Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2003, Az. I ZR 17/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1291

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:9. Oktober 2003WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: [X.] §§ 139 a.[X.], 263[X.] Art. 31 Abs. 1 Satz 1 lit. ba)Macht eine [X.] in der Berufungsbegründung die Verletzung der [X.] und Hinweispflicht nach § 139 ZPO a.[X.] durch das erstinstanzlicheGericht geltend, ist es nicht erforderlich, daß sie in unmittelbarem Zusam-menhang mit der Verfahrensrüge anführt, welchen Vortrag sie in [X.] Rechtslage unterlassen hat. Vielmehr reicht es aus, daß nach dem [X.] Berufungsbegründung ohne Zweifel ersichtlich ist, was aufgrund des [X.] vorgetragen worden wäre.b)Zur Hinweispflicht nach § 139 ZPO a.[X.], wenn dies eine Änderung [X.] zur Folge hat.[X.], Urt. v. 9. Oktober 2003 - [X.] - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 9. Oktober 2003 durch [X.] Dr. Ullmann unddie Richter Prof. [X.], [X.], [X.] und Dr. Schaffertfür Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] [X.] vom 14. Dezember 2000aufgehoben.Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der [X.] [X.] des [X.] vom [X.] aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das [X.] zu-rückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin ist [X.]. Sie nimmt die Beklagten aus ab-getretenem und übergegangenem Recht wegen Beschädigung von [X.] in [X.] 3 -Ein Fahrer der in [X.] ansässigen Beklagten zu 2 übernahm [X.] März 1995 in [X.] von der [X.] nachfolgend als "[X.]" bezeichnet - eine Maschinenanlage, um sie zur[X.] M. T. , [X.], [X.]Co. Donegal/Irland- nachstehend [X.] genannt - zu transportieren. Am folgenden Tag rutschtewährend des Transports die Maschinenanlage in der Nähe von [X.]/[X.] von dem Lkw.Die Klägerin hat geltend gemacht, zwischen ihr als führender Versiche-rungsgesellschaft und zwei weiteren Versicherern sowie [X.] habe seit [X.] 1992 ein Versicherungsvertrag bestanden. [X.] habe die Beklagtezu 1, eine in der [X.] ansässige Gesellschaft, mit dem Transport [X.] zu fixen Kosten an [X.] beauftragt. Die Beklagte zu 1 habe den Trans-portauftrag an die Beklagte zu 2 weitergegeben. Deren Lkw-Fahrer habe [X.] der Maschinenanlage unter anderem durch unzureichende Si-cherung der Ladung schuldhaft verursacht. Die Klägerin hat behauptet, sie ha-be an [X.] einen Betrag von 450.000 DM als Schadensausgleich gezahlt.Die Klägerin hat in erster Instanz von den Beklagten als Gesamtschuld-nern die Zahlung des [X.] von 166.600 Sonderziehungsrechten desInternationalen Währungsfonds in [X.] nebst Zinsen beansprucht.Die Beklagten haben die internationale und die örtliche Zuständigkeit des[X.] gerügt und sind der Klage auch im übrigen entgegen-getreten.- 4 -Das [X.] hat seine Zuständigkeit verneint und die Klage [X.]. Für eine Zuständigkeit nach der [X.] fehle es an der schlüssigen Dar-legung, daß [X.] , von der die Klägerin ihre Ansprüche ableite, Vertrags-partnerin des [X.] geworden sei. Der Gerichtsstand der un-erlaubten Handlung sei nicht gegeben, weil der Unfallort in [X.] liege.Die Klägerin, die Berufung eingelegt hat, hat ausgeführt, Versicherungs-nehmerin seien [X.] und die dieser Gesellschaft angeschlossenen [X.], zu denen [X.] gehöre. Diese habe der Beklagten zu 1 den Beförde-rungsauftrag erteilt. [X.] habe ihren Anspruch gegen die Beklagten [X.] die Klägerin abgetreten. Als Führungsversicherer sei sie berechtigt, die [X.] in Höhe des gegenüber [X.] regulierten Schadens im eige-nen Namen geltend zu machen. Entgegen § 139 ZPO habe das [X.] sienicht auf eine mangelnde Substantiierung ihres Vortrags hingewiesen.In der Berufungsinstanz hat die Klägerin in erster Linie die Zahlung [X.] von den Beklagten als Gesamtschuldnern verlangt. Hilfsweise hatsie Zahlung von 225.000 DM an sich und jeweils 112.500 DM an die [X.], [X.] , [X.]und an die [X.]versicherungsanstalt , [X.] platz , [X.]undäußerst hilfsweise Zahlung von 450.000 DM an [X.] und [X.] jeweils zu-züglich Zinsen begehrt.Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin als unzulässig ver-worfen.- 5 -Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre im Berufungsverfahren ge-stellten Anträge weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision [X.].Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel der Klägerin als unzulässigverworfen (§ 519 b Abs. 1 ZPO a.