Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2004, Az. VIII ZR 295/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3918

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 24. März 2004 [X.] , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 536 Abs. 1 Satz 1 Weist eine gemietete Wohnung eine Wohnfläche auf, die mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt, stellt dieser Umstand grundsätzlich einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 Abs. 1 Satz 1 [X.] dar, der den Mieter zur Minderung der Miete berechtigt. Einer zusätzlichen Darlegung des Mieters, daß infol-ge der [X.] die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Ge-brauch gemindert ist, bedarf es nicht. [X.], Urteil vom 24. März 2004 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] Hübsch, Dr. [X.], Dr. Leimert und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Kläger gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des [X.] vom 5. September 2003 wird [X.]. Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Beklagten mieteten von den Klägern für die [X.] vom 1. Februar 2001 bis zum 31. Mai 2003 nach Besichtigung der Räumlichkeiten ein Reihenhaus in B. , [X.]straße . In § 1 des [X.] heißt es: "Die Wohnfläche wird mit 126,45 Quadratmetern vereinbart". Die monatliche Miete betrug zunächst 1.300 DM, ab dem 1. Februar 2002 682,57 •. Die monatliche Nebenkostenvorauszahlung belief sich auf 58,80 •. Nach § 5 des [X.] erfolgte die Abrechnung der Betriebs- kosten nach dem Verhältnis der Wohnfläche. - 3 - Die Beklagten entrichteten für den Monat Februar 2003 eine um 87,57 • geminderte Miete, für die Monate März 2003 bis Mai 2003 wurde keine Miete gezahlt. Zur Begründung gaben die Beklagten an, eine [X.] der Räumlichkeiten im Dezember 2002 habe ergeben, daß die Gesamtfläche des [X.] entgegen der Angaben im Mietvertrag nur 106 m2 betrage. [X.] ständen ihnen Rückforderungsansprüche jedenfalls in Höhe der einbehalte-nen Miete zu, mit denen die Aufrechnung erklärt werde. Mit der Klage verlangen die Kläger Zahlung der Mietrückstände für die Monate Februar bis Mai 2003 in Höhe von insgesamt 2.311,68 •. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die hiergegen gerichte-te Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebe-gehren weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Den Klägern stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch auf rück-ständige Miete nicht zu, da die Beklagten wegen eines Mangels der Mietsache zu Recht gemindert hätten und der sich ergebende Restbetrag durch Aufrech-nung erloschen sei. Der Umstand, daß die Wohnfläche des [X.] tat-sächlich nur 106 m2 betrage, stelle einen Mangel dar. Die Angabe der Größe des Objekts im Mietvertrag sei als rechtsverbindliche Feststellung zu werten, von der die unstreitige tatsächliche Größe des Hauses um 16 % und damit er-- 4 - heblich abweiche. Bereits dieser Flächenmangel beeinträchtige die Tauglichkeit der Mietsache für die Ausübung des vertragsgemäßen Gebrauches und den Nutzwert der Mietsache. Auch die Vorschrift des § 539 [X.] a.F. stehe der [X.] nicht entgegen. I[X.] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand, so daß die Revision zurückzuweisen ist. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Klägern die geltend gemachte [X.] von 87,57 • für den Monat Februar 2003 versagt und gegen die [X.] Mietzinsforderung für die Monate März bis Mai 2003 von jeweils 635,03 •, insgesamt 1.905,09 •, die Aufrechnung der Beklagten wegen über-zahlter Mieten in den Monaten Februar 2001 bis Januar 2003 durchgreifen [X.]. Das Berufungsgericht hat mit Rücksicht auf eine Grundfläche des Mietob-jekts von nur 106 m2 zutreffend das Vorhandensein eines Mangels bejaht. Die Beklagten können daher die vertraglich geschuldete Miete mindern und Rück-zahlung der insoweit in der Vergangenheit zuviel gezahlten Miete verlangen mit der Folge, daß ihnen gegen die Klageforderung aufrechenbare Gegenansprü-che in gleicher Höhe zustehen. 