Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2018, Az. 4 StR 108/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11091

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:100418B4STR108.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 108/18

vom
10. April
2018
in der Strafsache
gegen

wegen besonders schweren Raubes u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 10.
April 2018
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15.
Dezember 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a)
soweit der Angeklagte wegen besonders schweren [X.] in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verur-teilt worden ist; insoweit werden die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten;
b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schweren [X.] in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Sachbeschädi-gung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Seine hiergegen 1
-
3
-
gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Die Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schweren Raubes hält einer rechtlichen
Nachprüfung nicht stand.
a)
Nach den Feststellungen kam dem alkoholisierten Angeklagten am 22.
Mai 2017 auf einem Fußweg in [X.] der ihm unbekannte 17-jährige Zeuge

D.

auf seinem Tretroller entgegen. Der Zeuge
wollte an dem Ange-

entschloss, den Roller des Jungen
an sich zu nehmen, um sich schneller fort-

(UA
6).
Unvermittelt schlug der Angeklagte mit einer [X.] Bierdose (1
Liter) noch im Vorbeifahren gegen den [X.]. Dieser fiel durch die Wucht des Schlages benommen zu Boden. Der Angeklagte half dem Geschädigten
wieder
hoch, indem er ihm unter die Arme griff, ihn h-

insbesondere den Rucksack

abklopfte. Der Zeuge
hatte den Eindruck, der Angeklagte wollte ihm Dreck
von den Schultern streifen; er brachte dies nicht damit in Verbindung, dass der Angeklagte sich auf diese Weise auch einen groben Überblick verschaffen konnte, ob sich in dem Rucksack etwas Stehlenswertes befand

nur wenige Sekunden nach dem Schlag

fasste der Angeklagte den Entschluss, die aufgrund des Schlages erlittene lähmende Angst des Jungen auszunutzen (UA
6).
Er nahm den Roller an sich und entfernte sich mit dem Ziel, diesen als
Fortbewegungsmittel zumindest vorübergehend zu behalten und dem Geschä-digten nie zurückzugeben. Der dem Angeklagten körperlich unterlegene Ge-2
3
-
4
-
schädigte hatte

was dem Angeklagten bewusst war

derartige Angst vor wei-teren Schlägen, dass er die Wegnahme geschehen ließ.
Das [X.] hat dieses Geschehen unter anderem als besonders schweren Raub gemäß §
249 Abs.
1, §
250 Abs.
2 Nr.
1 StGB gewertet und zwischen Gewaltanwendung und Wegnahme ergibt sich bei lebensnaher Be-trachtung schon aus dem unmittelbaren
zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Niederstrecken des Zeugen und der nur wenige Augenblicke später [X.] Wegnahme des [X.]. Bereits aufgrund des äußeren Geschehens kann darauf geschlossen werden, dass der Angeklagte den Jungen, der einen für den Angeklagten interessanten Roller fuhr, zumindest auch deswegen nie-derschlug, weil er selbst in den Besitz des [X.] als Fortbewegungsmittel ge-langen wollte. Jedenfalls wirkte die Gewaltanwendung für den Zeugen erkenn-bar als Drohung mit jederzeit möglicher weiterer Gewalt in dem Augenblick der Wegnahme noch fort. Der Zeuge hat

für den Angeklagten erkennbar

unter dem Eindruck des zuvor erlittenen Schlags gegen den Kopf aus Angst vor wei-teren Schlägen des ihm körperlich überlegenen und mit einer Bierdose bewaff-

(UA
15).
b)
Die Feststellungen des [X.] tragen den Schuldspruch wegen besonders schweren Raubes nicht. Notwendige Voraussetzung für eine Straf-barkeit wegen Raubes ist eine finale Verknüpfung zwischen dem Einsatz der qualifizierten [X.] und der Wegnahme sowie eines räumlich-zeit-lichen Zusammenhangs dergestalt, dass es zu einer nötigungsbedingten Ein-schränkung der Dispositionsfreiheit des Gewahrsaminhabers über das Tatob-jekt gekommen ist
([X.], Urteil vom 20.
Januar 2016