[X.]). Hierzu hat es ausgeführt:Die Klägerin habe die Richtigkeit der erstinstanzlichen Klageabweisungnicht in Frage gestellt, sondern ausschließlich einen neuen Streitgegenstand indas Berufungsverfahren eingeführt. Sie stütze ihr Klagebegehren in zweiter In-stanz auf übergegangene Ansprüche der [X.] , während sie in erster [X.] von [X.] verfolgt habe.Die Berufung sei auch nicht deshalb zulässig, weil die Klägerin eineVerletzung der richterlichen Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO durch das[X.] gerügt habe. Die Klägerin habe in der Berufungsbegründung [X.] ihrer Verfahrensrüge nicht dargelegt, welchen Vortrag sie infolge einesunterbliebenen Hinweises des [X.]s unterlassen habe. Es liege zudemaußerhalb des Schutzzwecks des § 139 ZPO, daß eine [X.] nicht nur unge-nügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänze, [X.] in den Rechtsstreit einführe, die im bisherigen [X.] keine Grundlage [X.] 6 -I[X.] Die nach § 547 ZPO a.[X.] statthafte und auch im übrigen zulässige Re-vision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und [X.] der Sache an das [X.].1. Die Berufung der Klägerin ist zulässig.a) Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, daß [X.] nur zulässig ist, wenn der Berufungskläger mit ihr die Beseitigung [X.] im angefochtenen Urteil liegenden Beschwer verfolgt. Unzulässig ist [X.] daher, wenn es den in erster Instanz erhobenen [X.] wenigstens teilweise weiterverfolgt und bei einer erstinstanzlichen [X.] die Richtigkeit der Entscheidung nicht in Zweifel zieht, sondern [X.] Wege der Klageänderung einen bisher nicht geltend gemachten Anspruchzur Entscheidung stellt. Die bloße Erweiterung oder Änderung der Klage inzweiter Instanz kann nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein. Vielmehr [X.] derartiges Prozeßziel eine zulässige Berufung voraus (st. Rspr.: vgl. [X.],Urt. v. 7.12.2000 - [X.], [X.], 699, 700 - Impfstoffe, m.w.[X.]) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Änderung des [X.] Klägerin in der Berufungsinstanz gegenüber ihrem Vorbringen erster In-stanz eine Klageänderung (§§ 263, 523 ZPO a.[X.]), weil sie mit der Berufungeine Änderung des [X.] vorgenommen hat. Der [X.] durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in [X.] Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt (Kla-gegrund), aus dem er die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. [X.], Urt. [X.], [X.], 755, 756 f. = [X.], 804 - [X.]; Urt. v. 3.4.2003 - I ZR 1/01, [X.], 716 f. = WRP 2003, 896 - [X.]). Der Vortrag, der [X.], auf den die [X.] anwendbar- 7 -sei und aus dem die Klägerin aus abgetretenem und übergegangenem [X.] herleitet, sei zwischen [X.] und der Beklagten zu 1 geschlos-sen, bezieht sich auf einen anderen Lebenssachverhalt als ein [X.] [X.] und der Beklagten zu 1. Soweit mit der Berufung die [X.] erstinstanzlichen Urteils mit der Begründung in Frage gestellt wird, das[X.] sei gemäß Art. 31 Abs. 1 Satz 1 lit. b [X.] zuständig, beruht dieserBerufungsangriff ausschließlich auf einer Änderung des Streitgegenstandes. [X.] hat das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Berufung hieraus nicht ge-folgert.c) Die Klägerin hat die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidungunter anderem mit der Rüge aus § 139 ZPO a.[X.] angegriffen. Das Berufungsge-richt hat diese Rüge mit der Begründung nicht ausreichen lassen, die Klägerinhabe nicht dargelegt, was sie auf einen Hinweis des [X.]s im Sinne von§ 139 ZPO a.[X.] vorgetragen hätte. Im Zusammenhang mit der [X.] es an entsprechendem Sachvortrag. Es könne auch nicht davon [X.] werden, daß die Klägerin ihren Sachvortrag auf einen gerichtlichenHinweis erster Instanz in einem Umfang geändert hätte, wie dies in der Beru-fungsinstanz geschehen sei. Zudem liege die Änderung des Sachvortrags, diekeine Ergänzung ungenügender Angaben, sondern eine Änderung des [X.] darstelle, außerhalb des Schutzzwecks des § 139 ZPO a.[X.] Diese Be-urteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.aa) Das Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen,daß die Klägerin neben der Verletzung der Aufklärungspflicht durch das erstin-stanzliche Gericht in der Berufungsbegründung darlegen muß, welchen [X.] in Verkennung der Rechtslage unterlassen hat (vgl. [X.], Urt. [X.] ZR 374/86, NJW-RR 1988, 477, 478).- 8 -bb) Die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Verfahrensrüge nach§ 139 ZPO a.