Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.04.2012, Az. VII R 31/09

7. Senat | REWIS RS 2012, 7011

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Gegenstand

Nachträgliche Überprüfung von Ursprungsnachweisen im Ausfuhrland und Nacherhebung der Einfuhrabgaben


Leitsatz

1. NV: Mit den Ursprungsregeln des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens steht es im Einklang, dass eine Mission der Kommission die vom Ausfuhrland ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 vor Ort nachträglich überprüft, sofern das Ausfuhrland sich das Prüfungsergebnis zu eigen macht und unmissverständlich schriftlich anerkennt.   

2. NV: Das Einfuhrland muss das Ergebnis der nachträglichen Prüfung seinen weiteren zollrechtlichen Maßnahmen zugrunde legen und hat die Befugnis der für das Ausfuhrland handelnden Personen, das Prüfungsergebnis der Kommission  im Namen ihres Landes anzuerkennen, nur zu überprüfen, falls insoweit Zweifel bestehen.   

3. NV: Eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 ist als unrichtig i.S. des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 2 ZK anzusehen, wenn der angegebene Ursprung der Einfuhrware aufgrund einer nachträglichen Prüfung nicht bestätigt werden kann.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) gehört zu einer Firmengruppe mit Hauptsitz in [X.], die auf [X.] Unternehmen gegründet hat, in denen aus Vormaterialien mit Ursprung in der [X.] ([X.]) Textilien hergestellt und in die [X.] ausgeführt werden. Von der zu diesen Unternehmen gehörenden [X.] bezog die Klägerin im Jahr 2002 mehrere Sendungen Textilien, welche sie unter Angabe des Ursprungslands [X.] und Vorlage entsprechender Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 zum Zollsatz "frei" gemäß dem Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der [X.] in [X.], im [X.] und im [X.] einerseits und der [X.] und ihren Mitgliedstaaten andererseits ([X.]), unterzeichnet in [X.] am 23. Juni 2000 (Amtsblatt der [X.]en --ABl[X.]-- Nr. L 317/3), in den freien Verkehr der [X.] überführen ließ.

2

Im Rahmen einer durch den Verdacht auf Unregelmäßigkeiten veranlassten Missionsreise der [X.] ([X.] für Betrugsbekämpfung --[X.]--) nach [X.] im März 2005 wurden alle im Zeitraum 2002 bis 2004 ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die [X.] Ausführer (darunter die [X.]) gegen die Bestimmungen des [X.]s verstoßen hätten, weil die ausgeführten Erzeugnisse nicht ausschließlich aus Garn [X.] Ursprungs, sondern die meisten oder alle in die [X.] ausgeführten Waren entweder aus fertigen Wirk-/ Strickteilen aus [X.] hergestellt worden oder Reexporte von aus [X.] stammenden fertigen Textilien gewesen seien. In Anbetracht geringer Garnlieferungen aus [X.] hätten zwar einige der in die [X.] ausgeführten Waren aus diesen Garnen hergestellt worden sein können; die genaue Menge der so gefertigten Erzeugnisse habe aber von den [X.] nicht nachgewiesen werden können. Die [X.] Ausführer hätten mit ihren Anträgen auf Ausstellung der Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 falsche Erklärungen über den Ursprung der in die [X.] exportierten Waren abgegeben, was wegen der professionellen Weise der Verschleierung des [X.] für die [X.] Behörden nur schwer aufzudecken gewesen sei. Die [X.] Zollverwaltung habe daraus geschlossen, dass die ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen zwar echt, aber hinsichtlich des bescheinigten [X.] nicht korrekt und deshalb ungültig seien. Ihr habe aber seitens des Untersuchungsteams bestätigt werden können, dass sie in gutem Glauben und mit gebührender Sorgfalt gehandelt habe.

3

Über die Feststellungen der Mission und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen wurde unter dem 23. März 2005 ein Protokoll verfasst, das von den Missionsteilnehmern sowie für die [X.] Regierung vom ständigen Sekretär des [X.] und auswärtigen Handel unterzeichnet wurde.