1
StR
398/15, [X.]St 61, 141, 144).
4
5
-
5
-
aa)
Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] muss zwi-schen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mit-tel
zur Ermöglichung der Wegnahme sein. Hierbei genügt es, dass aus Sicht des [X.] der Einsatz des [X.]s notwendig ist. Allein seine Vorstel-lung und sein Wille sind für den [X.] maßgebend ([X.], Urteil vom 20.
Januar 2016,
aaO, [X.]St 61, 141, 145). Hingegen fehlt es an einer solchen Verknüpfung, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zweck der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur [X.] erst nach Abschluss dieser Handlung fasst ([X.], Urteil vom 20.
April 1995

4
StR
27/95, [X.]St 41, 123, 124; Beschluss vom 18.
Februar 2014

5
StR
41/14, [X.], 156, [X.].
mwN).
Deshalb genügt der Umstand, dass die Wirkungen
eines ohne [X.]vorsatz eingesetzten [X.]s noch andauern und der Täter dies ausnutzt, für die Annahme eines Raubes nicht ([X.], Beschluss vom 25.
Sep-tember 2012

2
StR
340/12, [X.], 45). Auch das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des [X.] schutzlos ausgelieferten Opfers vor Fortführung bislang nicht auf die Ermöglichung der Wegnahme von Sachen ge-richteter Gewalthandlungen reicht

ohne aktuelle Drohung erneuter Gewalt-anwendung

nicht aus ([X.], Urteil vom 8.
Mai 2013

2
StR
558/12, [X.], 648; Beschluss vom 25.
Februar 2014

4
StR
544/13, [X.], 269, [X.]. mwN).
bb)
Das [X.] hat nicht widerspruchsfrei festgestellt, dass der [X.] bereits im Zeitpunkt des Schlags mit der Bierdose
vorhatte, dem [X.] den Tretroller wegzunehmen. Zwar hat es
zunächst festgestellt, 6
7
8
-
6
-
Wegnahme entschloss, als der Geschädigte an ihm vorbeifahren wollte; dies würde den [X.] tragen. Sodann
heißt es jedoch in den Fest-stel
Angst des Jungen zu nutzen und den Roller an sich zu nehmen. Bezogen auf
diesen Zeitpunkt nach Abschluss der Gewalthandlung stellt die Strafkammer
nicht fest, dass der Angeklagte für den Fall geleisteten oder erwarteten [X.] gegen die Wegnahme zumindest konkludent mit weiterer Gewalt drohte. Zwar hatte der Geschädigte weiterhin Angst vor dem Angeklagten; das bloße Ausnutzen einer vorangegangenen Nötigung reicht aber für den Finalzusam-menhang nicht aus, wenn nicht die Nötigungslage bei Hinzutreten der [X.] wenigstens konkludent aktualisiert aufrechterhalten wird (vgl. [X.], Beschluss vom 13.
November 2012

3
StR 400/12).
Dieser Widerspruch wird auch im Weiteren
in den Urteilsgründen nicht aufgelöst. Vielmehr knüpft das [X.] in seiner
rechtlichen Würdigung [X.] an die beiden von ihm festgestellten und miteinander unvereinbaren Alternativen
an.
c)
Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen besonders schweren [X.] zieht
die Aufhebung der für sich [X.] Verurteilung wegen der tateinheitlichen gefährlichen Körperverletzung
nach sich.
Ferner entzieht sie dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
Der Senat kann
jedoch
die äußeren Feststellungen zur
Tat
zum Nachteil des Geschädigten D.

auf-
rechterhalten, weil diese von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind (§
353 Abs.
2 StPO).
9
10
-
7
-
2.
Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
VRin[X.] [X.] ist urlaubsbedingt gehindert zu unterschreiben.
Cierniak
Cierniak
Franke
Bender
Quentin

11

Meta

4 StR 108/18

10.04.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2018, Az. 4 StR 108/18 (REWIS RS 2018, 11091)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11091

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 108/18

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