Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.07.2014, Az. 1 ABR 9/13

1. Senat | REWIS RS 2014, 3904

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Gegenstand

Bestimmtheit eines Unterlassungsantrags - Feststellungsinteresse


Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 2. November 2012 - 10 TaBV 47/12 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. [X.]ie Beteiligten streiten über Mitbestimmungsrechte bei der Arbeitszeit.

2

[X.]ie Arbeitgeberin betreibt den [X.]. Antragsteller ist der für die Mitarbeiter des [X.] errichtete Betriebsrat.

3

[X.]ie Arbeitgeberin wendet auf die Arbeitsverhältnisse der vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer den [X.] für den [X.]ienstleistungsbereich Flughäfen im Bereich der [X.] ([X.]) vom 7. Februar 2006 in seiner jeweiligen Fassung an.

4

[X.]er Arbeitseinsatz der im Schichtdienst beschäftigten Arbeitnehmer erfolgte bis zum 31. [X.]ezember 2012 auf der Grundlage der „Betriebsvereinbarung 02/2007 Arbeitszeitgestaltung im Bodenverkehrsdienst“ ([X.] 2007), die Früh-, [X.]ages-, Spät- und [X.]achtdienst vorsieht. [X.]ach deren § 1 gilt diese für die Bereiche Flugzeugabfertigung, [X.], Operations und Personalschulung. Innerhalb jedes [X.]ienstes variiert der Schichtbeginn im Viertelstundentakt, insgesamt gibt es 96 reguläre Schichten. [X.]ach § 3 [X.] 2007 wird in einem [X.]ienstplankonzept für den einzelnen Mitarbeiter festgelegt, wie sich seine Arbeitszeit innerhalb der durch die [X.] 2007 ausgestalteten [X.]ienstplanperiode gestaltet. In einem § 3 [X.] 2007 angefügten Klammerzusatz werden die Arbeitszeiten ua. als Schicht- und [X.]echselschichtdienst, [X.]ur-[X.]achtdienst, [X.]ufbereitschaft und Bereitschaftsdienste bezeichnet. [X.]ie Zuordnung der Arbeitszeit auf die einzelnen Mitarbeiter unterliegt nach [X.]r. 11 der Ergänzung zur [X.] 2007 der Zustimmung des Betriebsrats.

5

Im Februar 2011 übersandte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat [X.], wonach die [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] ab dem 1. April 2011 aus dem [X.]echselschichtdienst in den Schichtdienst wechseln sollten. Hierzu erteilte der Betriebsrat seine Zustimmung. Im [X.]raum vom 9. bis 15. Mai 2011 wurden diese Arbeitnehmer dienstplanmäßig sowohl in um 02:30 Uhr beginnenden Schichten als auch in um 04:00 Uhr beginnenden Schichten eingesetzt.

6

[X.]er Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die sieben Arbeitnehmer würden entgegen den [X.] vom Februar 2011 nicht im Schichtdienst, sondern in [X.]echselschicht iSd. § 7 Abs. 1 [X.] arbeiten. Sie würden mehr als einmal im Monat in der [X.] von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr für mindestens zwei Stunden zur Arbeitsleistung in der [X.]achtzeit herangezogen. [X.]urch einen solchen Einsatz verstoße die Arbeitgeberin gegen die [X.] 2007.

7

[X.]er Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Arbeitgeberin zu verurteilen, es zu unterlassen, ohne vorherige Unterrichtung des Betriebsrats hierüber [X.] einzurichten;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass ein Einsatz von Beschäftigten in den Bereichen

                          

„Flugzeugabfertigung“,

                          

„[X.]“,

                          

„Operations“ und

                          

„Personalschulung“

                 

zu [X.]echselschicht nach den Vorschriften des [X.]vö[X.]-F führt, wenn diese einen zweistündigen Einsatz in der [X.] von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr enthalten und vor Ablauf eines Monats wieder zu einem solchen mindestens zweistündigen Einsatz herangezogen werden;

        

2.    

der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld iHv. bis zu 10.000,00 Euro anzudrohen.

8

[X.]ie Arbeitgeberin hat die Abweisung der Anträge beantragt.

9

[X.]as Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. [X.]as [X.] hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der [X.]echtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat die zuletzt gestellten Anträge weiter.