4

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 3. Mai 2005 erhob der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --[X.]--) den auf die Einfuhrsendungen entfallenden Zoll nach. Auf die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hob das [X.] ([X.]) den Abgabenbescheid auf. Das [X.] urteilte, die für die Einfuhrsendungen vorgelegten Warenverkehrsbescheinigungen seien nicht wirksam für ungültig erklärt worden. Die getroffenen Feststellungen, die zur Nacherhebung geführt hätten, beruhten nicht, wie es das zum [X.] gehörende Protokoll Nr. 1 (Protokoll Nr. 1) über die Bestimmung des Begriffs "Erzeugnisse mit Ursprung in" oder "Ursprungserzeugnisse" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen (ABl[X.] 2000 Nr. L 317/94) vorsehe, auf einem an die [X.] Zollverwaltung gerichteten Nachprüfungsersuchen und auf ihren Ermittlungen, sondern auf Ermittlungen der Gemeinschaftsmission. Dementsprechend gebe es keine Mitteilung der [X.] Zollbehörden über das Ergebnis der Überprüfung der [X.]. Im Übrigen handele es sich nur um Schlussfolgerungen aufgrund bestimmter Informationen, nicht aber um eindeutige Feststellungen, ob die ausgeführten Textilien als [X.] Ursprungserzeugnisse angesehen werden könnten. Die Ermittlungsergebnisse ließen einen zuverlässigen Schluss, dass die [X.] der Klägerin nicht [X.] Ursprungs gewesen seien, nicht zu. Es sei zumindest möglich, dass diese Waren in [X.] aus [X.] Garn hergestellt worden seien. Die Klägerin könne sich jedenfalls auf Vertrauensschutz berufen, da sich den Ermittlungsergebnissen der Mission nicht entnehmen lasse, dass die unzutreffenden Warenverkehrsbescheinigungen auf falschen Angaben seitens der Ausführer beruhten. Es sei daher von einem für die Klägerin nicht erkennbaren Irrtum der Zollbehörden auszugehen.

5

Mit seiner Revision hat das [X.] geltend gemacht, bereits der Umstand, dass sich im Rahmen der Untersuchungen der Missionsreise der [X.] Warenursprung nicht habe bestätigen lassen, führe zur Ungültigkeit der ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen. Vertrauensschutz sei nicht zu gewähren. In Anbetracht der wirtschaftlichen und personellen Verflechtung des [X.], der [X.], mit der Klägerin müsse davon ausgegangen werden, dass diese von dem fehlenden Präferenzursprung der von ihr eingeführten Textilien gewusst habe.

6

Das [X.] hat beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin hat beantragt, die Revision zurückzuweisen.

8

Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 29. Juni 2010 ([X.], 2145), auf den verwiesen wird, ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen [X.] ([X.]) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens die im Streitfall maßgebenden, die nachträgliche Überprüfung von [X.] sowie den Vertrauensschutz betreffenden Fragen vorgelegt, die der [X.] mit Urteil vom 15. Dezember 2011 [X.] (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2012, 79) wie folgt beantwortet hat:

9

"1. Art. 32 des Protokolls Nr. 1 in Anhang V des am 23. Juni 2000 in [X.] unterzeichneten [X.] zwischen den Mitgliedern der Gruppe der [X.] in [X.], im [X.] und im [X.] einerseits und der [X.] und ihren Mitgliedstaaten andererseits, im Namen der [X.] genehmigt mit Beschluss 2003/159/[X.] des Rates vom 19. Dezember 2002, ist dahin auszulegen, dass die Ergebnisse einer nachträglichen Prüfung, die sich auf die Richtigkeit des in von einem [X.] ausgestellten EUR.1-Bescheinigungen angegebenen [X.] bezieht und die im Wesentlichen in einer von der [X.], genauer vom [X.], in diesem Staat und auf dessen Einladung durchgeführten Untersuchung besteht, die Behörden des Mitgliedstaats binden, in den die Waren eingeführt wurden, sofern diese Behörden ein Dokument erhalten haben, in dem unmissverständlich anerkannt wird, dass der betreffende [X.] sich diese Ergebnisse zu eigen macht, was zu beurteilen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

