Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2014, Az. 1 StR 65/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 6820

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 65/14

vom
25. März
2014
in der Strafsache
gegen

wegen
versuchten Totschlags u.a.

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Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 25. März
2014
gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10. Oktober 2013
a) im Fall 1 der Urteilsgründe im Strafausspruch und
b) im [X.] aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung (Tat 2) sowie wegen einer weiteren gefährlichen Körperverletzung (Tat 1) zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung ge-troffen. Sein Rechtsmittel führt mit der Sachrüge zur Aufhebung der für die Tat
1 festgesetzten Einzelstrafe und der gebildeten Gesamtstrafe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

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I.
Das [X.] hat festgestellt, dass sich der Angeklagte im Fall 1 der Urteilsgründe zunächst mit Bekannten auf dem [X.] in H.

aufhielt, später aber allein in den E.

garten ging und sich dort [X.], da er befürchtete, aufgrund seiner Alkoholisierung bei einem weiteren Auf-enthalt auf dem [X.] Unruhe zu stiften. Von ihm unabhängig gelangte auch der Zeuge O.

, mit dem der Angeklagte vorher zusammen war, dorthin. O.

geriet im E.

garten in eine eher zufällige Auseinanderset-zung mit dem späteren Geschädigten A.

. Als diese durch das [X.] anderer Personen bereits beendet war, näherte sich der Angeklagte, der das Geschehen wohl beobachtet hatte, und schlug den Geschädigten völlig überraschend mit der Faust zu Boden. Danach trat er mindestens einmal gegen
den Kopf des am Boden liegenden Geschädigten, wobei der Tritt generell [X.] war, das Leben des Geschädigten zu gefährden. Bei seinem Vorgehen war nach den getroffenen Feststellungen wegen der Alkoholisierung des Ange-klagten zwar seine Einsichtsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB weder erheblich vermindert oder aufgehoben, jedoch seine Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, erheblich vermindert.
Das [X.] hat wegen dieser Tat den Regelstrafrahmen des §
224 Abs.
1 Nr. 5 StGB zugrunde gelegt und einen minder schweren Fall aufgrund der Umstände des [X.] abgelehnt. Eine Milderung gemäß § 21 StGB hat es erkennbar nicht geprüft.

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II.
1. Ob bei Annahme des
§ 21 StGB
eine Milderung vorzunehmen oder zu versagen ist, hat der Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände des [X.] nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist bei vermin-derter Schuldfähigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Schuldgehalt der Tat verringert ist, so dass eine Strafrahmenmilderung vorzunehmen ist, wenn nicht andere, schulderhöhende Gesichtspunkte dem entgegenstehen ([X.], Urteil vom 15. Februar 2006

2 [X.], [X.]R StGB §
21 Straf-rahmenverschiebung
40; Urteil vom 26. Mai 2004

2 [X.], [X.], 619; st. Rspr.).
2. Aus den Urteilsgründen ergibt sich vorliegend nicht, warum die [X.] bezüglich der Tat 1 den Strafrahmen des
§ 224 Abs. 1 StGB
nicht ge-mäß
§§ 21,
49 Abs. 1 StGB
gemildert oder unter Berücksichtigung des §
21 StGB keinen minder schweren Fall des § 224 Abs. 1 StGB angenommen hat.
Zwar führt die erheblich verminderte Schuldfähigkeit eines Täters nach
§
21 StGB
nicht zwingend, sondern nur fakultativ zu einer Strafrahmen-milderung. So kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts-hofs eine Strafrahmenverschiebung u.U. dann abgelehnt werden, wenn der Täter schon früher unter Alkoholeinfluss straffällig geworden ist und deshalb wusste, dass er in einem solchen Zustand zu Straftaten neigt ([X.], Urteil vom 15. Februar 2006

2 [X.], [X.]R StGB §
21 Strafrahmenverschiebung 40; Urteil vom 30. Oktober 1986

4 [X.]/86;
Beschluss
vom 9. Dezember 1986

4 [X.], [X.]R StGB §
21 Strafrahmenverschiebung
6). Von der Strafmilderung kann weiterhin auch dann abgesehen werden, wenn die nach
§
21 StGB
geringere Schuld durch anderweite
schulderhöhende Momente 4
5
6
-
5
-
ausgeglichen wird ([X.], Beschluss vom 18. Juni 1985

4 [X.]). Allein der Umstand, dass der Angeklagte das [X.] verließ und in den E.

garten ging, da er befürchtete, aufgrund seiner Alkoholisierung bei einem weite-ren Aufenthalt auf dem [X.] Unruhe zu stiften, muss nicht zwingend zur Versagung der Milderungsmöglichkeit führen, weil der Angeklagte sich gerade an einen vermeintlich ruhigeren Platz zurückzog, um Auseinandersetzungen zu vermeiden.
3. Da somit nicht erkennbar ist, warum hier
-
anders als im Fall 2 der Ur-teilsgründe -
eine Berücksichtigung des § 21
StGB unterblieben ist, waren der diesbezügliche Strafausspruch sowie die damit gebildete Gesamtfreiheitsstrafe aufzuheben.
Raum

Graf Cirener

Ri[X.] Prof. Dr. Radtke

befindet sich im Urlaub und

ist deshalb an der Unter-

schriftsleistung gehindert.

Raum Mosbacher
7

Meta

1 StR 65/14

25.03.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2014, Az. 1 StR 65/14 (REWIS RS 2014, 6820)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6820

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 ARs 21/15

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