Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2004, Az. X ZR 171/03

X. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2729

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 22. Juni 2004 Weschenfelder Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

[X.] § 651 g Abs. 1 Satz 1; [X.] § 116 Abs. 1 Satz 1

a) Der Sozialversicherungsträger, auf den ein Schadensersatzanspruch des [X.] nach § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] übergegangen ist, muß seinen Anspruch in der Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 Satz 1 [X.] anmelden.

b) Die Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 Satz 1 [X.] beginnt auch für den [X.] mit der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise zu lau-fen, nicht erst mit seiner Kenntnis von Schädigung und Ersatzpflichtigem.
[X.] § 651 g Abs. 1 Satz 2 in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (jetzt: § 651 g Abs. 1 Satz 3)
a) Der Anspruchsberechtigte ist im Sinne des § 651 g Abs. 1 Satz 2 [X.] a.F. ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Ausschlußfrist gehindert, solange er von der Schädigung und der Person des [X.] unverschuldet keine Kennt-nis hat.
b) Nach Wegfall des Hindernisses muß der Anspruchsberechtigte die Geltendma-chung seines Anspruchs unverzüglich nachholen.

[X.], [X.]. v. 22. Juni 2004 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 22. Juni 2004 durch [X.] Melullis, [X.], die Richterinnen [X.] und Mühlens und [X.] Meier-Beck

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das [X.]eil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 15. Oktober 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die klagende Krankenkasse nimmt aus übergegangenem Recht ihres Versicherten die beklagte [X.] wegen eines Reisemangels auf Schadensersatz und auf Feststellung in Anspruch, daß die Beklagte ihr auch allen zukünftig noch entstehenden Schaden ersetzen muß. - 3 - Die Eltern des bei der Klägerin versicherten Kindes buchten bei der [X.] eine Pauschalreise nach [X.] für die [X.] vom 22. April bis 7. Mai 2001. Am 25. April 2001 fiel das damals 14 Monate alte Kind vor der Eingangstür zum hoteleigenen Restaurant in eine Pfütze. Nach dem Vortrag der Klägerin enthielt diese ein ätzendes Reinigungsmittel und erlitt das Kind [X.] dritten Grades an beiden Beinen. Es mußte auf [X.] ambulant und nach der Rückkehr nach [X.] stationär behandelt werden, wodurch Heilbehandlungskosten in Höhe von 87,58 DM und weiteren 9.671,69 DM entstanden, welche die Klägerin getragen hat.
Laut einer Gesprächsnotiz der örtlichen Reiseleiterin vom 28. April 2001 hatten die Eltern der Reiseleiterin den Unfall erstmals am 26. April angezeigt. Ob sie auch schon am [X.] selbst mit der Reiseleiterin gesprochen hat-ten, ist streitig.
Am 28. Mai 2001 füllte der Vater einen von der Klägerin übersandten Fragebogen aus. Darin erklärte er, daß die Krankenhausbehandlung des [X.] auf einen während des Urlaubs an der Eingangstür zum Hotelrestaurant geschehenen Unfall zurückzuführen sei. Auf die Fragen, ob ein anderer an dem Unfall schuld sei und ob er persönlich Schadensersatzansprüche geltend gemacht habe, antwortete er bejahend, teilte mit, die Rechtslage müsse noch mit dem Anwalt geklärt werden, und verwies auf eine Anlage, welche die Kläge-rin im vorliegenden Prozeß trotz Aufforderung der [X.] nicht vorgelegt hat. Der ausgefüllte Fragebogen nebst Anlage ging am 29. Mai 2001 bei der Klägerin ein. Diese meldete mit Schreiben vom 13. Juni 2001 bei der [X.] einen Schadensersatzanspruch an. - 4 -
Landgericht und [X.] haben die Klage wegen Versäu-mung der Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 Satz 1 [X.] abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht ent-schieden, daß ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin durch [X.] der Ausschlußfrist verlorengegangen ist.
[X.] Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt:

