Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.11.2015, Az. X R 53/13

10. Senat | REWIS RS 2015, 2274

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Gegenstand

Ermittlung des steuerfreien Teils der Rente nach den Verhältnissen des Jahres nach dem Rentenbeginn


Leitsatz

1. NV: Die Höhe des steuerfreien Teils einer Rente aus der Basisversorgung ist nach den Verhältnissen des Jahres zu ermitteln, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt .

2. NV: Dies gilt auch dann, wenn die Rente schon im Jahr ihres Beginns für volle zwölf Monate bezogen wurde .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2013  4 K 2322/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezieht seit Januar 2007 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Hinterbliebenenrente in Form der großen Witwerrente nach seiner verstorbenen [X.]hefrau ([X.]). Die entsprechende Altersrente der [X.] hatte bei dieser schon vor 2005 zu laufen begonnen.

2

Darüber hinaus erzielt der Kläger [X.]inkünfte aus selbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige [X.]inkünfte aus zwei eigenen Altersrenten. Auf seine Hinterbliebenenrente wurden gemäß § 97 des [X.] ([X.]) i.V.m. § 18a des [X.] ([X.]) die [X.]inkünfte aus selbständiger Arbeit ([X.]rwerbseinkommen) und aus den eigenen Altersrenten ([X.]rwerbsersatzeinkommen) angerechnet. Dies führte zu Kürzungen des [X.]. Jeweils zum 1. Juli eines Jahres wurden Änderungen des anzurechnenden [X.]inkommens beim Zahlbetrag der Hinterbliebenenrente berücksichtigt (§ 18d [X.]).

3

[X.] --dem Jahr, das dem Streitjahr [X.] hatte der Kläger nach Abzug des steuerfreien Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag [X.]innahmen aus der Hinterbliebenenrente in Höhe von 8.589 € erklärt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) legte einen Besteuerungsanteil von 50 % und damit einen steuerfreien Teil der Rente von 4.294 € zugrunde. Die Renteneinnahmen des Jahres 2007 setzten sich wie folgt zusammen:

– Januar bis März 2007: je 1.337,97 €
(in den ersten drei Monaten des Bezugs der großen Witwerrente [X.] 1,0 gemäß § 67 Nr. 6 [X.] und Verzicht auf die Anrechnung von [X.]inkommen gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 [X.]),

– April bis Juni 2007: je 497,34 €,
– Juli bis Dezember 2007: je 517,19 €,
– Summe: 8.609,07 €.

4

Im Streitjahr 2008 bezog der Kläger aus der Hinterbliebenenrente [X.]innahmen in Höhe von 6.406 € (von Januar bis Juni 2008 monatlich 517,19 €; von Juli bis Dezember 2008 monatlich 550,62 €). Die Rentenerhöhung zum 1. Juli 2008 (insgesamt 33,43 € monatlich) beruhte in Höhe von 8,91 € auf der [X.]rhöhung des aktuellen Rentenwerts (§ 68 Abs. 1 Satz 3 [X.]) und in Höhe von 24,52 € auf einer Minderung der [X.]inkommensanrechnung, die ihre Ursache wiederum in den gesunkenen [X.]inkünften des [X.] aus selbständiger Arbeit hatte.

5

Das [X.] zog im angefochtenen [X.]inkommensteuerbescheid 2008 von den [X.]innahmen aus der Hinterbliebenenrente einen steuerfreien Betrag von 3.203 € (50 % von 6.406 €) ab. Demgegenüber begehrt der Kläger, wie im Jahr 2007 einen steuerfreien Betrag von 4.294 € zu berücksichtigen.

