Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2007, Az. IV ZR 31/06

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3089

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am:

4. Juli 2007

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja [X.] § 12 Abs. 3 Zur Wahrung der Frist des § 12 Abs. 3 [X.] durch eine Feststellungsklage, die sich gegen die Wirksamkeit einer vom Versicherer erklärten [X.] als alleini-gem Grund der Leistungsablehnung richtet. [X.], Urteil vom 4. Juli 2007 - [X.] - [X.]

LG Münster

- 2 - [X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. Kessal-Wulf und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2007 für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zi-vilsenats des [X.] vom 16. Dezember 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Versicherungsnehmerin einer zugunsten ihres [X.] beim Beklagten gehaltenen Risiko-Lebensversicherung mit ein-geschlossener [X.]. Sie begehrt we-gen der behaupteten Berufsunfähigkeit des Versicherten sowohl aus ei-genem Recht als auch hilfsweise aus abgetretenem Recht des [X.] für die Vergangenheit bis zum 31. August 2004 rückständige [X.] und die Rückzahlung von Beiträgen, ferner für die [X.] ab dem 1. September 2004 bis längstens zum 1. September 2038 die [X.]

- 3 -lung, dass der Beklagte verpflichtet sei, bedingungsgemäße Leistungen aus der [X.] zu erbringen.
Das vorgerichtliche Leistungsbegehren der Klägerin hatte der [X.] mit Schreiben vom 15. Oktober 2002 abgelehnt und sich dabei [X.] auf die Anfechtung seiner Annahmeerklärung wegen arglistiger Täu-schung gestützt, weil die Klägerin im Versicherungsantrag [X.] unvollständig beantwortet, nämlich eine frühere psychotherapeu-tische Behandlung des [X.] verschwiegen habe. Die [X.] enthielt eine Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 [X.] und eine Beleh-rung über die Folgen der Fristversäumung. 2 [X.] vertreten durch ihre Streithelfer erhob die Klägerin ge-gen den Beklagten am 2. April 2003 zunächst lediglich eine Klage auf Feststellung, dass die Anfechtung unwirksam sei und der Versicherungs-vertrag fortbestehe. Diesem Feststellungsbegehren wurde in zweiter In-stanz stattgegeben. Das Berufungsurteil vom 13. Februar 2004 ist [X.] rechtskräftig. 3 Mit Anwaltsschreiben vom 5. März 2004 ließ die Klägerin den [X.]n unter Hinweis auf das vorgenannte Berufungsurteil auffordern, die bereits beantragten Versicherungsleistungen nunmehr unverzüglich zu erbringen. Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 10. März 2004 erneut ab und berief sich diesmal unter anderem auf den Ablauf der schon im Oktober 2002 gesetzten Frist nach § 12 Abs. 3 [X.]. Er [X.] inzwischen auch, dass der [X.] der Klägerin berufsunfähig ist. 4

- 4 -5 Im Oktober 2004 hat die Klägerin erneut Klage erhoben, die in den Vorinstanzen erfolglos geblieben ist und deren bereits eingangs be-schriebenes Begehren sie mit der Revision weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und [X.] an das Berufungsgericht. 6 [X.] Nach dessen Auffassung scheitert die Klage - auch hinsichtlich künftiger Versicherungsleistungen aus dem hier behaupteten [X.] - am Ablauf der bereits im [X.] vom 15. Oktober 2002 gesetzten Frist des § 12 Abs. 3 [X.]. Diese sei hier ungeachtet einer rechtlich unzutreffenden Klausel der [X.], wonach die Frist nur durch eine Klageerhebung gewahrt wer-den könne, wirksam in Lauf gesetzt worden, weil jedenfalls die im Leis-tungsablehnungsschreiben enthaltene Belehrung den gesetzlichen An-forderungen entsprochen habe. Mit ihrer allein gegen die Wirksamkeit der [X.] gerichteten Feststellungsklage habe die Klägerin die Frist des § 12 Abs. 3 [X.] nicht gewahrt. Denn im Unterschied zu [X.] sei die im Vorprozess angestrebte Feststel-lung nicht Teil des nunmehr geltend gemachten [X.]. Im Übrigen sei es dem Beklagten weder aus verfassungsrechtli-chen Gesichtspunkten noch nach [X.] und Glauben verwehrt, sich auf den Fristablauf zu berufen. Im Vorprozess habe die Klägerin nicht un-missverständlich deutlich gemacht, dass es ihr letztlich um die gerichtli-che Durchsetzung ihres Leistungsbegehrens gegangen sei. Denn es sei-7

