Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.10.2010, Az. 3 StR 339/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 2687

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Gegenstand

Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Vermittlung und Begleitung eines fremden Umsatzgeschäfts


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 1. Juni 2010 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Schuldspruch im Fall III. 3. der Urteilsgründe,

b) im gesamten Strafausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu dem aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. [X.] hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

3

a) Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte von dem gesondert verfolgten [X.] eine Bestellung über 300 g Kokain entgegen und sagte zu, die nötigen Kontakte zu vermitteln. Hierfür sollte er zumindest 400 € erhalten. Auf Anfrage des Angeklagten erklärte sich der gesondert verfolgte [X.] bereit, das Rauschgift zu besorgen. Beide verabredeten, das Kokain in der Wohnung eines Dritten gegebenenfalls vor der Übergabe an [X.] zu strecken, der es weiterverkaufen wollte. Hierzu kam es nicht, weil die Beteiligten jeweils auf ihrem Weg zu der als Übergabeort vorgesehenen Wohnung festgenommen wurden.

4

b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte täterschaftlich Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge getrieben hat.

5

Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer [X.] fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen [X.] erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am [X.], der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein ([X.], Beschluss vom 25. April 2007 - 1 [X.], [X.], 531; Beschluss vom 20. Dezember 2000 - 2 StR 468/00, [X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 56). Diese Grundsätze gelten auch für denjenigen, der ein Betäubungsmittelgeschäft vermittelt [X.], BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 394 und 611 mwN).

6

Nach diesem Maßstab rechtfertigen die bisherigen Feststellungen nur die Annahme einer Beihilfe des Angeklagten zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Er vermittelte und begleitete lediglich ein fremdes Umsatzgeschäft, wofür ihm ein vergleichsweise geringer Festbetrag als Entlohnung zugesagt war. Einen eigenen Einfluss auf das Betäubungsmittelgeschäft, die angefragte Menge, deren Preis sowie deren Weiterverkauf hatte er nicht; ebensowenig sollte er eigenständigen Besitz an dem gehandelten Kokain erlangen. Auch enthält das landgerichtliche Urteil keine ausreichenden Feststellungen dazu, dass mit der Begleitung des [X.] bei der Übergabe des Rauschgifts Aktivitäten des Angeklagten verbunden waren oder sein sollten, die geeignet gewesen wären, Tatherrschaft zu begründen.

7

2. Der Strafausspruch in den Fällen [X.] und 2. der Urteilsgründe hat keinen Bestand; denn die Bestimmung des Strafrahmens durch das [X.] ist rechtsfehlerhaft. Hierzu gilt:

8

Die [X.] hat einen "gemäß § 31 BtMG i.V.m. § 49 StGB gemilderten" Strafrahmen des § 29a BtMG von 3 Monaten bis 11 Jahre und 3 Monate Freiheitsstrafe angenommen. Ein solcher ergibt sich bei einer Milderung des Strafrahmens des § 29a Abs. 1 BtMG nach § 49 Abs. 1 StGB, auf den die Neufassung des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG (idF des [X.] vom 29. Juli 2009, [X.], in [X.] seit 1. September 2009) verweist. Demgegenüber weist der Umstand, dass das [X.] die vom Angeklagten erst nach Erlass des [X.] geleistete [X.] nicht als gemäß § 31 Satz 2 BtMG nF i.V.m. § 46b Abs. 3 StGB verspätet angesehen hat, darauf hin, dass es - in der Sache zutreffend (vgl. [X.], Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, [X.], 523, 524) - für die im Mai und August 2009 begangenen Taten [X.] und [X.] 2. der Urteilsgründe die alte Fassung des § 31 Nr. 1 BtMG angewandt hat, die eine solche zeitliche Grenze für die [X.] nicht vorsieht. § 31 Nr. 1 BtMG aF ermöglicht jedoch eine Milderung nach § 49 Abs. 2 StGB und eröffnet damit einen Strafrahmen von Geldstrafe bzw. Freiheitsstrafe von einem Monat bis 15 Jahre Freiheitsstrafe.

9

Da sich die verhängten Einzelstrafen für die Taten [X.] und [X.] 2. in Höhe von sechs und zehn Monaten jeweils an der unteren Grenze des Strafrahmens bewegen, kann der [X.] nicht ausschließen, dass sich die rechtsfehlerhafte Strafrahmenbestimmung zu Lasten des Angeklagten auf die Strafzumessung ausgewirkt hat.

3. Der [X.] schließt nicht aus, dass das neue Tatgericht Feststellungen treffen kann, die im Fall [X.] 3. der Urteilsgründe ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge belegen. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall [X.] 3. der Urteilsgründe sowie der Wegfall der hierfür und für die Fälle [X.] und 2. verhängten Einzelstrafen lässt die Gesamtstrafe entfallen. Der [X.] hebt auch den Strafausspruch im Fall [X.] 4. der Urteilsgründe sowie die jeweils zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter eine insgesamt einheitliche Strafzumessung zu ermöglichen. Mit Blick auf die Urteilsgründe besteht insgesamt Anlass zu dem Hinweis, dass deren Abfassung auch dann eines Mindestmaßes an Sorgfalt bedarf, wenn das Urteil auf einer Absprache beruht ([X.], Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 [X.] Rn. 8).

4. Der [X.] bemerkt im Übrigen, dass das [X.] im Fall [X.] 3. der Urteilsgründe in der Sache schon deshalb zutreffend § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nF angewendet hat, weil die Tat erst im Dezember 2009 und damit nach Inkrafttreten der Neufassung begangen wurde (vgl. [X.], Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, [X.], 523, 524). Auf die Frage, ob dieser Fall mit den Fällen [X.] und 2. der Urteilsgründe eine Tat im Sinne des autonomen Tatbegriffs des § 31 BtMG bildet, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Dieser Tatbegriff ist dann von Belang, wenn zu beurteilen ist, ob die [X.] des Angeklagten nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nF wesentlich dazu beigetragen hat, dass "die Tat" über seinen eigenen Beitrag hinaus aufgedeckt werden konnte. Er ist aber nicht maßgebend für die Entscheidung, welches Strafzumessungsrecht zeitlich gilt.

[X.]     

     Pfister     

von Lienen

Ri'in[X.] Sost-Scheible
befindet sich im Urlaub
und ist daher gehindert
zu unterschreiben.

[X.]

Schäfer     

Meta

3 StR 339/10

05.10.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Osnabrück, 1. Juni 2010, Az: 15 KLs 720 Js 54859/09 - 10/10, Urteil

§ 25 StGB, §§ 25ff StGB, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.10.2010, Az. 3 StR 339/10 (REWIS RS 2010, 2687)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2687

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