Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2007, Az. XII ZB 26/05

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 1582

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[X.][X.]/05
vom 10. Oktober 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 50, 91, 104 Eine nichtexistente Beklagte, die im Streit um ihre [X.]fähigkeit zu Lasten des [X.] eine Kostengrundentscheidung erwirkt hat, kann im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren zu ihren Gunsten die Festsetzung der durch die-sen Streit entstandenen Kosten verlangen. [X.], Beschluss vom 10. Oktober 2007 - [X.] 26/05 - Brandenburgisches OLG
LG Neuruppin - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 10. Oktober 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], Dr. [X.] und die Richterin Dr. [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des [X.] vom 21. Dezember 2004 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. [X.]: 2.041,40 • Gründe: [X.] Die [X.]en streiten im Kostenfestsetzungsverfahren darüber, ob der Kläger der (nach Vollbeendigung) nicht mehr existenten beklagten [X.] aus einem Verfahren vor dem [X.] zu erstatten hat. 1 Das [X.] hat die gegen die Beklagte gerichtete Zahlungsklage, die am 14. Februar 2003 bei Gericht eingegangen und am 25. März 2003 zuge-stellt worden ist, rechtskräftig als unzulässig abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. 2 Auf Antrag des für die Beklagte auftretenden Prozessbevollmächtigten hat das [X.] die von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 2.041,40 • festgesetzt; die sofortige Beschwerde des [X.] gegen den 3 - 3 - Kostenfestsetzungsbeschluss hat das [X.] zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Rechtsbe-schwerde des [X.]. I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zu-lässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. 4 1. Das [X.] hat ausgeführt, hier liege kein Fall vor, in dem ein Verfahren gegen eine [X.] geführt worden sei, die nicht existiere. Vielmehr habe die beklagte GmbH tatsächlich existiert und sei deshalb rechts- und par-teifähig gewesen. Zwar habe die Beklagte diese [X.]fähigkeit verloren, weil sie am 23. April 2003 im Handelsregister gelöscht worden sei. Eine aufgelöste und gelöschte Gesellschaft könne aber, wenn sich noch Vermögensgegenstän-de finden sollten, ihre Existenz wiedererlangen und beispielsweise mit der Be-hauptung, ihr stehe noch ein Anspruch zu, einen Aktivprozess führen, in dem sie als parteifähig gelte. Die Kostenfestsetzung habe hier zugunsten der [X.] [X.] zu erfolgen, weil die Kostengrundentscheidung in einem Verfahren ergangen sei, in dem die beklagte GmbH als [X.] im [X.] sei. Die Beklagte - und nicht etwa eine hinter ihr stehende Person - sei deshalb Gläubigerin des [X.]. 5 Die Beklagte sei im Kostenfestsetzungsverfahren auch ordnungsgemäß vertreten gewesen. Der ehemalige Geschäftsführer der [X.] habe die zu den Akten gereichte [X.] am 8. April 2003 unterzeichnet, mithin zu einem Zeitpunkt, als die Beklagte noch nicht im Handelsregister gelöscht [X.] - 4 - sen sei. Diese Vollmacht wirke in das Kostenfestsetzungsverfahren fort, ohne dass zur Vertretung der [X.] nunmehr ein Nachtragsliquidator bestellt werden müsse. 7 2. Die Entscheidung des [X.] hält einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. 8 Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] ist davon auszugehen, dass die vermögenslose Be-klagte nach Rechtshängigkeit der Klage am 23. April 2003 im Handelsregister gelöscht worden ist. Dadurch hat die beklagte GmbH ihre [X.]fähigkeit verlo-ren. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die bei Zustellung der [X.] am 25. März 2003 noch existente Beklagte schon mit Eintritt der Rechts-hängigkeit einen prozessualen - durch eine der [X.] günstige Kosten-grundentscheidung bedingten - Kostenerstattungsanspruch erlangt hat (vgl. [X.] Urteile vom 7. Oktober 1982 - [X.] - NJW 1983, 284 und vom 21. April 1988 - [X.] - NJW 1988, 3204, 3205). Denn bei der Beurteilung der - in jeder Lage des Verfahrens zu prüfenden - [X.]fähigkeit bleibt der [X.] bedingte Kostenerstattungsanspruch außer Betracht (vgl. [X.] 74, 212, 213; [X.] Urteil vom 29. September 1981 - [X.] - NJW 1982, 238, 239). a) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die nicht oder nicht mehr existente [X.] in einem gegen sie angestrengten Prozess insoweit als partei-fähig zu behandeln ist, als sie ihre Nichtexistenz geltend macht (allg. M.; Se-natsbeschluss vom 12. Mai 2004 - [X.] 226/03 - NJW-RR 2004, 1505, 1506; [X.] 24, 91, 94; 74, 212, 215; [X.] Beschluss vom 13. Juli 1993 - [X.] - NJW 1993, 2943, 2944). Durch diese Fiktion soll erreicht werden, dass die [X.] die Frage ihrer Existenz selbst klären lassen kann. 9 - 5 - b) Umstritten ist indessen, ob die Existenz der im Rechtsstreit insoweit als begrenzt parteifähig angesehenen [X.] auch im anschließenden Kosten-festsetzungsverfahren fingiert werden kann, wenn die Klage wegen fehlender [X.]fähigkeit des [X.] als unzulässig abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind. 10 11 aa) Nach überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung gilt die im Prozess fingierte begrenzte [X.]fähigkeit der nicht existenten [X.] auch für das sich anschließende Kostenfestsetzungsverfahren und berechtigt die nicht existente [X.], einen Antrag auf Kostenfestsetzung zu stellen; dessen Ge-genstand sind die Aufwendungen, die dem [X.], der für die nicht existente [X.] in einem für zulässig erachteten Verfahren tätig wurde, entstanden sind (Senatsbeschluss vom 12. Mai 2004 - [X.] 226/03 - NJW-RR 2004, 1505, 1506; [X.] 1976, 845; SchlHOLG [X.] 1978, 1574; [X.] Beschluss vom 17. August 1978 - 13 W 122/78 - Juris; [X.]