Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2008, Az. AnwZ (B) 27/07

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2008, 4768

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[X.][X.] ([X.]) 27/07 vom 31. März 2008 in dem Verfahren wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft - 2 - Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidenten des [X.]undesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, [X.] Ernemann, [X.] und [X.] sowie die Rechtsanwälte [X.], [X.] und Prof. Dr. Stüer nach mündlicher Verhandlung am 31. März 2008 beschlossen: Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]eschluss des 1. Senats des [X.]s des Landes Nordrhein-Westfa[X.] vom 8. September 2006 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Geschäftswert des [X.]eschwerdeverfahrens wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist seit dem 7. November 1990 im [X.]ezirk der [X.] als Rechtsanwalt zugelassen. 1 Seit dem [X.] sehen sich Gläubiger des Antragstellers veranlasst, ihre Forderungen gegen ihn im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Am 24. März 2003 widerrief die Antragsgegnerin deshalb die Zulassung des 2 - 3 - Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen [X.]. Diesen Wider-ruf nahm sie am 2. Juni 2003 zurück, nachdem der Antragsteller seine Verbind-lichkeiten erfüllt hatte. Nachdem sich wieder [X.] gegen den Antragsteller mehrten, widerrief die Antragsgegnerin am 19. August 2005 er-neut die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermö-gensverfalls. Am 7. Oktober 2005 nahm sie auch diesen Widerruf zurück, nach-dem der Antragsteller [X.] im gerichtlichen Verfahren über seinen Antrag auf ge-richtliche Entscheidung gegen diesen Widerruf [X.] wieder alle aufgelaufenen Verbindlichkeiten erfüllt hatte. Zu [X.]eginn des Jahres 2006 erfolgten erneut Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Die Antragsgegnerin widerrief daraufhin mit dem angefochtenen [X.]escheid vom 10. Mai 2006 erneut die Zulassung des [X.] zur Rechtsanwaltschaft. Den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung hat der [X.] zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen [X.]eschwerde, deren Zurückweisung die Antragsgegnerin [X.]. 3 I[X.] Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 [X.]RAO). Es hat indes kei-nen Erfolg. 4 1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in [X.], schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; [X.]eweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und 5 - 4 - Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. Senat, [X.]eschl. v. 25. März 1991, [X.] ([X.]) 73/90, [X.]RAK-Mitt. 1991, 102; [X.]eschl. v. 21. November 1994, [X.] ([X.]) 40/94, [X.]RAK-Mitt. 1995, 126; [X.]eschl. v. 26. November 2002, [X.] ([X.]) 18/01, [X.], 577). 2. Diese Voraussetzungen lagen bei Erlass des [X.] am 10. Mai 2006 vor. 6 a) Zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller seine Vermögensverhält-nisse nicht geordnet. 7 aa) Er hat zwar [X.] wenn auch bescheidene [X.] Einkünfte. [X.] hat er aus seiner anwaltlichen Tätigkeit 11.424 • und aus einer Tätigkeit als [X.] 4.989 • verdient. Er hat auch keine hohen Aufwendungen für den Lebensunterhalt und seine anwaltliche Tätigkeit. Seine Ehefrau hat eigene hö-here Einkünfte; im Steuerjahr 2005 hat sie 28.535 • verdient. Der Antragsteller lebt mit seiner Ehefrau in einem Haus, das dieser gehört und teilweise vermietet ist. Die Kanzlei befindet sich in einer Eigentumswohnung, die der Ehefrau des Antragstellers und seiner Schwiegermutter gehört. Angestellte hat der [X.] nicht. 8 [X.]) Dennoch war der Antragsteller nicht in der Lage, die überwiegend geringfügigen Forderungen seiner Gläubiger ordnungsgemäß zu erfül[X.]. Seit 2000 sahen sich seine Gläubiger in insgesamt 57 Fäl[X.] gezwungen, ihre [X.] zwangsweise durchzusetzen. Die bis zum Erlass der [X.] beiden Widerrufsbescheide vom 24. März 2003 und vom 19. August 2005 jeweils (neu) aufgelaufenen Rückstände hat er zwar ausgeglichen. [X.]eides geschah aber nur unter dem Druck des Widerrufs und hat nicht verhindern [X.], dass neue Schulden aufliefen, sobald es dem Antragsteller gelungen war, die Aufhebung des Widerrufs zu erreichen. Nicht anders liegt es bei dem hier zu 9 - 5 - beurtei[X.]den dritten Widerrufsbescheid. Er beruht auf neuen Schulden, die der Antragsteller hat auflaufen lassen, nachdem er am 7. Oktober 