[X.] sind jedoch im Streitfall gegeben.Die Revision macht mit Recht geltend, das Berufungsgericht habe [X.] an die Begründungspflicht der Verfahrensrüge nach § 139 [X.].[X.] überspannt. Das [X.] hatte den Vortrag der Klägerin zum Zustan-dekommen des [X.] unter Verletzung des § 139 Abs. 2 [X.].[X.] als unsubstantiiert angesehen. In der Berufungsbegründung hat die Kläge-rin ausgeführt, daß der Beförderungsvertrag, aus dem sie aus [X.] übergegangenem Recht Ansprüche ableitet, nicht zwischen der [X.] und [X.], sondern [X.] zustande gekommen ist. Damit hat die Kläge-rin nach dem insgesamt zu würdigenden Inhalt der Berufungsbegründung deut-lich zu erkennen gegeben, daß sie im Falle eines Hinweises des [X.]sihren Vortrag, wie im Berufungsverfahren geschehen, substantiiert hätte. Einerausdrücklichen Anführung dieses Sachverhalts im unmittelbaren [X.] mit der Verfahrensrüge innerhalb der Berufungsbegründung bedarf esentgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht. Vielmehr reicht es aus, daß- wie im Streitfall - aufgrund einer Auslegung des [X.]vorbringens ohne jedenZweifel ersichtlich ist, was aufgrund eines gerichtlichen Hinweises vorgetragenworden wäre.Der Berücksichtigung der auf einer Verletzung des § 139 ZPO a.[X.] ge-stützten Verfahrensrüge steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtsauch nicht der Schutzzweck dieser Vorschrift entgegen. Das Gericht darf eine[X.] nicht auf neue, in ihrem Sachvortrag noch nicht andeutungsweise ent-haltene Klagegründe hinweisen. Davon kann im Streitfall keine Rede sein. [X.] hat in beiden Instanzen ihre Ansprüche auf die Regulierung des [X.] 9 -dens aufgrund des Unfalls vom 23. März 1995 in [X.] als Transportversi-cherer von [X.] gestützt. Gegenüber dem Sachvortrag erster Instanz hat [X.] der Umstand geändert, daß der Beförderungsvertrag nach Behauptung derKlägerin nicht zwischen der Beklagten zu 1 und [X.] sondern [X.] , [X.] mit [X.] verbundenen und in den Versicherungsvertrag mit der [X.], zustande gekommen ist.2. Die Berufung der Klägerin ist auch begründet. Die Sache ist dahernicht an das Berufungsgericht, sondern an das [X.] zurückzuverweisen.Bei zutreffender Entscheidung hätte das Berufungsgericht die Sache an das[X.] gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a.[X.] verweisen müssen. Zwar hättedas Berufungsgericht nach § 540 ZPO a.[X.] ausnahmsweise von einer [X.] absehen und selbst entscheiden können. Dadurch wäre aber [X.] in der Berufungsinstanz eine Prüfung des [X.] in der [X.], was im Streitfall nicht sachdienlich ist. Das Revisionsgericht hat in ei-nem solchen Fall die an sich gebotene, jedoch bislang unterbliebene [X.] der Sache durch das Berufungsgericht an die erste Instanz nach-zuholen (vgl. hierzu [X.]Z 16, 71, 82; [X.], Urt. v. 12.1.1994 - XII ZR 167/92,NJW-RR 1994, 379, 380). Das [X.] [X.] ist für die Entscheidungnach Art. 31 Abs. 1 Satz 1 lit. b [X.], Art. 1 a des Gesetzes zur [X.] vom5. Juli 1989 ([X.] II, [X.]) international und örtlich zuständig. Nach demschlüssigen Vortrag der Klägerin, auf den es für die Beurteilung der [X.] vorliegend ankommt (vgl. [X.]Z 124, 237, 240 f.), unterliegt die Beförde-rung nach Art. 1 [X.] diesem Übereinkommen. Der Ort der Übernahme liegt inDeutschland und der vorgesehene Ort der Ablieferung der Maschinenanlage inder [X.]. Die Beförderung sollte mittels Kraftfahrzeugen erfolgen.Der Ort der Übernahme im Sinne von Art. 31 Abs. 1 Satz 1 lit. b [X.] ist [X.] -Die internationale und örtliche Zuständigkeit nach Art. 31 Abs. 1 Satz 1lit. b [X.] ist nicht nur für die Klage gegen die Beklagte zu 1 begründet, mit der[X.] den Beförderungsvertrag abgeschlossen haben soll, sondern auch für [X.] gegen die Beklagte zu 2. [X.]. 31Abs. 1 [X.] gilt auch dann, wenn außervertragliche Ansprüche gegen [X.] geltend gemacht werden, sofern die Streitigkeit aus einer der[X.] unterliegenden Beförderung entstanden ist (vgl. [X.], [X.]. v.31.5.2001 - I ZR 85/00, NJW-RR 2002, 31, 32).II[X.] Bei der Kostenentscheidung wird das [X.] zu berücksichtigenhaben, daß die Klägerin nur aufgrund eines in der Berufungsinstanz erfolgtenneuen Vorbringens obsiegt hat, das sie bereits in der ersten Instanz geltend zumachen imstande war (§ 97 Abs. 2 ZPO).UllmannBornkamm[X.]BüscherSchaffert

Meta

I ZR 17/01

09.10.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2003, Az. I ZR 17/01 (REWIS RS 2003, 1291)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1291

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