Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.10.2010, Az. V R 20/09

5. Senat | REWIS RS 2010, 2333

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Gegenstand

Kosten bei Anschlussrevision - Antrag auf Streitwertfestsetzung


Leitsatz

NV: Ist im Fall der anfänglichen Unzulässigkeit des Hauptrechtsmittels die Anschlussrevision von vornherein unzulässig und damit nicht von dem eingelegten Hauptrechtsmittel abhängig, sind dem Anschlussrevisionskläger die Kosten der Anschlussrevision aufzuerlegen.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte, Revisionskläger, Revisionsbeklagte und [X.] (das Finanzamt --[X.]--) legte gegen das der Klage überwiegend stattgebende Urteil des Finanzgerichts ([X.]) die vom [X.] zugelassene Revision ein, die beim [X.] ([X.]) am 25. Juni 2009 einging.

2

Bereits am 17. Juni 2009 hatte das [X.] für die Streitjahre [X.] zur Umsatzsteuer 1993 bis 1997 erlassen, mit denen es dem Urteil des [X.] in vollem Umfang entsprach.

3

Nach Ablauf der Revisionsfrist legte die Klägerin, Revisionsbeklagte und [X.]sklägerin (Klägerin) am 7. Oktober 2010 [X.] ein, soweit das [X.] die Klage abgewiesen hatte.

4

Das [X.] hat die Revision zurückgenommen, worauf die Klägerin die [X.] für erledigt erklärt hat.

Entscheidungsgründe

5

II. 1. Nach Rücknahme der Revision waren die Kosten des Revisionsverfahrens dem [X.] aufzuerlegen (§ 143 Abs. 1, § 136 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

2. [X.] hat die Klägerin zu tragen (§ 135 Abs. 2 [X.]O), da ihre [X.] mangels Zulässigkeit der Revision gleichfalls unzulässig war.

6

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] (z.B. [X.]-Beschlüsse vom 24. März 1988 [X.]/81, [X.]/NV 1989, 33; vom 15. März 1994 IX R 6/91, [X.]E 174, 4, [X.] 1994, 599, m.w.N.) sowie des [X.] --[X.]-- ([X.]-Beschluss vom 7. Februar 2007 [X.], Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 2007, 631) sind einem Rechtsmittelführer grundsätzlich auch die Kosten eines zulässig erhobenen unselbständigen Anschlussrechtsmittels aufzuerlegen, wenn dieses seine Wirkung durch die Rücknahme der Berufung verliert. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die unselbständige Anschließung nur ein auch angriffsweise wirkender Antrag innerhalb des vom Rechtsmittelkläger eingelegten Rechtsmittels ist und, wenn die Anschließung durch die Zurücknahme des Rechtsmittels hinfällig wird, sich weder durch unmittelbare noch durch entsprechende Anwendung der Kostenvorschriften der Zivilprozessordnung begründen lässt, dass den [X.] die Kosten für seine durch eine Prozesshandlung des Rechtsmittelklägers ohne Sachentscheidung hinfällig gewordene Anschließung träfen. Anderes gilt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] sowie des [X.] u.a. dann, wenn das Anschlussrechtsmittel von vornherein unzulässig war (z.B. [X.]-Beschluss in [X.]/NV 1989, 33, unter [X.]; [X.]-Beschluss in [X.], 631, unter II.2.a).

7

a) Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die geänderten Umsatzsteuerbescheide 1993 bis 1997 vom 17. Juni 2009, die gemäß § 68 Satz 1 [X.]O zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden sind, und mit denen das [X.] die Umsatzsteuer entsprechend dem Urteil des [X.] festgesetzt hat.

8

b) Die Revision des [X.] war daher bereits bei ihrer Einlegung am 25. Juni 2005 unzulässig, da für sie von Anfang an kein Rechtsschutzbedürfnis bestand (vgl. [X.]-Beschluss vom 30. Dezember 2004 [X.], [X.]/NV 2005, 1572). Sie wäre durch Beschluss verworfen worden (§ 126 Abs. 1 [X.]O), wenn das [X.] die Revision nicht zurückgenommen hätte. Ist das Rechtsmittel --wie im [X.] von vornherein mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, besteht auch für ein unselbständiges Anschlussrechtsmittel kein Rechtsschutzbedürfnis.

9

c) Wie der [X.] bereits durch Beschluss vom 10. März 1970 IV R 34/70 ([X.]E 98, 461, [X.] 1970, 457) unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Beschluss des Großen Senats in Zivilsachen des [X.] vom 17. Dezember 1951 [X.] (Entscheidungen des [X.] in Zivilsachen Bd. 4 S. 229) entschieden hat, bestimmt der Rechtsmittelführer im Fall der Rechtsmittelrücknahme durch die in seinem alleinigen freien Belieben stehende Rücknahme seines Rechtsmittel zugleich frei über das prozessuale Schicksal der Anschließung, während im Fall der anfänglichen Unzulässigkeit des [X.] die Anschließung von vornherein unzulässig und damit nicht als abhängig von dem eingelegten [X.] anzusehen ist. Bei anfänglicher Unzulässigkeit des [X.] ist daher die Belastung des [X.] mit den Kosten der Anschließung gerechtfertigt. Nur bei der Rücknahme eines zulässigen Rechtsmittels sind die durch die Anschließung erwachsenen Kosten in weiterem Sinne durch das [X.] entstandene Kosten.

d) Die Klägerin beruft sich für ihre Auffassung ohne Erfolg auf die einen anderen Sachverhalt und eine andere Rechtsfrage betreffende Entscheidung des [X.] in [X.], 631, die allein die Frage betrifft, ob ein rechtzeitig erhobenes, aber wegen verspäteter Begründung unzulässiges, als unselbständiges Rechtsmittel umgedeutetes Rechtsmittel hinsichtlich der Kosten wie von vornherein unzulässiges Anschlussrechtsmittel zu behandeln ist.

3. Der Antrag der Klägerin auf Streitwertfestsetzung ist unzulässig, da hierfür kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] muss für den Antrag ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis vorliegen (vgl. Beschlüsse vom 17. November 1987 [X.], [X.]E 152, 5, [X.] 1988, 287; vom 21. Januar 2003 VIII [X.]/02, juris). Dieses fehlt in der Regel, wenn sich die Höhe des Streitwerts aus den Anträgen der Beteiligten eindeutig ermitteln lässt (vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 2. Oktober 1980 IV R 235/75, [X.]E 131, 288, [X.] 1981, 38; vom 27. Januar 1994 [X.], [X.]/NV 1994, 818; vom 23. Mai 2001 IV S 1/01, [X.]/NV 2001, 1431). Dies trifft im Streitfall zu. Der Streitwert ergibt sich ohne Weiteres aus den Revisionsanträgen und der sich aus diesen im Vergleich zu den angefochtenen Steuerfestsetzungen ergebenden Steuerdifferenz.

Meta

V R 20/09

15.10.2010

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 13. Mai 2009, Az: 1 K 939/03, Urteil

§ 135 Abs 2 FGO, § 62 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.10.2010, Az. V R 20/09 (REWIS RS 2010, 2333)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2333

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