Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2005, Az. X ZR 108/03

X. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 109

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 21. Dezember 2005 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 25. Oktober 2005 durch die [X.] Scharen, die [X.]innen [X.] und Mühlens und die [X.] Prof. Dr. Meier-Beck und [X.] für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 1. Juli 2003 insoweit aufgehoben, als die Berufung des [X.] gegen das [X.]eil der 11. Zivilkammer des [X.] vom 20. März 2001 hinsichtlich des Klageantrags zu 1 in Höhe von 915.613,33 DM nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist. 2. Auf die Berufung des [X.] wird das [X.]eil des [X.] teilweise geändert und wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass die [X.] verpflichtet ist, den Klä-ger nach Erlass des unanfechtbaren Erbschaftssteuerbeschei-des von dem Mehrbetrag freizustellen, der durch die Zugehörig-keit des [X.] Wertpapierdepots zum Nachlass verursacht worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Von den Kosten der Vorinstanzen tragen der Kläger 94 % und die [X.] 6 %. Die Kosten des Verfahrens über die [X.] werden unter Einbeziehung des [X.] vom 19. Juli 2005 zu 92 % dem Kläger und zu 8 % - 3 - der [X.]n auferlegt. Von den Kosten des [X.] tragen der Kläger 74 % und die [X.] 26 %.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger nimmt die [X.] im Rahmen einer Erbauseinandersetzung auf Rückerstattung einer Schenkung in Anspruch. 1 Der Kläger war der Ehemann, die [X.] ist die Tochter aus erster Ehe der am 23. März 1998 verstorbenen Erblasserin. Nach deren Testament ist der Kläger befreiter Vorerbe; die [X.] ist [X.]. Zum Nachlass gehörten im Wesentlichen die Beteiligung an zwei [X.], zwei Eigentums-wohnungen, ein [X.] Bankschließfach und ein gegenüber dem [X.] Finanzamt nicht deklariertes Wertpapierdepot in der [X.]. Hinsichtlich der beiden Gesellschaftsbeteiligungen hatte die Erblasserin testamentarisch ver-fügt, dass der Kläger ihr Nachfolger werden und die [X.] zu 50 % an den Gewinnen beteiligen solle; für den Fall, dass dies aufgrund der gesellschafts-vertraglichen Regelungen nicht möglich sein werde, hatte die Erblasserin der [X.]n ihre Gesellschaftsanteile mit der Auflage vermacht, die Hälfte der Erträge an den Kläger auszukehren. Aus gesellschaftsvertraglichen Gründen mussten die [X.]en diese zweite Testamentsalternative verwirklichen. Die beiden Eigentumswohnungen veräußerte der Kläger; von dem Erlös und mit 2 - 4 - Hilfe eines zusätzlich aufgenommenen Darlehens kaufte er sich ein [X.]. Den Inhalt des Bankschließfachs - Gold und Schmuck - nahm die [X.] an sich. Das [X.] Wertpapierdepot, für das die Erblasserin der [X.]n bereits zu Lebzeiten eine Kontovollmacht über den Tod hinaus einge-räumt hatte, übertrug die [X.] im Rahmen eines gemeinsamen Bankbe-suchs mit dem Kläger am 15. April 1999 auf ein von ihr neu eröffnetes Konto. Die [X.]en nehmen die Beurteilung des Berufungsgerichts hin, dass dem eine Schenkung des [X.] an die [X.] zugrunde liegt, die Wertpapiere der [X.]n also nicht schon von der Erblasserin zu Lebzeiten geschenkt worden waren. Als es später zwischen den [X.]en zu Unstimmigkeiten kam, deckte die [X.] das Depot dem Finanzamt auf und entrichtete auf dessen Wert 361.689,-- DM Schenkungssteuer. Das Finanzamt hat angekündigt, den Kläger hinsichtlich des Depots als Erben auf die von der Erblasserin hinterzogene Vermögens- und Einkommensteuer mit Solidaritätszuschlag sowie auf die von ihm selbst geschuldete Erbschaftsteuer in Anspruch zu nehmen. Der Kläger schätzt die auf ihn zukommende Nachversteuerung auf 915.613,33 DM. Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung in Höhe des Depotwertes nebst Zinsen sowie Auskunft über die Erträge dieses Depots verlangt. Des Weiteren hat er Auskunft begehrt, welche Vermögensgegenstände die [X.] dem [X.] Schließfach entnommen habe. Schließlich hat er verschiedene [X.] über das Vermögen der [X.] verlangt. 3 Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Das Be-rufungsgericht hat das mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachte Rückforde-rungsrecht des [X.] bezüglich des verschenkten [X.] Wertpapierde-pots abgelehnt, weil die künftige Steuernachforderung des Finanzamtes weder einen Notbedarf des [X.] als [X.] noch einen Wegfall der [X.] begründe. Einen Auskunftsanspruch des [X.] hinsichtlich des 4 - 5 - [X.] hat das Berufungsgericht verneint, weil die [X.] diesen [X.] bereits erfüllt habe. Den Antrag auf Auskunft über die beiden [X.] hat das Berufungsgericht abgewiesen, weil dem Kläger der gel-tend gemachte gesellschaftsrechtliche Abfindungsanspruch nicht zustehe und weil hinsichtlich seiner hälftigen Beteiligung an den gezogenen Früchten die [X.] ihm die geschuldeten Auskünfte bereits erteilt habe. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] hat der Senat die Revi-sion insoweit zugelassen, als das Berufungsgericht die Berufung des [X.] hinsichtlich des Klageantrags zu 1 in Höhe von 915.613,33 DM nebst Zinsen abgewiesen hat. Im Übrigen hat der Senat durch Beschluss vom 19. Juli 2005 die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen und dem Kläger von den Kos-ten des Beschwerdeverfahrens einen Teil der Gerichtskosten und der außerge-richtlichen Kosten der [X.]n auferlegt. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag zu 1 im zugelassenen Umfang weiter. 5 Entscheidungsgründe: Die Revision hat teilweise Erfolg. Sie führt zu der Feststellung, dass die [X.] den Kläger von dem auf den Wert des [X.] Depots entfallenden Mehrbetrag der Erbschaftssteuer freistellen muss. Dies ergibt sich aus dem Wegfall der Geschäftsgrundlage des Schenkungsvertrages. 6 1. Eine ergänzende Vertragsauslegung, die Vorrang vor der An[X.]dung der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage hätte ([X.], [X.]. v. 01.02.1984 - VIII ZR 54/83, [X.]Z 90, 69, 74), ist nicht möglich. 7 - 6 - a) Die erste Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung, dass der Vertrag eine Regelungslücke aufweist, ist zwar gegeben. Eine Regelungs-lücke liegt vor, [X.]n die [X.]en einen bestimmten regelungsbedürftigen Punkt übersehen haben ([X.], [X.]. v. 19.12.2001 - [X.], NJW 2002, 1260). Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von den [X.]en auch nicht [X.] festgestellt hat, haben die [X.]en bei der Schenkung vom 15. April 1999 an eine wegen des Depots erforderlich werdende Nachentrichtung der von der Erblasserin hinterzogenen Steuern und der vom Kläger insoweit ge-schuldeten Erbschaftssteuer schlichtweg nicht gedacht, ebenso[X.]ig wie dar-an, dass die Schenkung des [X.] an die [X.] dem Finanzamt [X.] könne und die [X.] darauf Schenkungssteuer entrichten müsse. 8 b) Von einer durch das Depot verursachten beträchtlichen Steuerschuld des [X.] ist auszugehen, obwohl das Finanzamt den Ausgang des [X.] Rechtsstreits abwarten will, bevor es den Steuerbescheid erlässt. Der erkennende Senat vermag ebenso [X.]ig wie die [X.]en in der Beurteilung des Berufungsgerichts, nicht schon die Erblasserin, sondern erst der Kläger habe der [X.]n das Depot geschenkt, einen Rechtsfehler zu erkennen. Da somit der Kläger als Alleinerbe auch das [X.] Wertpapierdepot von der Erblasserin geerbt hat, bevor er es weitergeschenkt hat, muss er die darauf ent-fallende Erbschaftsteuer [X.]