilleistung i.S. des § 13 [X.]bs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG gegeben. Insoweit war nach der vertraglichen Regelung vom 15.11.2011 für bestimmte Teile (die Montage aller Module auf den [X.]) einer wirtschaftlich teilbaren Leistung (die von der Klägerin als Generalunternehmerin geschuldete Errichtung einer Photovoltaikanlage) das Entgelt (mit einem Teilbetrag in Höhe von 450.000 € zuzüglich Umsatzsteuer) gesondert vereinbart. [X.]uch das unionsrechtliche Erfordernis einer Leistung mit "kontinuierlichem oder wiederkehrendem Charakter" ist insoweit gegeben, da diese Leistung im Rahmen der von der Klägerin als Generalunternehmerin fortlaufend geschuldeten Errichtung einer Photovoltaikanlage erbracht wurde. Die vom nationalen Recht geforderte wirtschaftliche Teilbarkeit entspricht diesem Charakter, da er sowohl eine zeitliche wie auch eine sachliche Teilbarkeit (vgl. hierzu [X.]/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 13 Rz 82; Wäger in Wäger, UStG, 2. [X.]ufl., § 13, Rz 34 und [X.]bschn. 13.4. Beispiel 1 und 2 des Umsatzsteuer-[X.]nwendungserlasses) erfasst, wie das vom [X.] angeführte Beispiel wiederkehrender Rechtsberatungsleistungen zeigt.

Das gilt gleichermaßen für die das Streitjahr 2012 betreffenden Teilleistungen (oder Leistungen) in Gestalt der Installation der [X.] mit Vorbereitung für den Netzanschluss und des Probebetriebs, deren Entgelte mit weiteren 450.000 € und 358.000 € jeweils zuzüglich Umsatzsteuer gesondert vereinbart waren.

Davon ist das F[X.] bei den angefochtenen [X.] für die beiden Streitjahre ausgegangen, ohne dass dies zwischen den Beteiligten streitig ist. Wäre demgegenüber die [X.]nnahme selbständiger Teilleistungen zu verneinen, lägen mehrere eigenständige Leistungen vor. Ob dies auch für den Probebetrieb gilt, ist nach den Verhältnissen des Streitfalls nicht zu entscheiden, da es sich ansonsten nur um ein Zusatzentgelt für die mit der Installation der [X.] ausgeführte Leistung handeln könnte.

bb) Die vertragliche [X.]brede, dass die jeweiligen Teilbeträge jeweils nur insoweit zur Zahlung fällig werden sollten, als sie von [X.] aus den laufenden Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden konnten, führt zu keiner anderen Beurteilung.

So ergibt sich hieraus nicht die [X.]nnahme weitergehender Teilleistungen. Zwar war die Fälligkeit der jeweiligen Teilbeträge für die jeweils ausgeführten Teilleistungen nach Maßgabe des [X.] durch die laufenden Einnahmen aus der Stromeinspeisung bedingt und insoweit in Raten zu zahlen. Bei diesen Teilleistungen handelt es sich jeweils um einmalige Leistungen, die bedingt durch die vertraglich vereinbarte Fälligkeitsabrede jeweils in Raten vergütet werden sollten. Dies reicht jedoch für die [X.]nnahme von weiteren Teilleistungen, die in Höhe der jeweiligen Rate vergütet werden, nicht aus (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 39; BFH-Urteil in [X.], 460, Rz 24).

Zudem führt auch bei der [X.] nach § 13 [X.]bs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 UStG der Umstand, dass das für die jeweiligen Teilleistungen jeweils vereinbarte Entgelt nur insoweit zur Zahlung fällig werden sollte, als es von [X.] aus den laufenden Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden konnte, nicht zum Hinausschieben der Steuerentstehung bis zur jeweiligen Fälligkeit. Die Steuerentstehung für die jeweilige Teilleistung, die die Klägerin ausgeführt hat, ist mithin ebenfalls nicht auf bereits fällige [X.] beschränkt.

3. Die Klägerin ist nicht berechtigt, die Steuer für die jeweilige Teilleistung im Umfang des jeweiligen [X.] zwischen dem vereinbarten und dem vereinnahmten Entgelt nach § 17 [X.]bs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen.

a) Ist das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden, kommt es gemäß § 17 [X.]bs. 2 Nr. 1 UStG zu einer sinngemäßen [X.]nwendung von § 17 [X.]bs. 1 UStG. [X.]ufgrund dieses Verweises hat der Unternehmer, der einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. von § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag bei Uneinbringlichkeit zu berichtigen.

b) [X.]e Grundlage hierfür ist [X.]rt. 90 [X.]bs. 1 MwStSystRL. Neben den Fällen der [X.]nnullierung, der Rückgängigmachung, der [X.]uflösung, wird danach auch bei einer vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung (oder einem Preisnachlass) nach der Bewirkung des Umsatzes die Steuerbemessungsgrundlage unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert (vgl. BFH-Urteil in [X.], 460, Rz 12).