2. Art. 220 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung ([X.]) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung ([X.]) Nr. 2700/2000 des [X.] und des Rates vom 16. November 2000 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sich der Einführer in dem Fall, dass die zur Einfuhr von Waren in die [X.] ausgestellten EUR.1-Bescheinigungen für ungültig erklärt wurden, weil es bei ihrer Ausstellung zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist und der in ihnen angegebene Präferenzursprung bei einer nachträglichen Prüfung nicht bestätigt werden konnte, der Nacherhebung von Einfuhrabgaben nicht damit widersetzen kann, dass nicht auszuschließen sei, dass einige dieser Waren in Wirklichkeit den genannten Präferenzursprung hätten."

Der Senat hat daraufhin das ausgesetzte Revisionsverfahren wieder aufgenommen. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu der Vorabentscheidung des [X.] zu äußern. Sie halten an ihren bisherigen Anträgen fest.

Das [X.] sieht seinen Standpunkt durch das [X.]-Urteil bestätigt.

Die Klägerin meint unter Berufung auf von ihr eingeholte und vorgelegte Rechtsgutachten einer [X.] Rechtsanwältin, der Sekretär des [X.] und auswärtigen Handel sei nicht befugt gewesen, das Protokoll vom 23. März 2005 für die [X.] Regierung zu unterzeichnen und die ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen für ungültig zu erklären.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Der angefochtene Einfuhrabgabenbescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O).

1. Die Voraussetzungen des Art. 220 Abs. 1 des Zollkodex ([X.]), dem zufolge gesetzlich geschuldete, jedoch nicht buchmäßig erfasste Einfuhrabgaben nachzuerheben sind, liegen im Streitfall vor, weil die bei der Einfuhrabfertigung seinerzeit vorgelegten, den [X.] bestätigenden Warenverkehrsbescheinigungen [X.] von den [X.] Behörden für ungültig erklärt worden sind. Die [X.] sind somit zu Unrecht zum [X.] "frei" abgefertigt worden. Die gesetzlich geschuldeten Einfuhrabgaben sind nachzuerheben.

2. Die vom [X.] geäußerten Bedenken, ob die Warenverkehrsbescheinigungen [X.] in Übereinstimmung mit Vorschriften des Protokolls Nr. 1 für ungültig erklärt worden seien, erweisen sich nach der Antwort des [X.] auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats als unbegründet.

a) Wie der [X.] mit dem Urteil in [X.], 79 entschieden hat, steht es mit Art. 32 Protokoll Nr. 1 im Einklang, wenn der [X.] --wie im [X.] die nachträgliche Prüfung von [X.] von den Teilnehmern der zu diesem Zweck eingereisten Mission der [X.] (hier: [X.]) durchführen lässt. Für die Frage, ob das Ergebnis einer solchen nachträglichen Prüfung durch die [X.] der genannten Vorschrift des Protokolls Nr. 1 entspricht und die Behörden des [X.] bindet, ist entscheidend, ob der [X.] in Erfüllung seiner Funktion als für die nachträgliche Prüfung verantwortliche Stelle sich das Prüfungsergebnis zu eigen macht und es unmissverständlich schriftlich anerkennt ([X.]-Urteil in [X.], 79, Rz 33, 34).

Dies ist im Streitfall geschehen. Das Protokoll vom 23. März 2005 über die Missionsreise des [X.], dem zufolge die [X.] Zollverwaltung aufgrund der anlässlich dieser Missionsreise gewonnenen Erkenntnisse in Konsultationen mit dem [X.] und auswärtigen Handel, dem [X.]. sowie der [X.] Promotion Corporation zu dem Schluss gelangt ist, die bis dahin seit dem 1. Januar 2002 ausgestellten [X.] seien bezüglich des bescheinigten [X.] unzutreffend und deshalb ungültig, ist für die [X.] Regierung vom ständigen Sekretär des [X.] und auswärtigen Handel unterzeichnet worden. Entgegen der vom [X.] vertretenen Ansicht, ist dabei der Umstand, dass das Protokoll vom 23. März 2005 unter dem Briefkopf des [X.] erstellt wurde, ohne Belang (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 79, Rz 35).

b) Anders als die Klägerin meint, bestehen auch keine begründeten Zweifel, ob der Sekretär des [X.] und auswärtigen Handel zur Abgabe der Erklärung im Namen des [X.] befugt war.

