Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.06.2023, Az. II ZB 18/22

2. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 4621

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Gegenstand

Eintragung der Umwandlung ins Handelsregister: Beschwerdeberechtigung eines Gesellschaftsgläubigers


Leitsatz

Die Beschwerdeberechtigung eines Gesellschaftsgläubigers, der nach einer formwechselnden Umwandlung die Löschung der Gesellschaft mit der Begründung angeregt hat, der Formwechsel sei rechtsmissbräuchlich unter Umgehung oder Einschränkung des Gläubigerschutzes vollzogen worden, ergibt sich nicht bereits daraus, dass das Registergericht die Löschung verweigert hat. Ein allgemeines Recht eines Gläubigers, zur Erleichterung der Verwirklichung seines Forderungsrechts bestimmte Eintragungen im Handelsregister herbeizuführen oder zu untersagen, besteht nicht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des [X.] vom 4. August 2022 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Gesellschafter der [X.] beschlossen in notarieller Urkunde vom 6. Februar 2020 mit [X.] vom 9. und 30. April 2020 die Umwandlung in die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft. Die Umwandlung der Beteiligten zu 2 wurde am 11. Mai 2020 im Handelsregister eingetragen (vormals [X.] HRB     ; jetzt HRA      ). Ihr Sitz ist D.     . Komplementärin war die [X.]., im Handelsregister des Companies House zur Registernummer        mit Sitz in      /England eingetragen; einzige Kommanditistin war die [X.]., ebenfalls im Handelsregister des Companies House zur Registernummer         mit Sitz in    /England eingetragen. Seit dem 7. März 2022 ist im Handelsregister als Komplementärin die [X.]. ([X.] Nr.       ,            /Irland) und als Kommanditistin die [X.]. ([X.] Nr.        ,       /Irland) ausgewiesen.

2

Die Beteiligte zu 1 hat beim Amtsgericht - Registergericht – eine Löschung der Beteiligten zu 2 von Amts wegen angeregt, weil nach ihrer Auffassung die formwechselnde Umwandlung wegen Verstoßes gegen die §§ 58 ff. GmbHG nichtig sei. Ihr stünden aus Verfahren vor dem [X.] und dem [X.] Ansprüche gegen die S.                                             GmbH zu.

3

Mit Beschluss vom 4. Januar 2022 hat das Registergericht eine Löschung von Amts wegen abgelehnt und mit Beschluss vom 9. Februar 2022 der Beschwerde der Beteiligten zu 1 nicht abgeholfen. Das Beschwerdegericht hat das Rechtsmittel nach Hinweis auf seine Unzulässigkeit mit Beschluss vom 4. August 2022 verworfen: Der Beteiligten zu 1 fehle die Beschwerdeberechtigung gemäß § 59 Abs. 1 FamFG.

4

Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen zur Klärung der Frage, ob ausnahmsweise einer die Amtslöschung gemäß § 395 FamFG begehrenden potenziellen Gläubigerin eine Beschwerdeberechtigung gemäß § 59 Abs. 1 FamFG einzuräumen sei, wenn diese geltend mache, es sei ein Formwechsel rechtsmissbräuchlich unter Umgehung oder Einschränkung des Gläubigerschutzes vollzogen worden.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

6

1. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1 folgt aus der Verwerfung ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts ([X.], Beschluss vom 22. November 2016 - [X.], [X.]Z 212, 381 Rn. 5 mwN).

7

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zu Recht als unzulässig verworfen, weil der Beteiligten zu 1 die Beschwerdebefugnis gemäß § 59 Abs. 1 FamFG fehlt.

8

a) Zutreffend hat das Beschwerdegericht das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 als gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde behandelt. Das Registergericht hat nicht bereits die Einleitung eines Löschungsverfahrens abgelehnt; die Entscheidung, die Beteiligte zu 2 nicht im Handelsregister zu löschen, stellt vielmehr eine beschwerdefähige Endentscheidung im Sinn von § 58 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG dar. Denn das Gericht hat in dem gemäß § 395 FamFG i.V.m. § 24 FamFG auf Anregung der Beteiligten zu 1 eingeleiteten Löschungsverfahren, wie für § 58 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG erforderlich, aber auch ausreichend, eine den Verfahrensgegenstand erledigende ablehnende Sachentscheidung getroffen (vgl. [X.], Beschluss vom 24. April 2012 - [X.], [X.], 1097 Rn. 11 f. mwN; Haußleiter/[X.], FamFG, 2. Aufl., § 24 Rn. 5). Im Beschluss vom 4. Januar 2022 hat es nicht nur auf die fehlende Antragsberechtigung der Beteiligten zu 1 abgestellt, sondern die Löschung der beanstandeten Eintragung auch deswegen verweigert, weil die Prüfung der Anmeldung keine Gründe für die beantragte Löschung von Amts wegen nach § 395 FamFG erkennen lasse.