6

[X.]inspruch und Klage blieben ohne [X.]rfolg. Das Finanzgericht führte in seinem in [X.]ntscheidungen den Finanzgerichte 2014, 192 veröffentlichten Urteil aus, gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 6 des [X.]inkommensteuergesetzes ([X.]StG) sei der steuerfreie Teil der Rente bei einer Veränderung des [X.] anzupassen. Dies sei hier der Fall. Die Regelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 7 [X.]StG, wonach regelmäßige Rentenanpassungen nicht zu einer Neuberechnung des steuerfreien Teils führen, sei auf Änderungen des [X.], die auf geänderten [X.]inkommensanrechnungen beruhten, nicht anwendbar.

7

Mit seiner Revision vertritt der Kläger die Auffassung, die Regelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 6 [X.]StG sei auf Rentenerhöhungen beschränkt und daher im Streitfall schon deshalb nicht anwendbar, weil die Hinterbliebenenrente im Streitjahr geringer ausgefallen sei als im Vorjahr. Jedenfalls müsse eine Neuberechnung des steuerfreien Betrags gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 7 [X.]StG unterbleiben, weil auch Anpassungen des [X.] infolge einer geänderten [X.]inkommensanrechnung als "regelmäßig" anzusehen seien. Denn die [X.]inkommensanrechnung werde jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres überprüft.

8

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil und die [X.]inspruchsentscheidung vom 16. Juli 2010 aufzuheben und die [X.]inkommensteuer 2008 unter Änderung des [X.]inkommensteuerbescheids vom 29. Juni 2009 in der Weise festzusetzen, dass bei der Hinterbliebenenrente lediglich ein steuerpflichtiger Anteil von 2.111 € zugrunde gelegt wird.

9

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

1. Gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 5 EStG gilt der steuerfreie Teil der Rente ab dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, für die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs.

a) Da die Witwerrente des [X.] zu laufen begonnen hat, wird der steuerfreie Teil der Rente erst im Streitjahr 2008 ermittelt. Auf dieser Grundlage kommt es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob es im [X.] zu solchen Veränderungen in der Rentenhöhe gekommen ist, die eine Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente gebieten, für die Entscheidung des Streitfalls nicht an. Vielmehr ist der steuerfreie Teil der Rente erstmals im Streitjahr --und nach den Verhältnissen des Streitjahrs-- zu ermitteln. Dies hat das [X.] im Ergebnis --wenn auch mit abweichender Begründung-- getan.

b) Es kommt auch dann stets auf die Verhältnisse des zweiten Rentenbezugsjahrs an, wenn bereits das erste Rentenbezugsjahr --wie hier-- einen Zeitraum von vollen zwölf Monaten umfasst hat.

Zwar soll das Anknüpfen an die Verhältnisse des Zweitjahrs nach der Begründung des Entwurfs des [X.] vermeiden, dass es bei einem nicht ganzjährigen Bezug der Rente im Erstjahr zu Unterschieden bei der Feststellung des steuerfreien Betrags kommt (Gesetzentwurf vom 9. Dezember 2003, BTDrucks 15/2150, 41; ebenso [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 22 EStG Rz 287). Diese Gefahr besteht nicht, wenn die Rente bereits im Erstjahr für volle zwölf Monate bezogen wurde.

Allein dieser Umstand rechtfertigt aber --auch zur Vermeidung einer weiteren Verkomplizierung der [X.] nicht die Vornahme einer teleologischen Reduktion gegen den klaren Gesetzeswortlaut (für eine teleologische Reduktion des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 5 EStG in Bezug auf Renten, die schon vor dem [X.] zu laufen begonnen haben, aber Senatsurteil vom 26. November 2008 [X.], [X.], 445, [X.], 710, unter [X.] [X.]). Es kommt daher auch in einem Fall wie dem vorliegenden für den lebenslangen Rentenfreibetrag auf die Verhältnisse (erst) des zweiten Rentenbezugsjahres an.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Meta

X R 53/13

17.11.2015

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 23. Oktober 2013, Az: 4 K 2322/10, Urteil

§ 22 Nr 1 S 3 Buchst a DBuchst aa S 5 EStG 2002, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.11.2015, Az. X R 53/13 (REWIS RS 2015, 2274)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2274

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