Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.03.2014, Az. II ZR 109/13

2. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7040

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Gegenstand

Kapitalanlagegeschäft in einer Haustürsituation: Folgen der Verwendung einer inhaltlich bearbeiteten Musterbelehrung über das Widerrufsrecht


Leitsatz

Der Unternehmer, der eine den gesetzlichen Anforderungen nach § 312 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung), § 355 Abs. 2 BGB (in der Fassung vom 23. Juli 2002) nicht genügende Widerrufsbelehrung verwendet, kann sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV (in der Fassung vom 5. August 2002) nicht berufen, wenn er den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht; ob die Abweichungen von der Musterbelehrung nur in der Aufnahme von insoweit zutreffenden Zusatzinformationen zugunsten des Belehrungsempfängers bestehen, ist unerheblich.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 19. Februar 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Kläger mit den [X.] ([X.] zu 3 und 4) zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger beteiligten sich mit Beitrittserklärung ([X.]) vom 20. März 2004 in Höhe von 18.000 € als atypische stille [X.]er an der [X.], deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, und zwar im Rahmen des [X.] „Sprint“, bei dem die Einlage durch eine Anzahlung von 3.000 € und monatliche Raten von 100 € bezahlt werden sollte. Die Kläger leisteten auf ihre Beteiligung insgesamt 7.820 € zuzüglich eines Agios in Höhe von 1.080 €.

2

In dem [X.] der [X.] sind die Kläger unter der Überschrift „Widerrufsbelehrung“ wie folgt auf ihr Widerrufsrecht hingewiesen worden:

„Widerrufsrecht. Sie können Ihre Beitrittserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, Email) widerrufen. Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen [X.]svertrag (im Emissionsprospekt enthalten) erhalten haben. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: … [Beklagte].

Widerrufsfolgen: Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten.“

3

Nachdem die Beklagte die Kläger mit Schreiben vom 7. Juli 2009 über eine Schieflage der [X.] informiert und unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Weiterzahlung der Raten um die Zustimmung zu einer beabsichtigten Liquidation gebeten hatte, erklärten die Kläger durch Anwaltsschreiben vom 11. September 2009 die außerordentliche Kündigung sowie die Anfechtung ihrer Beteiligungen und die Geltendmachung von Schadensersatz.

4

Die Kläger haben von der [X.] in erster Linie Rückzahlung ihrer geleisteten Einlage in Höhe von 7.820 [X.] um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der stillen Beteiligung sowie die Feststellung begehrt, dass der [X.] keine weiteren Rechte aus der Beteiligung zustehen. Hilfsweise haben sie die Feststellung beantragt, dass sie ihre Beteiligung wirksam zum 11. September 2009 außerordentlich gekündigt haben, und die Berechnung und Auszahlung ihres Auseinandersetzungsguthabens begehrt. Zur Begründung haben sie die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten geltend gemacht. Ferner haben sie die Widerrufsbelehrung in der Beitrittserklärung als fehlerhaft beanstandet und sich auf einen Widerruf ihrer in einer Haustürsituation abgeschlossenen Beteiligung berufen, der mangels ordnungsgemäßer Belehrung über ihr Widerrufsrecht auch noch im [X.] habe erfolgen können.

5

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen und die Revision im Hinblick darauf zugelassen, dass es die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 [X.] (in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. August 2002, [X.], 3009; im Folgenden: aF) auf den Fall erstreckt hat, dass die verwendete Belehrung von dem maßgeblichen Muster - wenn auch nur hinsichtlich weiter erteilter zutreffender Informationen - abweicht. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr auf Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung ihrer Beteiligung sowie der Auszahlung des von der [X.] zu berechnenden Auseinandersetzungsguthabens gerichtetes Hilfsbegehren mit der Begründung weiter, sie hätten ihr Widerrufsrecht wirksam ausgeübt.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision der Kläger hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, soweit das Berufungsgericht die Abweisung der Klage mit den auf die Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung und Auszahlung eines von der Beklagten zu berechnenden Auseinandersetzungsguthabens gerichteten [X.] bestätigt hat.

