Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.08.2020, Az. 2 ARs 147/20

2. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11326

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2020:120820B2ARS147.20.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

2 ARs 147/20
2 AR 72/20

vom
12. August
2020
in der Strafvollzugssache
gegen

wegen Mordes u.a.

hier:

Gerichtsstandsbestimmung

Az.:
121 AR 67/20IV-1 AR 7/19 Generalstaatsanwaltschaft [X.]
590 StVK 176/19 Vollz Landgericht [X.]
IV-1 AR 7/19 [X.]

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des
Verurteilten am 12. August
2020
beschlossen:

Zuständig für das Verfahren nach §
119a [X.] ist die
Strafvollstreckungskammer des
Landgerichts [X.].

Gründe:
Die Vorlage betrifft die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichtes im Verfahren zur Feststellung der Vereinbarkeit von Maßnahmen im Strafvollzug mit dem Gesetz (§
14 StPO, §§ 119a, 120 [X.]).

I.
Das Landgericht [X.] verhängte gegen den Verurteilten
am 31.
März 2000 wegen Mordes u.a. eine lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe, stellte die besondere Schwere der Schuld fest und ordnete seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an. Der Verurteilte verbüßt die Strafe in der [X.] ([X.]), nachdem er zwischenzeitlich von dort vom 9.
April 2019 bis 1.
Oktober in die [X.] in [X.] überstellt worden war. Das Landgericht [X.]

Strafvollstreckungskammer

stellte zuletzt mit Beschluss vom 15.
Februar 2018

dem Verteidiger des Verurteilten zugegangen am 1
2
-
3
-
23.
Februar 2018

fest, dass die dem Verurteilten von der Vollzugsbehörde seit dem 6.
Januar 2016 angebotene Betreuung den gesetzlichen Anforderun-gen des §
66c Abs.
1 Nr.
1 StGB nicht entsprochen habe.
Nachdem dem Landgericht [X.]

Strafvollstreckungskammer

am 12.
August 2019 durch die [X.] die bereits am 9.
April 2019 erfolgte Ver-legung des Verurteilten in die [X.] mitgeteilt worden war, verwies es mit Beschluss vom 13.
August 2019 das Verfahren für nach §
119a [X.] zu treffende Entscheidungen an das [X.].
Die Akten gingen am 28.
August 2019 bei dem [X.] ein. Dort wurde im weiteren Verlauf die am 1.
Oktober 2019 erfolgte Rückverlegung des Verurteilten in die [X.] bekannt, weswegen die Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer am 20.
November 2019 die Rückübersendung der Akten an die Staatsanwaltschaft [X.] verfügte.
Im Hinblick auf den am 23.
Februar
2020 endenden Überprüfungszeit-raum nach §
119a Abs.
3 Satz
1 [X.] legte die Staatsanwaltschaft [X.] die dort eingegangenen Akten nunmehr mit Datum vom 2.
Dezember 2019 dem Landgericht [X.] zur Entscheidung vor. Auf Grund der Verfügung der [X.] vom 9.
Dezember 2019 [X.] die Akten der Staatsanwaltschaft [X.] zurückübersandt mit dem Hinweis, dass eine Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts [X.] nicht mehr gegeben sei; die Verweisung an das [X.] mit [X.] vom 13.
August 2019 sei bindend.
Nach erneutem Eingang der Akten beim [X.]

Strafvollstreckungskammer

verwies dieses das Verfahren nach §
119a [X.] mit Beschluss vom 12.
Februar 2020
an die Strafvollstreckungskam-mer des Landgerichts [X.] mit der Begründung, der Verurteilte sei am 3
4
5
6
-
4
-
1.
Oktober 2019 in die [X.] zurückverlegt worden. Zwar habe das Land-gericht [X.] das Verfahren mit Beschluss vom 13.
August 2019 an das [X.] verwiesen; da sich auf Grund der zwischenzeitlichen [X.] in die [X.] jedoch die Anknüpfungstatsachen geän-dert hätten, sähe das [X.] diesen Beschluss nicht als bindend an.
Das Landgericht [X.]

Strafvollstreckungskammer

hat die dort ein-gegangenen
Akten am 1.
April 2020 an die Staatsanwaltschaft [X.] zur Vorla-ge an den [X.] übersandt.

