Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.03.2013, Az. VII R 6/12

7. Senat | REWIS RS 2013, 7259

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Gegenstand

Keine Zollpräferenzen gemäß Assoziierungsabkommen EG-Israel für im Westjordanland hergestellte Erzeugnisse - Keine Präferenzbehandlung nach dem Assoziierungsabkommen EG-PLO - Ursprungseigenschaft einer Ware - Keine Bindung der Behörden des Einfuhrlands an die Beurteilung der Behörden des Ausfuhrlands - Völkergewohnheitsrecht


Leitsatz

1. Für im Westjordanland hergestellte Waren, für die bei der Einfuhr ein den Ursprung "Israel" ausweisendes Ursprungszeugnis vorgelegt wird, kann eine Präferenzbehandlung weder nach dem Assoziierungsabkommen EG-Israel noch dem Assoziierungsabkommen EG-PLO gewährt werden .

2. Soweit in Teilen des Westjordanlands Zuständigkeiten zur Ausstellung von Ursprungszeugnissen möglicherweise allein von israelischen Behörden wahrgenommen werden, verleiht dieser Umstand im Westjordanland hergestellten Erzeugnissen keinen israelischen Ursprung .

3. Auch im Fall fehlender Möglichkeiten, palästinensische Ursprungszeugnisse für Waren aus dem Westjordanland zu erhalten, lässt sich eine Präferenzbehandlung jedenfalls dann nicht mit außergewöhnlichen Umständen rechtfertigen, wenn die Kommission bereits im Amtsblatt darauf hingewiesen hat, dass für Einfuhrwaren mit Ursprung Westjordanland, die von israelischen Ursprungszeugnissen begleitet werden, keine Zollpräferenzen gewährt werden .

4. Die Frage, ob im Westjordanland hergestellte Erzeugnisse präferenzrechtlich als Ursprungserzeugnisse Israels angesehen werden können, betrifft die rechtliche Auslegung der Assoziierungsabkommen und der Ursprungsprotokolle. An die Beantwortung dieser Frage durch die Behörden des Ausfuhrlands im Rahmen eines Nachprüfungsersuchens sind die Behörden des Einfuhrlands nicht gebunden .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) meldete im Jahr 2002 mehrfach Waren zur Überführung in den freien Verkehr an, für die sie mit der Ursprungsangabe "[X.]" die Abfertigung zum Präferenzzollsatz gemäß dem [X.] zur Gründung einer Assoziation zwischen den [X.]en und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat [X.] andererseits --Assoziierungsabkommen EG-[X.]-- ([X.], Nr. L 147/3) beantragte. Als Präferenznachweise für die in einem Betrieb im [X.] hergestellten Waren legte die Klägerin Rechnungen des Lieferanten und [X.] vor, mit denen dieser (insoweit von der [X.] Zollverwaltung ermächtigt) bestätigte, es handele sich um Ware mit Ursprung "[X.]".

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --[X.]--) gewährte die Zollpräferenz vorläufig, leitete aber ein nachträgliches Prüfungsverfahren durch ein entsprechendes Ersuchen an die [X.] Zollverwaltung ein, die darauf antwortete, die Prüfung habe ergeben, dass die Waren aus einer Zone stammten, die unter [X.]r Zollzuständigkeit stehe. Demgemäß handele es sich um [X.], die präferenzberechtigt im Sinne des Assoziierungsabkommens EG-[X.] sei. Eine weitere Nachfrage der [X.] Zollbehörden, ob die Waren in den [X.] Siedlungsgebieten im [X.], im [X.], in [X.] oder auf den [X.] hergestellt worden seien, blieb unbeantwortet.

3

Das [X.] lehnte daraufhin die Präferenzbehandlung ab und erhob mit Bescheid vom 25. September 2003 den auf die [X.] entfallenden Zoll nach. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.