Die in der Gesprächsnotiz der Reiseleiterin festgehaltene [X.] der Eltern am 26. April 2001 habe die Ausschlußfrist nicht gewahrt, weil sich dieser Anzeige kein eindeutiges Verlangen nach Gewährleistung entnehmen lasse. Die Behauptung der Klägerin, die Eltern hätten schon am 25. April 2001 klargestellt, daß sie Schadensersatzansprüche geltend machen wollten, sei widersprüchlich und unsubstantiiert. Es könne deshalb dahinstehen, ob der Sozialversicherungsträger, auf den der Schadensersatzanspruch bereits im Augenblick seiner Entstehung übergehe, sich überhaupt auf eine fristgerechte [X.] durch den Reisenden berufen könne. - 5 - Die Klägerin selbst habe die Ausschlußfrist versäumt. Der verbreiteten Auffassung, daß die Frist bei [X.] auf einen [X.] erst mit dessen Kenntnis von dem anspruchsbegründenden [X.] und der Person des Reiseveranstalters zu laufen beginne, sei nicht zu folgen. Der Lauf der Ausschlußfrist beginne vielmehr - anders als der Lauf der Verjährungsfrist - unabhängig von irgendwelchen Kenntnissen. Der [X.], der häufig erst nach Fristablauf Kenntnis von dem Schaden erlange, werde ausreichend durch die auch auf Sozialversicherungsträger [X.] Bestimmung des § 651 Abs. 1 Satz 2 [X.] a.F. geschützt, wonach der Reisende seine Ansprüche auch nach Fristablauf noch geltend machen könne, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert [X.] sei.
Die Klägerin habe indessen die Frist nicht schuldlos versäumt. Nachdem sie durch den ausgefüllten Fragebogen von dem Unfall Kenntnis erhalten habe, sei ihr bis zum Fristende noch mehr als eine Woche [X.] zur Anmeldung ihrer Schadensersatzansprüche verblieben. Da sie die Anlage zum Fragebogen, auf die der Vater des Kindes unter anderem hinsichtlich der genauen Unfallschilde-rung und der Frage, ob einen anderen die Schuld treffe, verwiesen habe, trotz Aufforderung der [X.] nicht zu den Akten gereicht habe, könne nicht festgestellt werden, daß sie ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist ge-hindert gewesen sei.
I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
- 6 - 1. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die Klä-gerin die in § 651 g Abs. 1 Satz 1 [X.] bestimmte einmonatige Ausschlußfrist für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen wegen eines Reise-mangels versäumt hat.
a) Die Klägerin hätte ihren Anspruch innerhalb der Ausschlußfrist [X.] müssen.
(1) Soweit der Gewährleistungsanspruch nach § 651 f Abs. 1 [X.] auf den Ersatz unfallbedingter Heilbehandlungskosten gerichtet ist und daher ge-mäß § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] schon im [X.]punkt des Unfalls auf die Kran-kenkasse (den Sozialversicherungsträger) übergeht ([X.] 48, 181, 188 ff.; 155, 342 ff.), ist es der Sozialversicherungsträger, dem die rechtzeitige Anmel-dung des Anspruchs obliegt (so auch [X.] 2002, 159; [X.], 70; [X.], Reiserecht, 4. Aufl., § 12 Rdn. 361; [X.]/ [X.], [X.], 63. Aufl., § 651 g Rdn. 2; Tonner, [X.] 2003, 74; Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, § 116 [X.] Rdn. 9). Entgegen der Ansicht der Revision ist der Text des § 651 g Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach "der Reisende" die Ansprüche innerhalb der Monatsfrist geltend zu machen hat, dahin auszulegen, daß der jeweilige [X.] die Frist wahren muß. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der Ausschlußfrist. Der Ausschluß der verspätet geltend gemachten Ansprüche findet seine Rechtfertigung darin, daß der Reiseveranstalter nach Ablauf eines Monats regelmäßig Schwierigkei-ten haben wird, wenn er die Berechtigung der Mängelrüge überprüfen will. Weitere Nachteile können dem Reiseveranstalter dadurch entstehen, daß er Regreßansprüche gegen Leistungsträger nicht mehr durchsetzen kann oder - 7 - jedenfalls bei der Durchsetzung in Beweisnot gerät (Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung - Entwurf I -, BT-Drucks. 8/786, [X.], sowie z. Entwurf d. Rechtsausschusses d. [X.] - Entwurf II -, BT-Drucks. 