II.
1. Der [X.] ist als gemeinschaftliches oberstes Gericht der Landgerichte [X.]

Bezirk des Kammergerichts

und Arnsberg

Bezirk des Oberlandesgerichtes Hamm

zur Entscheidung des [X.] nach §
120 [X.], § 14 StPO
berufen.
2. Zuständig für das Verfahren zur Feststellung der Vereinbarkeit von Maßnahmen im Strafvollzug mit dem Gesetz (§
119a [X.]) ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts [X.].
a) Nach §
119a Abs.
6 Satz
3 in Verbindung mit §
110 [X.] ist grundsätzlich die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Vollzugsbehörde ihren Sitz hat. Die Dauer des vom Gericht zu überprüfenden Zeitraums ist in §
119a Abs.
3 Satz
1 [X.] mit zwei Jahren festgesetzt und kann verlängert, aber nicht abgekürzt werden. In dem [X.] kann es zu einer Zuständigkeitsänderung durch eine nicht nur vorübergehende 7
8
9
10
-
5
-
Gerichtes kommen, weil das Gesetz für das Verfahren nach §
119a [X.], anders als im Verfahren nach §
462a StPO, keine Fortwirkung der zuerst begründeten Gerichtszuständigkeit vorsieht (vgl. Senat, Beschluss vom 8.
Dezember 2016

2
ARs 5/16, BeckRS 2016, 21432, Rn.
32). Da durch den Verweis von §
119a Abs.
6 Satz
3 [X.] auf die Vorschrift des §
110 [X.] die Zuständigkeit der auch räumlich möglichst vollzugsnahen Strafvollstreckungskammer begründet werden soll ([X.]/[X.], [X.], 7.
Aufl., §
110 [X.], Rn.
2), ist diejenige Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk sich der Verurteilte am Ende
des [X.]es aufhält; dies deshalb, weil diese Strafkvollstreckungskammer die für das Verfahren nach §
119a [X.] größte Sachnähe aufweisen wird (vgl. [X.], Beschluss vom 22.
November 2018

1
Vollz ([X.]) 309/18, BeckRS 2018, 42721, Rn.
21
f.).
Zur Zeit des Antrages der Staatsanwaltschaft [X.] vom 2.
Dezember 2019 und des Ablaufs des [X.]es nach §
119a Abs.
3 Satz
1 [X.] am 23.
Februar 2020 befand sich der Verurteilte in der [X.] ([X.]). Damit ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts [X.] für die Entscheidung zuständig, zumal sie bereits auch vor der Verlegung des Verurteilten in die [X.] die Entscheidungen nach §
119a [X.] getroffen hat.
b) Eine Zuständigkeit des [X.] ist nicht durch den Verweisungsbeschluss des Landgerichts [X.]

Strafvollstreckungskammer

vom 13.
August 2019 begründet worden. Eine durch Verlegung

des Verurteilten bedingte etwaige Änderung in der gerichtlichen Zuständigkeit führt nicht zwangsläufig zu einer Anhängigkeit eines Verfahrens nach §
119a [X.] bei der für die aufnehmende Vollzugsanstalt zuständigen Strafvollstreckungskammer. Vielmehr gilt dies nur dann, wenn an diese das 11
12
-
6
-
Verfahren in entsprechender Anwendung des §
83 VwGO verwiesen wird (vgl. Senat, Beschlüsse
vom 1.
Dezember 1989

