Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.10.2011, Az. 1 StR 321/11

1. Strafsenat | REWIS RS 2011, 2581

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 321/11

vom
7. Oktober
2011
in der Strafsache
gegen

wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das [X.] u.a.

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Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 7. Oktober
2011 [X.]:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. September 2010, soweit es ihn betrifft, auf-gehoben (§ 349 Abs. 4 StPO)
a) soweit er wegen Urkundenfälschung verurteilt wurde (Fall 38 der Urteilsgründe),
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Die weitergehende Revision wird verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
1. Die Strafkammer hat festgestellt:
a) Der Angeklagte hat einmal gleichzeitig sieben und einmal einem illegal
eingereisten [X.] ein Unterkommen geboten.
b) Der Angeklagte hatte die Beschaffung eines gefälschten niederländi-schen Reisepasses und eines gefälschten [X.] Führerscheins mit zwei (unter anderem) wegen banden-
und gewerbsmäßigen Einschleusens von e-1
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zeichneten Mitangeklagten (in nicht näher gekennzeichneter Weisei-.

bestimmt. Der Angeklagte sollte die Mitangeklagten bezahlen (ob dies geschah, bleibt offen). Nachdem er hatte, wurden sie bei einer Kontrolle seines Fahrzeugs sichergestellt. Konkret ist nicht festgestellt, was das Ziel des Transports war.
2. Deshalb wurde der Angeklagte wegen zwei Fällen der Beihilfe zum Verstoß gegen § 95 Abs. 1 Nr. 2 [X.] (Einzelstrafe je vier Monate) und wegen Urkundenfälschung (Einzelstrafe sechs Monate) zu zehn Monaten Ge-samtfreiheitsstrafe verurteilt, die wegen mehrerer Vorstrafen und Bewährungs-bruchs nicht zur Bewährung ausgesetzt wurden.
3. Seine auf die unausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat zum Teil Erfolg.
a) Schuldsprüche wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das [X.]
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten sind nicht ersichtlich. Es [X.] ihn nicht, dass er wegen des gleichzeitig sieben illegal eingereisten [X.] gewährten [X.] nicht wegen Beihilfe in sieben tatein-heitlichen Fällen verurteilt wurde. Die Annahme der Strafkammer, dass (außer [X.] nicht der Feststellung, der Ange-u-sens von Ausländern (§ 96 [X.]) verurteilt wurde.

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b) Schuldspruch wegen Urkundenfälschung
Es ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte unechte Urkunden herge-stellt, echte Urkunden verfälscht hätte oder hieran beteiligt gewesen wäre. Auch hat er die Falsifikate nicht gebraucht, sondern er wollte dies dem N.

ermöglichen. Da dieser sie aber auch noch nicht ge-braucht hat, sie noch nicht einmal im Besitz hatte, liegt auch keine strafbare
, vgl. zusammenfas-send [X.]/Kühl,
StGB, 27. Aufl.,
§ 27 Rn.
8, 9 mwN).
4. Der [X.] hat im Hinblick auf eine Verfahrensbe-schränkung durch die Staatsanwaltschaft beantragt, hinsichtlich der als Urkun-denfälschung abgeurteilten Tat gemäß § 154a Abs. 3 StPO den Vorwurf der Verschaffung falscher amtlicher Ausweise (§ 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB) wieder einzubeziehen und den Schuldspruch demgemäß (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO) abzuändern. Der [X.] kann dem nicht folgen.
a) Die Verfahrensbeschränkung durch die Staatsanwaltschaft geht [X.] sind, ist auch nicht in der Anklage ausgeführt (vgl. demgegenüber Nr. 101a Abs. 3 [X.]), die zwölf Angeschuldigten bei wechselnder Beteiligung 44 Taten ([X.]) zur Last legt. Regelmäßig sind aber ausgeschiedene Tatteile oder Strafbe-stimmungen konkdie Feststellung, das Verfahren werde gemäß § 154 StPO und/oder § 154a StPO im Sinne der Anklage be-schränkt, entspricht als zu ungenau nicht dem Gesetz (fehlende [X.]) und ist daher unwirksam ([X.], Beschluss vom 16. Juli 1980 -
3 [X.], NStZ 1981, 23; tendenziell ebenso [X.], Urteil vom 4. April 2002
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3 [X.], [X.], 489; [X.] in Löwe/[X.],
StPO,
26. Aufl., 8
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§
154a Rn. 8, 20; [X.] in [X.],
StPO,
§
154a Rn. 7; [X.] in [X.],
StPO,
§
154a Rn. 13; Schoreit in [X.],
StPO,
6. Aufl.,
§ 154a Rn. 12; [X.] in SK-StPO,
§ 154a Rn. 21). Ein Fall, in dem wegen Eindeutigkeit des ausge-schiedenen Verfahrensstoffes der Hinweis auf die Anklage doch ausreichte (vgl. [X.],
aaO,
Rn. 8; [X.],
aaO), liegt schon wegen der zahlreichen im Einzelnen vielfach unterschiedlichen Taten und der hieran unterschiedlich be-teiligten Angeklagten nicht vor. Daher ist auch § 154a Abs. 3 StPO hier nicht anwendbar.
b) Sich oder einem anderen verschaffen