8/2343, S. 11; [X.] 90, 363, 367; 97, 255, 262; 145, 343, 349). Dahinter steht der Gedanke der schnellen Beweissicherung: Der Reiseveranstalter soll kurzfristig erfahren, welche Gewährleistungsansprüche auf ihn zukommen, damit er schnell die notwendigen Beweissicherungsmaßnahmen treffen, insbesondere die Erinne-rung der Beteiligten und den Zustand von Hoteleinrichtungen festhalten kann (Tonner, aaO; [X.]/[X.] (2003), [X.], § 651 g Rdn. 13). Sichere Kenntnis der auf ihn zukommenden Gewährleistungsansprüche erlangt der Reiseveranstalter aber nur durch eine Anmeldung seitens des [X.]. Wenn ein Dritter, dem der Anspruch nicht zusteht, diesen geltend macht, besteht für den Reiseveranstalter bei vernünftiger Betrachtung kein hinrei-chender Anlaß, sich um die Aufklärung des Sachverhalts und um die Beweissi-cherung zu bemühen. Denn die Anmeldung des [X.] läßt die Möglichkeit offen, daß der [X.] selbst gar keinen Anspruch erheben wird, sei es, daß er einen solchen für nicht gegeben oder nicht beweisbar hält, sei es, daß er wegen Geringfügigkeit oder aus anderen Gründen darauf verzichten will. Der Reiseveranstalter hat aber ein anzuerkennendes und schützenswertes Interesse daran, seine Überprüfungs- und Beweissicherungstätigkeiten nicht vergeblich in Gang zu setzen ([X.] 145, 343, 349).
(2) Nicht entschieden zu werden braucht im vorliegenden Fall die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die rechtzeitige An-meldung des übergegangenen Anspruchs durch den Sozialversicherungsträger entbehrlich ist, wenn der Reisende rechtzeitig einen Schadensersatzanspruch - 8 - geltend gemacht hat. Denn eine etwaige [X.] von Seiten des Kindes war jedenfalls vom Inhalt her ungeeignet, um die Anmeldung des [X.] überflüssig zu machen.
aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auslegung des Berufungsge-richts, der Gesprächsnotiz der örtlichen Reiseleitung vom 28. April 2001 lasse sich nur eine Mängelanzeige, aber keine [X.] entnehmen, frei von [X.] zustandegekommen ist. Bedenken hiergegen bestehen un-ter dem Gesichtspunkt, daß es dem Vater bei seiner Mitteilung, daß das Kind Verätzungen dritten Grades erlitten habe, in erster Linie um die Anmeldung eines schwerwiegenden Gesundheitsschadens und allenfalls zweitrangig um die Beseitigung der Gefahrenquelle für die Zukunft gegangen sein dürfte. [X.] braucht indessen nicht abschließend entschieden zu werden.
[X.]) Die etwaige [X.] von Seiten des Kindes konnte den Sozialversicherungsträger nicht von seiner Anmeldeobliegenheit befreien, weil sie keine eigenen Ansprüche des Kindes betraf. Wenn der Reisende nur den ihm nicht mehr zustehenden, weil auf den Sozialversicherungsträger [X.] anmeldet, ist wegen des schon oben [X.], daß die Ausschlußfrist dem Reiseveranstalter sichere Kenntnis bevorstehender Forderungen verschaffen soll, die Anmeldung eines [X.] dies aber nicht zu leisten vermag, die Anmeldung des [X.]s unverzichtbar. Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob in den Fällen, in denen der Reisende die bei ihm verbliebenen [X.] - z.B. auf Schmerzensgeld, Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreuden, Ersatz von Verdienstausfall oder Sachschäden - in ernstzunehmender Weise [X.] 9 - tig geltend gemacht hat, eine rechtzeitige [X.] auch des [X.] entbehrlich ist, weil der Reiseveranstalter aufgrund einer solchen Anmeldung des [X.]s immerhin weiß, daß wegen des Schadensereignisses überhaupt Forderungen auf ihn zukommen, und deshalb möglicherweise schon hinreichenden Anlaß zur schnellen Sachaufklä-rung hat, auch ohne daß der Sozialversicherungsträger sich äußert. Hier betraf die etwaige Anmeldung keine eigenen Ansprüche des Kindes oder der Eltern, sondern nur den bereits im [X.]punkt des Unfalls auf den Sozialversicherungs-träger übergegangenen Anspruch auf Ersatz der Heilbehandlungskosten. Ei-nen Schmerzensgeldanspruch auf reisevertraglicher Grundlage gab es nach der damaligen Rechtslage nicht; ein Anspruch aus unerlaubter Handlung ge-gen den Reiseveranstalter kam nicht in Frage.