2005 [X.] immerhin während des gerichtlichen Verfahrens vor dem [X.] [X.] die Aufhebung des zweiten [X.] erreicht hatte. Es kam [X.] erneut zu Vollstreckungsanträgen, und zwar wie folgt: am 16. Januar 2006 wegen einer Forderung von 3.790,07 • (Nr. 17 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 7. Februar 2006 wegen einer Forderung von 772,66 • (Nr. 18 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 23. Februar 2006 wegen einer Forderung von 221,69 • (Nr. 19 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 24. Februar 2006 wegen einer Forderung von 201,09 • (Nr. 20 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 8. Juni 2006 wegen einer Forderung von 599,88 • (Nr. 21 der Forderungsliste der Antragsgegnerin). b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des [X.] die Inte-ressen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der [X.] nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derar-tigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsan-walts mit Mandantengeldern. Dass sie auch hier zu befürchten war, zeigt sich daran, dass es bei dem zuletzt genannten [X.] auch zu einer Forderungspfändung gekommen ist. 10 3. Der Widerrufsbescheid der Antragsgegnerin ist auch nicht wegen nachträglichen Fortfalls des [X.] aufzuheben. 11 a) Für die [X.]eurteilung der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Rechtsanwaltskammern kommt es zwar grundsätzlich auf den Zeitpunkt ihres Erlasses an. Das gilt aber nicht für die Entscheidung über den Widerruf der Zu-lassung zur Rechtsanwaltschaft. Im gerichtlichen Verfahren gegen solche Ent-scheidungen ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch zu berück-sichtigen, ob der Grund für den Widerruf der Zulassung nachträglich [X.] - 6 - [X.] ist ([X.]GHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150). Dieser Rechtsprechung des Senats liegt die Überlegung zugrunde, dass der Rechtsanwalt anderenfalls nach der [X.]estätigung des Widerrufs gleich wieder zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden müsste. Erfolgt der Widerruf wegen [X.], besteht ein [X.] auf Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft aber nur, wenn geordnete Vermögensverhältnisse zweifelsfrei wiederhergestellt sind. Deshalb kann ein nachträglicher Wegfall des [X.] auch bei der gerichtlichen Über-prüfung eines Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nur berücksich-tigt werden, wenn er zweifelsfrei nachgewiesen wird (Senat, [X.]eschl. v. 25. März 1991, [X.] ([X.]) 80/90, NJW 1991, 2083, 2084). Diesen Nachweis hat der [X.] nicht geführt, obwohl er hierauf sowohl von der Antragsgegnerin als auch von dem [X.] und dem erkennenden Senat hingewiesen worden ist. b) Eine umfassende Übersicht über seine Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller weder im Verwaltungsverfahren vor der Antragsgegnerin noch im gerichtlichen Verfahren vor dem [X.] und dem Senat vorgelegt. Er hat zwar nachgewiesen, dass die bisher bekannten Forderungen inzwischen bis auf zwei ausgeglichen oder mit den Gläubigern [X.] getroffen worden sind. [X.]ei zwei Forderungen ist der Nachweis nicht gelun-gen. Es spricht aber viel dafür, dass dem Antragsteller daraus jedenfalls keine Vollstreckungen mehr drohen. 13 c) Die Rückführung von Altschulden oder die Vereinbarung ihrer raten-weisen Zurückführung ist aber kein Ausdruck konsolidierter Vermögensverhält-nisse. 14 aa) Diese setzen vielmehr voraus, dass der Rechtsanwalt über die [X.]e-gleichung der aufgelaufenen Schulden oder ihre geordnete Rückführung hinaus 15 - 7 - erreicht, dass dauerhaft keine neuen Schulden auflaufen, deren ordnungsge-mäßen [X.]egleichung nicht durch entsprechenden Geldmittel oder eingehaltene Vereinbarungen mit dem Gläubiger sichergestellt ist. Das muss ihm von sich aus, nachhaltig und ohne "Anstoß" durch einen erneuten Widerruf seiner Zulas-sung gelingen. Es genügt nicht, wenn der Rechtsanwalt eine Ordnung seiner Vermögensverhältnisse nur unter dem Druck immer wieder neuer Widerrufe seiner Zulassung aufrechterhalten oder erreichen kann. Denn damit zeigt der Rechtsanwalt gerade, dass er selbst über die Fähigkeit, seine Verhältnisse in Ordnung zu halten nicht verfügt und damit die Interessen seiner Mandanten gefährdet. [X.]) So liegt es hier. Der Antragsteller hat nicht dargelegt, mit welchen Mitteln er die bis zu dem Erlass des [X.] und auch danach auf-gelaufenen Verbindlichkeiten zurückgeführt hat. Seine Einkommensverhältnisse haben sich nicht positiv entwickelt. Seit Jahren trägt der Antragsteller nur in ge-ringem Umfang zu dem Familieneinkommen bei. Ein nicht unerheblicher Teil seiner Einkünfte stammt auch nicht aus seiner anwaltlichen Tätigkeit, sondern aus einer anderen [X.]eschäftigung. Dieses Einkommen hat in der Vergangenheit nicht ausgereicht, um die laufenden Verbindlichkeiten zu erfül[X.]