Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2012, Az. VIII ZR 210/11

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6158

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V[X.]I ZR 210/11
Verkündet am:

23. Mai 2012

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 195, 199; [X.] §§ 25, 27
Die Verjährung von [X.] wegen [X.] beginnt nicht bereits mit den jeweils geleisteten Abschlagszahlungen, sondern erst mit der anschließenden Erteilung der Jahresabrechnung zu laufen.

[X.], Urteil vom 23. Mai 2012 -
V[X.]I ZR 210/11 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der V[X.]I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 23. Mai 2012 durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterin [X.] sowie [X.] [X.] und Dr.
Schneider
für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil der Zivilkammer 18 des [X.] vom 25. Mai 2011 im Kostenpunkt
und
insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der Widerklage zum Nachteil der [X.] erkannt
worden
ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 13. Oktober 2010 wird auch insoweit
zu-rückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die
Beklagte wird von der Klägerin aufgrund eines am 19.
November
2001 geschlossenen Sondervertrages leitungsgebunden mit Erdgas
versorgt. Zu Preisänderungen
enthält der Vertrag eine Klausel, wonach der Versorger berechtigt ist, seine Preise der Preisentwicklung auf dem
Wärmemarkt
anzu-passen. Im Übrigen verweist der Vertrag ergänzend auf die Bestimmungen der [X.]. Die Klägerin erhöhte
ihre [X.] seit Vertragsbeginn 1
-
3
-
mehrfach. Mit Schreiben vom 25.
September 2004 widersprach die Beklagte einer zum 1. Oktober 2004 angekündigten Erhöhung des bis dahin geltenden [X.] von netto 3,135
Cent/kWh
mit der Erklärung, sie halte die Preis-erhöhung für unbillig und wolle deshalb bis zum Nachweis der Billigkeit nur den alten Preis zuzüglich eines Sicherheitsaufschlags
von zwei
Prozent
weiterzah-len.

Die Klage, mit der die Klägerin die in den [X.] vom 26.
Mai 2004 bis zum 19.
Mai 2008 nicht gezahlten [X.] der von ihr vorgenommenen Preisanpassungen in Höhe von insgesamt 1.952

gemacht hat, ist in den Vorinstanzen abgewiesen worden. Die Widerklage in Höhe von 1.653,79

Mai 2005 bis zum 13.
Mai 2009 die Rückerstattung von ihr geleisteter Zahlungen begehrt hat, soweit diese einen Arbeitspreis von [X.]/kWh
übersteigen, hat ledig-lich in Höhe von 951,83

e-henden Betrag von 701,96

im Berufungsrechtszug abgewiesen worden ist, verfolgt die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse,
im Wesentlichen ausgeführt:

2
3
4
-
4
-
Da
die [X.] und die darauf gestützten [X.] unwirksam seien, habe die Beklagte,
soweit sie im streitigen Zeitraum
mehr
als den bis zum 1.
Oktober 2004
geltenden Arbeitspreis von [X.]/kWh gezahlt
habe, ohne Rechtsgrund geleistet.
Allerdings seien bei Einreichung der Widerklage am 7.
Dezember 2009 diejenigen
Rückforderungsansprüche
in Hö-

bereits verjährt gewesen, die
auf die von ihr im
Jahre 2005 erbrachten
([X.] entfielen, so dass die Klägerin aufgrund der von ihr erhobenen Verjährungseinrede in diesem Umfang eine Rückzahlung verweigern könne. Die dreijährige Verjährungsfrist habe
schon mit
den jeweili-gen Abschlagszahlungen und nicht erst mit der Jahresabrechnung vom 2.
Juni
2006 für den Zeitraum vom 25.
Mai 2005
bis 19.
Mai 2006 zu [X.].
Denn bereits die Abschlagszahlungen
seien rechtsgrundlos erfolgt, soweit die Klägerin bei ihnen gemäß
§
25 Abs.
2 [X.] auch [X.] in Ansatz gebracht habe, die wegen der Unwirksamkeit der [X.] nicht geschuldet gewesen seien.
Dieser auch in einem Urteil des [X.] vom 26.
April 1989 (V[X.]I
ZR 12/88) zum Ausdruck gekommenen Sichtweise stehe nicht entgegen, dass
in einem weiteren
Beschluss
vom 7.
Dezember 2010 (KZR
41/09) die

