Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2012, Az. XII ZB 27/12

12. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3253

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Gegenstand

Vergütungsfestsetzung für den Berufsbetreuer: Bestimmung des Betreuungsbeginns mit Bekanntgabe des Bestellungsbeschlusses


Leitsatz

Eine Betreuerbestellung ist dem Betreuer bei Aufgabe des Beschlusses zur Post mit dessen Zugang bekannt gegeben. Die Vermutung der Bekanntgabe nach § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG schließt einen früheren Zugang nicht aus.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 22. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten der Betreuerin werden der Rechtsbeschwerdeführerin auferlegt.

Wert: bis 300 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über den für die Vergütung maßgeblichen [X.]raum der Betreuung.

2

Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betreuerin) ist durch Beschluss vom 31. August 2010 zur - berufsmäßigen - Betreuerin bestellt worden. Der Beschluss ist am 4. Oktober 2010 ausgefertigt und am selben Tag zum Zwecke der Bekanntgabe an die Betreuerin durch Aufgabe zur Post beim örtlichen Postamt aufgegeben worden. Die Beteiligten streiten im Rahmen der erstmalig festzusetzenden [X.] darum, ob die Betreuung mit dem 6. Oktober 2010 begonnen hat, nachdem der Beschluss bei der Betreuerin am 5. Oktober 2010 eingegangen war, oder aufgrund der gesetzlichen Zustellungsvermutung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG erst aufgrund der Bekanntgabe drei Tage nach Aufgabe zur Post (am 8. Oktober 2010), wie die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Staatskasse) meint.

3

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat die [X.] beginnend mit dem 8. Oktober 2010 festgesetzt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Das [X.] hat die Vergütung auf die Beschwerde der Betreuerin bereits für die [X.] ab dem 6. Oktober 2010 festgesetzt. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Staatskasse.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Zulassung nach § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und konnte von der Staatskasse nach § 10 Abs. 4 Satz 2 FamFG ohne Vertretung durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

5

1. Nach Auffassung des [X.]s kann auf die Regelung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG nur zurückgegriffen werden, wenn sich der [X.]punkt der Bekanntgabe nicht feststellen lässt. Da die Betreuerin den Zugang am 5. Oktober 2010 glaubhaft gemacht habe, sei dieser für den Beginn der Betreuung maßgeblich.

6

2. Die Auffassung des [X.]s trifft zu.

7

Der Berufsbetreuer hat einen Anspruch auf pauschale Vergütung nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. §§ 1, 4, 5 [X.], der sich unter anderem nach der Dauer der Betreuung bestimmt. Die Betreuung wird mit der Bekanntgabe des [X.] an den Betreuer wirksam (§ 287 Abs. 1 FamFG). Aus der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG folgt nicht, dass die Bekanntgabe bei Aufgabe zur Post erst drei Tage nach der Aufgabe erfolgt. Durch die Regelung sollte nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum [X.] dem Bedürfnis nach einem möglichst zuverlässigen Weg der Übermittlung sowie einer möglichst effizienten und unbürokratischen Bekanntgabemöglichkeit Rechnung getragen werden (BT-Drucks. 16/6308 S.182). Die Regelung zielt darauf ab, die Bekanntgabe auch dann sicherzustellen, wenn der Zugang der Postsendung nicht nachweisbar ist. Für diesen Fall wird durch eine vom Gesetz unterstellte [X.] von drei Tagen sichergestellt, dass bei regelmäßigem Ablauf ein Zugang auch erfolgt ist. Die Regelung erreicht ihren Sinn und Zweck, indem sie dem Empfänger einer gerichtlichen Bekanntgabe nur dann ermöglicht, sich auf einen unterbliebenen oder späteren Zugang zu berufen, wenn er diesen nicht nur behauptet, sondern auch glaubhaft macht.

8

Davon ist der vorliegende Fall, dass der Empfänger selbst einen früheren Zugang einräumt und glaubhaft macht, aber nicht erfasst. Geht der Beschluss über die Bestellung bereits früher zu, so wird die Betreuung damit wirksam und beginnen insbesondere die Pflichten des Betreuers bereits zum [X.]punkt des Zugangs. Dementsprechend hat das [X.] die Vergütung zutreffend berechnet.

Dose                               [X.]                               Schilling

                 [X.]

Meta

XII ZB 27/12

12.09.2012

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Kassel, 22. Dezember 2011, Az: 3 T 444/11

§ 1836 BGB, § 1908i BGB, § 1 VBVG, § 4 VBVG, § 5 VBVG, § 15 Abs 2 S 2 FamFG, § 287 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2012, Az. XII ZB 27/12 (REWIS RS 2012, 3253)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3253

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