- 5 -en dort gerade keine Leistungsansprüche gerichtlich geltend gemacht worden. Auch der von der Klägerin seinerzeit angegebene Streitwert ha-be darauf nicht hingedeutet.
Soweit die Klägerin ihr Begehren erstmals in zweiter Instanz auch auf die Abtretung der Rechte ihres [X.] gestützt hat, ist die darin [X.] Klageänderung nicht zugelassen worden. 8 I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das [X.] angenommen hat, die Frist des § 12 Abs. 3 [X.] sei ver-säumt worden. 9 1. Ob der Beklagte die Frist wirksam in Lauf gesetzt hat und die im Schreiben vom 15. Oktober 2002 erteilte Belehrung angesichts des irre-führenden Inhalts der Versicherungsbedingungen über die zulässige Form der gerichtlichen Geltendmachung ausreichend war, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls hat die Klägerin die Frist mit ihrer im [X.] erhobenen, gegen die Wirksamkeit der [X.] [X.] Feststellungsklage gewahrt. 10 2. § 12 Abs. 3 [X.] soll dem Zweck dienen, dem Versicherer [X.] schnell Klarheit darüber zu verschaffen, ob eine von ihm erklärte Leistungsablehnung Bestand haben wird oder der Versicherungsnehmer sich dagegen zur Wehr setzen will. Insoweit soll sowohl das Interesse des Versicherers an zeitnaher Sachaufklärung der für den [X.] maßgeblichen Tatsachen wie auch am Überblick über den wah-ren Stand seines Vermögens geschützt werden (vgl. [X.] in [X.]/ Langheid [X.] 2. Aufl. § 12 Rdn. 32). Weil dem Versicherer damit ein 11

- 6 -Privileg eröffnet ist, das andere Schuldner nach der Rechtsordnung nicht haben (vgl. dazu [X.] aaO), sieht die Rechtsprechung in § 12 Abs. 3 [X.] seit langem eine allein im Interesse des Versicherers geschaffene Ausnahmevorschrift, die wegen dieses Ausnahmecharakters keiner aus-dehnenden Auslegung zugänglich ist ([X.], Urteil vom 30. April 1981 - [X.] - VersR 1981, 828 unter [X.]). Ihr Zweck ist regelmäßig schon dann erfüllt, wenn der Versicherer aus einer Anrufung des [X.] vor Fristablauf erkennen kann, dass der Versicherungsnehmer sich nicht mit der Leistungsablehnung abfinden, sondern auf seiner Forde-rung nach Versicherungsleistungen beharren will.
Der Senat hat es deshalb zur Fristwahrung ausreichen lassen, dass der Versicherungsnehmer erkennbar zunächst lediglich einen Teil seiner Forderung gerichtlich geltend macht. Dazu bedarf es nicht einmal einer ausdrücklichen Kennzeichnung des Klagebegehrens als Teilklage, sondern es genügt, wenn sich dies für den Versicherer aus den [X.] ergibt (vgl. zuletzt [X.], Urteile vom 19. September 2001 - [X.]/00 - VersR 2001, 1497 unter II 3; 27. Juni 2001 - [X.]/00 - VersR 2001, 1013 unter [X.]; 13. Dezember 2000 - [X.] - VersR 2001, 326 unter [X.]; Beschluss vom 22. September 2004 - [X.]/03 - [X.], 82). Entscheidend ist demnach, was sich dem Versi-cherer aus dem prozessualen Vorgehen des Versicherungsnehmers hin-sichtlich des abgelehnten Leistungsbegehrens erschließt. 12 3. Diese Grundsätze sind entgegen der Auffassung des [X.]s auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Zwar trifft es zu, dass die von der Klägerin im Vorprozess erreichte Feststellung der Un-wirksamkeit der [X.] keinen Leistungsausspruch enthält und damit - formal gesehen - auch keinen Teil der nunmehr geforderten 13