4

Im anschließenden Klageverfahren legte das Finanzgericht ([X.]) dem [X.] ([X.]) mehrere Fragen zur Auslegung des Assoziierungsabkommens EG-[X.] sowie des [X.] über Handel und Zusammenarbeit zwischen der [X.] einerseits und der [X.] ([X.]) zugunsten der [X.] [X.] und den [X.] andererseits --Assoziierungsabkommen EG-[X.]-- ([X.] 1997, Nr. L 187/3) zur Vorabentscheidung vor ([X.] vom 30. Juli 2008  4 K 133/06, nicht veröffentlicht), die der [X.] mit Urteil vom 25. Februar 2010 [X.]/08 ([X.]. 2010, [X.], Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2010, 104) wie folgt beantwortete:

5

"1. Die Zollbehörden des [X.] können die durch das am 20. November 1995 in [X.] unterzeichnete [X.] zur Gründung einer Assoziation zwischen den [X.]en und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat [X.] andererseits eingeführte Gewährung der Präferenzbehandlung verweigern, wenn die betreffenden Waren ihren Ursprung im [X.] haben. Die Zollbehörden des [X.] können keine Wahlfeststellung treffen, indem sie die Frage offenlassen, welches der in Betracht kommenden Abkommen, nämlich das [X.] zur Gründung einer Assoziation zwischen den [X.]en und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat [X.] andererseits und das am 24. Februar 1997 in [X.] unterzeichnete [X.] über Handel und Zusammenarbeit zwischen der [X.] einerseits und der [X.] ([X.]) zugunsten der [X.] [X.] und den [X.] andererseits, im vorliegenden Fall anzuwenden ist und ob der Ursprungsnachweis von den [X.] oder von den palästinensischen Behörden stammen muss.

6

2. Die Zollbehörden des [X.] sind im Rahmen des Verfahrens nach Art. 32 des Protokolls Nr. 4 im Anhang des [X.]s zur Gründung einer Assoziation zwischen den [X.]en und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat [X.] andererseits nicht an den vorgelegten Ursprungsnachweis und die Antwort der Zollbehörden des Ausfuhrstaats gebunden, wenn diese Antwort im Sinne von Art. 32 Abs. 6 des Protokolls keine ausreichenden Angaben enthält, um den tatsächlichen Ursprung der Waren feststellen zu können. Die Zollbehörden des [X.] sind nicht verpflichtet, dem nach Art. 39 dieses Protokolls eingerichteten Ausschuss für Zusammenarbeit im [X.] eine Streitigkeit über die Auslegung des räumlichen Geltungsbereichs des Abkommens vorzulegen."

7

Daraufhin wies das [X.] die Klage ab. Nach dem [X.]-Urteil in [X.]. 2010, [X.], [X.], 104 könnten die Zollbehörden des [X.] die Präferenzbehandlung nach dem Assoziierungsabkommen EG-[X.] verweigern, wenn die betreffenden Waren ihren Ursprung im [X.] hätten. Die von der Klägerin für ihren Rechtsstandpunkt angeführten [X.] zwischen [X.] und der [X.] änderten daran nichts. Die [X.]-Entscheidung sei verbindlich und eindeutig. Im Übrigen könne die Präferenzbehandlung schon wegen der unterbliebenen Antwort der [X.] Zollverwaltung auf die Frage nach dem Herstellungsort der Waren abgelehnt werden. Die Präferenz sei auch nicht wegen außergewöhnlicher Umstände zu gewähren, weil die [X.] im [X.] auf bestehende Zweifel an der Richtigkeit in [X.] ausgestellter [X.] hingewiesen habe. Für eine Präferenzbehandlung der aus dem [X.] stammenden Waren gemäß dem Assoziierungsabkommen EG-[X.] fehlten die entsprechenden [X.].