B. [X.]ie [X.]echtsbeschwerde ist unbegründet. [X.]er zu 1. erhobene Unterlassungsantrag ist ebenso wie der hilfsweise angebrachte Feststellungsantrag unzulässig. [X.]er Antrag zu 2. fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

I. [X.]er auf Unterlassung gerichtete Hauptantrag ist unzulässig, da er nicht hinreichend bestimmt ist iSv. § 253 Abs. 2 [X.]r. 2 ZPO.

1. [X.]ach dem auch im Beschlussverfahren anzuwendenden § 253 Abs. 2 [X.]r. 2 ZPO muss eine Klageschrift ua. einen „bestimmten Antrag“ enthalten. Ein Antrag im Beschlussverfahren unterliegt insoweit denselben Anforderungen wie im [X.]. [X.]ementsprechend muss der Verfahrensgegenstand so genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit [X.]echtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann. [X.] müssen aus rechtsstaatlichen Gründen für den in Anspruch genommenen Beteiligten eindeutig erkennen lassen, welcher Handlungen er sich enthalten soll und in welchen Fällen gegen ihn als Sanktion ein Ordnungsgeld verhängt werden kann. [X.]ur wenn die danach gebotenen Verhaltensweisen hinreichend erkennbar sind, kann eine der materiellen [X.]echtskraft zugängliche Sachentscheidung ergehen. Eine Entscheidung, die eine Handlungs- oder Unterlassungspflicht ausspricht, muss grundsätzlich zur Zwangsvollstreckung geeignet sein. [X.]ie Prüfung, welche Verhaltensweisen der Schuldner unterlassen soll, darf nicht durch eine ungenaue Antragsformulierung und einen dementsprechenden gerichtlichen [X.]itel aus dem Erkenntnis- in das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert werden. Genügt ein Antrag - ggf. nach einer vom Gericht vorzunehmenden Auslegung - diesen Anforderungen nicht, ist er als unzulässig abzuweisen ([X.] 14. September 2010 - 1 AB[X.] 32/09 - [X.]n. 14).

2. [X.]anach steht der Gegenstand des mit dem Hauptantrag verfolgten Unterlassungsbegehrens nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit fest.

a) [X.]ach dem Antragswortlaut soll es die Arbeitgeberin unterlassen, ohne vorherige Unterrichtung des Betriebsrats [X.] einzurichten. [X.]er Betriebsrat stützt sein Begehren insoweit auf einen sich nach seiner Ansicht aus der [X.] 2007 ergebenden [X.]urchführungsanspruch. [X.]ie Arbeitnehmer könnten erst nach seiner vorherigen Zustimmung in den dort ausgebrachten Schichtmodellen eingesetzt werden. Für seinen Antrag hat er als Anlassfall den [X.]raum vom 9. bis 15. Mai 2011 angeführt, in dem die Arbeitgeberin die [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] nach seiner Auffassung in [X.]echselschichtarbeit eingesetzt hat.

b) [X.]as mit dem Hauptantrag angestrebte Verbot, [X.] einzurichten, enthält keine hinreichende Bezeichnung der betrieblichen Maßnahme, der sich die Arbeitgeberin ohne vorherige Beteiligung des Betriebsrats zukünftig enthalten soll.

aa) [X.]er Betriebsrat hat auf [X.]achfrage des Senats in der Anhörung angegeben, mit dem im Unterlassungsantrag verwandten Begriff „[X.]“ seien [X.]ienste bezeichnet, deren Lage die tariflichen Voraussetzungen erfüllen. [X.]abei ist auch nach dem Verständnis des Betriebsrats auf § 7 Abs. 1 [X.] und die dortige [X.]efinition der [X.]echselschichtarbeit abzustellen (vgl. [X.] 16. Oktober 2013 - 10 AZ[X.] 1053/12 - [X.]n. 42). [X.]ach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist [X.]echselschichtarbeit im Geltungsbereich des [X.] die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen [X.]echsel der täglichen Arbeitszeit in [X.]echselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur [X.]achtschicht herangezogen werden. [X.]echselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei [X.]ag und [X.]acht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird (§ 7 Abs. 1 Satz 2 [X.]-F). [X.]anach muss der Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur [X.]achtschicht herangezogen werden. Allerdings benennt der [X.]arifvertrag weder in § 7 Abs. 1 [X.] noch an anderer Stelle einen [X.]raum, für den die [X.]urchschnittsberechnung anzustellen ist ([X.] 16. Oktober 2013 - 10 AZ[X.] 1053/12 - [X.]n. 51). Auch die [X.] 2007 enthält eine solche Festlegung nicht. [X.]er Betriebsrat hat auch weder in den Vorinstanzen noch in der Anhörung vor dem Senat angegeben, wie lang der repräsentative [X.]raum für die Heranziehung zu [X.]achtschichten bemessen sein soll. Eines solchen Vortrags hätte es angesichts der fehlenden normativen Vorgaben für die Bestimmbarkeit der mit dem Hauptantrag verfolgten Unterlassungsverpflichtung jedoch bedurft.