9

b) Das Beschwerdegericht ist ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass die Beteiligte zu 1 nicht beschwerdeberechtigt ist.

aa) Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde nur demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Erforderlich ist ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht. Die angefochtene Entscheidung muss ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren ([X.], Beschluss vom 15. Juli 2014 - [X.], [X.]Z 202, 87 Rn. 12 mwN; Beschluss vom 14. Oktober 2015 - [X.] 695/14, [X.], 45 Rn. 14). Die tatsächlichen Grundlagen der Rechtsbeeinträchtigung, bei denen es sich um doppelrelevante Tatsachen handelt, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Beschwerde entscheidend sind, sind schlüssig vorzutragen ([X.], Beschluss vom 22. November 2016 - [X.], [X.]Z 212, 381 Rn. 15 mwN).

bb) Die Beteiligte zu 1 hat nicht schlüssig dargelegt, dass sie durch die verweigerte Löschung der Beteiligten zu 2 in einem eigenen Recht beeinträchtigt ist.

(1) Woraus die reklamierte Rechtsstellung der Beteiligten zu 1 als Gläubigerin der Beteiligten zu 2 resultieren soll, ergibt sich weder aus den vom Senat gemäß § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG i.V.m. § 559 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen noch legt die Rechtsbeschwerde diese konkret dar. Die Rechtsbeschwerde verweist lediglich auf "liquide Gegenansprüche aus Gewährleistung einer Wohnungseigentümergemeinschaft, u.a. der Antragstellerin".

(2) Selbst unterstellt, die Beteiligte zu 1 verfügte, wie von der Rechtsbeschwerde behauptet, als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft über Ansprüche aus Gewährleistung gegen die Beteiligte zu 2, verschaffte ihr das selbst dann keine Beschwerdeberechtigung, wenn der Formwechsel, wie ebenfalls von der Rechtsbeschwerde behauptet, unter Umgehung oder Einschränkung des Gläubigerschutzes vollzogen worden wäre. Die Beschwerdeberechtigung eines Gesellschaftsgläubigers, der nach einer formwechselnden Umwandlung die Löschung der Gesellschaft mit der Begründung angeregt hat, der Formwechsel sei rechtsmissbräuchlich unter Umgehung oder Einschränkung des Gläubigerschutzes vollzogen worden, ergibt sich nicht bereits daraus, dass das Registergericht die Löschung verweigert hat. Die verweigerte Löschung der Beteiligten zu 2 greift nicht unmittelbar, nachteilig in ein der Beteiligten zu 1 zustehendes subjektives Recht ein. Ein allgemeines Recht eines Gläubigers, zur Erleichterung der Verwirklichung seines Forderungsrechts bestimmte Eintragungen im Handelsregister herbeizuführen oder zu untersagen, besteht nicht (BayObLG, [X.], 568, 569 mwN; vgl. schon KG, Beschluss vom 23. April 1906, Jahrbuch für Entscheidungen des [X.]s in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit u.a., [X.] 33, [X.], [X.]; auch [X.], [X.] 2003, 2402, 2403 f.; [X.]/[X.], FamFG, 21. Aufl., § 59 Rn. 90; [X.] FamFG/[X.], Stand [X.], § 395 Rn. 53, § 399 Rn. 52; Haußleiter/ Schemmann, FamFG, 2. Aufl., § 394 Rn. 22; Bahrenfuss/[X.], FamFG, 3. Aufl., § 394 Rn. 25; [X.], [X.], 11. Aufl., Teil 7 Rn. 2451). Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung genügen für die Beschwerdeberechtigung gemäß § 59 Abs. 1 FamFG weder ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse noch etwaige Auswirkungen der angefochtenen Entscheidung auf die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Juli 2014 - [X.], [X.]Z 202, 87 Rn. 12 mwN; Beschluss vom 14. Oktober 2015 - [X.] 695/14, [X.], 45 Rn. 14; Beschluss vom 11. September 2019 - [X.] 627/15, [X.], 2059 Rn. 11; vgl. auch [X.], Beschluss vom 30. Januar 2014 - 8 W 32/14, juris Rn. 12; [X.], Beschluss vom 13. Februar 2004 - 3 [X.]/03 juris Rn. 9; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], FamFG, 13. Aufl., § 59 Rn. 5; [X.]/[X.], FamFG, 21. Aufl., § 395 Rn. 55 f.; MünchKommFamFG/[X.], 3. Aufl., § 59 Rn. 11).

[X.]     

      

Wöstmann     

      

Bernau

      

von Selle     

      

[X.]     

      

Meta

II ZB 18/22

20.06.2023

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Zweibrücken, 4. August 2022, Az: 3 W 21/22

§ 59 Abs 1 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.06.2023, Az. II ZB 18/22 (REWIS RS 2023, 4621)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4621

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