8

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, das [X.] habe den zwischen [X.] und der [X.] 1994 bzw. 1995 getroffenen Gaza-Jericho-Abkommen und [X.]-Palästina-Interimsabkommen zu Unrecht keine Bedeutung für den Streitfall beigemessen. Auch der [X.] habe diese [X.] nicht in seine Beurteilung einbezogen. Die [X.] habe jedoch in diesen Abkommen einer Zollabfertigung durch [X.] Zollbehörden für Produkte aus bestimmten Gebieten des [X.]s, in denen [X.] die Hoheitsrechte ausübe, zugestimmt. Insbesondere nach dem [X.]-Palästina-Interimsabkommen bestünden keine Zweifel, dass die [X.] Zollbehörde die einzige Zollbehörde sei, die in dem betreffenden Gebiet des [X.]s, aus dem die streitigen Waren stammten, die [X.] über [X.] Unternehmen und Exporteure innehabe und ausüben könne. Das Assoziierungsabkommen EG-[X.] lasse es deshalb auch unter Berücksichtigung des vom [X.] herangezogenen völkerrechtlichen Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen durchaus zu, dass [X.] für Waren aus Gebieten des [X.]s, in denen es die Hoheitsrechte ausübe, wirksam Ursprungszeugnisse erteilen dürfe. Die nach den [X.] bestehenden Hoheitsrechte [X.]s in der sog. Zone C des [X.]s seien dahin auszulegen, dass [X.] auch präferenzrechtlich berechtigt sei, für Waren aus diesem Gebiet den Ursprung "[X.]" anzugeben. Da die Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung vorlägen, dürfe diese auch nicht allein wegen der unterbliebenen Antwort auf ein Schreiben der [X.] Zollverwaltung versagt werden. Darüber hinaus führe die frühere jahrelange Praxis der Anerkennung [X.]r [X.] für Waren aus dem [X.] durch die Zollbehörden der Mitgliedstaaten dazu, dass aufgrund Völkergewohnheitsrechts solche [X.] auch weiterhin anzuerkennen seien. Die Auswirkungen des Völkergewohnheitsrechts seien dem [X.] im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens nicht vorgetragen worden. Schließlich lägen wegen der nicht gegebenen Möglichkeit, palästinensische [X.] für die Waren zu erhalten, außergewöhnliche Umstände vor, auf die die Klägerin keinen Einfluss gehabt habe und die sie nicht hätte vermeiden können.

9

Das [X.] hält die Vorentscheidung für zutreffend und schließt sich ihr an.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Einfuhrabgabenbescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O).

Die für die streitigen Einfuhren zunächst nicht festgesetzten Abgaben sind gemäß Art. 220 Abs. 1 des Zollkodex (ZK) nachzuerheben, weil sich die für die beantragte [X.] vorgelegten Präferenznachweise als unzutreffend erwiesen haben.

1. Nach Art. 17 Abs. 1 des Protokolls Nr. 4 im Anhang des Assoziierungsabkommens [X.] über die Bestimmung des Begriffs "Erzeugnisse mit Ursprung in" oder "[X.]" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen (Protokoll Nr. 4) erhalten [X.] im Sinne dieses Protokolls bei der Einfuhr in eine Vertragspartei die Begünstigungen des Abkommens, sofern entweder eine Warenverkehrsbescheinigung [X.] vorgelegt wird oder vom Ausführer eine Erklärung über die Ursprungseigenschaft der Waren auf der Rechnung gemäß Art. 22 Protokoll Nr. 4 abgegeben wird.

Im Streitfall sind für die von der Klägerin für die [X.] beantragte [X.] solche Erklärungen auf den Rechnungen des Lieferanten und [X.] vorgelegt worden. Diese Erklärungen sind allerdings unzutreffend und somit ungültig. Das [X.] hat daher die Gewährung der begehrten Präferenz zu Recht versagt.

Nach Art. 22 Abs. 2 Protokoll Nr. 4 kann vom Ausführer eine Erklärung auf der Rechnung ausgefertigt werden, wenn die Erzeugnisse als [X.] einer Vertragspartei angesehen werden können und die übrigen Bedingungen dieses Protokolls erfüllt sind. Im Streitfall können die Ausfuhrwaren, für die Erklärungen auf den Rechnungen abgegeben worden sind, jedoch nicht als [X.] [X.] angesehen werden. Die Erklärungen auf den Rechnungen sind daher zu Unrecht abgegeben worden.