. Die Vermö-gensverhältnisse des Antragstellers sind nicht auf eine einmalige Fehlspekulati-on und, entgegen seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung, auch nicht auf die Kosten erfolgloser Werbemaßnahmen zurückzuführen. Vielmehr ist er seit dem [X.] immer wieder nicht in der Lage, Verbindlichkeiten zu erfül-[X.], die die Ausübung der anwaltlichen Tätigkeit mit sich bringt. 16 cc) Nicht einmal nach dem hier zu beurtei[X.]den dritten Widerruf seiner Zulassung und der Zurückweisung seines Antrags durch den [X.] war der Antragsteller imstande, das Auflaufen neuer Schulden und [X.] seiner Gläubiger zu verhindern. Nach dem angefochtenen [X.] - 8 - derrufsbescheid vom 10. Mai 2006 haben seine Gläubiger folgende neuen [X.] unternommen: am 31. Mai 2006 wegen einer Forderung von 168,40 • (Nr. 22 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 27. Juni 2006 wegen einer Forderung von 686,91 • (Nr. 24 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 29. Juni 2006 wegen einer Forderung von 98,90 • (Nr. 23 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 12. Juli 2006 wegen einer Forderung von 175,30 • (Nr. 46 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 12. Juli 2006 wegen einer Forderung von 196,39 • (Nr. 47 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 7. August 2006 wegen einer Forderung von 2.560,89 • (Nr. 26 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 15. August 2006 wegen einer Forderung von 230,37 • (Nr. 48 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 15. August 2006 wegen einer Forderung von 1.031,99 • (Nr. 49 der Forderungsliste der Antragsgegnerin). Zur Vollstreckung der Forderung zu Nr. 24 der Forderungsliste der An-tragsgegnerin ist es auch zu einer Forderungspfändung gekommen. Nach der Zurückweisung seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung durch den [X.] [X.]eschluss des [X.]s vom 8. September 2006 sind fol-gende neuen [X.] bekannt geworden: 18 am 16. Oktober 2006 wegen einer Forderung von 645,55 • (Nr. 51 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 16. Oktober 2006 wegen einer Forderung von 692,07 • (Nr. 52 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 8. Januar 2007 wegen einer Forderung von 256,06 • (Nr. 53 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 19. Januar 2007 wegen einer Forderung von 98,80 • (Nr. 54 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 2. März 2007 wegen einer Forderung von 5.430,04 • (Nr. 55 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 6. März 2007 wegen einer Forderung von 671,92 • (Nr. 56 der Forderungsliste der Antragsgegnerin), am 24. Mai 2007 wegen einer Forderung von 421,77 • (Nr. 57 der Forderungsliste der Antragsgegnerin). - 9 - Unter diesen Umständen kann eine Konsolidierung seiner [X.] nicht angenommen werden. 19 d) Ein Ausnahmefall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden unge-achtet des [X.] nicht gefährdet wären, ist entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht gegeben. Wie der [X.]estimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Gefähr-dung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet; dies ist auch in der Regel der Fall, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern (Senat, [X.]eschl. v. 18. Oktober 2004, [X.] ([X.]) 43/03, [X.], 511 unter [X.]). Sie entfällt hier auch nicht dadurch, dass es dem Antragsteller bislang immer wieder gelungen ist, seine Forderun-gen zu begleichen. Denn das hat weder das Auflaufen neuer Schulden noch Forderungspfändungen verhindert. 20 Tolksdorf Ernemann Schmidt-Räntsch [X.] Wüllrich Frey Stüer Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom [X.] - 1 ZU 66/06 -

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AnwZ (B) 27/07

31.03.2008

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2008, Az. AnwZ (B) 27/07 (REWIS RS 2008, 4768)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4768

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