Der [X.] hat nicht nur in seinem Urteil in [X.], 79 (Rz 28), sondern auch bereits früher bezüglich ähnlicher [X.] darauf hingewiesen, dass das in den [X.] vorgesehene System der Zusammenarbeit der Verwaltungen auf einer Verteilung der Aufgaben sowie auf einem gegenseitigen Vertrauen zwischen den Behörden der Einfuhr- und der Ausfuhrstaaten beruhe und daher die dem Ausfuhrland obliegende Beurteilung der Gültigkeit ausgestellter [X.] von den Behörden des [X.] anzuerkennen sei (vgl. [X.]-Urteil vom 9. Februar 2006 [X.] bis 25/04 --Sfakianakis--, [X.]. 2006, [X.], Rz 21 ff.). Gibt daher im Fall der nachträglichen Überprüfung von [X.] das Ausfuhrland eine Erklärung zu deren Gültigkeit ab, so widerspräche es diesem auf gegenseitigem Vertrauen beruhenden System der Zusammenarbeit, wenn die Behörden des [X.] systematisch die Befugnis desjenigen prüfen müssten, der diese Erklärung im Namen des [X.] abgegeben hat ([X.]-Urteil in [X.], 79, Rz 37). Eine solche Prüfungspflicht der Behörden des [X.] ist daher nur anzunehmen, falls an der Befugnis des Erklärenden Zweifel bestehen ([X.]-Urteil in [X.], 79, Rz 38).

Im Streitfall bestand allerdings für das [X.] kein Anlass zu prüfen, ob der Sekretär des [X.] und auswärtigen Handel ermächtigt war, sich im Namen [X.] die Ergebnisse der nachträglichen Überprüfung der [X.] durch [X.] zu eigen zu machen.

Soweit das [X.] Zweifel an der Ermächtigung des Sekretärs geäußert hat, hat es diese nicht nachvollziehbar begründet, weshalb der erkennende Senat an die zugrunde liegende tatrichterliche Würdigung nicht gebunden ist (vgl. dazu: Senatsurteil vom 17. Mai 2005 VII R 76/04, [X.], 70, [X.], 341). Dass es sich --wie das [X.] meint-- bei der Zollverwaltung "typischerweise nicht um eine auswärtige Angelegenheit, sondern um eine Angelegenheit der Finanzverwaltung handelt", besagt hinsichtlich der Befugnis des Sekretärs, Erklärungen zu [X.] abzugeben, zunächst einmal wenig. Im Übrigen lässt die Behauptung des [X.] unberücksichtigt, dass die Bezeichnung des [X.]s, dem der Sekretär angehörte, auch den "auswärtigen Handel" erfasst. Es erscheint aber keineswegs fernliegend, den gesamten Bereich des aufgrund internationaler Abkommen geregelten Exports von Waren aus [X.] in die [X.] zu Präferenzbedingungen als eine Angelegenheit des "auswärtigen Handels" anzusehen, der in die Zuständigkeit des entsprechenden [X.] [X.]s fällt, zumal dieses [X.] --wie sich aus dem Protokoll vom 23. März 2005 ergibt-- auch [X.] Einfuhrstatistiken verwaltet. Dass die Ausstellung von [X.] typischerweise eine Aufgabe der Finanzverwaltung ist, lässt sich ebenfalls nicht begründen.