[X.] [X.] sind nach Art. 2 Nr. 2 Protokoll Nr. 4 Erzeugnisse, die i.S. des Art. 4 Protokoll Nr. 4 vollständig in [X.] gewonnen oder hergestellt oder --falls dort nicht vollständig gewonnen oder [X.]. 5 Protokoll Nr. 4 in ausreichendem Maße in [X.] be- oder verarbeitet worden sind. Diese Bedingungen für den Erwerb der Ursprungseigenschaft müssen nach Art. 11 Satz 1 Protokoll Nr. 4 ohne Unterbrechung in [X.] erfüllt werden. Die Waren des Streitfalls sind nach den Feststellungen des [X.] jedoch vollständig im [X.] und somit nicht in [X.] hergestellt worden.

Wie der [X.] mit Urteil in [X.]. 2010, [X.], [X.], 104 entschieden hat, ist das Assoziierungsabkommen [X.] dahin auszulegen, dass das Gebiet des Staates [X.], für den das Abkommen nach seinem Art. 83 gilt, die von [X.] besetzten Gebiete des [X.]s nicht erfasst (Rz 53 des Urteils). Danach besteht kein Zweifel, dass das Protokoll Nr. 4 für im [X.] hergestellte Erzeugnisse die Ausstellung den Ursprung "[X.]" bestätigender [X.] nicht erlaubt.

Anders als die Revision meint, gebieten die zwischen [X.] und der [X.] getroffenen [X.] keine andere Auslegung. Auch wenn das Vorbringen der Revision zutreffen sollte, nach diesen Abkommen liege in dem betreffenden Gebiet des [X.]s die Zuständigkeit für den Im- und Exportbereich allein bei den [X.] Zollbehörden, die damit von der [X.] auch ermächtigt worden seien, [X.] für in diesem Gebiet hergestellte Waren auszustellen, sind gleichwohl für die im Streitfall zu entscheidende Frage der Gültigkeit von [X.] allein das Assoziierungsabkommen [X.] sowie das Assoziierungsabkommen EG-[X.] maßgebend, die nach vorgenannter Entscheidung des [X.] dahin auszulegen sind, dass Bescheinigungen, die von anderen Behörden ausgestellt wurden als den namentlich in den betreffenden Assoziierungsabkommen bezeichneten, nicht als gültig anerkannt werden können (Rz 57 des Urteils). Es verstieße gegen den vom [X.] in seinem Urteil in [X.]. 2010, [X.], [X.], 104 hervorgehobenen Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen, wollte man das Assoziierungsabkommen [X.] und die dort beschriebenen Voraussetzungen einer [X.] für [X.] unter Berücksichtigung bilateraler Abkommen zwischen [X.] und der [X.] auslegen. Die [X.] wäre dann wegen eines zwischen anderen Vertragsparteien getroffenen Abkommens verpflichtet, bei beantragter [X.] für im [X.] hergestellte Erzeugnisse andere [X.] anzuerkennen, als es die Assoziierungsabkommen [X.] bzw. EG-[X.] vorsehen.

Um dem Einwand der Revision bezüglich der im [X.] fehlenden Zuständigkeit palästinensischer Zollbehörden folgen zu können, müssten sich im Assoziierungsabkommen EG-[X.] Regelungen finden lassen, die es der [X.] gestatten, ihre nach dem Abkommen bestehenden präferenzrechtlichen Zuständigkeiten für die Ausstellung von [X.]n [X.] Zollbehörden zu übertragen. Derartige Regelungen existieren indes nicht. Nach Art. 16 Abs. 4 des Protokolls Nr. 3 im Anhang des Assoziierungsabkommens EG-[X.] über die Bestimmung des Begriffs "Erzeugnisse mit Ursprung in" oder "[X.]" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen (Protokoll Nr. 3) sind es vielmehr allein die Zollbehörden des [X.]s und des [X.], die [X.] für [X.] dieser Gebiete ausstellen. Dementsprechend hat der [X.] mit Urteil in [X.]. 2010, [X.], [X.], 104 (Rz 51) ausgeführt, die Zollbehörden des Ausfuhrstaats im Sinne der Ursprungsprotokolle verfügten im Rahmen des räumlichen Geltungsbereichs der Assoziierungsabkommen über eine ausschließliche Zuständigkeit zur Ausstellung von [X.]n bzw. zur Ermächtigung der Ausführer, Ursprungserklärungen auf der Rechnung auszufertigen.

