Bundesfinanzhof, Beschluss vom 02.03.2015, Az. VI B 125/14

6. Senat | REWIS RS 2015, 14695

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Gegenstand

Wirksamkeit der Zustellung an Prozessbevollmächtigte nach Entzug der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft


Leitsatz

NV: Die Zustellung eines finanzgerichtlichen Urteils mit Zustellungsurkunde an den Prozessbevollmächtigten ist auch nach Entzug der Zulassung des Prozessbevollmächtigten zur Rechtsanwaltschaft wirksam, solange das FG den Zustellungsempfänger nicht als Prozessbevollmächtigten zurückgewiesen hat.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 31. Oktober 2008  8 K 3440/06 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht ([X.]) hat die am 23. August 2006 erhobene Klage des [X.] und Beschwerdeführers (Kläger) aufgrund mündlicher Verhandlung am 31. Oktober 2008 abgewiesen. Der Kläger war vor dem [X.] durch einen Prozessbevollmächtigten, den [X.]echtsanwalt [X.], vertreten. Das Urteil ist dem [X.] mit [X.] am 2. Dezember 2008 zugestellt worden. Dem [X.] war --nach dem Vorbringen des [X.]-- bereits zuvor am 18. September 2008 die Zulassung als [X.]echtsanwalt entzogen worden.

2

Die jetzigen Prozessbevollmächtigten des [X.] nahmen am 27. März 2009 Einsicht in die Gerichtsakte des [X.].

3

Gegen die Nichtzulassung der [X.]evision hat der Kläger mit einem am 19. Oktober 2011 beim [X.] und am 23. Oktober 2014 beim [X.] ([X.]) eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

4

Die Vorsitzende des beschließenden Senats hat die Prozessbevollmächtigten des [X.] mit Schreiben vom 11. November 2014 u.a. darauf hingewiesen, dass für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Fristen zur Erhebung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die Fristen des § 56 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zu beachten seien und die versäumte [X.]echtshandlung nachzuholen sei. Überdies könne ein Jahr seit dem Ende der versäumten Frist Wiedereinsetzung gemäß § 56 Abs. 3 [X.]O nicht mehr beantragt werden.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

6

1. Gemäß § 116 Abs. 2 Satz 1 [X.]O ist die Beschwerde wegen Nichtzulassung der [X.]evision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim [X.] einzulegen. Nach § 116 Abs. 3 Satz 1 [X.]O muss die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils begründet werden. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 [X.]O dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O).

7

Nach § 104 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O ist ein aufgrund mündlicher Verhandlung verkündetes Urteil den Beteiligten zuzustellen. Zugestellt wird gemäß § 53 Abs. 2 [X.]O von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO).

8

a) Im Streitfall hat der Kläger die Beschwerdeeinlegungs- und die [X.] versäumt. Das Urteil der Vorinstanz wurde dem [X.] am 2. Dezember 2008 mit [X.] (§§ 176 bis 182 ZPO) durch Einlegen in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten zugestellt (§ 180 ZPO). Selbst wenn die Prozessvollmacht des [X.] in Folge des Verlusts seiner Vertretungsfähigkeit (§ 62 Abs. 2 Satz 1 [X.]O) durch den vom Kläger geltend gemachten Entzug der Zulassung zur [X.]echtsanwaltschaft erloschen sein sollte (vgl. dazu Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 62 [X.]z 41; [X.] in [X.], [X.]O § 62 [X.]z 69), war die Zustellung des Urteils an [X.] gemäß § 62 Abs. 3 Satz 2 [X.]O wirksam. § 62 Abs. 3 Satz 2 [X.]O dient der [X.]echtssicherheit. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Zustellung an einen nicht (mehr) vertretungsbefugten Bevollmächtigten wirksam ist, müssen Gericht und Beteiligte hiernach nicht nachforschen, wann die Vertretungsbefugnis entfallen ist (Gräber/Stapperfend, a.a.[X.], § 62 [X.]z 42). Eine Zurückweisung des [X.] als Bevollmächtigten durch das [X.] ist nicht erfolgt.

9

b) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 [X.]O ist dem Kläger nicht zu gewähren. Der Wiedereinsetzungsantrag kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden kann (§ 56 Abs. 3 [X.]O). Dass der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr waren den Prozessbevollmächtigten des Klägers durch die ihnen am 27. März 2009 vom [X.] gewährte Akteneinsicht sowohl das Urteil der Vorinstanz als auch die Zustellung des Urteils am 2. Dezember 2008 mittels [X.] bekannt.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI B 125/14

02.03.2015

Bundesfinanzhof 6. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 31. Oktober 2008, Az: 8 K 3440/06, Urteil

§ 53 Abs 2 FGO, § 56 Abs 3 FGO, § 62 Abs 1 S 1 FGO, § 62 Abs 3 S 2 FGO, § 104 Abs 1 S 2 FGO, § 115 Abs 2 FGO, § 116 Abs 2 S 1 FGO, § 116 Abs 3 S 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 176 ZPO, § 180 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 02.03.2015, Az. VI B 125/14 (REWIS RS 2015, 14695)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14695

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