b) Die Klägerin, die somit die einmonatige Ausschlußfrist durch [X.] ihres Schadensersatzanspruchs wahren mußte, hat diese Frist versäumt. Die Frist beginnt nach dem Wortlaut des § 651 g Abs. 1 Satz 1 [X.] mit der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise zu laufen. Hier endete die Reise am 7. Mai 2001. Die Klägerin meldete den Schadensersatz indessen erst mit Schreiben vom 13. Juni 2001 bei der [X.] an.
Daß die Frist mit dem Reiseende beginnt, gilt auch für [X.]. Mit dem Berufungsgericht abzulehnen ist die in Rechtsprechung und Literatur vertretene andere Ansicht, daß im Falle eines [X.] auf den Sozialversicherungsträger die Ausschlußfrist erst ab dessen Kenntnis von dem Schaden und der Person des [X.] läuft (so aber [X.], 520 u. [X.] 2003, 74; [X.] aaO; Tonner, - 10 - aaO; [X.], [X.]. 363; Kommentar zum Recht der gesetzlichen Renten-versicherung aaO; a.A. LG Frankfurt a.M. [X.] 1999, 137).
Das [X.] (NJW 1990, 520) hat sich auf die Ent-scheidung des [X.] gestützt, daß nach einem bereits zur [X.] des schädigenden Ereignisses erfolgten [X.] auf den Sozial-versicherungsträger für den Beginn der Verjährung nicht auf die Kenntnis des Geschädigten, sondern nur auf die des [X.] abgestellt werden kann ([X.] 48, 181 ff.). Diese Entscheidung betraf jedoch, worauf das [X.] zutreffend hingewiesen hat, einen Fall der Verjährung nach § 852 [X.], wo die Verjährungsfrist mit Kenntnis vom Schaden und von der Person des [X.] zu laufen beginnt ([X.] 48, 181, 183, 192). Sie gibt [X.] für den Beginn der Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 Satz 1 [X.], die ohne Rücksicht auf irgendwelche Kenntnisse mit dem Reiseende anläuft, nichts her.
Auch das von der Revision betonte Schutzbedürfnis des [X.]s, der in der Regel erst bei der Abrechnung seiner Leistungen und damit häufig erst nach Fristablauf von dem Schadensersatzanspruch gegen den Reiseveranstalter erfahren wird, gebietet keine Verschiebung des Fristbe-ginns auf den [X.]punkt der Kenntniserlangung. Wie das Berufungsgericht zu-treffend ausgeführt hat, ist dem Interesse des Sozialversicherungsträgers ge-nügend Rechnung getragen durch die Bestimmung, daß der Reisende auch nach Fristablauf noch Ansprüche geltend machen kann, wenn er ohne [X.] an der Einhaltung der Frist gehindert worden ist (§ 651 g Abs. 1 Satz 2 [X.] in der bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung - a.F.; jetzt: § 651 g Abs. 1 Satz 3 [X.]). So liegt es bei Unkenntnis des Sozialversicherers - 11 - von seinem Anspruch (so auch Tonner, aaO, vgl. [X.], [X.]. . 02.11.1994 - [X.], [X.], 82 unter 2 a cc für eine Ausschlußfrist des Versi-cherungsrechts; offengelassen von LG Frankfurt a.M. [X.] 1999, 137). Die Möglichkeit, den Anspruch noch nach Fristablauf geltend zu machen, soll ver-hindern, daß durch die zugunsten des Reiseveranstalters eingeführte kurze Ausschlußfrist für den [X.] unzumutbare Härten entstehen. Dazu würde auch der Fall gehören, daß der [X.], der ohne Fahrlässig-keit erst nach Fristablauf von dem Anspruch erfährt, oder so kurz vorher, daß er die Frist nicht mehr einhalten kann, seinen Anspruch verliert. Deshalb ist die - unverschuldete - Unkenntnis des Anspruchs ein [X.] für die Fristversäumung.
2. Die Klägerin hat indessen nicht alle Voraussetzungen für die [X.] ihres Anspruchs trotz Fristversäumung dargelegt. Es war ihr zwar anfangs mangels Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schädigers unverschuldet nicht möglich, den [X.] anzumelden. [X.] kann, ob sie, wie das Berufungsge-richt meint, nach dem für den 29. Mai 2001 anzunehmenden Wegfall dieses Hindernisses bis zum Fristablauf am 7. Juni 2001 noch genügend [X.] für die [X.] hatte und infolgedessen die Frist letzten Endes doch schuldhaft versäumte. Denn jedenfalls hat sie nicht dargelegt, daß sie die [X.] des Anspruchs nach Wegfall des Hindernisses unverzüglich nachholte.