Um im Streitfall der Klägerin die [X.] gewähren zu können, müsste es der [X.] nach dem Assoziierungsabkommen EG-[X.] darüber hinaus erlaubt sein, den [X.] Zollbehörden die Befugnis zur Ausstellung von Bescheinigungen des Ursprungs "[X.]" für [X.] des [X.]s und des [X.] zu übertragen, womit sie gleichsam berechtigt wären, dieses Ursprungsgebiet dem Gebiet des Staates [X.] zuzuschlagen. Dass eine solche Annahme fernliegt, bedarf keiner weiteren Begründung.

Es ist nach alledem nicht zu klären, ob die --von Seiten der Revision hinsichtlich der sog. Zone [X.] des [X.]s bezweifelten-- Angaben des Generalanwalts zutreffen, es gebe nach den zwischen [X.] und der [X.] getroffenen Abkommen auch durchaus palästinensische Behörden, die zollbehördliche Befugnisse hätten und diese auch ausübten ([X.]. 2010, [X.], Rz 126 ff.). Denn wollte man mit der Revision annehmen, nach den [X.] übten allein die [X.] Zollbehörden in diesem Gebiet zollrechtliche Befugnisse aus und seien deshalb zur Ausstellung von [X.]n berechtigt, so sind sie jedenfalls weder nach dem Assoziierungsabkommen [X.] noch nach dem Assoziierungsabkommen EG-[X.] berechtigt, für in diesem Gebiet des [X.]s hergestellte Erzeugnisse den Ursprung "[X.]" zu bescheinigen, noch ist ein Ausführer berechtigt, entsprechende Erklärungen auf der Rechnung abzugeben. Daran ändert auch der Hinweis der Revision nichts, es handele sich bei dem Ausführer des Streitfalls um ein [X.] Unternehmen. Die Ursprungseigenschaft einer Ware wird nicht durch die Staatszugehörigkeit ihres Herstellers, sondern allein durch den geografischen Ort ihrer Herstellung begründet.

Aus den vorgenannten Gründen sowie im Hinblick auf die Ausführungen des Generalanwalts in seinen Schlussanträgen vom 29. Oktober 2009 ([X.]. 2010, [X.], Rz 38 ff.) spricht nichts für die Vermutung der Revision, der [X.] habe die [X.] zwischen [X.] und der [X.] unberücksichtigt gelassen, weil diese nicht Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens des [X.] gewesen seien, und er werde bei einer erneuten Vorlage die Zuständigkeit [X.] Behörden zur Ausstellung von [X.]n für Waren aus dem [X.] möglicherweise bejahen. Der erkennende Senat sieht daher keinen Anlass, die im Streitfall maßgebenden Fragen zur Auslegung der Assoziierungsabkommen [X.] und EG-[X.] dem [X.] erneut zur Vorabentscheidung vorzulegen.

2. Anders als die Revision meint, lässt sich die Bescheinigung des [X.] Ursprungs im [X.] hergestellter Erzeugnisse auch nicht nach Völkergewohnheitsrecht rechtfertigen.