2
ARs 543/89, juris Rn.
4; vom 8.
Dezember 2016

2
ARs 5/16, BeckRS 2016, 21432, Rn.
33). Grundsätzlich ist ein solcher Beschluss für das darin bestimmte Gericht nach §
83 Satz
1 VwGO, §
17a Abs.
2 Satz
3 GVG bindend, selbst wenn dieser fehlerhaft ist. Etwas anderes gilt in Ausnahmefällen, wenn die Verweisung offensichtlich rechtswidrig erfolgt ist (vgl. [X.]/[X.]/Bier/Ortloff/Riese, VwGO, 37.
EL, §
83
Rn.
16). So liegt der Fall hier.
Bei dem Verfahren nach §
119a [X.] handelt es sich nicht um ein über die gesamte Dauer der Strafvollstreckung fortwährend anhängiges Verfahren. Wie sich nicht zuletzt aus §
119a Abs.
7 [X.] ergibt, handelt es sich bei den jeweiligen Entscheidungen nach
§
119a Abs.
1 [X.] um solche der Rechtskraft zugänglichen
Abschlüsse isoliert zu betrachtender (Einzel-) Verfahren. Von dem Beginn eines Verfahrens nach §
119a [X.] und damit seiner Anhängigkeit bei Gericht ist dann auszugehen, wenn dieses mit der
Sache befasst ist. Ein solches [X.] liegt zunächst dann vor, wenn ein entsprechender Antrag auf eine Entscheidung nach §
119a Abs.
1 [X.] gestellt wird, beispielsweise durch die Vollzugsbehörde, §
119a Abs.
2 Satz
1 [X.]. Dies gilt auch unabhängig davon, ob ein solcher Antrag unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist (vgl. für das [X.] im Sinne von §
462a StPO: Appl in [X.], 8.
Aufl., §
462a Rn.
18).
Da nach §
119a Abs.
3 Satz
1 [X.] eine Entscheidung durch das Gericht
jedoch alle zwei Jahre von Amts wegen zu treffen ist, kommt es für das Vorliegen eines [X.]s nicht in jedem Falle auf die Stellung eines Antrages an. Vielmehr ist ein [X.] auch dann gegeben, wenn eine Entscheidung des Gerichtes erforderlich wird, weil der Ablauf der gesetzlichen Frist des §
119a Abs.
3 Satz
1 [X.] bevorsteht (vgl. für das [X.] im 13
14
-
7
-
Sinne von §
462a StPO: Appl in [X.], aaO). Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt, in dem das Gericht tätig werden musste. Zwar ist die Ausgestaltung des Verfahrens nach §
119a [X.]

abgesehen von den [X.] nach §
119a Abs.
6 Satz
2 [X.]

weitestgehend in das Ermessen des Gerichtes gestellt; dieses wird jedoch regelmäßig zu erwägen haben, ob es sich zur Verschaffung der notwendigen Sachkunde hinsichtlich der Tauglichkeit der Betreuungsangebote im Vollzug der Hilfe eines Sachverständigen bedient (vgl. [X.]/[X.], [X.], §
119a
[X.], aaO Rn.
10). Damit insoweit eine rechtzeitige Entscheidung vor Ablauf der in §
119a Abs.
3 Satz
1 [X.] genannten Frist gewährleistet ist, kommt bezüglich des zeitlichen Ablaufes ein Rückgriff auf den Rechtsgedanken des §
54a Abs.
2 Satz
1 StVollstrO und damit in der Regel ein Befasstein der Strafvollstreckungskammer mit einem von Amts wegen zu betreibenden Verfahren nach §
119a [X.] drei Monate vor Ablauf der Überprüfungsfrist in Betracht (vgl. [X.], Beschluss vom 25.
Februar 2019

1
Vollz ([X.]) 93/19, BeckRS 2019, 30904). Jedenfalls sind im vorliegenden Fall keine Umstände ersichtlich, die ein Tätigwerden des Landgerichts [X.]

Strafvollstreckungskammer

rund sechs Monate vor Ablauf der Überprüfungsfrist nach §
119a [X.] erforderlich erscheinen ließen.
Da zum Zeitpunkt der Verweisung durch das Landgericht [X.]

Strafvollstreckungskammer

am 13.
August 2019 auch kein entsprechender Antrag auf Durchführung des Verfahrens nach §
119a [X.] vorlag, war, gemessen an den soeben dargestellten Grundsätzen, ein [X.] der Kammer mit einem Verfahren nach §
119a [X.] nicht gegeben. Insoweit fehlte es an einem Verfahren im prozessualen Sinne, das durch das Landgericht [X.]

Strafvollstreckungskammer

hätte verwiesen werden 15
-
8
-
können. Der Beschluss vom 13.

, war insoweit rechtswidrig
und konnte keine Bindungswirkung entfalten.

Appl

Krehl

Zeng

Grube

Schmidt

Meta

2 ARs 147/20

12.08.2020

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.08.2020, Az. 2 ARs 147/20 (REWIS RS 2020, 11326)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11326

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 ARs 147/20 (Bundesgerichtshof)

Strafvollzugsbegleitende Kontrolle bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung: Örtlich zuständige Strafvollstreckungskammer nach Verlegung des Verurteilten; Bindungswirkung …


1 Vollz (Ws) 544/18 (Oberlandesgericht Hamm)


1 Vollz(Ws) 93/19 (Oberlandesgericht Hamm)


2 ARs 5/16 (Bundesgerichtshof)


2 ARs 5/16 (Bundesgerichtshof)

Strafvollstreckungsverfahren: Gerichtliche Zuständigkeit für die Reststrafenaussetzung; Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts im Verfahren über die …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 ARs 147/20

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.