Dem steht auch nicht entgegen, dass Art. 32 Protokoll Nr. 1 von einer Prüfung erteilter [X.] durch die "Zollbehörden" des [X.] spricht. Damit ist nicht gemeint, dass zur nachträglichen Prüfung nur diejenige Behörde befugt sein soll, die in dem betreffenden Ausfuhrland als Zollbehörde bezeichnet wird oder der die Überwachung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs obliegt. Es spricht auch nichts dafür, dass das Protokoll Nr. 1 Behördenzuständigkeiten in den am [X.] beteiligten Ein- bzw. Ausfuhrländern regeln wollte. Entsprechend dem Sinn und Zweck einer ordnungsgemäßen nachträglichen Prüfung, ob [X.] gemäß den [X.] erteilt wurden, haben vielmehr diejenigen Behörden zweifelhafte [X.] zu prüfen, die am besten in der Lage sind, die Tatsachen von denen der Ursprung des betreffenden Erzeugnisses abhängt, unmittelbar festzustellen ([X.]-Urteil in [X.]. 2006, [X.], Rz 23). Zu diesen Behörden wird in erster Linie diejenige gehören, welche die fraglichen [X.] ausgestellt hat (vgl. [X.]-Urteil in [X.]. 2006, [X.], Rz 22). Nach den in jedem Ausfuhrland unterschiedlichen Behördenzuständigkeiten ist diejenige Behörde, der die Zuständigkeit für die Ausstellung von Warenverkehrsbescheinigungen obliegt, aber nicht in jedem Fall --auch nicht im [X.] die Zollbehörde dieses [X.].

Nach den Angaben im Protokoll vom 23. März 2005 sind die im Streitfall als zweifelhaft angesehenen Warenverkehrsbescheinigungen sogar unter Beteiligung von Regierungsvertretern mehrerer [X.]r Behörden bzw. Stellen, nämlich der [X.] Zollabteilung, dem [X.]. und der [X.] (die die [X.] ausgestellt hatten) sowie dem [X.] und auswärtigen Handel geprüft worden, wobei das letztgenannte zudem dasjenige [X.] war, welches die [X.]-Mission nach [X.] eingeladen hatte. Wenn aber unter diesen Umständen --wie es im Protokoll vom 23. März 2005 heißt-- die Schlussfolgerungen aus den Prüfungen in Konsultationen mit sämtlichen Regierungsvertretern getroffen wurden und die beteiligten [X.] Behörden es für ausreichend erachteten, dass das schriftlich festgehaltene Prüfungsergebnis nur vom Sekretär des [X.] und auswärtigen Handel (des einladenden [X.]s) unterzeichnet wurde, der in seiner weiteren Eigenschaft als Botschafter ohnehin zur Vertretung seines [X.] gegenüber anderen [X.] berechtigt war, gibt es keine begründeten Zweifel an der Wirksamkeit der im Namen [X.] abgegebenen Erklärung, denen das [X.] hätte nachgehen müssen.

Weitere Anhaltspunkte, welche die Befugnis des Sekretärs des [X.] und auswärtigen Handel, das Protokoll für [X.] zu unterzeichnen, zweifelhaft erscheinen lassen könnten, hat das [X.] nicht festgestellt.

Ob sich solche Zweifel --wie die Klägerin meint-- aus den von ihr im Revisionsverfahren vorgelegten Gutachten einer [X.] Rechtsanwältin und ihren Ausführungen zum [X.] Staatsrecht ergeben, kann offenbleiben, weil es sich insoweit um im Revisionsverfahren nicht zulässiges neues Tatsachenvorbringen handelt. Im finanzgerichtlichen Verfahren hat die Klägerin die Zuständigkeit und Befugnis des Sekretärs lediglich pauschal infrage gestellt, ohne insoweit Tatsachen zu benennen, welche dem [X.] bzw. dem [X.] Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hätten.

