Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2007, Az. I ZR 92/04

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4227

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 19. April 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Gefälligkeit UWG § 8 Abs. 2 Nach § 8 Abs. 2 UWG werden dem Inhaber eines Unternehmens Zuwiderhand-lungen eines Mitarbeiters, die dieser in seinem privaten Bereich begeht, nicht zugerechnet, auch wenn die Tätigkeit ihrer Art nach zur Unternehmenstätigkeit gehört. [X.], [X.]. v. 19. April 2007 - [X.]/04 - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 19. April 2007 durch [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 15. Juni 2004 insoweit [X.], als die Berufung des [X.] gegen seine [X.] nach dem Klageantrag zu 1b zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Beklagte ist ein überregional tätiger Lohnsteuerhilfeverein. Die Leite-rin seiner Beratungsstelle in [X.]beschäftigte im Außendienst die Zeugin [X.] . Diese fertigte für den Gewerbetreibenden [X.], der unter der Be- zeichnung "[X.]- [X.] Spezialitäten" tätig ist, [X.] 1 - 3 - schuss-Rechnungen für die Jahre 2001 und 2002. Die Zeugin [X.] hat die Ein- nahme-Überschuss-Rechnung 2001 unterschrieben mit dem Vermerk: "bei der Erstellung hat mitgewirkt Frau [X.] LSHV V. e.V.",
die Einnahme-Überschuss-Rechnung 2002 mit dem Vermerk: "Erstellt am 09.07.2002 von [X.] Lohnsteuerhilfeverein V. e.V.