i.S.d.
§ 276 StGB bedeutet, dass der Täter das Tatobjekt in seinen Gewahrsam bringt, Zugriff hierauf hat und darüber nach Belieben verfügen kann, oder es in den Gewahrsam eines anderen bringt und ihm dadurch diese Möglichkeiten vermittelt (vgl. [X.] in LK-StGB,
12. Aufl.,
§ 276 Rn. 11; [X.] in NK-StGB,
3. Aufl.,
§ 276 Rn. 3, §
149 Rn.
11). Dass dies hier (schon) vorgelegen hätte, ergeben die [X.] (vgl. oben 1.) nicht eindeutig. Wäre der Ange-t-,
aaO,
§ 149 Rn. 11). Im Ergebnis sprechen also die Feststellungen dafür, dass § 276 StGB vorliegt, die Alternati-ve ist aber ohne dem Tatrichter vorbehaltene zusätzliche Feststellungen und/
oder Würdigungen unklar. Daher sieht der [X.] von einer Schuldspruchände-rung ab (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Mai
2010 -
1 StR 59/10, [X.], 685 mwN).
5. Die Verurteilung wegen Urkundenfälschung war daher aufzuheben, zugleich entfällt die Gesamtstrafe. Sämtliche Feststellungen bleiben jedoch be-stehen, da sie rechtsfehlerfrei getroffen und von dem aufgezeigten Mangel nicht berührt sind. Ergänzende Feststellungen, die zu den bisherigen Feststel-12
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lungen nicht in Widerspruch stehen, sind jedoch möglich. Auch die (trotz unter-schiedlichen Schuldumfangs
undifferenzierten) sehr maßvollen übrigen Einzel-strafen sind rechtsfehlerfrei und können bestehen bleiben.
6. Der [X.] hat zutreffend ausgeführt, dass noch eine mögliche nachträgliche Gesamtstrafenbildung (§ 55 StGB) mit den Strafen aus dem Urteil des [X.] Leipzig vom 12. Mai 2010 zu prüfen sein wird.
7. Dem Antrag, die Sache gemäß § 354 Abs. 3 StPO an das Amtsgericht (Strafrichter) zurückzuverweisen, folgt der [X.] nicht. Außer im (seltenen) Fall einer [X.] wegen willkürlicher Anklage zum [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 22. April 1997 -
1 [X.], [X.]St 43, 53, 55 f.
mwN), ist auch unter den Voraussetzungen des § 354 Abs.
3 StPO eine Zurückverweisung an ein Gericht niedererer Ordnung nicht zwingend, sondern steht im pflichtgemä-ßen Ermessen des [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 26. September 1980 -
3 [X.], [X.]St 29, 341, 350;
[X.], Beschluss vom 25. November 1986 -
1 [X.], [X.] NJW 1987, 1092
f.;
[X.], Beschluss vom 9.
Oktober 2008 -
1 StR 359/08,
[X.] [X.] 2009, 33 f.; [X.] in Löwe/[X.],
StPO,
25. Aufl.,
§ 354 Rn.
64;
Kuckein in [X.] StPO,
6.
Aufl.,
§ 354 Rn.
39; [X.],
StPO,
54. Aufl.,
§ 354 Rn. 42 jew. mwN;
a.[X.],
[X.] 2009, 34 ff.
aaO,
33 f.:
Anwendung von § 354 Abs. 3 StPO kann [X.] sein>). In diesem Zusammenhang maßgebend 14
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können etwa Gesichtspunkte der Verfahrensökonomie und/oder -beschleuni-gung sein ([X.] in [X.],
§ 354 Rn. 48; dort auch weitere mögliche Ermes-senskriterien). Gründe des Einzelfalls, wonach ein neuer Instanzenzug mit [X.] Berufungsinstanz und dem [X.] ([X.]) als [X.] hier sachgerecht erschiene, sind nicht erkennbar.
[X.]Wahl [X.]

Jäger

[X.]

Meta

1 StR 321/11

07.10.2011

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.10.2011, Az. 1 StR 321/11 (REWIS RS 2011, 2581)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2581

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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