- 7 -Versicherungsleistungen bilden kann. Auf diese rein prozessuale Be-trachtung kommt es aber nicht entscheidend an. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass der Beklagte - ebenso wie bei Erhebung einer Teilklage - aus der im Vorprozess erhobenen Feststellungsklage bereits [X.] sicher erkennen konnte, dass sich die Klägerin nicht allein gegen die Wirksamkeit der [X.] und die daraus folgende Nichtig-keit des Versicherungsvertrages, sondern letztlich auch gegen die Leis-tungsablehnung des Beklagten zur Wehr setzen wollte.
Das ergibt sich daraus, dass die schriftliche Leistungsablehnung hier allein auf die zugleich erklärte [X.] gestützt war. [X.] Gründe für eine Leistungsfreiheit des Beklagten waren danach für die Klägerin nicht ersichtlich. Wenn sie sich in dieser Situation innerhalb der ihr gesetzten Frist dazu entschloss, gerichtlich gegen die Wirksamkeit der Anfechtungserklärung vorzugehen, so war dies für den Beklagten be-reits ein ausreichender Hinweis darauf, dass sie sich auch mit der Leis-tungsablehnung als Folge der Anfechtung nicht abfinden, also die [X.] auch mit Blick auf ihr ursprüngliches Leistungsbe-gehren aus der Welt schaffen wollte. Zwar kann es im Einzelfall Sinn machen, dass ein Versicherungsnehmer lediglich sein Interesse am Fort-bestehen des Versicherungsvertrages gerichtlich verfolgt und zugleich bereit ist, ein vom Versicherer abgelehntes Leistungsbegehren auf-zugeben. Das wird man aber allenfalls dann annehmen können, wenn die Erfolgsaussichten des Leistungsbegehrens auch aus weiteren Gründen, vom Versicherer bereits geltend gemachten Gründen, fraglich erschei-nen. Hängt hingegen die Leistungsablehnung des Versicherers nach dessen schriftlicher Erklärung allein von der Auseinandersetzung um den Bestand des Versicherungsvertrages ab, so kann der Versicherer aus [X.] auf den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses zielenden Fest-14

- 8 -stellungsklage des Versicherungsnehmers ebenso wie aus einer Klage auf lediglich einen Teil der beanspruchten Versicherungsleistungen er-kennen, dass der Versicherungsnehmer nicht nur auf dem Vertrag, [X.] auch seiner Erfüllung, also auch auf seinem Leistungsanspruch be-harrt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - keine vernünftigen Gründe dafür erkennbar sind, weshalb der Versicherungsnehmer die [X.] unter gleichzeitigem Verzicht auf sein Leistungsbegeh-ren lediglich isoliert hätte bekämpfen wollen, und es stattdessen sehr nahe liegt, dass der [X.] als [X.] der Leistungsablehnung zugleich den Erhalt der Leistungsansprüche be-zweckt. [X.][X.] [X.] Dr. Kessal-Wulf [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.01.2005 - 15 O 535/04 - [X.], Entscheidung vom 16.12.2005 - 20 U 54/05 -

Meta

IV ZR 31/06

04.07.2007

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2007, Az. IV ZR 31/06 (REWIS RS 2007, 3089)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3089

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