Die im [X.] über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 ([X.]) wiedergegebenen Regeln des Völkergewohnheitsrechts binden zwar die Organe der [X.], sind Bestandteil der [X.]srechtsordnung ([X.]-Urteile in [X.]. 2010, [X.], [X.], 104, Rz 42; vom 21. Dezember 2011 [X.]/10 --Air Transport Association of America u.a.--, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2012, 226, Rz 101; vom 22. November 2012 [X.]/11 --Espada [X.] u.a.--, [X.], 540, Rz 21) und daher zur Auslegung völkerrechtlicher Verträge heranzuziehen ([X.]-Urteil vom 19. November 2009 [X.], [X.]. 2009, [X.], Rz 39). Bezogen auf die im Streitfall erforderliche Auslegung des den räumlichen Geltungsbereich des Abkommens bezeichnenden Art. 83 des Assoziierungsabkommens [X.] müsste es aber, um der Ansicht der Revision folgen zu können, einen auf allgemeiner Übung und übereinstimmender Rechtsüberzeugung der [X.] beruhenden Grundsatz geben, dem zufolge zum "Gebiet des Staates [X.]" auch die von [X.] besetzten Gebiete gehören. Dass es einen solchen völkerrechtlichen Grundsatz gibt, ist jedoch weder ersichtlich noch wird solches von der Revision behauptet.

Die Revision macht lediglich geltend, bei Einfuhren aus [X.] bezogener Waren in das Zollgebiet der [X.] seien in der Vergangenheit über einen langen Zeitraum hinweg den Ursprung "[X.]" bescheinigende [X.] auch dann unbeanstandet geblieben, wenn es sich um in den besetzten Gebieten hergestellte Erzeugnisse gehandelt habe. Auch wenn dies zuträfe, ließe sich daraus zum einen kein Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts herleiten, die besetzten Gebiete seien als zum Gebiet des Staates [X.] gehörig anzusehen. Zum anderen könnte von einer entsprechenden Rechtsauffassung in der Europäischen [X.] (sollte sie überhaupt bestanden haben) jedenfalls nicht mehr nach dem Inkrafttreten des Assoziierungsabkommens EG-[X.] im Jahr 1997 ausgegangen werden, welches spezielle [X.]en für [X.] aus den besetzten Gebieten vorsieht.

Jedenfalls lässt sich die Auffassung der Revision, die versagte Anerkennung [X.] [X.] für Waren aus dem [X.] verletze Völkergewohnheitsrecht, nicht mit der Vorabentscheidung des [X.] vereinbaren. Da der [X.] sein Urteil in [X.]. 2010, [X.], [X.], 104, Rz 40 ff. auf das [X.], das die Regeln des Völkergewohnheitsrechts wiedergibt, gestützt hat, besteht auch kein Grund für die Vermutung der Revision, der [X.] habe bei seiner Vorabentscheidung das Völkergewohnheitsrecht unberücksichtigt gelassen, weil ihm dieser rechtliche Gesichtspunkt nicht vorgetragen worden sei.

Aus der behaupteten früheren Praxis, [X.] [X.] auch für aus dem [X.] stammende Waren anzuerkennen (zu der das [X.]-Urteil keine Feststellungen enthält) kann die Klägerin auch kein berechtigtes Vertrauen auf eine den Waren des Streitfalls ebenfalls zu gewährende [X.] herleiten. Im Zeitpunkt der hier streitigen Einfuhren war im [X.] ([X.] 2001, Nr. [X.] 328/6) bereits ein Hinweis der [X.] auf Zweifel an in [X.] ausgestellten [X.]n veröffentlicht worden (Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 5 ZK).