. Außerdem ist er verpflichtet, soweit die Erblasserin das Vermögen und die Erträge aus dem Depot nicht versteuert hat, die hinterzogene Vermögens- und Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag nachzuzahlen. Denn insoweit handelt es sich um eine Erblasserschuld, die ebenfalls den Kläger als Erben trifft (§ 1967 BGB, § 45 Abs. 2 [X.]). 9 Die Frage, [X.] eine solche Besteuerung im Innenverhältnis treffen sollte, war auch regelungsbedürftig, da für den Kläger durch eine Nachversteuerung zu der [X.], die er durch die Schenkung an die [X.] erfuhr 10 - 7 - und die er einzugehen bereit war, noch eine erhebliche finanzielle Belastung hinzutrat, die er nicht eingeplant hatte und mit der auch die [X.] nicht [X.] hatte. 11 Diese [X.] kann nicht durch Heranziehung des dispositiven Rechts geschlossen werden, das die Nachzahlung der hinterzogenen Vermö-gens- und Einkommenssteuer nebst Solidaritätszuschlag und der wegen des Depots angefallenen Erbschaftssteuer allein dem Kläger auferlegt. Denn diese gesetzliche Regelung der Steuerpflicht widerspricht dem mutmaßlichen [X.]-willen, weil sie der Interessenlage offensichtlich nicht gerecht wird; deshalb ist anzunehmen, dass die [X.]en sie nicht wollten ([X.], [X.]. v. 14.03.1990 - VIII ZR 18/89, NJW-RR 1990, 817). Nach den Feststellungen des [X.] wollten die [X.]en vielmehr mit der Schenkung übereinstimmend den Willen der Erblasserin erfüllen, die das Depot, dessen Wert rund 2,2 Mio. DM betrug, ihrer Tochter zugedacht hatte, aber andererseits den größten Teil ihres Vermögens zunächst [X.] als Vorerben zuzu[X.]den wünschte, nämlich die gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen im Wert von etwa 7.470.000,-- DM und zwei Eigentumswohnungen im Wert von rund 1 Mio. DM. Für den Fall, dass [X.] aus gesellschaftsrechtlichen Gründen die beiden Beteiligungen nicht übernehmen könne, sollten zwar auch diese an ihre Tochter gehen, jedoch verblieben [X.] dann immer noch - neben der hälftigen Ertragsbeteili-gung aus den [X.] - die beiden Wohnungen. Es war also der Wille der Erblasserin, dass der Kläger nicht nur ein laufendes Einkommen aus den Gesellschaftsbeteiligungen, sondern auch einen beträchtlichen [X.], nämlich mindestens 1 Mio. DM, erhalten sollte. Da die [X.]en diesen Erblasserwillen verwirklichen wollten, bestimmte er die Interessenlage der [X.]en bei Abschluss des Schenkungsvertrages. Dem würde es wider-sprechen, [X.]n das dem Kläger zugedachte Vermögen durch die Erbschafts-steuer auf das der Tochter zugeflossene Wertpapierdepot und die Nachzahlung - 8 - der von der Erblasserin hinterzogenen Vermögens- und Einkommensteuer na-hezu vernichtet würde. 12 c) Die Lückenfüllung scheitert indessen an der weiteren Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung, dass sich der hypothetische [X.]wille ermitteln lässt. Bei der ergänzenden Vertragsauslegung ist unter Berücksichti-gung aller in Betracht kommenden Umstände zu untersuchen, wie die [X.] bei redlichem Verhalten den offen gebliebenen Punkt geregelt haben [X.], [X.]n sie ihn bedacht hätten (st. Rspr. des [X.], vgl. [X.]. v. 21.09.1994 - [X.], [X.]Z 127, 138, 142). Hier kommen indessen mehrere Gestal-tungsmöglichkeiten zur Ausfüllung der vertraglichen Regelungslücke in [X.]: [X.]) Bei unerwarteten Vor- oder Nachteilen kann vielfach eine Halbteilung die angemessene Vertragsergänzung sein (vgl. [X.], [X.]