a) Der [X.], der unverschuldet die Ausschlußfrist versäumt hat, muß seinen Anspruch unverzüglich nach Beendigung der Verhinderung - 12 - geltend machen, wenn er ihn nicht auch in diesem Fall verlieren will ([X.]/[X.], [X.]. 23; [X.]/[X.], [X.]. 3; [X.], [X.]. 372; Soergel/H.-W. [X.], [X.], 12. Aufl., § 651 g Rdn. 13; so wohl auch [X.], 132). Dies folgt schon aus dem Sinn der Ausschlußfrist ([X.]/[X.], aaO), die dem Reiseveranstalter eine zeitnahe Sachver-haltsaufklärung ermöglichen will. Aus diesem Gesetzeszweck ergibt sich, daß ein [X.], dem mangels Verschuldens an der Fristversäumung die Möglichkeit zur nachträglichen Geltendmachung seines Anspruchs eröffnet wird, diese Chance so schnell wie möglich nutzen muß, um die Fristüberschrei-tung gering zu halten. Er darf also mit der Geltendmachung nicht länger als nötig zuwarten. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes wird ihm die Geltendmachung der Ansprüche über die Frist hinaus ermöglicht, weil und auch solange er ohne Verschulden an ihrer Einhaltung gehindert war. Es liegt hier nicht anders als im Versicherungsrecht, wo für Ausschlußfristen der Grundsatz gilt, daß der Versicherungsnehmer keine Rechtsnachteile erleidet, wenn er die Frist schuldlos versäumt hat, wo aber nach Wegfall des [X.]es die Frist nicht erneut zu laufen beginnt, sondern der Versicherungsnehmer die unterlassene Handlung nunmehr unverzüglich nachholen muß (vgl. [X.] 130, 171, 175 für die Ausschlußfrist des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).
b) Die unverzügliche Nachholung der [X.] ist somit ei-ne notwendige Voraussetzung des Ausnahmetatbestandes des § 651 g Abs. 1 Satz 2 [X.] a.F. Auch hierfür trifft den Gläubiger die Darlegungs- und Beweis-last. Die Klägerin ist ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. - 13 - "Unverzüglich" bedeutet nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 Satz 1 [X.] "ohne schuldhaftes Zögern". Bei der Ausfüllung dieses unbestimm-ten Rechtsbegriffs ist auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls abzustellen, nach denen insbesondere die dem Rechtsinhaber zuzugestehende angemes-sene Überlegungsfrist zu bemessen ist ([X.] 32, 237, 247). Die Klägerin hat die besonderen Umstände ihres Falles nicht ausreichend dargelegt. Mangels näherer Angaben ist davon auszugehen, daß sie bereits am 29. Mai 2001, als der vom Vater des Kindes ausgefüllte Fragebogen nebst Anlage bei ihr [X.], alle zur Geltendmachung des Anspruchs nötigen Informationen erlangte, die in der von der Klägerin nicht vorgelegten Anlage enthalten gewesen sein können. Dann aber nahm sich die Klägerin für ihre Überlegungen 15 Tage lang [X.]. Die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Revision, daß der Klä-gerin, nachdem sie den Fragebogen erhalten hatte, zur Bearbeitung der Scha-densmeldung bis zum Ende der Ausschlußfrist lediglich sechs Werktage (30. Mai bis 7. Juni 2001) zur Verfügung gestanden hätten und daß die Inan-spruchnahme eines so kurzen [X.]raums niemals als schuldhaftes Zögern be-wertet werden dürfe, geht fehl. Denn für die Frage der unverzüglichen Nachho-lung kam es nicht auf die [X.] bis zum Ablauf der Ausschlußfrist an, sondern auf die zwischen der Kenntniserlangung der Klägerin am 29. Mai und ihrer An-spruchsanmeldung vom 13. Juni 2001 verstrichene [X.], die 15 Tage betrug. Eine abstrakte Regel des Inhalts, daß die angemessene Überlegungsfrist in jedem Falle mindestens 15 Tage beträgt, läßt sich nicht aufstellen. Ob ange-sichts der konkreten Umstände die [X.] der Klägerin gleich-wohl noch innerhalb der ihr zuzugestehenden angemessenen Überlegungsfrist und damit unverzüglich erfolgte, hätte das Berufungsgericht nur beurteilen können, wenn die Klägerin die Anlage vorgelegt hätte. Auf die demnach [X.] - lenden näheren Angaben zur unverzüglichen Nachholung der [X.] brauchte das Berufungsgericht die Klägerin auch nicht hinzuweisen, da schon die Beklagte sie wiederholt aufgefordert hatte, die Anlage vorzule-gen.

[X.] [X.]

Mühlens Meier-Beck

Meta

X ZR 171/03

22.06.2004

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2004, Az. X ZR 171/03 (REWIS RS 2004, 2729)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2729

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