7

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung insoweit im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die Kläger hätten ihre Beteiligung nicht wirksam widerrufen. Nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag hätten sie ihre Beitrittserklärung zwar in einer sogenannten Haustürsituation abgegeben. Das Widerrufsrecht habe im [X.] aber nicht mehr ausgeübt werden können, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist nach § 355 [X.] (in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Juli 2002; im Folgenden: aF) lange verstrichen gewesen sei. Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung folge im Wesentlichen dem Muster in der Anlage 2 zu § 14 [X.] aF. Nach der Rechtsprechung des [X.] könne sich der Verwender der Widerrufsbelehrung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 [X.] aF allerdings nur berufen, wenn er ein Formular verwendet habe, das dem in der Anlage 2 geregelten Muster vollständig entspreche. Dem sei für Fälle zu folgen, in denen die verwendete Widerrufsbelehrung zuungunsten des Vertragspartners des Verwenders von dem Muster abweiche. Im vorliegenden Fall sei es jedoch anders. Die einzige Abweichung liege darin, dass es in der [X.] in der Fassung von 2002 heiße: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, während es in der hier verwendeten Belehrung heiße: „Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag erhalten haben“. Damit behebe sie Mängel, die dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 [X.] aF angehaftet hätten, weil die [X.] den zu [X.] nicht ausreichend über den Fristbeginn informiert habe. Es erscheine deshalb nicht angemessen, dass derjenige, der zugunsten des Belehrungsempfängers von dem Muster abweiche, indem er ihm weitere - zutreffende - Informationen erteile, sich wegen dieser Zusatzinformationen nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 [X.] aF solle berufen können.

9

II. Die Revision der Kläger ist begründet. Die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts der Kläger gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung, im Folgenden: aF), § 355 [X.] aF war im [X.] nicht abgelaufen, weil die Widerrufsbelehrung der Beklagten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder den Anforderungen der §§ 312 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 355 Abs. 2 [X.] aF noch den Voraussetzungen genügt, unter denen sich der Verwender einer Widerrufsbelehrung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 [X.] aF berufen kann.

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] aF auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesellschaft, die wie die Beklagte der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom [X.] bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 - [X.], [X.], 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung findet (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 167 [X.] - [X.]; Urteil vom 2. Mai 2012 - [X.], [X.], 1504 Rn. 18). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben bei dem Beitritt der Kläger die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] aF vorgelegen.

2. Das Berufungsgericht hat es dahinstehen lassen, ob die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung - unabhängig von der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 1 und 3 [X.] aF - grundsätzlich ordnungsgemäß war. Die Belehrung genügte, wie der Senat selbst feststellen kann, schon deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil ein wirksamer Widerruf nach dem Vollzug des Beitritts gemäß der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft und damit allenfalls zu einem etwaigen Abfindungsanspruch des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters entsprechend dem Wert seines Gesellschaftsanteils im Zeitpunkt seines Ausscheidens führt (vgl. [X.], Urteil vom 2. Mai 2012 - [X.], [X.], 1504 Rn. 46 mwN), die Widerrufsbelehrung aber keinen Hinweis auf diese rechtlichen Folgen des Widerrufs enthält (vgl. [X.], Urteil vom 21. Januar 2013 - 8 U 281/11, juris Rn. 53). Ein solcher Hinweis war nicht deshalb entbehrlich, weil die Kläger nach der konkreten Vertragsgestaltung Zahlungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist leisten mussten. Es kommt nicht darauf an, ob vertragliche Leistungen nach der von der Beklagten beabsichtigten Vertragsgestaltung ausgeschlossen sein sollten, sondern ob sie nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung auch ausgeschlossen waren. Das war vorliegend nicht der Fall, weil die Kläger berechtigt waren, Zahlungen bereits vor dem festgelegten Fälligkeitstermin und damit auch vor Ablauf der Widerrufsfrist zu entrichten (§ 271 Abs. 2 [X.]) und damit ihren Beitritt zu vollziehen. Ob ein solches Verhalten der [X.], ist unerheblich (vgl. [X.], Urteil vom 2. Februar 2011 - [X.], [X.], 572 Rn. 18). Im Übrigen geht die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung selbst davon aus, dass Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist in Betracht kamen; andernfalls hätte es nicht des in der Belehrung enthaltenen Hinweises bedurft, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs bereits empfangene Leistungen zurückzugewähren seien. Wegen Fehlens einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung ist die Widerrufsfrist von zwei Wochen (§ 355 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF) nicht nach § 355 Abs. 2 [X.] aF in Gang gesetzt worden.