. v. 18.02.2000 - [X.], [X.], 894). Eine solche Halbteilung müsste hier, wo durch die Aufdeckung des [X.] Wertpapierdepots gegenüber den [X.] nicht nur der Kläger mit der [X.], einkommens- und erb-schaftssteuerlichen Nachversteuerung belastet ist, sondern auch die [X.] Schenkungssteuer entrichtet hat, zu einer Teilung der gesamten Steuerlast füh-ren. 13 bb) Eine Verständigung der [X.]en hätte aber auch aus der - laienhaften - Überlegung heraus erfolgen können, dass die Erblasserin der [X.]n das Depot mitsamt den darauf ruhenden Erblasserschulden "ver-macht" habe und deshalb die [X.] sowohl die hinterzogene Vermögens- und Einkommenssteuer als auch - an Stelle der für ein Vermächtnis geschulde-ten Erbschaftssteuer - die Schenkungssteuer tragen müsse, nicht aber die durch den Depotwert verursachte Erbschaftssteuer, da die Erblasserin das [X.] - 9 - pot nun einmal nicht aus dem Nachlass herausgenommen habe und dieser Fehler zu Lasten des [X.] als ihres Alleinerben gehe. 15 cc) Schließlich wäre es auch eine angemessene Reaktion gewesen, [X.]n sich die [X.]en darauf geeinigt hätten, dass die [X.], weil sie das Depot bekommen würde, alle Lasten zu tragen habe, die auf dem Übergang des Depots auf sie und auf dem Umstand beruhen, dass die Wertpapiere beim Kläger nur einen Durchgangsposten darstellten. Die [X.] hätte dann so-wohl die auf den Durchgangserwerb des [X.] zurückzuführende Erbschafts-steuer auf den Depotwert als auch die für die Weitergabe vom Kläger an die [X.] geschuldete Schenkungssteuer zu zahlen; die [X.] und die sonstige Erbschaftssteuer wäre beim Kläger als dem Alleinerben verblieben. Welche der drei in Betracht kommenden Regelungen die [X.]en [X.] hätten, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Es sind auch weder Anhaltspunkte ersichtlich, die diese Feststellung ermöglichen würden, noch ist weiterer [X.]vortrag, der dafür von Bedeutung sein könnte, zu erwar-ten. In einem solchen Fall scheidet nach ständiger Rechtsprechung des [X.] eine ergänzende Vertragsauslegung aus ([X.]Z 90, 69, 80). 16 2. Der Kläger hat indessen Anspruch auf eine Anpassung des [X.] zu seinen Gunsten wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. 17 a) Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass das [X.] mit dem [X.] des [X.]s wegen Nichterfüllung einer Auflage, wegen eigener Verarmung und wegen groben Undanks des Beschenkten (§§ 527, 528 Abs. 1 Satz 1, 530 BGB) Sonderfälle des Wegfalls der [X.] ausdrücklich regelt. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt 18 - 10 - hat, ist daneben das allgemeine Rechtsinstitut des Wegfalls der [X.] an[X.]dbar, soweit der Sachverhalt außerhalb des Bereichs der spe-ziellen Herausgabeansprüche des [X.]s liegt ([X.], [X.]. v. 17.01.1990 - [X.], NJW-RR 1990, 386). Das ist hier der Fall, weil es unabhängig von der vom Kläger geltend gemachten Verarmung auch darum geht, dass ihm der Verlust des ihm von der Erblasserin zugedachten Vermögensstammes droht. b) Die Ansicht des Berufungsgerichts, weil die [X.]en an eine etwaige Nachversteuerung nicht gedacht hätten, könne es sich dabei nicht um eine Ge-schäftsgrundlage handeln, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Sie weicht von der Rechtsprechung des [X.] ab, dass es für eine Geschäftsgrundlage genügt, [X.]n die [X.]en bestimmte Umstände als selbstverständlich ansahen, ohne sich diese bewusst zu machen (vgl. [X.]. v. 24.11.1995 - [X.], [X.]Z 131, 209, 215). 