c) Auch dem weiteren Argument des [X.], die Warenverkehrsbescheinigungen seien nicht wirksam für ungültig erklärt worden, weil kein dem Protokoll Nr. 1 entsprechendes Nachprüfungsersuchen an die [X.] Zollbehörden gerichtet worden sei, ist nicht zu folgen. Nach Art. 32 Abs. 2 und 3 Protokoll Nr. 1 werden die Warenverkehrsbescheinigungen auf Ersuchen der Zollbehörden des [X.] von den Zollbehörden des [X.] überprüft. Allerdings kann ein solches Ersuchen zum einen auch von der [X.] ([X.]) ausgehen (vgl. [X.]-Urteil vom 14. Mai 1996 [X.]/94 und [X.]/94 --Faroe [X.], [X.]. 1996, [X.]). Zum anderen kann das Ausfuhrland entsprechende Untersuchungen, ob die Bestimmungen des Protokolls Nr. 1 eingehalten worden sind, auch von sich aus oder auf Ersuchen der [X.] durchführen (Art. 32 Abs. 7 Protokoll Nr. 1). Auf diese Vorschriften hat der [X.] in seiner im Streitfall eingeholten Vorabentscheidung hingewiesen ([X.]-Urteil in [X.], 79, Rz 29 bis 33).

3. Nach dem für [X.] mit unterzeichneten Protokoll vom 23. März 2005 über die Missionsreise des [X.] sind die an der nachträglichen Untersuchung beteiligten und konsultierten [X.] Behörden aufgrund der anlässlich dieser Missionsreise gewonnenen Erkenntnisse zu dem Schluss gelangt, die bis dahin seit dem 1. Januar 2002 ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen [X.] seien bezüglich des bescheinigten [X.] unzutreffend und deshalb ungültig. In Anbetracht des Wortlauts dieses Protokolls erweist sich die Würdigung des [X.], es handele sich "eindeutig um Schlussfolgerungen der [X.] und nicht um solche der [X.] Regierung", als nicht haltbar. Es besteht deshalb kein Zweifel, dass mit dem seitens der [X.] Regierung unterzeichneten Protokoll vom 23. März 2005 von [X.] Behörden für Wirk- und Strickwaren ausgegebene Warenverkehrsbescheinigungen [X.] eines bestimmten Zeitraums wirksam für ungültig erklärt worden sind. Hierin liegt --anders als das [X.] meint-- die Mitteilung des Prüfungsergebnisses i.S. des Art. 32 Abs. 5 Satz 1 Protokoll Nr. 1.

4. Der vom [X.] vertretenen Ansicht, das Protokoll vom 23. März 2005 entspreche auch inhaltlich nicht den Anforderungen des Art. 32 Abs. 5 Protokoll Nr. 1, ist ebenfalls nicht zu folgen. Wenn das [X.] insoweit --wie den Urteilsgründen entnommen werden [X.] meint, das Ergebnis der Prüfung müsse sich auf jede konkrete Warenverkehrsbescheinigung beziehen und feststellen, die von dieser jeweils betroffenen Waren seien nicht [X.] Ursprungs gewesen, während aber eine gewisse, wenn auch geringe Menge Garn [X.] Ursprungs in [X.] verarbeitet worden und es also zumindest möglich sei, dass die im Streitfall von der Klägerin eingeführten Waren [X.] Ursprungs gewesen seien, so verkennt es, dass eine Warenverkehrsbescheinigung [X.] bereits dann eine unrichtige Bescheinigung ist, wenn der in der Bescheinigung angegebene Warenursprung aufgrund einer nachträglichen Prüfung nicht bestätigt werden kann, da in einem solchen Fall die Ware unbekannten Ursprungs ist (vgl. [X.]-Urteile vom 9. März 2006 [X.]/04 --Beemsterboer--, [X.]. 2006, [X.], Rz 34, 35, m.w.N., und in [X.], 79, Rz 44, 45).