. [X.] 1995 300 ([X.]); [X.] 2002, 259; [X.] 2005, 525). Uneinigkeit besteht allerdings darüber, zu wessen Gunsten die Kosten-festsetzung verlangt werden kann. 12 Nach einer Ansicht kann die nicht existente [X.] eine Kostenfestset-zung zu ihren Gunsten verlangen ([X.] 2002, 259; [X.] Beschluss vom 15. Mai 2001 - 14 W 332/01 - juris -; [X.]. [X.] 1995, 300 ([X.])). Da der prozessuale Kostenerstattungsanspruch seine Grundlage aus-schließlich in dem durch den Rechtsstreit begründeten Prozessrechtsverhältnis der [X.]en habe, müsse der nicht existente Beklagte, der sich im Prozess ge-gen die Klage mit dem Einwand seiner fehlenden [X.]fähigkeit zur Wehr set-zen dürfe, auch berechtigt sein, die ihm in der Kostengrundentscheidung zuge-sprochene Kostenerstattung im dafür vorgesehenen [X.] - 6 - ren zu seinen Gunsten geltend zu machen. Der nicht existente Beklagte sei in-soweit Auftraggeber im gebührenrechtlichen Sinn. 14 Demgegenüber wird zum Teil vertreten, die nicht existente [X.] könne nur Kostenerstattung zugunsten derjenigen (existenten) natürlichen oder juristi-schen Person beantragen, die für die nicht existente [X.] gehandelt habe ([X.] 2001, 223; OLG München NJW-RR 1999, 1264, 1265; [X.] 1976, 846; wohl auch [X.] 22. Aufl. § 50 ZPO Rdn. 59). [X.]) Nach anderer Auffassung kann eine schon bei Rechtshängigkeit nicht existente Person schlechthin keine Kostenfestsetzung verlangen, und zwar weder zu ihren Gunsten noch zu Gunsten des für sie handelnden [X.]. Die Kostengrundentscheidung des [X.] laufe insoweit ins Leere ([X.] 2004, 670). Der Dritte könne einen etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nur in einem gesonderten Rechtsstreit gegen die klagende [X.] geltend machen. 15 c) Der Senat folgt in den Fällen der wegen Vermögenslosigkeit gelösch-ten GmbH der Auffassung, wonach die nicht mehr existente [X.] zu ihren Gunsten jedenfalls die Festsetzung der im Streit über ihre [X.]fähigkeit ent-standenen Kosten verlangen kann. 16 Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch beruht auf dem durch die Erhebung der Klage begründeten Prozessrechtsverhältnis und folgt dem Verur-sacherprinzip (vgl. [X.] 22. Aufl. vor § 91 ZPO Rdn. 6). Die kla-gende [X.] hat dadurch, dass sie gegen eine nicht existente [X.] Klage er-hoben hat, Veranlassung dazu gegeben, die Frage der Existenz der [X.] im Rechtsstreit klären zu lassen. Zur Klärung dieser Frage wird die Existenz der [X.] fingiert. Die Entscheidung des [X.], dass die Beklagte 17 - 7 - nicht existent und damit nicht parteifähig sei, lässt dieses Prozessrechtsverhält-nis nicht entfallen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es [X.] nicht widersprüchlich, sondern konsequent, die prozessrechtliche Fiktion der Existenz der [X.] auch im Kostenfestsetzungsverfahren insoweit auf-recht zu erhalten, als es um die Durchsetzung von [X.] im Streit um die Existenz der [X.] geht. Die Fiktion erstreckt sich nicht nur auf das Recht der nicht existenten [X.], Kostenfestsetzung zu beantragen, sondern gilt auch für die Zuordnung des [X.]. Der nicht mehr existenten [X.], der gestattet wird, sich im Rechtsstreit mit ihrer Nichtexistenz zu verteidigen, kann, wenn sie mit diesem Einwand durchdringt und deshalb eine Kostenentschei-dung zu ihren Gunsten erreicht, die Kostenerstattung zu ihren Gunsten nicht mit der Begründung versagt werden, ihr seien keine Kosten entstanden, weil sie nicht existiere. Vielmehr ist die einmal für den Streit um die Existenz fingierte [X.]fähigkeit der [X.] für den gesamten Streit hierüber einschließlich der dadurch entstandenen Kosten aufrechtzuerhalten. 18 Eine Erstattung zugunsten des für die nicht mehr existente Beklagte han-delnden [X.] kommt im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht in Betracht. Das Kostenfestsetzungsverfahren dient allein der Umsetzung der [X.]. Antrags- und ausgleichsberechtigt ist nur 19 - 8 - der im Titel genannte Kostengläubiger ([X.] aaO § 103 Rdn. 8 m.w.N.) und nicht ein hinter diesem stehender Dritter. Für Ermittlungen zur Feststellung des [X.], der für die nicht mehr existente [X.] gehandelt hat, ist das Kostenfestsetzungsverfahren auch nicht geeignet. Hahne [X.] [X.] [X.] [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.05.2004 - 2 O 69/03 - [X.], Entscheidung vom 21.12.2004 - 6 W 126/04 -

Meta

XII ZB 26/05

10.10.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2007, Az. XII ZB 26/05 (REWIS RS 2007, 1582)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1582

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