3. Obwohl die [X.] Zollverwaltung auf den Antrag auf nachträgliche Prüfung erwiderte, die Waren seien präferenzberechtigt im Sinne des Assoziierungsabkommens [X.], durfte das [X.] die Erklärungen auf den Rechnungen des [X.] als ungültig ansehen und die [X.] versagen. Wie der [X.] wiederholt entschieden hat, beruht zwar das in den Präferenzabkommen vorgesehene System der Zusammenarbeit der Verwaltungen auf einer Verteilung der Aufgaben sowie auf einem gegenseitigen Vertrauen zwischen den Behörden der Einfuhr- und der Ausfuhrstaaten, weshalb die dem Ausfuhrland obliegende Beurteilung der Gültigkeit ausgestellter [X.] von den Behörden des [X.] anzuerkennen ist (vgl. [X.]-Urteile vom 9. Februar 2006 [X.]-23 bis 25/04 --Sfakianakis-- [X.]. 2006, [X.], [X.], 154; vom 15. Dezember 2011 [X.]-409/10 --Afasia [X.], [X.], 79; ebenso in [X.]. 2010, [X.], [X.], 104, Rz 60 ff.). Vorliegend geht es jedoch nicht um die Klärung der Frage, ob aus dem Ausfuhrland bezogene Waren in tatsächlicher Hinsicht die Voraussetzungen des Abkommens erfüllen, um sie als [X.] des [X.] ansehen zu können, sondern um die rechtliche Frage, ob die (unstreitige) Herstellung der Waren an einem bestimmten Ort im [X.] ihnen [X.] Ursprung im Sinne des Assoziierungsabkommens [X.] verleiht, m.a.[X.] um die Auslegung des Assoziierungsabkommens hinsichtlich seines räumlichen Geltungsbereichs. Rechtliche Fragen dieser Art sind nicht im Rahmen einer nachträglichen Prüfung der [X.] gemäß Art. 32 Protokoll Nr. 4 durch die Zollbehörden des [X.] oder gemäß Art. 33 Unterabs. 1 Protokoll Nr. 4 vom Ausschuss für die Zusammenarbeit im Zollwesen zu beantworten (vgl. [X.]-Urteil in [X.]. 2010, [X.], [X.], 104, Rz 64, 69, 70). Sie können gemäß Art. 75 Abs. 1 des Assoziierungsabkommens [X.] dem [X.] vorgelegt werden. Geschieht dies nicht, ist die Zollbehörde des [X.] allerdings nicht gehindert, die Rechtsfrage in eigener Zuständigkeit zu beantworten und die Gewährung der Präferenz zu versagen ([X.]-Urteil in [X.]. 2010, [X.], [X.], 104, Rz 69, 72).

Bestünden Zweifel, an welchem geografischen Ort die Waren des Streitfalls hergestellt wurden (was anfangs der Grund für den Antrag auf nachträgliche Prüfung gewesen sein mag), wäre zwar die seitens der [X.] Zollverwaltung unterlassene Ortsangabe gemäß Art. 32 Abs. 6 Protokoll Nr. 4 ein Grund für das [X.], die [X.] abzulehnen. Da jedoch die Herstellung der Waren im [X.] feststeht, kommt es auf diese Vorschrift nicht an.

4. Das Protokoll Nr. 3 zum Assoziierungsabkommen EG-[X.] sieht zwar für [X.] des [X.]s und des [X.] ebenfalls dem Assoziierungsabkommen [X.] entsprechende Begünstigungen bei der Einfuhr in die [X.] vor. Trotzdem kann --wie der [X.] mit Urteil in [X.]. 2010, [X.], [X.], 104 entschieden hat-- bei der Frage der [X.] keine Wahlfeststellung getroffen und offengelassen werden, welches Abkommen anzuwenden ist. Für eine [X.] der Waren des Streitfalls nach dem Assoziierungsabkommen EG-[X.] fehlt es --wie das [X.] zu Recht entschieden hat-- an den Vorschriften des Protokolls Nr. 3 zu diesem Assoziierungsabkommen entsprechenden [X.]n.

5. Die für die Einfuhren der Klägerin beantragte [X.] ist auch nicht wegen "außergewöhnlicher Umstände" zu gewähren. Der insoweit von der Klägerin (und auch vom [X.]) herangezogene Art. 32 Abs. 6 Protokoll Nr. 4 zum Assoziierungsabkommen [X.] begründet den Anspruch der Klägerin nicht.