bb) [X.]er nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] und damit für die Bestimmbarkeit des [X.] erforderliche [X.]eferenzzeitraum kann vom Senat auch nicht auf der Grundlage des zu den angeführten Anlassfällen gehaltenen Vortrags ermittelt werden. Zwar kann die betriebliche Schichtplanung insoweit einen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Bildung eines solchen [X.]raums bilden, wenn sie für einen längeren [X.]raum erfolgt ([X.] 16. Oktober 2013 - 10 AZ[X.] 1053/12 - [X.]n. 52). [X.]er Betriebsrat hat sich aber auf die [X.]arlegung beschränkt, dass die [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] mehr als einmal im [X.]ienstplan des Monats Mai 2011 im Umfang von zumindest zwei Stunden zu [X.]iensten in der tariflichen [X.]achtarbeitszeit herangezogen worden sind. Über die Schichteinteilung der vorgenannten Arbeitnehmer in anderen [X.]räumen fehlt es jedoch an Ausführungen des Betriebsrats.

II. Auch der Hilfsantrag ist unzulässig. Er ist nicht auf die Feststellung eines [X.]echtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet.

1. [X.]ach dieser auch im Beschlussverfahren anwendbaren Vorschrift kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens oder [X.]ichtbestehens eines [X.]echtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der entsprechenden richterlichen Entscheidung hat. Ein [X.]echtsverhältnis ist jede durch die Herrschaft einer [X.]echtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. [X.]er Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO muss sich dabei nicht notwendig auf das [X.]echtsverhältnis als Ganzes erstrecken. Er kann sich auch auf daraus folgende einzelne Beziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer [X.]echtspflicht beschränken. Bloße Elemente oder Vorfragen eines [X.]echtsverhältnisses können jedoch ebenso wie abstrakte [X.]echtsfragen nicht Gegenstand eines Feststellungsantrags sein. [X.]as liefe auf die Erstellung eines [X.]echtsgutachtens hinaus, was den Gerichten verwehrt ist ([X.] 17. September 2013 - 1 AB[X.] 24/12 - [X.]n. 16).

2. [X.]ach diesen Grundsätzen ist der Hilfsantrag nicht auf die Feststellung einer betriebsverfassungsrechtlichen Beziehung zwischen den Beteiligten gerichtet. [X.]em Betriebsrat geht es mit dem Hilfsantrag nicht um die Klärung der sich aus der [X.] 2007 oder dem [X.] ergebenden Pflichten der Arbeitgeberin, sondern um die Erstattung eines Gutachtens, ob ein zumindest zweistündiger Einsatz von Beschäftigten zu bestimmten [X.]en die tariflichen Voraussetzungen von [X.]echselschichtarbeit erfüllt.

III. [X.]er nur für den Fall des Obsiegens mit dem Hauptantrag erhobene Antrag zu 2. fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

        

    Schmidt    

        

    K. Schmidt    

        

    Koch    

        

        

        

    Hromadtka    

        

    [X.]    

                 

Meta

1 ABR 9/13

22.07.2014

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Köln, 16. Mai 2012, Az: 3 BV 167/11, Beschluss

§ 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 256 Abs 1 ZPO, § 7 Abs 1 TVöD-F, § 81 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.07.2014, Az. 1 ABR 9/13 (REWIS RS 2014, 3904)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3904

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Referenzen
Wird zitiert von

6 TaBV 73/14

12 Sa 453/20

12 Sa 580/19

12 Sa 402/18

3 TaBV 112/16

4 TaBV 135/15

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