1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht als tatsächliche Größe des gemieteten [X.] eine Fläche von 106 m2 zugrunde gelegt. Die [X.] haben das Wohnhaus unter Berücksichtigung der vorhandenen [X.] und einer hälftigen Anrechnung des überdachten Teils der Terrasse ausmessen lassen, dabei wurde die Wohnfläche mit 106 qm errechnet. Den - 5 - Vortrag der Beklagten zur tatsächlichen Größe des Objekts haben die Kläger nicht angegriffen. Allerdings weist die Revision darauf hin, daß der Begriff der "Wohnflä-che" auslegungsbedürftig und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht eindeutig ist ([X.], Urteil vom 30. November 1990 - [X.], [X.], 519 unter [X.]; Urteil vom 22. Dezember 2000 - [X.], [X.], 482 unter [X.]). Sie meint, die Parteien hätten sich mit der Formulierung im Mietvertrag "die Wohnfläche wird mit 126,45 Quadratmetern vereinbart" auf einen bestimm-ten [X.] verständigt, der zu einer Wohnfläche von 126,45 m2 führe. Für diese Annahme fehlt es jedoch nach den Darlegungen des Landge-richts an Anhaltspunkten. Danach haben die Kläger einen konkreten [X.], wie es zu einer solchen Abrede gekommen sein soll, nicht er-bracht; gegen das Vorbringen der Kläger spreche ihr eigener Hinweis, man ha-be die Größenangaben aus vorherigen Verträgen des [X.] übernommen. Diese Erwägungen des Berufungsgericht sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. [X.] Sachvortrag der Kläger, wonach sich die Vertragspartner insbesondere auf eine Einbeziehung der bei-den als Hobby- und Fitnessräume nutzbaren Kellerräume in die Wohnflächen-berechnung geeinigt hätten, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. 2. a) Weist eine gemietete Wohnung tatsächlich eine Wohnfläche auf, die erheblich unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt, so kann dieser Umstand einen Mangel der Mietsache nach § 536 Abs. 1 Satz 1 [X.] n.F. und einen Fehler nach § 537 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. darstellen ([X.], [X.] 1998, 643; [X.], [X.], 218; [X.] 2002, 257; [X.], [X.] 2003, 184; [X.] in: Bub/[X.], Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., [X.]. 1359 f.; [X.], Mietrecht, 8. Aufl., § 536 Rdnr. 44; [X.]/[X.], Miete, 8. Aufl., - 6 - § 536 Rdnr. 22; [X.]/[X.], [X.], 63. Aufl., § 536 Rdnr. 22; [X.]/[X.] (2003) § 536 Rdnr. 38, 39; einschränkend [X.], [X.], 2. Aufl., § 536 Rdnr. 49; a.[X.]/[X.], Mietrecht, 2. Aufl., § 536 Rdnr. 30). Die vereinbarte Fläche ist Teil der vertraglich festgelegten Sollbeschaffenheit der Mietsache. Zwar kann eine vertragliche Vereinbarung der Mietfläche den Sinn haben, die wahre Größe dem Streit zu entziehen und die Wohnfläche unabhängig von den tatsächlichen Umständen verbindlich fest-zulegen. Hierfür fehlt es jedoch - wie bereits ausgeführt - an Anhaltspunkten. b) Umstritten ist, ob der Mieter zusätzlich darlegen muß, daß infolge der [X.] die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Ge-brauch gemindert ist (dafür [X.] aaO; [X.], [X.], 412; [X.], [X.] 1999, 153; [X.], [X.], 263; [X.], [X.], 13; [X.], [X.], 213; Feuerlein [X.] 2002, 1110; dagegen [X.] aaO; [X.] a.M. aaO [bei 25 % Abweichung]; [X.], [X.], 429; [X.], [X.], 515, 522; ders. [X.], 156; 2000, 1121; [X.], [X.], 467; [X.], [X.], 469; [X.]/[X.] aaO; [X.] aaO; für Gewerberaum: [X.], [X.], 633, 638). Dies ist nicht erforderlich. Bei einem erheblichen Flächenmangel spricht bereits eine tatsächliche Vermutung für eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit, die der Mieter nicht gesondert belegen muß. Zwar ist der Gegenmeinung zuzugeben, daß für den Mieter in erster Linie der bei der Besichtigung gewonnene Eindruck von der Wohnung, ihrer Lage, ihres Zuschnitts und der Zimmeraufteilung maßgeblich ist. Sie verkennt jedoch, daß die vereinbarte Fläche ein wesentliches Merkmal für den Nutzwert der angemieteten Wohnung ist ([X.], [X.], 467, 469). So wird bereits bei der Inserierung in aller Regel die Wohnungsgröße der [X.] Wohnung angegeben, um Interessenten eine Vergleichbarkeit ver-- 7 - schiedener Wohnungen zu erleichtern und um die Miete pro Quadratmeter er-rechnen zu können. Hat ein Wohnungssuchender mehrere Wohnungen, deren Mietzins