Der letzte Halbsatz dieser Vorschrift "... es sei denn, es liegen Fälle höherer Gewalt oder außergewöhnliche Umstände vor" bezieht sich auf die aus dem vorangegangenen Satzteil ergebende Rechtsfolge für die Zollbehörden des [X.], die Gewährung der [X.] abzulehnen, wenn sie auf ihren Antrag auf nachträgliche Prüfung von [X.]n keine Antwort von den Zollbehörden des [X.] oder keine ausreichenden Angaben zur Feststellung der Ursprungseigenschaft erhalten haben. Nach der Rechtsprechung des [X.] zu anderen Präferenzabkommen sind die Zollbehörden des [X.] in Fällen, in denen die Zollbehörden des [X.] zur nachträglichen Überprüfung nicht in der Lage sind, berechtigt, andere Beweise für den Ursprung der Ware als die im Präferenzabkommen vorgesehenen [X.] zu berücksichtigen ([X.]-Urteil vom 7. Dezember 1993 [X.]-12/92 --Huygen u.a.--, [X.]. 1993, [X.]). Lässt sich damit die Ursprungseigenschaft der Ware zweifelsfrei feststellen, kann sich der Importeur hinsichtlich der fehlenden formellen [X.] ggf. auf höhere Gewalt berufen, wenn er sich ganz außergewöhnlichen Umständen gegenübersieht, auf die er keinen Einfluss hat und deren Folgen unvermeidbar und unausweichlich sind und ihm die Einhaltung seiner Verpflichtungen objektiv unmöglich machen ([X.]-Urteile in [X.]. 1993, [X.]; vom 23. Februar 1995 [X.]-334/93 --Bonapharma--, [X.]. 1995, I-319).

Auf diese Grundsätze kann sich die Klägerin im Streitfall nicht berufen, weil die vorgenannten [X.]-Urteile Fälle betreffen, in denen der Einführer zunächst gutgläubig [X.] vorgelegt hatte, die nachträglich für ungültig erklärt wurden, und ihm die nachträgliche Beschaffung gültiger Nachweise objektiv unmöglich gemacht wurde. Der Streitfall liegt hingegen anders, da die Klägerin nicht als gutgläubig angesehen werden kann, weil ihr die Herkunft der [X.] aus dem [X.] bekannt war und die Importeure aus [X.] bezogener Waren bereits im Jahr 2001 durch einen im [X.] veröffentlichten Hinweis darüber unterrichtet worden waren, dass [X.] [X.] für Waren ausstelle, die nicht unter die Präferenzregelung fielen, weil sie aus Gebieten stammten, die seit 1967 unter [X.] Verwaltung stünden. [X.], die [X.] vorlegten, um für Waren mit Ursprung (u.a.) im [X.] eine [X.] zu erwirken, hätten alle erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, weil aus der Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr eine Zollschuld entstehen könne (Hinweis an die Einführer - Einfuhren aus [X.] in die [X.], 2001/[X.] 328/04, [X.] 2001, Nr. [X.] 328/6).

Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass der Klägerin die Einhaltung ihrer aus den Präferenzvorschriften folgenden Pflicht, für die Inanspruchnahme einer [X.] gültige [X.] vorzulegen, objektiv unmöglich war. Ihr trotz des im [X.] bekannt gemachten Hinweises die beantragte [X.] mit der Begründung zu gewähren, für die im [X.] hergestellten Erzeugnisse könne der Ausführer von den palästinensischen Behörden keinen Ursprungsnachweis erhalten --wie es die Revision [X.], widerspräche der Regelung in Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 5 ZK, welche die für den Vertrauensschutz erforderliche Gutgläubigkeit ausschließt, wenn im [X.] auf begründete Zweifel an der ordnungsgemäßen Anwendung der Präferenzregelung durch das begünstigte Land hingewiesen worden ist.

Meta

VII R 6/12

19.03.2013

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 30. Juli 2008, Az: 4 K 133/06, EuGH-Vorlage

Art 220 Abs 2 ZK, Art 220 Abs 2 EWGV 2913/92, Art 83 EGAbk ISR, Art 2 EGAbkISRProt 4, Art 4 EGAbkISRProt 4, Art 5 EGAbkISRProt 4, Art 17 EGAbkISRProt 4, Art 22 EGAbkISRProt 4, Art 32 EGAbkISRProt 4, EGIntAbk PSE, Art 34 VtrRKonv

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.03.2013, Az. VII R 6/12 (REWIS RS 2013, 7259)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7259

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