M. ." Die klagende Steuerberaterkammer hat die Erstellung der [X.] als Wettbewerbsverstoß des [X.] beanstandet. Der Beklagte sei als Lohnsteuerhilfeverein nicht befugt, bei Einkünften aus Ge-werbebetrieb geschäftsmäßig in Steuersachen Hilfe zu leisten. Er habe sich das Verhalten seiner Mitarbeiterin [X.]
zurechnen zu lassen. Eine weitere, ebenfalls beanstandete Anzeige des [X.] ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. 2 Die Klägerin hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - (mit ihrem Klageantrag zu 1b) beantragt, den [X.] zu verurteilen, es zu unterlassen, [X.] für Gewerbetreibende zu er-stellen. 3 4 Der Beklagte hat vorgetragen, zwischen ihm und der Zeugin [X.] be- stehe kein Vertragsverhältnis. Die Leiterin seiner Beratungsstelle in [X.]ha- be sie eigenverantwortlich und ohne seine Kenntnis in der Beratungsstelle be-schäftigt. Die Zeugin [X.] habe die [X.] als private Gefälligkeit und nicht für steuerliche Zwecke, sondern zur Vorlage bei der Wohngeldstelle gefertigt. - 4 - 5 Das [X.] hat dem Unterlassungsantrag stattgegeben. 6 Die Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben. 7 Der Senat hat die Revision des [X.] beschränkt auf seine [X.] gemäß dem Klageantrag zu 1b zugelassen. In diesem Umfang verfolgt der Beklagte mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, sei-nen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat dem Unterlassungsantrag (Klageantrag zu 1b) stattgegeben. Dazu hat es ausgeführt: 8 Der Beklagte müsse sich zurechnen lassen, dass die Zeugin [X.] , die in seiner Beratungsstelle [X.]im Außendienst tätig gewesen sei, mit der Erstel- lung der [X.] für die Jahre 2001 und 2002 wettbewerbswidrig gehandelt habe. Es sei unerheblich, ob zwischen dem [X.] und der Zeugin [X.] ein Vertragsverhältnis bestanden habe und ob er von deren Tätigkeit gewusst habe. Die Zeugin [X.] habe durch ihre Vermerke auf den [X.] deutlich gemacht, dass sie als Mit-arbeiterin der Beratungsstelle des [X.] gehandelt habe. 9 Einem Lohnsteuerhilfeverein sei die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen bei Einkünften aus Gewerbebetrieb nicht erlaubt. Dem habe die Zeugin [X.] zuwidergehandelt. Wofür der Kunde das [X.] letzt- 10 - 5 - lich verwende, sei unbeachtlich. Eine unzulässige Hilfe in Steuersachen sei hier deshalb auch dann gegeben, wenn die [X.] lediglich für [X.] vorgesehen gewesen sein sollten. 11 Der Wettbewerbsverstoß sei geeignet, den Wettbewerb auf dem betref-fenden Markt wesentlich zu beeinträchtigen. I[X.] Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 12 1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend - und insoweit von der Revision nicht angegriffen - davon ausgegangen, dass ein Lohnsteuerhilfever-ein wettbewerbswidrig handelt (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG bzw. § 1 UWG a.F. i.V. mit § 4 Nr. 11 Buchst. [X.]), wenn er einem Mitglied Hilfe in Steuersachen leistet, das (auch) Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat. Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht darauf abgestellt, dass es sich bei der geleisteten Hilfe ihrem Gegenstand nach um Hilfe in Steuersachen handelte. Die Vorschrift des § 4 Nr. 11 StBerG ist auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (vgl. [X.] in Hefermehl/[X.]/[X.], [X.], 25. Aufl., § 4 UWG [X.] 11.72; [X.], UWG, 4. Aufl., § 4 [X.] 11/128; Fezer/Götting, UWG, § 4-11 [X.] 79; MünchKomm.UWG/ Schaffert § 4 Nr. 11 [X.] 120). 13 2. Nach dem gegenwärtigen Sachstand kann jedoch nicht davon [X.] werden, dass der Beklagte für das Verhalten der Zeugin [X.] haftet. 14 a) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kommt eine vereins-rechtliche Haftung des [X.] (§ 31 BGB) für das Handeln der Zeugin [X.] nicht in Betracht. Dies gilt schon deshalb, weil die Revisionserwiderung nicht 15 - 6 - auf tatsächliches Vorbringen der Klägerin in den Vorinstanzen verweisen kann, aus dem sich ergeben könnte, dass die Zeugin [X.] als verfassungsmäßig be- rufene Vertreterin des [X.] im Sinne des § 31 BGB gehandelt hat oder dass das Verhalten der Zeugin dem [X.] unter dem Gesichtspunkt der Haftung für einen Organisationsmangel zuzurechnen wäre. b) Nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens kann auch nicht da-von ausgegangen werden, dass der Beklagte für das Handeln der Zeugin [X.] gemäß § 8 Abs. 2 UWG (§ 13 Abs. 4 UWG a.F.) wettbewerbsrechtlich verant-wortlich ist. 16 aa) Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Zeugin [X.] habe im Un- ternehmen des [X.] in Ausübung ihrer Tätigkeit als Mitarbeiterin der Bera-tungsstelle [X.]gehandelt. Dies werde durch die Vermerke auf den beiden [X.] bestätigt. Bei dieser Feststellung hat das Berufungsgericht jedoch wesentliches Vorbringen des [X.] übergangen. 17 bb) Der Beklagte hat wiederholt vorgetragen und durch Antrag auf [X.] der Zeugin [X.] unter Beweis gestellt, dass diese die Einnahme-- Überschuss-Rechnungen außerhalb ihrer Mitarbeitertätigkeit und ohne Kennt-nis der Beratungsstellenleiterin gefertigt habe. Sie habe damit dem Gewerbe-treibenden [X.], der unstreitig nicht Mitglied des [X.] ist, eine Gefäl- ligkeit erweisen wollen. In gleicher Weise hat der Beklagte unter Beweis ge-stellt, dass die [X.] ausschließlich Wohngeld-zwecken dienen sollten. 18 Trifft dieses Vorbringen des [X.] zu, hat die Zeugin [X.] nicht im Unternehmen des [X.] gehandelt, sondern rein privat, dies allerdings un-ter Missbrauch des Namens des [X.] und außerhalb der Grenzen seiner 19 - 7 - rechtlichen Befugnisse, in Steuersachen Hilfe zu leisten. In diesem Fall ist der Beklagte für einen etwaigen Wettbewerbsverstoß der Zeugin [X.] nicht ver- antwortlich; für private Handlungen seiner Mitarbeiter haftet der Unternehmens-inhaber wettbewerbsrechtlich nicht (vgl. [X.], [X.]. [X.], [X.], 605, 608 = [X.], 696 - Franchise-Nehmer; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 8 UWG [X.] 2.47; Fezer/Büscher aaO § 8 [X.] 179; [X.], UWG, § 8 [X.] 254; MünchKomm.UWG/ [X.] § 8 [X.] 307; [X.], Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Ver-fahren, 9. Aufl., [X.]. 14 [X.] 18). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Hilfeleistungen in Steuersachen als solche in beschränktem Umfang zur Unter-nehmenstätigkeit des [X.] gehören. Nach § 8 Abs. 2 UWG (§ 13 Abs. 4 UWG a.F.) werden dem Inhaber des Unternehmens Zuwiderhandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für das [X.] im Wettbewerb nicht beseitigen soll. Der Unternehmensinhaber, dem die Wettbewerbshandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten zugute kom-men, soll sich bei einer wettbewerbsrechtlichen Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen [X.] verstecken können (vgl. [X.], [X.]. v. 19.12.2002 - I ZR 119/00, [X.], 453, 454 = [X.], 642 - Verwertung von [X.], m.w.N.). Für Handlungen von Mitarbeitern in ihrem privaten Bereich gilt dieser Rechtsgedanke nicht. cc) Das Berufungsgericht wird danach dem Antrag des [X.], die Zeugin [X.] zum Beweis seiner Behauptungen zu vernehmen, stattzugeben haben. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 UWG (§ 13 Abs. 4 UWG a.F.) trägt der Anspruchsteller (vgl. - zu § 13 Abs. 3 UWG a.F. - [X.], [X.]. v. 24.4.1963 - [X.], [X.] 1963, 434, 436 = WRP 1963, 240 - Reiseverkäufer; MünchKomm.UWG/[X.] § 8 [X.] 309). 20 - 8 - 21 II[X.] Auf die Revision des [X.] ist danach das Berufungsurteil [X.], soweit das Berufungsgericht die Berufung des [X.] wegen seiner Verurteilung gemäß dem Klageantrag zu 1b zurückgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen.
[X.] v. Ungern-Sternberg [X.]

Schaffert Kirchhoff Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 05.12.2003 - 45 O 223/03 - [X.], Entscheidung vom 15.06.2004 - 14 U 2285/03 -

Meta

I ZR 92/04

19.04.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2007, Az. I ZR 92/04 (REWIS RS 2007, 4227)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4227

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