Da im Streitfall die nachträgliche Überprüfung die Richtigkeit der in einem bestimmten Zeitraum für Wirk- und Strickwaren ausgestellten Warenverkehrsbescheinigung [X.] nicht bestätigen konnte, sind somit sämtliche Warenverkehrsbescheinigungen dieses Zeitraums zu Recht für ungültig erklärt worden (vgl. zur Nacherhebung aufgrund eines Widerrufs sämtlicher Warenverkehrsbescheinigung [X.] eines Zeitraums: [X.]-Beschluss vom 1. Oktober 2009 [X.]/08 P --Agrar-Invest-Tatschl--, [X.]. 2009, [X.]). Daran vermag auch das Vorbringen der Klägerin nichts zu ändern, die den Warenursprung betreffenden Unterlagen der [X.] seien in [X.] durch einen Hurrikan zerstört worden. Selbst wenn dies zuträfe und als ein Fall höherer Gewalt anzusehen wäre --wofür es allerdings an entsprechenden Feststellungen des [X.] fehlt--, bliebe es bei dem Ergebnis eines in der Warenverkehrsbescheinigung angegebenen, jedoch aufgrund nachträglicher Prüfung nicht bestätigten [X.]s. Die [X.] erlauben es nicht, den angegebenen Warenursprung als zutreffend anzusehen, falls er sich aus Gründen höherer Gewalt nicht nachträglich bestätigen lässt.

Die Behörden des [X.] (im Streitfall das [X.]) haben dieses Ergebnis der gemäß Art. 32 Protokoll Nr. 1 im Ausfuhrland durchgeführten Prüfungen der [X.] anzuerkennen und ihren weiteren zollrechtlichen Maßnahmen zugrunde zu legen, was grundsätzlich die Nacherhebung der bei der Einfuhr nicht gezahlten Zölle durch das [X.] bedeutet ([X.]-Urteile vom 7. Dezember 1993 [X.], [X.]. 1993, [X.], und in [X.], 79, Rz 46).

5. Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Die nachträgliche buchmäßige Erfassung der gesetzlich geschuldeten Einfuhrabgaben hat nicht gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b [X.] zu unterbleiben.

a) Nach Unterabs. 1 dieser Vorschrift erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete [X.] aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat. Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 2 [X.], der mit den folgenden Unterabs. 3 bis 5 durch die Verordnung ([X.]) Nr. 2700/2000 des [X.] und des Rates vom 16. November 2000 zur Änderung der Verordnung ([X.]) Nr. 2913/92 des [X.] (ABl[X.] Nr. L 311/17) eingefügt worden ist, gilt im Rahmen eines Systems der administrativen Zusammenarbeit unter Beteiligung einer drittländischen Behörde die Ausstellung einer Präferenzbescheinigung durch diese Behörde, falls sich die Bescheinigung später als unrichtig erweist, als ein Irrtum, der vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte.

b) Gemäß Unterabs. 3 dieser Vorschrift stellt allerdings die Ausstellung einer unrichtigen Bescheinigung keinen Irrtum dar, wenn die Bescheinigung auf einer unrichtigen Darstellung der Fakten seitens des [X.] beruht. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das [X.] im Streitfall zu Unrecht verneint.

Das [X.] hat auch insoweit gemeint, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die konkreten Warenverkehrsbescheinigungen des Streitfalls den Warenursprung korrekt ausgewiesen hätten und somit nicht feststehe, ob der Ausführer in diesem jeweils konkreten Fall falsche Angaben gemacht habe. Dieser Ausgangspunkt ist jedoch --wie bereits ausgeführt-- unzutreffend. Da durch die Nachprüfung der [X.] Warenursprung aller Ausfuhrwaren des betreffenden Zeitraums nicht bestätigt werden konnte, sind vielmehr alle in diesem Zeitraum ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen [X.], also auch die die Waren des Streitfalls betreffenden Warenverkehrsbescheinigungen, als unrichtige Bescheinigungen i.S. des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b [X.] anzusehen. Dementsprechend hat der [X.] auf das Vorabentscheidungsersuchen des erkennenden Senats entschieden, der Einführer könne der Nacherhebung der Einfuhrabgaben nicht unter Berufung darauf entgehen, dass der Warenursprung unbekannt sei und daher nicht ausgeschlossen werden könne, dass die für ungültig erklärte Warenverkehrsbescheinigung den [X.] zutreffend ausgewiesen habe ([X.]-Urteil in [X.], 79, Rz 45).