3. Die Belehrung genügt auch nicht gem. § 14 Abs. 1 und 3 [X.] aF den gesetzlichen Anforderungen.

a) Nach § 14 Abs. 1 [X.] aF genügte eine Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 [X.] aF und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wurde; dabei durfte der Unternehmer in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen, § 14 Abs. 3 [X.] aF.

b) Das als Anlage 2 zu § 14 [X.] aF im [X.] veröffentlichte Muster wies zum Widerrufsrecht und zu den Widerrufsfolgen folgenden Text auf:

Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von [zwei Wochen] ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) [oder durch Rücksendung der Sache] widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs [oder der Sache]. Der Widerruf ist zu richten an:

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren [und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben]. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. [Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nehmen und alles unterlassen, was deren Wert beeinträchtigt. Paketversandfähige Sachen sind [auf unsere Kosten und Gefahr] zurückzusenden. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt.]

c) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] greift die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 [X.] aF grundsätzlich nur ein, wenn der Verwender ein Formular verwendet, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht ([X.], Urteil vom 23. Juni 2009 - [X.], [X.], 1512 Rn. 15; Urteil vom 9. Dezember 2009 - [X.], [X.], 734 Rn. 20; Urteil vom 1. Dezember 2010 - [X.], [X.], 178 Rn. 15 f.; Urteil vom 2. Februar 2011 - [X.], [X.], 572 Rn. 21; Urteil vom 1. März 2012 - [X.], [X.] 2012, 427 Rn. 17). Bei vollständiger Verwendung kann sich der Verwender auf die in § 14 Abs. 1 und 3 [X.] aF geregelte Gesetzlichkeitsfiktion auch dann berufen, wenn das Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 [X.] aF an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht genügt ([X.], Urteil vom 15. August 2012 - [X.], [X.]Z 194, 238 Rn. 14; Beschluss vom 20. November 2012 - [X.], juris Rn. 6).

d) Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspricht dem Muster nicht vollständig. Zwar ist es entgegen der Ansicht der Revision unschädlich, dass in der Widerrufsbelehrung der Hinweis auf die Widerrufsfolgen bei der Überlassung von Sachen fehlt, weil dieser Zusatz nach den mit dem Muster veröffentlichten Gestaltungshinweisen bei Leistungen, die wie hier nicht in der Überlassung von Sachen bestehen, entfallen kann. Die Widerrufsbelehrung weicht jedoch in dem über den Fristbeginn belehrenden Teil von dem Muster ab, indem anstelle des Fristbeginns nach dem Muster („frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“) über einen Fristbeginn „einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag (im Emissionsprospekt enthalten) erhalten haben“ belehrt wird.

e) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht diese Abweichung einer Anwendung des § 14 Abs. 1 und 3 [X.] aF entgegen. Sie ist nicht deshalb unerheblich, weil die Beklagte damit nur weitere zutreffende Zusatzinformationen aufgenommen habe und daher, wie das Berufungsgericht meint, nur zugunsten des Belehrungsempfängers vom Muster abgewichen sei.

Der Senat hat es zwar als unschädlich angesehen, wenn der Verwender den in dem Muster fehlerhaft wiedergegebenen Fristbeginn ([X.], Urteil vom 15. August 2012 - [X.], [X.]Z 194, 238 Rn. 9 mwN) dem Gesetz (§ 187 [X.]) angepasst hat ([X.], Beschluss vom 20. November 2012 - [X.], juris Rn. 6). Die von der Beklagten vorgenommenen Änderungen erschöpfen sich jedoch nicht in der Anpassung der Belehrung über den Fristbeginn an die gesetzliche Regelung des § 187 [X.]. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten enthält darüber hinausgehend inhaltliche Änderungen der Belehrung nach dem Muster, indem der Fristbeginn nicht nur mit dem Tag nach Zugang der Belehrung angegeben, sondern zusätzlich von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht wird, nämlich von dem Zugang einer Abschrift der Beitrittserklärung und des Gesellschaftsvertrags. [X.] der Verwender, wie hier die Beklagte, den Text der [X.] aber einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, so kann er sich schon deshalb nicht auf eine mit der unveränderten Übernahme der [X.] verbundene Schutzwirkung berufen ([X.], Urteil vom 28. Juni 2011 - [X.], [X.], 1858 Rn. 39; Urteil vom 1. März 2012 - [X.], [X.] 2012, 427 Rn. 17). Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen inhaltlichen Änderungen, da sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll ([X.], Urteil vom 28. Juni 2011 - [X.], [X.], 1858 Rn. 39; Urteil vom 1. März 2012 - [X.], [X.] 2012, 427 Rn. 17).