19 c) Im Streitfall, in dem die [X.]en an eine etwaige Nachversteuerung des Depots nicht dachten, war das Nichteintreten einer solchen Besteuerung die Geschäftsgrundlage des Schenkungsvertrags. Wie bereits bei der Erörte-rung der ergänzenden Vertragsauslegung dargelegt worden ist, baute der Ge-schäftswille des [X.] auf der Vorstellung auf, dass er durch die Schenkung keine weiteren finanziellen Nachteile als den Verlust des Depots erfahren und dass ihm nicht durch eine Nachversteuerung praktisch der Wert der beiden [X.] Eigentumswohnungen entzogen werden würde. Diese Vorstellung des [X.] war auch für die [X.] erkennbar und wurde von ihr nicht beanstan-det (vgl. [X.], [X.]. v. 15.11.2000 - VIII ZR 324/99, NJW 2001, 1204). 20 Diese Geschäftsgrundlage ist durch das Aufdecken des Wertpapierde-pots gegenüber den Finanzbehörden und die infolgedessen auf den Kläger zu-kommende Nachversteuerung entfallen. Da die Nachversteuerung den von [X.] - 11 - den [X.]en respektierten Wunsch der Erblasserin, dem Kläger auch Vermö-gen, nämlich mindestens die beiden Eigentumswohnungen, zuzu[X.]den, im Ergebnis vereiteln würde, ist es für den Kläger unzumutbar, die zusätzliche Steuerlast allein zu tragen. Er kann deshalb eine Anpassung des Schenkungs-vertrages an die veränderten Verhältnisse verlangen. d) Bei der Anpassung ist aufgrund einer Abwägung der beiderseitigen In-teressen eine für beide [X.]en zumutbare Vertragsänderung zu bewirken. Das maßgebliche Kriterium der Zumutbarkeit führt in der Regel dazu, dass einer [X.] die sie treffenden unvorhergesehenen Nachteile nicht in vollem Umfang abgenommen werden können, sondern nur insoweit, als die Belastung untrag-bar erscheint. Im vorliegenden Fall besteht die angemessene Lösung darin, dass die von der Erblasserin hinterzogenen Steuern den Kläger treffen, dass aber die [X.] zusätzlich zu der von ihr bereits gezahlten Schenkungssteuer im Innenverhältnis zum Kläger auch den Mehrbetrag der Erbschaftssteuer trägt, der durch den Depotwert verursacht wird. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass den [X.]en eine Aufteilung der Steuerlast zuzumuten ist, bei der sie zum einen so gestellt werden, als [X.]n die Erblasserin sich hinsichtlich des [X.] Wertpapierdepots steuerrechtlich korrekt verhalten, nämlich die von ihr [X.] geschuldete Vermögens- und Einkommenssteuer nebst Solidaritätszu-schlag nicht hinterzogen, sondern gezahlt hätte, und bei der zum anderen die [X.], weil sie das Depot bekommen hat, alle mit dessen Übergang aus dem Vermögen der Erblasserin auf sie, die [X.], verbundenen Kosten trägt. Diese Lösung entspricht der oben dargelegten dritten Alternative für eine ergänzende Vertragsauslegung (unter 1 [X.]). 22 Hätte die Erblasserin die hinterzogenen Steuern gezahlt, so wäre ihr Nachlass um die Steuersumme geringer gewesen und hätte der Kläger ent-sprechend [X.]iger geerbt. Diese Steuerschuld muss deshalb bei ihm [X.] - 12 - ben, wie ihm andererseits der Vorteil erhalten bleibt, dass sich die von ihm zu zahlende Erbschaftssteuer durch den Abzug der Erblassersteuerschulden vom [X.] vermindert. Auf die [X.] hingegen entfallen als "Erwerbskos-ten" für das Depot nicht nur die von ihr bereits gezahlte Schenkungssteuer, sondern sie muss im Innenverhältnis auch die vom Kläger für seinen Durch-gangserwerb zu entrichtende Erbschaftssteuer auf den Depotwert tragen, d.h. denjenigen Anteil seiner gesamten Erbschaftssteuerschuld, der entfallen würde, [X.]n das Depot nicht zum Nachlass gehört bzw. von der Erblasserin wirksam der [X.]n vermacht worden wäre. e) Da dieser Mehrbetrag derzeit nicht