Vorauszahlungen auf Netznutzungsentgelte nicht als selbständige Teilleistun-gen, sondern lediglich als unselbständige Rechnungsposten des geschuldeten Entgelts angesehen worden
seien
und angenommen worden sei, dass bei Un-billigkeit einer Preisanpassung insoweit nur ein auf das Gesamtjahr bezogener Rückforderungsanspruch bestanden habe.
Hier liege wegen der Unwirksamkeit der in die Bestimmung der Abschlagsbeträge eingeflossenen Preisänderung eine Fallgestaltung vor, die derjenigen bei
einer Unwirksamkeit der [X.] selbst ähnele.
Dementsprechend habe die dreijährige [X.] des §
195 BGB hinsichtlich der im Jahre 2005 geleisteten [X.] bereits mit dem Ende des Jahres 2005 zu laufen begonnen, da
die 5
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-
5
-
Beklagte aufgrund ihres
im Jahre 2004 gegen die Preiserhöhungen erhobenen Widerspruchs hinreichende Kenntnis von den
einen Rückzahlungsanspruch begründenden Umständen gehabt habe und in der Lage gewesen sei, die auf diesen Zeitraum entfallenden Überzahlungen gerichtlich klären zu lassen.

[X.].
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit der [X.]srecht-sprechung (zuletzt [X.]surteile
vom 14. März 2012 -
V[X.]I
ZR 113/11, juris Rn.
15 ff., zur Veröffentlichung in
[X.]Z vorgesehen;
V[X.]I [X.], juris
Rn. 17
ff. [X.]) davon ausgegangen, dass die von der Klägerin verwendete [X.] und die hierauf gestützten Preiserhöhungen [X.] sind und dass der [X.] deshalb ein Rückzahlungsanspruch in Höhe
von weiteren zum 1. Oktober 2004 in Ansatz gebrachten Arbeitspreis von [X.]/kWh,
mit ihren im Zeitraum vom 25. Mai 2005 bis zum 31. Dezember 2005
geleiste-ten Abschlägen die von der Klägerin unter dem 2.
Juni 2006 abgerechneten Vergütungsansprüche für Gaslieferungen überzahlt hat. Darüber besteht im [X.] kein Streit mehr. Mit Recht rügt die Revision jedoch, dass das Berufungsgericht
für den Verjährungsbeginn an die während des Jahres 2005 geleisteten Abschlagszahlungen und nicht an die unter dem 2. Juni 2006 erteilte Jahresabrechnung angeknüpft hat.
2. Der von der [X.] geltend gemachte Rückzahlungsanspruch [X.] -
wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat
-
der regelmä-ßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Diese beginnt gemäß 7
8
9
-
6
-
§
199 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der [X.] entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und
der Person
des
Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die letztgenannte Voraussetzung hat das [X.] mit Blick auf den von der [X.] unter dem 25. September 2004 erhobenen Widerspruch gegen die seinerzeit anstehende Gaspreiserhö-hung
unangegriffen festgestellt. Zu Unrecht hat es dagegen angenommen, dass ein Rückzahlungsanspruch der [X.] bereits zum Zeitpunkt der einzelnen
im Jahre 2005 geleisteten Abschlagszahlungen und nicht erst im Zuge der an-schließenden Jahresabrechnung vom 2. Juni 2006 entstanden ist.
a)
Abschlagszahlungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nur vor-läufig bis zu einer im Wege der Abrechnung festzustellenden endgültigen [X.] zu leisten sind, und bilden insoweit lediglich (unselbstständige) Rech-nungsposten
der abzurechnenden Gesamtleistung, ohne dass sie auf einzelne Teilleistungen bezogen werden können
([X.], Urteile vom 19.
März 2002
-
X
ZR 125/00, [X.], 2257 unter [X.] 3 a; vom 15. April 2004 -
V[X.]
ZR 471/01, NJW-RR 2004, 957 unter [X.] 1
a und b;
Beschluss vom 7. Dezember 2010
-
KZR
41/09, [X.] 2011, 314 Rn. 3).