Nach dem im Protokoll vom 23. März 2005 festgehaltenen und von der [X.] Regierung bestätigten [X.] ist der Umstand, dass die Warenverkehrsbescheinigungen [X.] seinerzeit ausgestellt wurden, obwohl sich der dort angegebene [X.] --wie die späteren Ermittlungen zeigten-- in Wahrheit nicht bestätigen ließ, auf unrichtige Angaben der Ausführer über die angebliche Herstellung der Waren in [X.] aus importiertem Garn zurückzuführen. Demgegenüber kann die Klägerin nicht unter Berufung auf das [X.]-Urteil in [X.]. 2006, [X.] geltend machen, das [X.] müsse für jeden einzelnen konkreten Ausfuhrfall des Streitfalls beweisen, dass der Ausführer den [X.] Behörden unrichtige Angaben zum Warenursprung gemacht habe. Denn wären die Angaben des [X.] über die Herstellung der Strickwaren in [X.] aus importiertem Garn zutreffend gewesen, wäre auch die ihm erteilte Warenverkehrsbescheinigung [X.] richtig. Die Frage der Richtigkeit der Warenverkehrsbescheinigung und die Frage der richtigen Darstellung der Fakten durch den Ausführer sind somit untrennbar miteinander verknüpft und lassen sich daher nicht unterschiedlich beantworten.

Dass ein Irrtum der die Warenverkehrsbescheinigungen ausstellenden [X.] Behörden deshalb anzunehmen ist, weil der Ausführer, die [X.], die Herstellung der Ausfuhrwaren aus aus [X.] importierten Fertigteilen seinerzeit offenbarte, die [X.] Behörden jedoch die Warenverkehrsbescheinigungen gleichwohl ausstellten, behauptet selbst die Klägerin nicht.

Darüber hinaus hat der [X.] mit seiner Antwort auf das Vorabentscheidungsersuchen des Streitfalls darauf hingewiesen, die Klägerin könne sich hinsichtlich der Frage der Beweislast nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei dem Ausführer wegen des Hurrikans, also aufgrund höherer Gewalt, unmöglich gewesen, seine Pflicht zur Aufbewahrung der Unterlagen (Art. 28 Abs. 1 Protokoll Nr. 1) zu erfüllen. Dass die Erklärungen zum Warenursprung der [X.] gegenüber den [X.] Behörden falsch gewesen sein mussten, habe sich nämlich schon anhand der Frachtpapiere sowie der im Besitz der [X.] Behörden befindlichen und der von den [X.] Zollbehörden übermittelten Unterlagen ergeben ([X.]-Urteil in [X.], 79, Rz 52, 53).

c) Anhaltspunkte für die Annahme, es sei offensichtlich gewesen oder die [X.] Behörden hätten gewusst oder wissen müssen, dass die Ausfuhrwaren die Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung nicht erfüllten (Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 3 letzter Halbsatz [X.]), bestehen nicht. Weder das Protokoll vom 23. März 2005 noch andere Feststellungen erlauben den Schluss, die [X.] Behörden hätten Warenverkehrsbescheinigungen ausgestellt, obwohl sie darüber informiert waren, dass sich die ursprungsbegründende Herstellung der Wirk- und Strickwaren aus importiertem Garn in Wahrheit nicht nachweisen ließ. Vielmehr wird in dem Protokoll vom 23. März 2005 als Untersuchungsergebnis festgehalten, dass der durch falsche Angaben gegenüber den Behörden begangene Betrug wegen der professionellen Art der Verschleierung des [X.] der in die [X.] verbrachten Waren für die [X.] Behörden nur schwer aufzudecken gewesen sei.

Nach alledem stellt die Ausstellung unrichtiger Warenverkehrsbescheinigungen [X.] durch die [X.] Behörden nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 3 [X.] keinen die Nacherhebung der Einfuhrabgaben ausschließenden Irrtum dar.

Meta

VII R 31/09

24.04.2012

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 6. November 2008, Az: 4 K 214/06, Urteil

Art 220 Abs 2 Buchst b ZK, Art 32 AKP/EGPartAbkProt 1, Art 220 Abs 2 Buchst b EWGV 2913/92

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.04.2012, Az. VII R 31/09 (REWIS RS 2012, 7011)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7011

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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