und Ausstattung ähnlich sind, zur Auswahl, wird er sich in vielen Fällen für die größere Wohnung entscheiden. Während des Mietverhältnisses ist die Wohnfläche in aller Regel - so auch im vorliegenden Fall - Berechnungsgrund-lage für die Verteilung von Betriebskosten und deren Erhöhung (vgl. §§ 6 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 1 und 2, 7 Abs. 1 Satz 2, 8 Abs. 1, 9 a Abs. 1 HeizKostVO, § 556 a Abs. 1 Satz 1 [X.] n.F.). Ebenso ist die Wohnungsgröße ein Faktor bei der Er-mittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Rahmen eines Mieterhöhungsver-langens nach § 558 Abs. 2 [X.] n.F. und § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]. Schon aus diesen Gründen kann dem Mieter durch die Angabe einer überhöhten Wohnfläche im Mietvertrag ein unmittelbarer wirtschaftlicher Schaden entste-hen; dies ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß er möglicherweise nach-träglich eine Neuberechnung der Betriebskosten unter Berücksichtigung der geringeren Wohnfläche verlangen kann. Liegt die tatsächliche Wohnfläche er-heblich unter der vertraglich vereinbarten, so ist auch die Tauglichkeit der [X.] gemindert, ohne daß es auf einen Nachweis einer konkreten Beeinträchti-gung des Mieters durch die [X.] ankommt. Denn die Tauglich-keit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch setzt voraus, daß die [X.] mit der vertraglich vereinbarten Größe nutzbar ist ([X.] aaO; [X.] aaO; [X.], [X.], 156, 161). Auch ist unerheblich, wenn dem Mieter - wie hier den Beklagten vor der [X.] im Dezember 2002 - die geringere Wohnfläche nicht aufgefallen ist. c) Ein abweichendes Flächenmaß ist im Sinne des § 536 Abs. 1 Satz 3 [X.] n.F. und des § 537 Abs. 1 Satz 2 [X.] a.F. dann erheblich, wenn die tat-sächliche Fläche um mehr als 10 % hinter der vertraglich vereinbarten Größe zurückbleibt ([X.] aaO; KG aaO; [X.]/[X.] aaO; Kin-ne [X.] 2003, 100 jew. m.w.Nachw.). Ein zur Minderung berechtigender Sach-- 8 - mangel wird auch bei einem Vertrag über den Kauf oder die Errichtung eines Hauses bzw. einer Eigentumswohnung im Falle einer Unterschreitung der [X.] Wohnfläche von mehr als 10 % anerkannt ([X.], Urteil vom 11. Juli 1997 - [X.], NJW 1997, 2874 unter [X.]; vgl. auch Urteil vom 8. Januar 2004 - [X.], [X.]/[X.] 2004, 111 unter [X.] und I[X.] b). Gründe für eine andere Bemessung der Wesentlichkeitsgrenze im Mietrecht liegen nicht vor ([X.], [X.], 467, 468; [X.], [X.], 156, 158). Die Revision bringt zwar zutreffend vor, daß bei einem Wohnungskauf die Größe für die mit dem Kauf bezweckte Wertschöpfung anders als im Mietrecht von Bedeutung ist. Dies rechtfertigt es jedoch - wie ausgeführt - nicht, eine [X.] von mehr als 10 % für die Tauglichkeitsminderung nach § 536 Abs. 1 Satz 3 [X.] n.F. (§ 537 Abs. 1 Satz 2 [X.] a.F.) noch als unerheblich anzusehen. Für den Mieter ist die tatsächliche Wohnungsgröße ein wesentliches Merkmal für den Nutzwert der angemieteten Wohnung und für die Beurteilung der Höhe des geforderten Mietpreises. d) Der Höhe nach ist die Minderung entsprechend der prozentualen Flä-chenabweichung gerechtfertigt ([X.], [X.], 156, 161). Die Berech- - 9 - nung des Berufungsgerichts wird von der Revision nicht angegriffen und ist auch sonst nicht zu beanstanden.

Dr. [X.] am [X.] Dr. [X.] [X.] ist wegen Ausscheidens
aus dem Justizdienst an der
Unterzeichnung verhindert

[X.], 26. April 2004

[X.]

Dr. Leimert [X.]

Meta

VIII ZR 295/03

24.03.2004

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2004, Az. VIII ZR 295/03 (REWIS RS 2004, 3918)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3918

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 44/03 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 144/09 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Berechnung der Mietminderung bei über 10%iger Unterschreitung der mit einer ca.-Angabe vereinbarten Wohnfläche


XII ZR 254/01 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 101/04 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 144/09 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.