Dementsprechend haben [X.] ihren Rechtsgrund in der ihnen zu Grunde liegenden vertraglichen Ab-rede, die zugleich dahin geht, dass sie, wenn sie geleistet
sind,
ungeachtet ihrer
jeweiligen sachlichen Berechtigung in die Endabrechnung einzustellen und mit dem endgültigen Vergütungsanspruch, wie er sich danach unter Berücksichti-gung der hiergegen erhobenen sachlichen Einwände ergibt, zu verrechnen sind. Ein Anspruch auf Rückzahlung
kommt erst dann
in Betracht, wenn die geleisteten Abschlagszahlungen nach dem Ergebnis der vereinbarten Endab-rechnung einen entsprechenden Überschuss an Abschlagsbeträgen ergeben
([X.], Urteile vom 19. März 2002 -
X
ZR 125/00, aaO unter [X.] 3
a,
b; vom 2.
Mai
2002 -
V[X.]
ZR 249/00, NJW-RR 2002, 1097 unter [X.] 1; Beschluss vom
10
-
7
-
7. Dezember 2010 -
KZR 41/09, aaO)
oder wenn der Gläubiger es
in von ihm zu vertretender Weise verabsäumt,
die geschuldete Abrechnung nach Fälligkeit der Abrechnungspflicht innerhalb angemessener Frist vorzunehmen (vgl. [X.] vom 9. März 2005 -
V[X.]I ZR 57/04, [X.], 337 unter [X.] 3 c). Da ein solcher Anspruch auf Rückzahlung unverbrauchter Abschlagszahlungen erst zu diesem Zeitpunkt fällig wird ([X.]surteil vom 9. März 2005
-
V[X.]I
ZR 57/04, aaO), beginnt
für ihn die
Verjährungsfrist erst mit Erteilung der Abrechnung (vgl. [X.]sbeschluss
vom 19. Dezember 1990 -
V[X.]I
ARZ 5/90, [X.]Z 113, 188, 196 f.).
b) So verhält es sich hier.
Bei den von der [X.] geleisteten Ab-schlagszahlungen
handelt es sich lediglich um vorläufige Zahlungen auf den nach Ablauf des [X.] Verbrauch. Sie stellen deshalb keine von der Verbrauchsforderung losgelöste Vergütungen für einen Verbrauchsanteil oder -abschnitt mit einem von der [X.] unabhängigen rechtlichen Schicksal, sondern Leistungen auf die erst mit der Abrechnung nach § 27 Abs. 1 [X.] fällig werdende künftige Zahlungs-pflicht für den gemessenen und abgelesenen Verbrauch dar ([X.]/[X.], Recht der Energie-
und Wasserversorgung, Stand Dezember 2003,
§ 25 [X.] Rn. 5; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], aaO, Stand [X.] 2010, § [X.] Rn. 4).
Für einen bereits unmittelbar an die jewei-lige Überzahlung anknüpfenden Rückerstattungsanspruch hat es deshalb -
was das Berufungsgericht nicht beachtet hat und die Revision mit Recht rügt
-
an dem dazu nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB für einen Verjährungsbeginn schon im Jahre 2005 fällig
gewordenen Rückzahlungsanspruch der [X.] gefehlt.
Aus dem [X.]surteil vom 26. April 1989 (V[X.]I ZR 12/88, [X.], 1023
unter B [X.] 5 a bb) ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht anderes.
11
-
8
-
[X.]I.
Das angefochtene Urteil kann hiernach keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht bezüglich der Widerklage zum Nachteil der [X.] entschieden hat; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, da
keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (§
563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Widerklage.
Ball
Dr. Frellesen
[X.]

[X.]
Dr. Schneider
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.10.2010 -
319A [X.]/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 25.05.2011 -
318 S 241/10 -

12

Meta

VIII ZR 210/11

23.05.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2012, Az. VIII ZR 210/11 (REWIS RS 2012, 6158)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6158

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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