Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2006, Az. 2 StR 444/06

2. Strafsenat | REWIS RS 2006, 109

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[X.] vom 20. Dezember 2006 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. Dezember 2006 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. Juli 2006 in den Fällen [X.] 1. bis 5. der Urteils-gründe und im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an ei-ne andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen, wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von dreizehn Jahren verurteilt sowie Betäubungsmittel und Mobiltelefone eingezogen. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die er auf Verfahrensrügen und auf die Sachrüge stützt. Das [X.] hat mit einer Verfahrensrüge in den Fällen [X.] 1. bis 5. der Urteilsgründe Erfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] - 3 - desanwalts vom 16. September 2006 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen [X.] 1. bis 5. der Urteils-gründe beruht auf der Aussage des Zeugen [X.] [X.], dass er den Angeklagten im September 2001 kennen gelernt habe. Im Mai 2002 sei der Angeklagte mit [X.] vom Typ [X.] oder [X.] nach [X.] gekommen, um ein für ihn bestimmtes [X.]logramm Heroin abzuholen (Fall [X.] 3. der Urteilsgründe). Der Angeklagte habe erklärt, er habe auf dem Weg nach [X.] einen Unfall gehabt, an dem er nicht schuld gewesen sei, weshalb er vom Unfallgegner einen Leihwagen gestellt bekom-men habe. 2 Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, dass er den Zeugen D. erst im Januar 2003 kennen gelernt habe. Im Februar 2003 sei er zu einem Besuch des Zeugen D. nach [X.] gefahren, auf dieser Fahrt sei es zu einem Unfall gekommen und er habe einen [X.] als Ersatzfahrzeug bekommen. In der Hauptverhandlung beantragte der Angeklagte die Einvernahme des [X.] der K. GmbH zum Beweis der Tatsache, dass er nach dem Unfall vom 14. Februar 2003 einen Mietwagen [X.] angemietet ha-be, um die Fahrt vom Unfallort fortsetzen zu können, und seiner Ehefrau sowie des Leiters der [X.] zum Beweis der Tat-sache, dass der [X.] nach dem Unfall noch im Februar 2003 ver-schrottet worden und eine Abmeldung des Fahrzeugs erfolgt sei. 3 [X.] hat diese Beweisanträge zurückgewiesen, da die be-hauptete Tatsache, nämlich dass der Angeklagte nach einem Unfall vom 14. Februar 2003 einen Mietwagen angemietet habe und den [X.] verschrotten ließ, für die Entscheidung ohne Bedeutung sei (§ 244 Abs. 3 Satz 4 - 4 - 2 StPO). Im Übrigen habe die Zeugin [X.].
bereits bestätigt, dass der [X.] nach einem Unfall, bei dem sie allerdings nicht zugegen gewesen sei, ver-schrottet worden sei. In den Urteilsgründen hat die [X.] hierzu ausge-führt ([X.]): Die Einlassung des Angeklagten und die Aussage seiner Ehefrau stünden der Aussage des Zeugen D. nicht entgegen. Auch wenn der Angeklagte im Februar 2003 einen Unfall mit dem [X.] gehabt und als Leihwagen einen [X.] erhalten habe, könne die Fahrt nach [X.] wie von dem Zeugen D. geschildert im Mai 2002 stattgefunden haben. Der Zeuge habe lediglich wiedergegeben, was der Angeklagte ihm zu dem Fahrzeug gesagt habe, dass es sich um einen Leihwagen handele, da er auf der Fahrt unverschuldet einen Unfall gehabt habe. Ob dies zutreffe, könne der Zeuge nicht sagen, weil er auf der Fahrt nicht dabei gewesen sei. Im Übrigen habe der Zeuge hinsichtlich des Zeitpunkts, des Ziels und der anwesenden Personen eine völlig andere Situation beschrieben als der Angeklagte, so dass es denkbar erscheine, dass beide Fahrten tatsächlich stattgefunden haben. 2. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] muss der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der [X.] Tatsachen abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der [X.] ihnen keine Bedeutung beimisst. Wird die Bedeutungslosigkeit aus tat-sächlichen Umständen gefolgert, so müssen die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich ergibt, warum die unter Beweis gestellte Tatsache, selbst wenn sie erwiesen wäre, die Entscheidung des Gerichts nicht beeinflussen könnte ([X.], 503; NStZ-RR 2002, 68 f.; [X.], 113, 115 m.w.N.). Der Beschluss muss es den Verfahrensbeteiligten, insbesondere dem Antragsteller, ermöglichen, sich auf die durch die Ablehnung des Beweisantrags geschaffene Prozesslage einzustellen. Die erforderliche Begründung entspricht grundsätzlich den Begründungserfordernissen bei der Würdigung von durch Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen. 5 - 5 - Diesen Anforderungen wird der Beschluss der [X.] nicht ge-recht. Seine Begründung beschränkt sich im Wesentlichen auf die sinngemäße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts. Auch aus dem Zusatz, dass die Zeugin [X.]. die behaupteten Tatsachen teilweise bereits bestätigt habe, wird nicht er-kennbar, warum die Kammer diese als bedeutungslos ansieht. Die Erklärung hierfür gibt die [X.] erst in den Urteilsgründen. Die unzulängliche [X.] wird dadurch jedoch nicht geheilt. Die Begründung der Ablehnung eines Beweisantrags soll den Antragsteller in die Lage verset-zen, sich auf die [X.] einzurichten und gegebenenfalls neue Anträ-ge stellen zu können. Dies erfordert, dass ihm die Ablehnungsgründe in der Hauptverhandlung mitgeteilt werden, so dass er darauf noch reagieren kann. Ein Beruhen des Urteils auf der unzulänglichen Ablehnung eines Beweisantrags kann dementsprechend nur dann ausgeschlossen werden, wenn die Gründe der Bedeutungslosigkeit der Beweisbehauptung auf der Hand lagen, so dass der Antragsteller im Bilde war und in seiner Prozessführung nicht beeinträchtigt wurde. Das kann im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Die Frage einer Falschbelastung des Angeklagten durch D. war von entscheidender Bedeutung für die Beweiswürdigung der [X.]. Sie hat aus ganz verschiedenen Gründen (Unfall nur Erzählung des Angeklagten oder tatsächlich zwei verschie-dene Fahrten mit Unfällen) angenommen, dass die unter Beweis gestellte [X.] im Falle ihres [X.] keine Auswirkungen auf die Glaubhaftig-keit der Angaben des Zeugen D. gehabt hätte. Dass diese Gründe für alle [X.] auf der Hand lagen, kann nicht ohne weiteres angenommen werden. 6 Der Verfahrensfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung in den Fällen [X.] 1. bis 5. der Urteilsgründe, die auf der Aussage des Zeugen D. beruhen, und der Gesamtstrafe. Zwar berührt der Beweisantrag unmittelbar lediglich die An-gaben des Zeugen im Fall [X.] 3. der Urteilsgründe. Es ist aber nicht auszu-7 - 6 - schließen, dass eine Falschaussage des Zeugen in diesem Fall Auswirkungen auf die Würdigung seiner Glaubwürdigkeit auch in den anderen Fällen gehabt hätte. Die [X.] in den Fällen [X.] 1. bis 5. der [X.] sollen nach der Aussage des Zeugen alle in den Jahren 2001/2002 stattge-funden haben, also vor dem Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte den Zeugen erst kennen gelernt haben will. In den Fällen [X.] 6. bis 8. der Urteilsgründe beruht die Verurteilung hingegen ausschließlich auf anderen Beweismitteln, sie werden durch den Verfahrensfehler ersichtlich nicht berührt. Im Falle einer neuerlichen Verurteilung wird der neue Tatrichter Gele-genheit haben, in den Fällen [X.] 1. bis 5. der Urteilsgründe anhand der vorhan-denen Indizien (Wirkstoffgehalte der sichergestellten Betäubungsmittel in den anderen Fällen, Mengen, Preise) realistische Wirkstoffgehalte festzustellen. 8 [X.] Fischer Roggenbuck

Meta

2 StR 444/06

20.12.2006

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2006, Az. 2 StR 444/06 (REWIS RS 2006, 109)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 109

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