Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2004, Az. 3 StR 494/03

3. Strafsenat | REWIS RS 2004, 2538

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 [X.] vom 1. Juli 2004 in der Strafsache gegen

wegen Mordes
- 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 1. Juli 2004, an der teilgenommen haben: [X.] am [X.]

Prof. Dr. [X.],

[X.] am [X.]

Dr. [X.],

[X.],

[X.],

[X.]

als [X.],

Oberstaatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt: - 3 - Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 8. September 2003 aufgehoben, soweit die be-sondere Schwere der Schuld verneint worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Mordes zu einer lebens-langen Freiheitsstrafe verurteilt und Sicherungsverwahrung angeordnet. Mit der Sachrüge beanstandet die Staatsanwaltschaft, daß das Schwurgericht die besondere Schwere der Schuld verneint hat. Das Rechtsmittel hat Erfolg. [X.] 1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen hatte der unter anderem wegen Vergewaltigung bereits zweimal zu langjährigen Haftstrafen verurteilte Angeklagte, nachdem er sich am [X.] heftig mit seiner Freun-din gestritten und sich vergeblich um ein Treffen mit einer Prostituierten [X.] hatte, beschlossen, nunmehr irgend eine Frau dazu zu zwingen, sexuelle Handlungen an sich zu dulden. Der Angeklagte wollte sich "durch die [X.] - übung von Dominanz im Wege eines sexuellen Übergriffs ein Erfolgserlebnis verschaffen" ([X.]). In der Tatnacht trat der Angeklagte aus seinem Versteck hinter einer Hecke hervor und packte das Tatopfer, eine ihm unbekannte und zufällig auf der Straße vorbeikommende 16jährige Schülerin, von hinten, schleppte das strampelnde und sich wehrende Opfer in ein sträucherbewachsenes Gartenge-lände, warf es zu Boden und wandte stumpfe Gewalt gegen Kopf, Hals und Schulter an, möglicherweise mit seinem Knie oder Ellenbogen. Dabei verfolgte er das Ziel, die Geschädigte ruhig zu stellen, um an ihr sexuelle Handlungen vornehmen zu können. Er erkannte, daß seine Gewalthandlungen den Tod des Opfers zur Folge haben könnten; dies nahm er billigend in Kauf. Obwohl die Schülerin kurz nach Beginn des Angriffs das Bewußtsein verloren hatte, wirkte der Angeklagte weiter mit stumpfer Gewalt auf sie ein, die zu schweren Verlet-zungen und dann zum Tod des Opfers führte. 2. Das [X.] hat die besondere Schwere der Schuld des Ange-klagten verneint. Der Angeklagte habe nur ein Mordmerkmal - Befriedigung des [X.] - verwirklicht. Es liege keine besonders grausame, [X.] vor. Zudem spreche die beim Angeklagten gege-bene erheblich verminderte Schuldfähigkeit, auch wenn er diese selbst ver-schuldet habe, gegen eine besondere Schwere der Schuld. I[X.] Die Ablehnung der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld im Sinne des § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. - 5 - Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, hat der Tatrichter unter Abwägung der im Einzelfall für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände zu treffen (vgl. BGHSt 40, 360, 370; 41, 57, 62; 42, 226, 227). Zwar ist dem Revisionsgericht bei der Nachprüfung der tatrichterlichen Wertung eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt; insbesondere ist es gehindert, seine eigene Wertung an die Stelle der-jenigen des Tatrichters zu setzen ([X.], 352, 353). Es hat jedoch zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfeh-lerfrei abgewogen hat. Daran fehlt es. Das Schwurgericht hat mehrere Umstände von Gewicht (BGHSt 40, 360, 370) nicht erkennbar in seine Gesamtwürdigung einbezogen: So hat das [X.] die beiden massiven Vorstrafen des Angeklag-ten wegen Vergewaltigung ebensowenig berücksichtigt wie den Umstand, daß der Angeklagte am 7. Juni 2002 aus der Justizvollzugsanstalt entlassen wurde und unter Bewährung stand, als er die abgeurteilte Tat am 20. September 2002 beging. Auch fehlt ein Eingehen darauf, daß das Vorgehen des Angeklagten in besonderer Weise davon geprägt war, daß er auf offener Straße eine zufällig vorbeikommende junge Frau aus einem Versteck heraus überfallen und in ein schwer einsehbares sträucherbewachsenes Gartengelände geschleppt hat. Das [X.] hat zwar diese Umstände in dem 113 Seiten umfassen-den Urteil erwähnt. Für die revisionsgerichtliche Nachprüfbarkeit genügt es aber nicht, daß der Tatrichter an anderer Stelle des Urteils Umstände näher darlegt, die im Rahmen der Prüfung einer besonderen Schuldschwere Berück-sichtigung finden müssen. Denn ohne eine ausdrückliche Berücksichtigung - 6 - solcher Umstände im Rahmen des § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB ist für das Revisionsgericht nicht nachvollziehbar, ob der Tatrichter sie in die gebotene Gesamtwürdigung einbezogen hat. Der Verpflichtung zur Erörterung und Gewichtung der genannten Um-stände stand nicht entgegen, daß das [X.] bei dem Angeklagten, der wußte, daß er unter [X.] schon mehrere gravierende Sexualdelikte begangen hatte, eine alkoholbedingt erheblich verminderte Steuerungsfähig-keit bejaht, aber von der Milderungsmöglichkeit gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB keinen Gebrauch gemacht hat. Denn das Vorliegen einer erheblich verminder-ten Schuldfähigkeit schließt die Annahme besonders schwerer Schuld, [X.] in Fällen selbstverschuldeter Trunkenheit, nicht von vorneherein aus. [X.]
[X.] [X.]

[X.]

[X.]

Meta

3 StR 494/03

01.07.2004

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2004, Az. 3 StR 494/03 (REWIS RS 2004, 2538)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2538

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