Eine der Anwendung des § 14 Abs. 1 und 3 [X.] aF entgegenstehende inhaltliche Bearbeitung der [X.] ist daher im vorliegenden Fall unabhängig davon gegeben, ob mit dem zusätzlich in die Belehrung aufgenommenen Hinweis, dass die Widerrufsfrist erst mit Zugang einer Abschrift der Vertragsurkunde und des Antrags beginnt, möglicherweise der Regelung des § 355 Abs. 2 Satz 3 [X.] aF (= § 355 Abs. 3 Satz 2 [X.] nF) Rechnung getragen werden sollte, nach der die Widerrufsfrist bei schriftlich abzuschließenden Verträgen nicht beginnt, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags bedarf ebenso wie der Beitritt zu einer schon bestehenden stillen Gesellschaft nicht von Gesetzes wegen der Schriftform, sondern kann formfrei und sogar stillschweigend vereinbart werden (vgl. [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 230 Rn. 20, 22; [X.] in Baumbach/ [X.], HGB, 36. Aufl., § 230 Rn. 10 und § 105 Rn. 68 zur [X.]). Den Fragen, ob die Regelung des § 355 Abs. 2 Satz 3 [X.] aF nur die gesetzliche Schriftform betrifft ([X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., § 355 Rn. 15; [X.] in [X.]/Komm[X.], 6. Aufl., § 355 Rn. 60) oder ob sie auch bei vereinbarter Schriftform eingreift ([X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 355 Rn. 13) und ob der Beitrittsvertrag im vorliegenden Fall aufgrund vertraglicher Vereinbarung der Schriftform bedurfte, braucht nicht nachgegangen zu werden. Denn mangels eines gesetzlichen Schriftformerfordernisses beschränkte sich die Ergänzung der [X.] insoweit jedenfalls nicht auf die Vornahme einer bloßen Korrektur durch Übernahme einer für alle Fallgestaltungen gesetzlich vorgegebenen Fristberechnung, sondern es handelte sich allenfalls um eine aufgrund der konkreten Fallgestaltung (vertraglich vereinbarte Schriftform) für erforderlich erachtete individuelle Anpassung der Widerrufsbelehrung. Ein Verwender, der die [X.] in dieser Weise abändert und dessen Widerrufsbelehrung in der abgeänderten Form den gesetzlichen Anforderungen - hier: weil sie nicht darauf hinweist, dass sich die rechtlichen Folgen des Widerrufs nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft richten können - nicht genügt, ist nicht nach § 14 Abs. 1 und 3 [X.] aF schutzwürdig.

4. War die Widerrufsfrist somit noch nicht abgelaufen, konnten die Kläger im [X.] ihre Beitrittserklärung noch widerrufen. Für den Widerruf genügt es, wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringt, dass er den Vertragsschluss nicht mehr gegen sich gelten lassen will ([X.], Urteil vom 24. April 1996 - [X.], [X.], 1138; [X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., § 355 Rn. 6 mwN).

III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Kläger mit den [X.] ([X.] zu 3 und 4) zurückgewiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Bergmann                        Strohn                       Caliebe

                   Reichart                       Sunder

Meta

II ZR 109/13

18.03.2014

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 19. Februar 2013, Az: 9 U 35/12

§ 312 Abs 1 S 1 BGB vom 02.01.2002, § 312 Abs 2 BGB vom 02.01.2002, § 355 Abs 2 BGB vom 23.07.2002, § 14 Abs 1 BGB-InfoV vom 05.08.2002, § 14 Abs 3 BGB-InfoV vom 05.08.2002

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.03.2014, Az. II ZR 109/13 (REWIS RS 2014, 7040)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7040

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