[X.]llerdings ist bei einer die Fälligkeit aufschiebenden Ratenzahlungsvereinbarung die sich aus ihr ergebende Nichtbezahlung eines [X.] der Vergütung mangels Fälligkeit nicht als Nichtbezahlung des Preises i.S. des [X.]rt. 90 [X.]bs. 1 MwStSystRL einzustufen und führt deshalb nicht zu einer Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 64).

c) Dies ist bei der [X.]uslegung des Begriffs der Uneinbringlichkeit in § 17 [X.]bs. 2 Nr. 1 UStG zu beachten (vgl. BFH-Urteil in [X.], 460, Rz 15). Danach liegt eine Uneinbringlichkeit i.S. des § 17 [X.]bs. 2 Nr. 1 UStG nicht bereits aufgrund der Vereinbarung einer Ratenzahlung vor, die im Streitfall die jeweiligen Teilbeträge für die Teilleistungen betrifft und nach der vertraglichen [X.]brede vom 15.11.2011 durch die laufenden Einnahmen aus der Stromeinspeisung bedingt ist. Die Rechtsprechung zu sog. Sicherungseinbehalten bei Gewährleistungsansprüchen, die die [X.]nwendung des § 17 [X.]bs. 2 Nr. 1 UStG bejaht (vgl. BFH-Urteil vom 24.10.2013 - V R 31/12, [X.], 451, [X.] 2015, 674), ist auf den Streitfall nicht übertragbar, da sie einen anderen, mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt betrifft.

d) Soweit im Schrifttum vertreten wird, dass im Wege der verfassungskonformen [X.]uslegung des nationalen Rechts eine (teilweise) Uneinbringlichkeit i.S. des § 17 [X.]bs. 2 Nr. 1 UStG auch bei einer langfristig vereinbarten Ratenzahlung angenommen werden müsse, weil die nationalen Grundrechte und das Verhältnismäßigkeitsprinzip des Grundgesetzes, die aufgrund des durch [X.]rt. 66 MwStSystRL den Mitgliedstaaten eröffneten Umsetzungsspielraums anwendbar seien, dies erforderten (vgl. Hummel, Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht 2022, 606; ferner Stadie, [X.] --[X.]-- 2022, 1; derselbe, [X.] 2022, 490), ist dem nicht zu folgen.

Denn eine derartige Verhältnismäßigkeitsprüfung kann das durch [X.]rt. 66 MwStSystRL eingeräumte Regelungsermessen, "für bestimmte Umsätze oder Gruppen von Steuerpflichtigen" eine Sonderreglung zu schaffen, nicht erweitern. Im Hinblick auf die so nur eingeschränkt bestehende Ermächtigung erweist sich die [X.]nnahme, [X.] (der [X.] unterliegenden) Unternehmern sei (aus Gründen der Verhältnismäßigkeit) eine Uneinbringlichkeit in der Weise zuzubilligen, dass sie wie die der [X.] unterliegenden Unternehmer erst aufgrund einer Vereinnahmung versteuern müssten, als ersichtlich unzutreffend, da sie sonst für alle Steuerpflichtigen und nicht nur für "Gruppen von Steuerpflichtigen" gelten würde.

Zudem hat das [X.] ([X.]) zur Verhältnismäßigkeitsprüfung der durch § 13 [X.]bs. 1 Nr. 1 Buchst. [X.]. § 20 UStG getroffenen Entscheidung des nationalen Gesetzgebers zur Umsetzung von [X.]rt. 66 MwStSystRL festgestellt "dass die [X.] nach vereinbarten Entgelten der gesetzliche Regelfall, die [X.] hingegen die rechtfertigungsbedürftige [X.]usnahme hiervon ist" ([X.]-Beschluss vom 20.03.2013 - 1 BvR 3063/10, [X.] 2013, 468, Rz 32). Dies ist auch in Bezug auf § 17 [X.]bs. 2 Nr. 1 und [X.]bs. 1 Satz 1 UStG zu beachten. Beanstandet aber auch der [X.] die aufgrund der [X.] gemäß [X.]rt. 63 MwStSystRL bestehende Pflicht zur Vorfinanzierung der Steuer nicht als Verstoß gegen allgemeine Rechtsgrundsätze, wie z.B. den unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 51 ff., 61), spricht nichts für eine [X.]bkehr von den bewussten Entscheidungen des [X.] und des nationalen Gesetzgebers.

4. Sonstige Rechtsfehler der angefochtenen Bescheide sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere steht die Höhe des bei den angefochtenen [X.] für die Streitjahre vom F[X.] jeweils berücksichtigten [X.] zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

5. [X.] beruht auf § 135 [X.]bs. 2 [X.]O.

6. Der [X.] hat die Entscheidung in einer Videokonferenz unter den hierfür von der BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 10.02.2021 - IV R 35/19, [X.], 152) aufgestellten Voraussetzungen getroffen.

Meta

XI R 28/20

28.09.2022

Bundesfinanzhof 11. Senat

Beschluss

vorgehend FG München, 25. Oktober 2018, Az: 14 K 2375/16, Urteil

§ 13 Abs 1 Nr 1 Buchst a S 1 UStG 2005, § 13 Abs 1 Nr 1 Buchst a S 2 UStG 2005, § 13 Abs 1 Nr 1 Buchst b UStG 2005, § 17 Abs 1 UStG 2005, § 17 Abs 2 Nr 1 UStG 2005, Art 14 Abs 2 Buchst b EGRL 112/2006, Art 63 EGRL 112/2006, Art 64 Abs 1 EGRL 112/2006, Art 90 Abs 1 EGRL 112/2006, UStG VZ 2011, UStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.09.2022, Az. XI R 28/20 (REWIS RS 2022, 9016)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9016


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 14 K 2375/16

FG München, 14 K 2375/16, 25.10.2018.


Az. XI R 41/18

Bundesfinanzhof, XI R 41/18, 11.11.2020.


Az. XI R 28/20

Bundesfinanzhof, XI R 28/20, 28.09.2022.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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14 K 2411/21

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