zuverlässig beziffert werden kann, weil das Finanzamt den ausstehenden Änderungsbescheid für die Erbschafts-steuer noch nicht erlassen hat, dessen Höhe unter anderem von der Höhe der [X.] hinterzogenen Steuern abhängt, ist aus dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage weder der [X.] des [X.] noch überhaupt eine Klage auf - derzeitige oder künftige - Leistung auch nur teilweise begründet. Im Übrigen scheitert der [X.] auch daran, dass der Kläger nur Freistellung von seiner eigenen Zahlungspflicht gegenüber dem Finanzamt verlangen kann. Der Freistellungsanspruch ist indes als ein Weniger im Zahlungsanspruch enthalten ([X.]/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 308 Rdn. 4). Der Kläger kann aus diesen beiden Gründen lediglich die Feststellung verlangen, dass die [X.] verpflichtet ist, ihn von dem durch den Depotwert verursachten Mehrbetrag der Erbschaftssteuer freizustellen, sobald der [X.] aufgrund eines unanfechtbaren Bescheides des Finanzamts feststeht. Auch die Feststellung einer Leistungspflicht ist im Vergleich zu einem Leistungsgebot ein Weniger. Im [X.] des [X.] ist deshalb ein Feststellungsantrag inbegriffen. Erweist sich die erhobene Leistungsklage als unbegründet, entspricht aber der Erlass eines Feststel-lungsurteils dem Interesse des [X.], so kann das Gericht dem in dem [X.] - 13 - tungsbegehren enthaltenen Antrag auf Feststellung des Rechtsverhältnisses auch dann stattgeben, [X.]n dieser Antrag nicht ausdrücklich hilfsweise gestellt ist ([X.], [X.]. v. 09.04.1992 - IX ZR 304/90, [X.]Z 118, 70, 81 f.). 25 3. Der Zahlungsanspruch des [X.] ist auch nicht als Herausgabean-spruch des [X.]s wegen Verarmung begründet (§ 528 Abs. 1 Satz 1 BGB). Abgesehen davon, dass dieser Anspruch, der den Unterhaltsbedarf des [X.]s schützt, sich nicht auf einen Gesamtbetrag richtet, sondern auf wie-derkehrende Leistungen des Beschenkten in einer dem Unterhaltsbedarf ent-sprechenden Höhe, bis der Schenkungswert erschöpft ist ([X.], [X.]. v. 17.09.2002 - [X.], NJW-RR 2003, 53), fehlt es zur [X.] an der Bedürf-tigkeit des [X.]. Diese hat der Kläger schon deshalb nicht dargelegt, weil er sie mit der auf ihn zukommenden Nachversteuerung in Höhe von [X.] 915.613,33 DM begründet hat und diese Begründung nicht trägt, nach-dem der erkennende Senat festgestellt hat, dass dem Kläger ein Freistellungs-anspruch gegen die [X.] in Höhe des auf den Depotwert entfallenden Mehrbetrages der Erbschaftssteuer zusteht. Denn dieser Freistellungsanspruch reduziert die finanzielle Belastung des [X.] durch seine Steuerschuld erheb-lich. 4. [X.] beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Es war zu berücksichtigen, dass der Wert des dem Kläger zuerkannten Freistel-lungsanspruchs auf etwa 300.000,-- DM zu schätzen ist und davon noch etwa 26 - 14 - 20 % als so genannter Feststellungsabschlag abzuziehen sind, so dass der Kläger streitwertmäßig in Höhe von 240.000,-- DM obsiegt. Ferner war zu be-rücksichtigen, dass der erkennende Senat den Streitwert des Klageantrags zu 4 schon mit Beschluss vom 19. Juli 2005 auf (324.000,-- DM + 230.000,-- DM + 193.000,-- DM =) 747.000,-- DM heraufgesetzt hat.
Scharen [X.] Mühlens

Meier-Beck [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.03.2001 - 11 O 165/00 - [X.], Entscheidung vom 01.07.2003 - 3 [X.]/01 -

Meta

X ZR 108/03

21.12.2005

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2005, Az. X ZR 108/03 (REWIS RS 2005, 109)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 109

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